In den ersten Novembertagen besuchen drei Männer, die ihr Geld mit dem Planen von Straftaten verdienen, Berlin.
Am Montag, den 1. November, startet Thrillerautor John Katzenbach die Lesetour zu seinem neuen Roman „Der Professor“ (What comes next, 2010) um 20.00 Uhr im Berliner Kriminaltheater (Palisadenstraße 48). Günter Keil moderiert. Rainer Strecker liest die deutschen Teile.
In „Der Professor“ sieht der demente, pensionierte Psychologieprofessor Adrian Thomas, wie ein sechzehnjähriges Mädchen in einen Lieferwagen gezerrt wird. Hat er gerade eine Entführung beobachtet oder spielt sein Gedächtnis ihm einen Streich? Er will es herausfinden.
John Katzenbach: Der Professor
(übersetzt von Anke und Eberhard Kreutzer)
Droemer, 2010
560 Seiten
19,99 Euro
Am Donnerstag, den 4. November, gibt es in der Krimibuchhandlung „Miss Marple“ (Weimarer Straße 117) eine große Kriminacht mit Kevin Wignall und Simon Kernick. Johannes Steck liest die deutschen Teile.
Simon Kernick veröffentlicht zuletzt „Verdächtig“ (Target, 2009). In dem Thriller wacht der Schriftsteller Rob Fallon in der Wohnung von Jenny, der Freundin seines besten Freundes auf. Kurz darauf brechen zwei Männer ein und entführen Jenny. Als Rob zur Polizei geht, glaubt sie ihm nicht und in Jennys Apartment sind keine Spuren von der Entführung zu finden. Rob beginnt auf eigene Faust Jenny zu suchen.
Kevin Wignall hat ebenfalls sein letztes Buch „Die letzte Wahrheit“ (Who is Conrad Hirst?, 2007) im Gepäck. Der Krimi über den Auftragskiller Conrad Hirst, der aussteigen will und dafür einige Zeugen beseitigen muss, war für den Edgar- und Barry-Award nominiert. Das dürfte doch als Empfehlung ausreichen?
1957: Indiana Jones ist zurück. Dieses Mal, tja, also es geht irgendwie um einen außerirdischen Kristallschädel mit supertollen Kräften (Oh my god!), bösen Russen, die ihn haben wollen, einem alten Kumpel, der irgendwie zwischen die Fronten geraten ist, einen jungen Typ, der sein Sohn sein soll und viel sinnlosem Remmidemmi in Nevada und Südamerika.
Ein lahmer, vollgequasselter Actionfilm, bei dem das „Buch zum Film“ besser als der Film ist.
Mit Harrison Ford, Cate Blanchett, Karen Allen, Shia LaBeouf, Ray Winstone, John Hurt, Jim Broadbent, Igor Jijikine
Bevor am Donnerstag die Verfilmung des dreiteiligen Comics „Red“ von Autor Warren Ellis und Zeichner Cully Hamner anläuft, kann noch schnell die ziemlich blutige Vorlage gelesen werden. Schließlich ist der Comic kaum umfangreicher als eine längere Kurzgeschichte und würde ohne Ergänzungen gerade für einen sehr kurzen Spielfilm taugen. Deshalb haben die Filmemacher sich einige Freiheiten genommen. Aber die Prämisse wurde übernommen.
Paul Moses (im Film Frank Moses) lebt zurückgezogen in einem großen Haus. Seine Zeit verbringt er mit Lesen und Blumen gießen. Sein einziger zur Außenwelt ist ein regelmäßiger Anruf bei seinem CIA-Kontakt, der Buchhalterin Sally Janssen. Mit ihr hat er etwas Smalltalk und sagt, dass das Geld angekommen ist.
Eines Abends hat er allerdings Besuch. Eine dreiköpfiges Killerteam soll ihn umbringen. Sie wurden von dem neuen CIA-Chef, einem Bürohengst, beauftragt. Denn Paul Moses ist der beste Killer der Welt und er hat in der Vergangenheit für die CIA weltweit viele schreckliche Verbrechen begangen. Jetzt hat er mit der CIA ein Abkommen: er lebt zurückgezogen ohne Kontakte zur Welt und die CIA lässt ihn in Ruhe.
Mit dem Killerkommando wird dieser Friede gestört. Moses bringt die Killer um und macht sich auf den Weg zu dem Mann, der das Kommando losschickte. Denn jetzt ist er nicht mehr „im Ruhestand, sehr gefährlich“, sondern nur noch „sehr gefährlich“ und die Lebensaussichten von seinen Gegnern, wozu jeder zählt, der sich ihm in den Weg stellt, tendieren gegen Null.
„Red“ ist ein kleiner, sehr blutiger, sehr zynischer und höchstens schwarzhumoriger Comic, in dem die CIA mal wieder für jede denkbare Schweinerei und Manipulation zuständig ist.
Dass Hollywood die Geschichte von Paul Moses als ein geeignetes Vehikel für einige ältere Action-Stars ansieht, verwundert nicht und weil Hollywood wohl dachte, dass ein alter Sack, der reihenweise junge Spunde vertrimmt, etwas wenig ist, haben sie für die Filmversion aus dem einzelgängerischen Killer eine kleine Killergruppe gemacht. Denn wer kann schon etwas gegen eine Actionkomödie mit Bruce Willis, Helen Mirren, Morgan Freeman und John Malkovich als alte, aber gefährliche Killer haben? Vor allem, wenn auch Mary-Louise Parker, Karl Urban, Ernest Borgnine, Brian Cox, James Remar und Richard Dreyfuss dabei sind.
„3 Meister. 1 Meisterwerk.“ war eine Werbespruch für „Triangle“ und mit den Hongkong-Actionregisseuren Tsui Hark, Ringo Lam und Johnnie To (in der Reihenfolge ihres Auftretens) haben sich wirklich drei Meister für ein Experiment getroffen. Denn jeder inszenierte ein halbstündiges Segment des Films in seiner eigenen Handschrift. Das mag vielleicht kein Meisterwerk sein, aber kurzweilige Unterhaltung ist es allemal.
Die Story der Gangsterfarce ist denkbar einfach: drei abgebrannte Glücksritter suchen in einem chinesischen Regierungsgebäude einen Schatz. Nachdem sie das Gold gefunden haben, beginnen sie sich untereinander zu streiten und sie müssen gegen korrupte Polizisten und Gangster, die den Schatz wollen kämpfen.
Wer Krimis als beschauliche Rätselgeschichten genießen will, war bei Frank Göhre schon immer an der falschen Adresse. In seinen Geschichten interessierte er sich mehr für seine meist männlichen Charaktere, ihre Beziehungen zueinander, zum anderen Geschlecht und zur Gesellschaft. So spielt „Letzte Station vor Einbruch der Dunkelheit“ eindeutig in den fünfziger Jahren in der Provinz. Die Kiez-Trilogie „Der Schrei des Schmetterlings“, „Der Tod des Samurai“ und „Der Tanz des Skorpions“ zeichnet ein Bild des Organisierten Verbrechens und der Hamburger Gesellschaft in den Achtzigern. „Zappas letzter Hit“, der Nachschlag zur Kiez-Trilogie, spielt dann eindeutig im Hamburg der frühen nuller Jahre. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen, wie dem zum Innensenator aufgestiegenem Populisten, Parteichef und „Richter Gnadenlos“ Ronald Schill, sind beabsichtigt. Der Krimiplot diente Frank Göhre dann vor allem als der rote Faden für eine multiperspektivische Erzählung.
Auch in seinem neuesten Noir-Krimi „Der Auserwählte“ ist die Entführung des reichen Unternehmersohns Eloi nur die letztendlich ziemlich unwichtige erzählerische Krücke für ein dichtes Sittengemälde der Hamburger Gesellschaft, beginnend mit den Nachwirkungen der 68er Bewegung, als Post-68-Jugendliche zwischen dem Protest gegen ihre Eltern, dem Ausprobieren neuer Lebensformen und der Anpassung an den Lebensstil der Eltern schwankten. Elois Mutter Bettina verschmähte als Jugendliche das elterliche Vermögen und driftete durch die alternative Szene. Inzwischen hat sie das Erbe angenommen, leitet das weltweit tätige Familienunternehmen und will von ihrer Vergangenheit nichts mehr wissen. Mit der Entführung von ihrem Sohn, der auch in Drogengeschäfte verwickelt ist, kehrt diese allerdings zurück – und Frank Göhre wäscht gründlich die schmutzige Wäsche der feinen Gesellschaft.
Dabei jongliert er auf 250 Seiten mit mehreren Zeitebenen, Orten, Handlungssträngen und einem reichhaltigen Personal (das Personenverzeichnis nennt 15 Charaktere, die alle wichtig für die Geschichte sind), das leicht in einem ungenießbarem Chaos hätte enden können. Doch chaotisch sind in „Der Auserwählte“ höchstens die Beziehungen der Charaktere zueinander. Der Roman selbst ist sehr klar, dicht und spannend.
Nur bei McDonalds essen ist schlecht für ihre Gesundheit. Das wussten wir schon immer, aber Morgan Spurlock machte die Probe aufs Exempel: 30 Tage Junkfood.
Der Marathon-Mann (USA 1976, R.: John Schlesinger)
Drehbuch: William Goldman
LV: William Goldman: Marathon Man, 1974 (Der Marathonmann)
Ein Student kommt, durch seinen ermordeten Bruder, einer Nazi-Organisation auf die Spur.
Spannender Thriller mit hochkarätiger Besetzung und einer – immer noch – schrecklichen Zahnarzt-Szene. Ursprünglich sollte sie länger sein, aber Testvorführungen ergaben, dass das zuviel Grauen war.
William Goldmans Drehbuch war für einen Edgar und WGA-Award (für „Die Unbestechlichen“ erhielt er den Preis der Writers Guild of America) nominiert.
Mit Dustin Hoffman, Laurence Olivier, Roy Scheider, Marthe Keller, William Devane, Fritz Weaver
„Willkommen in der Welt des New Noir und in den fähigen Händen von Ed Brubaker und Sean Phillips, die zu den hervorragendsten Künstlern dieses Genres gehören“, schreibt der mit „Dark Entries“ auch unter die Comicautoren gegangene Krimiautor Ian Rankin absolut zutreffend in seiner Einleitung des neuen „Criminal“-Bandes „Sünder“. Denn Autor Ed Brubaker und Zeichner Sean Phillips bedienen sich in ihren „Criminal“-Geschichten bekannter Hardboiled- und Noir-Topoi und erneuern sie in ihren ökonomisch erzählten Geschichten aus der Welt des Verbrechens in einer amerikanischen Großstadt kongenial für die Gegenwart. Dabei entsteht, obwohl die „Criminal“-Bände voneinander unabhängige Geschichten erzählen, ein zunehmend detailliertes Bild des Verbrechens in einer amerikanischen Großstadt.
Insofern schließt sich der inzwischen fünfte „Criminal“-Band „Sünder“ nahtlos an die vorherigen Geschichten an.
Im Mittelpunkt von „Sünder“ steht der schon aus „Blutsbande“ bekannte Tracy Lawless. Der desertierte und untergetauchte Soldat arbeitet als Killer für die Mafia. So versucht er seine Schulden bei dem Gangsterboss Sebastian Hyde abzubezahlen. Aber er erledigt seine Arbeit nur nachlässig: Hyde hält ihn sogar für den schlechtesten Killer der Welt, weil Tracy Lawless sich vor dem Ausführen seiner Aufträge überzeugt, ob das Opfer auch den Tod verdient hat.
Jetzt schlägt Hyde ihm vor, dass er herausfinden soll, wer in den vergangenen Wochen mehrere „Schutzbefohlene“ ermordete. Wenn er den Mörder findet, hat Lawless seine Schulden bei Hyde abbezahlt.
Lawless macht sich, wie ein Privatdetektiv, auf die Jagd nach dem geheimnisvollen Killer. Seine erste Spur führt ihn zu einer Gruppe Jugendlicher.
„Sünder“ ist der absolut zutreffende Titel der neuesten „Criminal“-Graphic-Novel. Denn alle wichtigen Charaktere in „Sünder“ sind Sünder. Aber wie Ed Brubaker und Sean Phillips dann am Ende alle Sünder ihrer gerechten Strafe zuführen, das verleiht ihrer Noir-Geschichte eine besondere Note.
Bis dahin beschäftigen sie sich innerhalb einer spannenden Geschichte und ohne den moralisch hocherhobenen Zeigefinger auf verschiedenen Ebenen mit Fragen von Schuld und Sühne, Verantwortung für die eigenen Taten und der Frage, wie die Gesellschaft mit Verbrechern umgehen soll soll.
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Ed Brubaker (Autor)/Sean Phillips (Zeichner: Criminal: Sünder (Band 5)
(übersetzt von Claudia Fliege)
Panini Comics, 2010
132 Seiten
16,95 Euro
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Originalausgabe
Criminal: The Sinners
Icon, 2010
(als fünf Einzelhefte: September 2009 – März 2010)
In der Hitze der Nacht (USA 1967, R.: Norman Jewison)
Drehbuch: Sterling Siliphant
LV: John Ball: In the heat of the night, 1965 (In der Hitze der Nacht)
In einem Südstaatenkaff müssen ein weißer, reaktionärer Sheriff und ein afroamerikanischer Kollege einen Mord aufklären.
John Balls hochgelobter, erfolgreicher Roman war der erste Auftritt eines afroamerikanischen Polizisten als Sympathieträger. Ball wollte damit zur Verständigung zwischen den Rassen beitragen. Außerdem reflektierte er in seinem Krimi die damaligen politischen Kämpfe des Civil Rights Movements in den Südstaaten.
Die enorm erfolgreiche Verfilmung erhielt fünf Oscars, unter anderem als bester Film des Jahres. Aus heutiger Sicht ist „In der Hitze der Nacht“ ein extrem naives und einseitiges Bekenntnis zur Rassenversöhnung (etwas guter Wille und schon geht´s) und ein technisch gut gemachter Whodunit.
Poitier drehte noch zwei schwächere Fortsetzungen. Letztendlich wurde es ein normaler, bestenfalls durchschnittlicher Polizeikrimi.
Mit Sidney Poitier, Rod Steiger, Warren Oates, Lee Grant
Im Jahr des Drachen (USA 1985, R.: Michael Cimino)
Drehbuch: Oliver Stone, Michael Cimino
LV: Robert Daley: Year of the dragon, 1981 (Im Jahr des Drachen)
Äußerst gewalttätiger, realistischer Krimi über einen Polizisten, der gegen die Drogenmafia kämpft und, als ehemaliger Vietnam-Veteran, den Vietnam-Krieg in den Straßen von New Yorks Chinatown gewinnen will. Damals gab es Proteste von chinesischen Gemeinden (wegen Rassismus) und Robert Daley (wegen Gewalt); – trotzdem einer der besten Cop-Thriller der Achtziger.
Mit Mickey Rourke, John Lone
Auch bekannt unter den eher nichtssagenden Titeln „Manhattan-Massaker“ und „Chinatown-Mafia“
Der Höhepunkt der kommenden beiden Krimiwochen sind die Jesse-Stone-Verfilmungen „Dünnes Eis“ und „Ohne Reue“, von Robert Harmon mit Tom Selleck in der Hauptrolle. Wer danach noch nicht genug gute Filme gesehen hat, sollte bei Michael Ciminos Robert-Daley-Verfilmung „Im Jahr des Drachen“, Bob Rafelsons James-M.-Cain-Verfilmung „Wenn der Postmann zweimal klingelt“, Frank Darabonts Stephen-King-Verfilmung „Die Verurteilten“, Norman Jewisons John-Ball-Verfilmung „In der Hitze der Nacht“ (mit Klassikerbonus), John Schlesingers William-Goldman-Verfilmung „Der Marathon-Mann“ (sogar zu einer publikumsfreundlichen Uhrzeit), Don Siegels J.-Campbell-Bruce-Verfilmung „Flucht von Alcatraz“ (die letzte Zusammenarbeit von Don Siegel und Clint Eastwood), Alfred Hitchcocks Victor-Canning-Verfilmung „Familiengrab“ (sein letzter Film) und, als TV-Premiere, bei Urs Eggers Craig-Russell-Verfilmung „Wolfsfährte“ einen Blick riskieren. Oder ins Kino gehen. Dort laufen ab dem 4. November „Buried“ (ein Mann in einem Sarg. 90 Minuten Hochspannung) und das Biopic „Carlos“ über den Terroristen Carlos (trotz Schwächen lohnt sich der Besuch). Meine Besprechungen erscheinen zum Filmstart in der Kriminalakte.
Im Angesicht des Verbrechens: Berlin ist das Paradies/Wo wir sind, ist vorne (D 2010, R.: Dominik Graf)
Drehbuch: Rolf Basedow
Nach der Premiere von „Im Namen des Verbrechens“ auf der Berlinale schrieben die Kritiker Jubelarien. Das kann allerdings auch einfach daran gelegen haben, dass sie sich beglückwünschten in zwei, jeweils gut fünfstündigen Sitzungen, den TV-Zehnteiler gemeinsam im Kinosaal gesehen zu haben. Ich kann mir vorstellen, dass nach dem letzten Bild im Saal ein ähnliches Gefühl herrschte, wie bei einer Wandergruppe, die den Gipfel erstürmte. Geschafft und stolz auf die eigene Leistung.
Die TV-Premiere im Frühling auf Arte wurde dann auch mit mehr als wohlwollenden Artikeln begleitet und jetzt, zur ARD-Premiere zu einer durchwachsenen Uhrzeit (aufgrund der vielen nackten Haut kann der Film nicht um 20.15 Uhr gezeigt werden und einen späteren Serienslot hat das Erste nicht mehr), gibt es wieder seitenlange Jubelarien.
Dabei ist eines unbestritten: „Im Namen des Verbrechens“ ist das bislang umfangreichste Werk von Regisseur Dominik Graf und Drehbuchautor Rolf Basedow.
Und sehr wahrscheinlich werden Graf und Basedow nie wieder zehn Millionen Euro erhalten und die Tortur eines 500-minütigen Films mit 120 Drehtagen und 140 Sprechrollen und unzähligen Komparsen auf sich nehmen.
Allein dafür gebührt ihnen Respekt und natürlich gibt es in „Im Angesicht des Verbrechens“ viele grandiose Szenen. Aber insgesamt, vor allem wenn man sich den Zehnteiler in einem Rutsch ansieht (und nicht vom Gruppengefühl beeinflusst wird), enttäuscht die Serie.
Denn die Serie wirkt niemals wie ein in einem Stück gedrehtes Werk, sondern wie die von verschiedenen Autoren und Regisseuren gedrehten Folgen für eine Serie, die nach der ersten Folge lange nach der episodenübergreifenden Geschichte sucht.
Da kann man dann auch damit Leben, dass Subplots fallengelassen werden, es Irrwege gibt, die im Nachhinein, weil die Folge bereits gezeigt wurde, nicht mehr korrigiert werden können und einige für das Verständnis der Geschichte wichtige Punkte in jeder Episode wiederholt werden. Das kennt jeder, der sich US-amerikanische Serien, die fast in Echtzeit produziert werden, ansieht. Ich sage nur „24“.
Aber „Im Angesicht des Verbrechens“ wurde geschrieben, gedreht, geschnitten und erst dann der Öffentlichkeit präsentiert. Da müsste der episodenübergreifende Plot viel deutlicher sein und sich in jeder Folge weiterentwickeln.
Außerdem scheint Dominik Graf hier mit jeder Folge einen anderen Stil ausprobieren zu wollen. Da wird plötzlich exzessiv mit Split-Screens gearbeitet. Andere Folgen und Szenen erinnern mal an einen Horrorfilm, mal an einen Polizeifilm, mal an einen kitschigen Heimatfilm und mal an einen Märchenfilm. Außerdem feiern die russischen Gangster ungefähr einmal pro Folge ein rauschendes Fest mit Wein, Weib, Gesang und Tanz. Und ungefähr alle zehn Minuten gibt es eine das Herz des Berliners erfreuende Panoramaaufnahme von seiner Stadt.
Entsprechend verfranst wirkt vieles. So sollen nach dem vor jeder Folge gezeigten Vorspann (es spricht einiges dafür, dass das auch die für die Macher wichtigen Geschichten und Themen sind) der junge Polizist Marek Gorsky (Max Riemelt), seine Liebe zu Jelena (Alina Levshin), die Suche nach dem Mörder seines Bruders Grischa und die enge Beziehung zu seiner Schwester Stella (Marie Bäumer), die einen russischen Gangsterboss Mischa (ungewohnt blass: Misel Maticevic) geheiratet hat, im Mittelpunkt der Serie stehen.
Nur Mareks Wunsch, den Mörder seines vor zehn Jahren ermordeten Bruders zu finden, bezeichnet ein konkretes Ziel. Das ist allerdings über weite Strecken nicht handlungstreibend. Stattdessen jagen Marek und sein Polizistenkumpel Sven Lottner (Ronald Zehrfeld, der als draufgängerischer Polizist viel präsenter als Riemelt ist) russische Gangster, verfolgen einen halbseidenen Spediteur in den Osten und haben viel Spaß bei ihrer Arbeit. Doch auch der Kampf gegen die Russenmafia bleibt episodisches Stückwerk. Hier mal eine Razzia, da mal ein Zugriff auf ein Lagerhaus. Denn es wird nie deutlich, welcher Gangster am Ende der Staffel verhaftet werden soll. Entsprechend abrupt endet dann auch der Zehnteiler mit einer weiteren Razzia im benachbarten Brandenburg.
Die Liebesgeschichte zwischen Marek und Jelena spielt in der ersten Hälfte der Serie keine Rolle, in der zweiten Hälfte wird sie wichtiger. Aber sie erscheint psychologisch unmotiviert (jaja, Liebe macht blind und Wer verliebt ist, reagiert nicht vernünftig) und es ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb Marek plötzlich versucht Jelenas Freundin Swetlana aus einem letztklassigem Puff in Weißrussland zu befreien.
Und Mareks Beziehung zu seiner Schwester Stella wird zwar immer wieder angesprochen. Aber es wird nie deutlich, wo denn genau der Konflikt für den superehrlichen, fast schon 150-prozentig korrekten (und entsprechend langweiligen) Polizisten Marek liegt. Denn er hat keine Ahnung, wie sehr Stellas Mann Mischa in die Geschäfte der Russenmafia verwickelt ist. Daher muss Marek sich über viele Folgen nicht zwischen seinem Beruf und seiner Schwester beziehungsweise seiner Familie entscheiden. Dieser Konflikt könnte, vor allem nach den in mehrfacher Hinsicht überraschenden Ereignissen in den letzten beiden Episoden von „Im Angesicht des Verbrechens“, in einer zweiten Staffel von „Im Angesicht des Verbrechens“ wichtig werden.
Aber ob es eine zweite Staffel gibt, werden die Fernsehredakteure erst nach der Ausstrahlung der ersten Staffel entscheiden. Dass die DVD, mal wieder mit einem ausgesucht hässlichem Cover und wenig Bonusmaterial (Herrje, warum darf Dominik Graf nicht mal einen Audiokommentar sprechen? Warum gibt es keine Doku über die Russenmafia?), bereits für den 16. November angekündigt ist, sagt allerdings einiges über die Erwartungen der Macher aus. Denn dann läuft die Serie noch im Ersten.
Trotz aller Kritik spricht für die Serie, dass hier endlich einmal mehr als Dienst nach Vorschrift gemacht wurde, dass versucht wurde ein großes Epos zu drehen und dass sich nicht an die biederen Konventionen des neunzigminütigen TV-Films gehalten wurde.
Die weiteren Folgen von „Im Angesicht des Verbrechens“ werden an den kommenden Freitagen, um 21.45 Uhr, gezeigt. Eins Festival wiederholt die Serie, teilweise zu einer publikumsfreundlicheren Zeit, im ursprünglich geplanten Senderhythmus.
mit Max Riemelt (Marek Gorsky), Marie Bäumer (Stella), Misel Maticevic (Mischa), Ronald Zehrfeld (Sven Lottner), Alina Levshin (Jelena), Katja Nesytowa (Swetlana)
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Wiederholungen
Berlin ist das Paradies
Eins Festival, Montag, 25. Oktober, 20.15 Uhr, 23.20 Uhr
Eins Festival, Dienstag, 26. Oktober, 02.25 Uhr (Taggenau!)
Eins Festival, Montag, 1. November, 01.15 Uhr (Taggenau!)
Wo wir sind, ist vorne
Eins Festival, Montag, 1. November, 20.15 Uhr, 23.35 Uhr
Eins Festival, Dienstag, 2. November, 02.25 Uhr (Taggenau!)
Mit seinen neuesten Film „Vengeance“ zeigt Hongkong-Regisseur Johnnie To wieder einmal, wofür ihn Filmfans seitdem sie vor zehn Jahren seinen stilisierten Gangsterfilm „The Mission“ (Unbedingt ansehen!) sahen, lieben: schnörkelloses Genrekino mit stilvoll eingestreuten Zitaten und gerade in ihrer Reduktion grandiosen Actionszenen. Das ist in seiner Stilisierung pures Kino, das näher bei Jean-Pierre Melville als an der Wirklichkeit ist.
Auch in „Vengeance“ zitiert To öfters Melville. So heißt der von Johnny Hallyday gespielte Vater, der seine Tochter rächen will und die meiste Zeit in einem Trenchcoat und Hut durch den Film geht, Francis Costello. Alain Delon hieß in Melvilles „Der eiskalte Engel“ (der im Original „Le Samourai“ heißt) Jef Costello und ursprünglich sollte Alain Delon, der letzte Überlebende des klassischen französischen Gangsterfilms, auch die Hauptrolle spielen. Er sagte ab und der in Frankreich enorm populäre Musiker und Ab-und-zu-Schauspieler Johnny Hallyday übernahm die Rolle des Killers, der sein Gedächtnis verliert. Immerhin hat er ein rollendienliches Outlaw-Image und er hatte 1989 in der kurzlebigen französischen Krimiserie „David Lansky“ (die ich als ziemlich schlecht in Erinnerung habe) schon einen harten Cop gespielt.
Der von Johnny Hallyday gespielte Costello war früher ein Profikiller und ist heute ein Restaurantbesitzer und Koch (Hm, ist das eine Anspielung auf „Alarmstufe Rot“ oder nur das Bedienen eines Klischees über Frankreich?).
Als in Macau in ihrem Haus seine Tochter schwer verletzt und ihr Mann und ihre beiden Kinder feige und brutal ermordet werden, fliegt Costello zu ihr. Weil die Polizei keine heiße Spur hat und er schon immer die Dinge in die eigenen Hände genommen hat, will er die Killer auf eigene Faust jagen und umbringen. Schnell stellt er fest, dass er als Fremder ohne die Hilfe von Einheimischen nicht weiterkommt. In seinem Hotel trifft er auf eine Gruppe von Killern, die gerade einen Auftrag erledigt haben. Er engagiert sie und die Killer müssen sich schnell zwischen der Loyalität zu ihrem Triadenboss, der den Mord an Costellos Familie veranlasste, und Costello entscheiden.
Diese Geschichte wird von Johnnie To und seinem Drehbuchautor Ka-Fai Wai (Mad Detective, Running on Karma, Fulltime Killer) mit einigen atemberaubenden Shootouts und interessanten Wendungen bis zum letzten Duell zwischen Costello und dem Triadenboss erzählt. In dem Duell erinnert Costello in seiner kalten Entschlossenheit an den „Terminator“. Beide verfolgen stoisch ihr Ziel: der aus der Zukunft kommende Roboter, weil er so programmiert wurde; der an Gedächtnisverlust leidende Vater weil er seine Tochter rächen will und jede Ablenkung ihn von seinem Ziel ablenken kann.
Seinen vollen Reiz entfaltet der Film in der Originalversion. Denn während für die deutsche Version mal wieder gnadenlos eingedeutscht wurde, unterhalten sich im Original die Charaktere, wie es auch in der Realität geschehen würde, untereinander in ihren Muttersprachen und miteinander auf Englisch.
Das zehnminütige Making-of beschränkt sich weitgehend auf das übliche Werbeblabla. Dennoch gibt es einige interessante Einblicke in die Herausforderungen eines internationalen Drehs und der unterschiedlichen Arbeitsweise zwischen europäischen und Hongkong-Filmteams. Denn Johnny Hallyday war bei den Dreharbeiten, wie Costello, der Fremde, der sich in einer fremden Welt und einem eingeschworenem Team und ihrer schnellen Arbeitsweise zurechtfinden musste.
Der afghanische Taxifahrer Dilawar wird 2002 während einer Taxifahrt mit seinen Fahrgästen vom US-Militär festgenommen und ohne einen Prozess im Gefängnis festgehalten. Fünf Tage später stirbt er in seiner Zelle an den Folgen der Misshandlungen, die ihm die US-Soldaten zugefügt haben. In der gleichen Weise sind seit dem Beginn des „Krieges gegen den Terror“ über hundert US-Gefangene unter mysteriösen Umständen umgekommen. Die mehrfach ausgezeichnete Dokumentation zeigt den Umgang mit Folter als legitimes staatliches Handeln vonseiten der Bush-Regierung und wie sie dadurch gegen die Genfer Konvention verstößt.
Alex Gibney zeigt in seiner eindrücklichen, sachlich argumentieren spielfilmlangen Dokumentation am Schicksal eines Jedermanns, wie die US-amerikanische Regierung ihre Soldaten ermutigte, Folter als Verhörmethode wieder einzusetzen.
“Taxi zur Hölle” wurde auf den Filmfestival in Tribeca (New York) und Chicago als beste Dokumentation ausgezeichnet.
Während RTL die letzten Folgen der TV-Krimiserie „Monk“ zeigt, ist bei den Büchern mit Adrian Monk noch lange kein Ende abzusehen. In den USA erscheinen die Romane, was für Tie-In-Novels, auch wenn sie neue Fälle mit den vertrauten Filmcharakteren erzählen, eine Seltenheit ist, inzwischen als Hardcover und Lee Goldberg erfindet fleißig weitere Fälle für den genialen, von zahllosen Manien und Phobien geplagten Detektiv.
Zuletzt sind auf Deutsch der achte und neunte Monk-Roman, „Mr. Monk und die Wurzel allen Übels“ und „Mr. Monk und Mr. Monk“, erschienen.
„Mr. Monk und die Wurzel allen Übels“ ist ein schwächerer Monk-Roman. Denn im Gegensatz zu den normalen Monk-Fällen, in denen er zum Tatort gerufen wird und mit seinen Ermittlungen beginnt, entfaltet sich hier das Komplott gegen seinen Freund Captain Leland Stottlemeyer vor unseren Augen. Der Polizistenmord für den Stottlemeyer verhaftet wird, geschieht relativ spät und Stottlemeyer bittet erst nach seiner Verhaftung auf Seite 250 Monk um Hilfe. Entsprechend schnell klärt Monk dann auch den Fall.
Aber bis dahin liefert Goldberg zahlreiche vergnügliche Szenen, in denen Stottlemeyer auf einer Polizistentagung von Monk vor seinen Kollegen blamiert wird (was Monk nicht wollte), Stottlemeyer Monk und Natalie zu einem alten, inzwischen dementen Spitzel mitnimmt, Monk den Windeltwister (ein Mülleimer, in dem jede einzelne Babywindel in einem Plastikbeutel versiegelt wird) entdeckt und alle damit beglückt (was Randy „Bullitt“ Disher, dem härtesten Cop von L. A. – so ist jedenfalls seine ungeschönte Selbstwahrnehmung -, nicht gefällt), Monk nicht mehr als Polizei-Berater beschäftigt werden soll, er ihr aber anonym Tipps gibt und Monk ein Angebot von einer großen Sicherheitsfirma erhält. Das bringt ihm und seiner Assistentin Natalie Teeger Geld, ein tolles Auto, viele Fälle und Probleme mit dem Firmenethos. Denn Monk will die Ordnung des Universums wiederherstellen. Dazu gehört, dass Verbrecher überführt und bestraft werden. Auch wenn sie gut bezahlende Klienten der Firma sind.
„Mr. Monk und Mr. Monk“ bietet dann wieder die vertraute Formel mit dem Mord am Anfang und den anschließenden Ermittlungen.
Monk muss in der früheren Goldgräberstadt Trouble den Mord an Manny Feikema, einem ehemaligen Polizisten und Freund von Captain Stottlemeyer, aufklären. Feikema hat in der Goldgräberstadt Trouble seine Rente als Wachmann des Museums aufgebessert. Während einer Nachtschicht wurde er ermordet. Es wurde nichts geklaut und die Täter sind noch auf freiem Fuß.
Als Monk in Trouble von dem legendären und bis heute nicht aufgeklärten Eisenbahnraub von 1962 hört, muss er auch diesen Fall aufklären. Und Natalie entdeckt die Aufzeichnungen von Abigail Guthrie über einen Artemis Monk, der in Trouble während dem Goldrausch Verbrecher überführte und einige Ticks hatte, die verdächtig an Adrian Monks Manien erinnern. Für Natalie Teeger ist Artemis Monk daher ein direkter Vorfahre von Adrian Monk. Er hält die Ähnlichkeiten für puren Zufall.
Nachdem Monk in der Vergangenheit bereits in Deutschland („Mr. Monk in Germany“) und Frankreich („Bonjour, Mr. Monk“) Fälle löste, muss er in „Mr. Monk und Mr. Monk“ wieder sein heimisches San Francisco verlassen und sich den Gefahren des Wilden Westens, wozu unbefestigte Wege, schießwütige Einheimische, getarnte Minenschächte und Kamikaze-Schmetterlinge zählen, stellen. Denn der Name des Städtchens ist Programm.
„Mr. Monk und die Wurzel allen Übels“ und „Mr. Monk und Mr. Monk“ sind, wie die vorherigen sieben Monk-Romane, spannende und witzige Kriminalromane. Außerdem erfreut das Namedropping die Psyche des Krimiliebhabers.
Tower, von Ken Bruen und Reed Farrel Coleman (Busted Flush Press)
Trust No One, von Gregg Hurwitz (St. Martin’s Press)
The Amateurs, von Marcus Sakey (Dutton)
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Favorite First Book 2009
Even, von Andrew Grant (Minotaur)
nominiert
The Sweetness at the Bottom of the Pie, von Alan Bradley (Delacorte)
Running from the Devil, von Jamie Freveletti (Morrow)
A Bad Day for Sorry, von Sophie Littlefield (Minotaur)
The Ghosts of Belfast, von Stuart Neville (Soho Crime)
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Best Book in an Ongoing Series for 2009
Walking Dead, von Greg Rucka (Bantam)
nominiert
The Silent Hour, by Michael Koryta (Minotaur)
Shatter, von Michael Robotham (Doubleday)
The Shanghai Moon, von S.J. Rozan (Minotaur)
Truth, von Peter Temple (Farrar, Straus and Giroux)
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Jack Reacher Award (“given to an author who is someone we would recommend to everyone we meet and is also great to their fans and gives back to the mystery community”)
Wilsberg: Todesengel (D 2005, R.: Buddy Giovinazzo)
Drehbuch: Jürgen Kehrer
LV: Jürgen Kehrer: Wilsberg isst vietnamesisch, 2001
Ermordet die gewissenhafte Frau Kentrup Rentner? Wilsberg ermittelt, während Freund Manni den Bau einer Seniorenresidenz überwacht und Kommissarin Springer am liebsten eine ruhige Kugel schieben möchte.
Witzig-ironischer Wilsberg-Krimi mit etlichen gelungenen Szenen und einer nicht sonderlich überraschenden Auflösung.
Störend ist das hölzerne Spiel von Caroline Peters (sie spielt Wilsbergs Auftraggeberin Susanne Diepenbrock).
Vollkommen unverständlich ist, weshalb „Wilsberg isst vietnamesisch“ im Abspann als Vorlage genannt wird. Denn die Story des Buches hat nichts mit dem Film zu tun und auch der Titel des Romans hat keinen Bezug zum Film.
„Todesengel“ ist der letzte Wilsberg-Krimi mit Heinrich Schafmeister als Manni. Sein Nachfolger ist Oliver Korittke. Er spielt einen Steuerprüfer.
Dieser Wilsberg knüpft nahtlos an den äußerst gelungenen vorherigen, etwas besseren Wilsberg „Schuld und Sühne“ an.
Mit Leonard Lansink, Heinrich Schafmeister, Rita Russek, Helmut Zierl, Bela B. Felsenheimer