Die wandernde Erde II (liúlàng dìqiú II, China 2023)
Regie: Frant Gwo
Drehbuch: Yang Zhixue, Gong Geer, Frant Gwo, Ruchang Ye
LV (Idee): Cixin Liu: liúlàng dìqiú (Kurzgeschichte, Erstveröffentlichung in Science Fiction World, Juli 2000) (deutsche Veröffentlichung: Die wandernde Erde, 2019)
Was geschah, bevor die Erde sich, um einer explodierenden Sonne zu entgehen, auf die hundert Generationen dauernde Wanderschaft in ein anderes Sonnensystem begab?
Dieses gut dreistündige Science-Fiction-Spektakel beantwortet diese Frage höchst kurzweilig im Geist von Roland Emmerich.
Und weil dieser zweite Teil die Vorgeschichte zum ersten Teil erzählt, muss man sich den ersten Teil nicht vor dem zweiten Teil ansehen.
Formal ist der Titel „Die wandernde Erde II“ korrekt, aber auch irgendwo zwischen Irreführung und Unfug. Denn „Die wandernde Erde II“ erzählt nicht, was nach, sondern was vor den in „Die wandernde Erde“ geschilderten Ereignissen passierte. Deshalb muss man, um „Die wandernde Erde II“ zu verstehen, „Die wandernde Erde“ nicht gesehen haben. In China war „Die wandernde Erde“ vor vier Jahren ein Kassenerfolg. Entsprechend schnell war eine Fortsetzung war schnell beschlossen. Bei uns lief der Sciende-Fiction-Film auf Netflix.
Von Cixin Lius Novelle „Die wandernde Erde“ hat „Die wandernde Erde II“ nur die Idee der wandernden Erde übernommen. In seiner Geschichte erzählt Liu die Reise der Erde aus unserem Sonnensystem in ein anderes Sonnensystem. Diese hundert Generatationen dauernde Reise nach Proxima Centauri ist nötig, weil Wissenschaftler prognostizierten, dass unsere Sonne in vierhundert Jahren (im Film sind es nur noch hundert Jahre) die Erde zerstören wird. Zur Rettung der Menschheit schlagen sie letztendlich vor, die Erde in ein Raumschiff zu verwandeln. So und nur so kann die gesamte Menschheit gerettet werden. Diese Lösung wird umgesetzt.
In „Die wandernde Erde II“ ezählt Frant Gwo, der auch „Die wandernde Erde“ inszenierte, wie es zu der Reise der Erde aus unserem Sonnensystem nach Proxima Centauri kommt. Dabei entwirft er ein breites Panorama von Verhandlungen in New York im Hauptquartier der Vereinten Nationen und verschiedenen Forschungsstationen und für das Projekt wichtigen riesigen Einrichtungen auf der Erde und dem Mond. Es gibt tapfere Ingenieure und Raumfahrer, die auf ihren Einsatz vorbereitet werden. Es gibt Angriffe von Terroristen und Soldaten, die die riesigen, für die Reise wichtigen Anlagen gegen die Angriffe verteidigen. Es gibt den Kampf zwischen den Menschen, die das Projekt „Berg versetzen“ (also die Erde auf eine 2500 Jahre dauernde Reise schicken) forcieren und denen, die dem anders gelagerten Projekt „Digitales Leben“ (also einem Transfer unseres Geistes in eine virtuelle Welt) anhängen. Es gibt , wie wir es aus anderen Katastrophenfilmen kennen, eine bekömmliche Mischung aus viel Action, etwas Wissenschaftlerslang, Heroismus und Herzschmerz.
Das ist Blockbuster-Kino in schönster Hollywood-Tradiion. Nur dass dieses Mal die Welt nicht von US-Amerikanern, sondern von Chinesen gerettet wird. Weil der Film weltweit verkauft werden soll, ist die chinesische Propaganda nicht so patriotisch-flaggenschwenkend wie in einem Hollywood-Film. Und, auch wenn die Helden Chinesen sind, wird sich doch immer um einem globalen Blick bemüht.
Das alles erzählt Gwo in seiner ‚Roland Emmerich goes China‘-Variante so todernst, so heroisch und bei den Geschlechterrollen so konservativ (das wäre Emmerich nicht passiert), dass es schon wieder einen spaßigen Retro-Charme hat.
Stilistisch ist „Die wandernde Erde II“ ein atemberaubend stilloses Werk. Da stehen grandios inszenierte Szenen neben peinlich schlechten. Da changieren die Spezialeffekte zwischen hunderprozentig gelungen und indiskutabel schlecht.
Trotzdem ist „Die wandernde Erde II“ ein zukunftsoptimistisches Action-Spektakel für die große Leinwand. Die drei Stunden, in denen tapfere Männer etliche Katastrophen verhindern und so das Projekt immer retten, vergehen angenehm flott.
Die wandernde Erde II (liúlàng dìqiú II, China 2023)
Regie: Frant Gwo
Drehbuch: Yang Zhixue, Gong Geer, Frant Gwo, Ruchang Ye
LV (Idee): Cixin Liu: liúlàng dìqiú (Kurzgeschichte, Erstveröffentlichung in Science Fiction World, Juli 2000) (deutsche Veröffentlichung: Die wandernde Erde, 2019)
mit Andy Lau, Jing Wu, Zhi Wang, Xuejian Li, Yi Sha, Ning Li, Yanmanzi Zhu, Jing Wu
Länge: 173 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Die Vorlage (Yeah, ein Lesetipp)
Cixin Liu: Die wandernde Erde
(übersetzt von Karin Betz, Johannes Fiederling und Marc Hermann)