Cover der Woche

November 8, 2011


TV-Tipp für den 8. November: Ein Köder für die Bestie

November 8, 2011

WDR, 31.15

Ein Köder für die Bestie (USA 1962, R.: J. Lee Thompson)

Drehbuch: James R. Webb

LV: John D. MacDonald: The executioners, 1957 (eine gekürzte deutsche Ausgabe erschien unter „Ein Köder für die Bestie“, ungekürzt – 1992 im Heyne Verlag – unter „Kap der Angst“)

Nach seinem Knastaufenthalt beginnt Max Cady Sam Bowden und dessen Familie zu terrorisieren. Immerhin brachte dessen Aussage ihn ins Gefängnis.

Spannender Psychoschocker

Mit Gregory Peck, Robert Mitchum, Martin Balsam, Telly Savalas

Hinweise

Wikipedia über John D. MacDonald (deutsch, englisch)

Thrilling Detective über John D. MacDonald

Krimi-Couch über John D. MacDonald

Umfangreiche amerikanische John D. MacDonald-Fanseite


DVD-Kritik: Über die nette, gut besetzte Krimikomödie „Henry & Julie“

November 7, 2011

Das DVD-Cover von „Henry & Julie: Der Gangster und die Diva“ mit Keanu Reeves, der eine MP in seiner Hand hält, ist reiner Etikettenschwindel. Denn außer einigen Revolvern gibt es in dieser romantischen Bankräuberkomödie mit Screwball-Touch keine Schusswaffen.

Der von Keanu Reeves gespielte Henry ist ein Allerweltsjunge, der von allen herumgestoßen wird, sein Leben weitgehend passiv erleidet und der gerade von seiner Nachtschicht als Mautkassierer an einer Autobahn in der Nähe von Buffalo, New York, zurückgekommen ist und sich mit seiner Frau über ihre Babypläne unterhält, als er von seinen Freunden ohne sein Wissen in einen Banküberfall hineingezogen und als einziger verurteilt wird.

Nach seinem Gefängnisaufenthalt beschließt er, die Bank auszurauben. Immerhin wurde er bereits dafür verurteilt. Zusammen mit seinem Knastkumpel Max (James Caan) planen sie den Einbruch in die Bank – durch einen alten Tunnel, der in einem alten Theater beginnt. In ihm wird gerade eine Aufführung von Anton Tschechows letztem Theaterstück „Der Kirschgarten“ geprobt und Henry verliebt sich in die impulsive Hauptdarstellerin Julie (Vera Farmiga). Als Max herausfindet, dass der Tunnel in der Garderobe des Hauptdarstellers beginnt, verschafft er Henry die Rolle, die auch die Beziehung von Henry und Julie spiegelt.

Henry & Julie“ ist eine angenehm altmodische Komödie, die eindeutig eine Liebeserklärung an die klassischen Screwball- und romantischen Hollywood-Gaunerkomödien, die irgendwann in den sechziger Jahren aus den Kinos verschwanden, ist und die in den letzten Jahren immer wieder von Woody Allen in seinen Krimis verklärt wurden. Entsprechen gediegen ist die Machart, die Auswahl der Schauplätze und auch die Musikauswahl erfreut das Herz des Nostalgikers. Die Schauspieler, vor allem Vera Farmiga, James Caan und Peter Stormare als Theaterregisseur, haben erkennbar ihren Spaß und liefern herrlich exzentrische Charakterstudien ab. Dagegen wirkt Keanu Reeves als Biedermann, der zum Gewalt ablehnenden Verbrecher wird, noch blasser. Insgesamt ist „Henry & Julie“ eine kurzweilige, aber auch weitgehend überraschungsfreie Unterhaltung, bei der sich für Henry und Julie das Leben und die Kunst immer mehr miteinander vermischen und das Publikum eine einmalige Tschechow-Premiere erlebt.

Henry & Julie: Der Gangster und die Diva (Henry’s Crime, USA 2010)

Regie: Malcolm Venville

Drehbuch: Sacha Gervasi, David N. White (nach einer Geschichte von Stephen Hamel und Sacha Gervasi)

mit Keanu Reeves, Vera Farmiga, James Caan, Peter Stormare, Bill Duke, Danny Hoch, Fisher Stevens

DVD

Sunfilm

Bild: 16:9 (1:2,35)

Ton: Deutsch (DD 5.1, DTS), Englisch (DD 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Trailer (deutsch, englisch)

Länge: 108 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

(Blu-ray identisch)

Hinweise

Homepage zum Film

Wikipedia über „Henry & Julie: Der Gangster und die Diva“ (deutsch, englisch)

Collider: Interview mit Keanu Reeves über „Henry & Julie“ (20. September 2010)

Bonusmaterial

eine Version des DVD-Covers, die wohl für uns zu bieder war

man hätte natürlich auch das Originalplakat verwenden können

eine Pressekonferenz gab es auf dem Toronto International Film Festival

 

 


DVD-Kritik: die tolle Dennis-Lehane-Verfilmung „Gone Baby Gone“

November 7, 2011

Als Ben Affleck sagte, dass er Dennis Lehanes hochgelobten Privatdetektivroman „Gone Baby Gone“ mit den Privatdetektivpaar Patrick Kenzie und Angela Gennaro verfilmen wollte, war die Skepsis groß. Gut, er hatte mit Matt Damon das Oscar-nominierte Drehbuch für „Good Will Hunting“ geschrieben, aber das war 1997. Danach spielte er in „Armageddon – Das jüngste Gericht“, „Pearl Habor“, „Der Anschlag“, „Daredevil“ und „Paycheck – Die Abrechnung“ mit, er sammelte Razzie-Nominierungen und erhielt Razzies, wie andere Rubbellose sammeln. Von einem intellektuellem Anspruch war bei diesen Filmen nichts zu spüren.

Dass er dann auch noch die Hauptrolle mit seinem jüngeren Bruder Casey Affleck besetzte, bestätigte die schlimmsten Befürchtungen. Ein Milchbubi, der bislang nur als unauffälliger Sidekick in den Ocean’s-Filmen bei denen halb Hollywood mitspielte und vernachlässigbaren Filmen wie „American Pie 2“ auftrat, sollte einen Hardboiled-Privatdetektiv spielen. Undenkbar.

Da sah man vor seinem geistigen Auge schon eine vermurkste Bestsellerverfilmung, bei der man überall erklären musste, dass das Buch viel besser sei. Dass Lehane eine tolle Geschichte geschrieben habe; eine in der es um das Verhältnis von Eltern zu ihren Kindern, um Verantwortung gegenüber den eigenen und fremden Kindern, über Werte und auch um die Frage, was man, wenn Recht, die eigene Moral und das offensichtlich beste für ein Kind diametral gegenüber stehen, tun soll. Ernste Themen, die Lehane in seinem Roman in einer fein komponierten Geschichte auf über fünfhundert Seiten kurzweilig erzählte und die so dicht und detailreich ist, dass man sich schon fragte, wie der Drehbuchautor die fünfhundert Seiten in zwei Filmstunden pressen wollte. Doch auch dann würde noch ein Genrefilm entstehen, der eher an Howard Hawks‘ Raymond-Chandler-Verfilmung „Tote schlafen fest“ (mit Humphrey Bogart) als an einen Blockbuster-Actionfilm erinnern würde.

Dann kam der Film in die Kinos – und die Kritiker und Krimifans waren begeistert. Denn Ben Affleck hatte einen richtig guten Privatdetektiv-Krimi mit grandiosen Schauspielern (Morgan Freeman, Ed Harris, die Oscar-nominierte Amy Ryan; um nur die bekanntesten zu nennen) und, dank des Drehs vor Ort mit lokalen Schauspielern und Laien, einem tiefen Gefühl für Boston und die Besonderheiten der Stadt gedreht. Dass die Geschichte dafür etwas entschlackt wurde, war zu verschmerzen. Es wird zwar nicht mehr die Komplexität des Romans erreicht, aber ob Patrick Kenzie am Ende die richtige Entscheidung getroffen hat, bleibt im Film genau so offen, wie im Buch. Affleck vertraute hier, genau wie Dennis Lehane (der 2010 in „Moonlight Mile“ Patrick Kenzie und Angela Gennaro wieder mit dem Fall und den Folgen konfrontierte), auf den mündigen Zuschauer.

Die beiden Privatdetektive sollen, beauftragt von der Schwiegermutter die verschwundene vierjährige Amanda McCready suchen. Die Mutter Helene taugt nur als schlechte Beispiel und alle befürchten das Schlimmste. Denn obwohl die Polizei, unterstützt von den Medien und halb Boston Amanda sucht, gibt es keine Spur.

Im Film, wie im Buch (da noch deutlicher), begeben sich Kenzie und Gennaro in das Herz der Finsternis. Denn weil es keine Lösegeldforderung gibt, befürchten sie, dass Amanda entweder in den Händen von Kinderschändern ist und vielleicht schon tot ist.

Als sie Amanda am Ende entdecken, stehen sie vor der Frage, ob sie Amanda aus den Händen der Entführer befreien und sie, entsprechend ihrem Auftrag, zur Mutter, die sich in der Vergangenheit einen Scheiß um ihre Tochter kümmerte, zurückbringen oder sie bei der sie liebenden Familie lassen sollen.

Gennaro möchte das Kind bei der Familie lassen. Kenzie entscheidet sich dagegen. Er bringt Amanda zurück, stürzt damit mehrere Familien und Polizisten ins Verderben und im letzten Bild lässt Regisseur Affleck uns mit der Frage, ob Patrick Kenzie richtig gehandelt hat, zurück. Denn Helene kümmert sich immer noch nicht um ihre Tochter.

Gone Baby Gone“ ist ein klassischer Privatdetektiv-Krimi, der fest in der Tradition verwurzelt ist, sich deutlich am New-Hollywood-Kino der siebziger Jahre orientiert und seine Geschichte als spannenden Vorwand nimmt, um moralische Fragen vielschichtig zu behandeln und den Zuschauer am Ende ohne eine einfache Antwort zurücklässt. Da ähnelt er sehr Clint Eastwoods ebenso gelungener Dennis-Lehane-Verfilmung „Mystic River“. Gleichzeitig fällt auf, wie sehr Ben Affleck auch mit vielen Außenaufnahmen, einheimischen Schauspielern und Laien, ein Bild von seiner Heimatstadt zeichnet.

Und Casey Affleck erscheint jetzt als die einzig mögliche Besetzung für Patrick Kenzie, den er als einen jugendlichen (31 Jahre!), von der Aufgabe scheinbar überforderten (normalerweise sucht er mit seiner Partnerin untergetauchte Erwachsene), bauernschlauen, furchtlosen und auch hartnäckig-starrköpfigen Mann spielt, dessen resignierte Traurigkeit schon von der ersten Minute erahnen lässt, wie schlecht die Geschichte ausgeht. Nach „Gone Baby Gone“ spielte Casey Affleck in „Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“ den Bösewicht und er war das Beste an diesem bedeutungsschwanger-langatmigen Western. In der zu texttreuen und daher durchwachsenen Jim-Thompson-Verfilmung „The Killer inside me“ war er der Antiheld Lou Ford und gerade sein harmloses Aussehen machte Lou Ford noch bedrohlicher. Beide Male zeigte Casey Affleck was er kann und auch in der jetzt im Kino laufenden Einbrecherkomödie „Aushilfsgangster“ spielt er wieder einen Charakter, der sich, aufgrund seiner Wertvorstellungen, gegen seine Freunde stellen muss.

Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel“ ist, auch beim wiederholten Sehen, ein guter Film, der mit der Zeit sogar besser wird. 2007 war er, als er im Kino lief, einer meiner Lieblingsfilme – und vier Jahre später hat sich an meiner Meinung nichts geändert. Im Gegenteil.

Und wenn ich irgendwann eigene Kinder habe…

 

Das Bonusmaterial

 

Das Bonusmaterial ist auf den ersten Blick nicht besonders umfangreich, aber sehenswert. Besonders die informativen Audiokommentare zum Film und den „Geschnittenen Szenen“ (wobei sie hier wenig sagen) von Regisseur und Drehbuchautor Ben Affleck und Drehbuchautor Aaron Stockard beeindrucken durch ihre nüchterne, analytische Schärfe, die man eher bei einem Audiokommentar, der Jahre nach der Fertigstellung des Films aufgenommen wurde, vermutet hätte. Bei den „Geschnittenen Szenen“ nimmt der anders geschnittene Anfang, in dem Patrick Kenzie und Angela Gennaro bei der Arbeit und in ihrer Wohnung gezeigt werden, die Hälfte der 17 Minuten in Anspruch. Affleck hatte die Szenen dann aus Zeitgründen weggelassen.

Die beiden Featurettes sind okay, aber etwas kurz und arg hektisch geschnitten.

Gone Baby Gone – Kein Kinderspiel (Gone Baby Gone, USA 2007)

Regie: Ben Affleck

Drehbuch: Ben Affleck, Aaron Stockard

LV: Dennis Lehane: Gone, Baby, Gone, 1998 (Kein Kinderspiel; später, aufgrund des Films „Gone Baby Gone“)

mit Casey Affleck, Michelle Monaghan, Morgan Freeman, Ed Harris, John Ashton, Amy Ryan

DVD

Studio Canal

Bild: 1,85:1 (anamorph)

Ton: Deutsch, Englisch (5.1 DD)

Untertitel: Deutsch, Englisch, Englisch für Hörgeschädigte

Bonusmaterial: 6 zusätzliche Szenen und alternatives Ende; Audiokommentar von Autor und Regisseur Ben Affleck und Co-Autor Aaron Stockard; Authentizität einfangen: Die Besetzung von „Gone Baby Gone“; Heimkehr: Hinter den Kulissen mit Ben Affleck; Trailer; Wendecover

Länge: 109 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Wikipedia über „Gone Baby Gone“ (deutsch, englisch)

Homepage von Dennis Lehane

Thrilling Detective über Patrick Kenzie und Angela Gennaro

Meine Besprechung von Dennis Lehanes „Coronado“ (Coronado, 2006)

Meine Besprechung von Dennis Lehanes „Moonlight Mile“ (Moonlight Mile, 2010)

Dennis Lehane in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 7. November: Lone Star

November 7, 2011

 

Arte, 20.15

Lone Star (USA 1996, R.: John Sayles)

Drehbuch: John Sayles

In Texas wird in der Wüste ein Skelett mit einem Sheriffstern gefunden. Sheriff Sam Deeds (Chris Cooper) versucht den vierzig Jahre alten Mordfall zu klären und schnell fragt er sich, was sein verstorbener Vater, der ungekrönte und immer noch geachtete Herrscher der Stadt, mit dem Mord zu tun hat und ob er sein Andenken beschmutzen soll.

Sayles ist ein Meisterwerk mehrschichtigen Erzählens gelungen: mit knapp einem Dutzend wichtigen Rollen, mit überlegter Koppelung von Gegenwart und Vergangenheit, lakonisch-doppelsinnigen Dialogen, ausgefeilter Kameraarbeit, Musik, die drei Kulturen einfängt, und atemberaubenden Zeitübergängen.“ (Fischer Film Almanach 1998)

Bei dem Lob vergisst man fast, dass „Lone Star“ auch ein verdammt unterhaltsamer Krimi ist.

Das Drehbuch war für einen Oscar („Fargo“ gewann), einen Golden Globe, den BAFTA, den Independent Spirit Award und den Preis der Writers Guild of America (wieder gewann „Fargo“) nominiert.

mit Chris Cooper, Elisabeth Pena, Kris Kristofferson, Miriam Colon, Matthew McConaughey, Frances McDormand

Hinweise

Wikipedia über „Lone Star“ (deutsch, englisch)

Homepage von John Sayles

John Sayles in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 6. November: Wahl der Waffen

November 6, 2011

Arte, 20.15

Wahl der Waffen (Fr 1981, R.: Alain Corneau)

Drehbuch: Alain Corneau, Michel Grisola

Der im Ruhestand lebende Gangster Noel nimmt den jungen, heißblütigen Junggangster Mickey bei sich auf. Durch ihn wird er wieder in sein altes Leben zurückgezogen.

Aus heutiger Sicht beendete Alain Corneau mit dem leicht melancholischem Noir „Wahl der Waffen“ die Ära des klassischen französischen Gangsterfilms indem er noch einmal alle Themen bündelte, neu betrachtete und sie endgültig beantwortete. Nach „Wahl der Waffen“ war die Zeit des Nachkriegsgangsters endgültig vorbei.

Einen schöneren Abgesang hätte er nicht bekommen können.

mit Yves Montand, Gérard Depardieu, Catherine Deneuve, Michel Galabru, Gerard Lanvin, Marc Chapiteau

Wiederholung: Donnerstag, 17. November, 02.00 Uhr (Taggenau!)

 

Hinweise

Wikipedia über „Le choix des armes“

Citizen Poulpe über „Le choix des armes“

Films de France über „Le choix des armes“ (englisch)

Kriminalakte über „Wahl der Waffen“ (Sammlung einiger Kritiken)

Kriminalakte: Meine Besprechung von „Wahl der Waffen“

Kriminalakte: Mein Nachruf auf Alain Corneau


TV-Tipp für den 5. November: James Bond: 007 jagt Dr. No

November 5, 2011

ARD, 23.30

JAMES BOND: 007 jagt Dr. No (GB 1962, R.: Terence Young)

Drehbuch: Richard Maibaum, Johanna Harwood, Berkely Mather

LV: Ian Fleming: Dr. No, 1958 (007 James Bond jagt Dr. No)

Auf Jamaica soll James Bond herausfinden, wer zwei Mitarbeiter des Secret Service umbrachte. Er stößt schnell auf Dr. No.

Der allererste Bond, mit Sean Connery, Ursula „Bikini“ Andress, Joseph Wiseman – damals noch nah am Buch und ziemlich hart. „Dr. No“ ist nicht nur aus nostalgischen Gründen sehenswert.

Hinweise

Wikipedia über „James Bond: 007 jagt Dr. No“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Sebastian Faulks’ James-Bond-Roman „Der Tod ist nur der Anfang“ (Devil may care, 2008)

James Bond in der Kriminalakte


„The Walking Dead“ rüttelt an die Tore von Alexandria

November 4, 2011

In dem zwölften „The Walking Dead“-Sammelband „Schöne neue Welt“ wurden Rick Grimes und seine Gefährten von Douglas Monroe in dessen Kommune Alexandria aufgenommen. Nach all den vorherigen schlechten Erfahrungen waren sie jetzt anscheinend im Paradies gelandet: eine kleine, friedliche, wegen der herumlaufenden Zombies (wir erinnern uns: nach einem Schusswechsel mit einem Gangster fiel Grimes ins Koma, als er erwachte, waren Zombies auf der Welt, nach einiger Zeit fand er seine Familie wieder und gemeinsam mit ihr und einigen Freunden machten sie sich auf den Weg. Sie trafen auf den durchgeknallten Gouverneur von Woodbury und eine von Sergeant Abraham ‚Abe‘ Ford angeführte Gruppe, mit der sie sich zusammenschlossen und auf den Weg nach Washington machten, wo es eine Erklärung gegen die Zombieplage geben sollte. Aber Washington entpuppte sich als Irrtum und dann trafen sie auf einen Spähtrupp, der sie nach Alexandria brachte, einer) umzäunten Vorstadtgemeinde, in der die Waffen am Eingang abgegeben werden und bei abendlichen Treffen die Gemeindemitglieder sich über ganz alltägliche Probleme, die nichts von der Zombieplage ahnen lassen, unterhalten.

Grimes will, dass sie in diesem Paradies bleiben können. Allerdings traut er, nach den schlechten Erfahrungen mit dem Gouverneur, dem Frieden nicht und in „Kein Zurück“, dem dreizehnten Sammelband der „The Walking Dead“-Serie, besorgt er sich als erstes Waffen. Zur Selbstverteidigung.

Und während er, immerhin war er früher Polizist, als Sheriff in der Gemeinde für Recht und Ordnung sorgt, übernimmt das Ford außerhalb der Gemeinde. Denn sie haben viele Monate in der Wildnis überlebt und dabei viele Gefährten und Freunde verloren, sie wissen, wie man überlebt und sie beginnen schnell, die Führung in Alexandria zu übernehmen.

In dem Folgeband „In der Falle“ etablieren sich Grimes und seine Freunde in der Stadt. Aufgrund ihrer Erfahrung und wie sie mit Problemen umgehen, werden sie als Anführer akzeptiert. Alles scheint sich gut zu entwickeln, bis eine Herde von Zombies sich vor den Toren von Alexandria versammelt und in die Stadt will. Die in der Stadt Eingeschlossenen nehmen den scheinbar aussichtslosen Kampf auf. Denn noch wollen sie Alexandria nicht aufgeben.

Bei uns erscheinen die von Robert Kirkman erfundenen und geschriebenen, von Charlie Adlard und Cliff Rathburn gezeichneten „The Walking Dead“-Comics als Sammelbände, die immer mehrere Hefte enthalten. In den USA erscheinen die Comics zuerst als Einzelhefte – und bislang waren diese Covers bei uns unbekannt. Wir kannten nur die mit wiederkehrenden Elementen ausgestatteten Covers der Sammelbände. In „The Walking Dead – Die Cover (Vol. 1)“ sind, im Din-A-4-Format, die Titelbilder der ersten fünfzig „The Walking Dead“-Hefte, der Sammelbände, der Hardcover-Bücher und der Deluxe-Ausgabe reproduziert. Die Zeichner Tony Moore (bis Heft 24 und Sammelband 4) und dem Team Charlie Adlard und Cliff Rathburn (ab Heft 25) und „The Walking Dead“-Autor und Erfinder Robert Kirkman haben außerdem aus ihren Archive Skizzen und frühere Entwürfe herausgekramt und sie kommentieren alle Covers. Dabei gibt vor allem Tony Moore einen guten Einblick in seine Arbeitsweise.

The Walking Dead – Die Cover“ ist natürlich in erster Linie ein Buch für den „The Walking Dead“-Fan, der noch etwas mehr über diese grandiose Serie erfahren will. Oder ein Weihnachtsgeschenk sucht.

Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburn: The Walking Dead 13: Kein Zurück

(übersetzt von Marc-Oliver Frisch)

Cross Cult, 2011

144 Seiten

16 Euro

Originalausgabe

The Walking Dead Vol. 13: Too far gone

Image Comics, 2011

(enthält: The Walking Dead # 73 – 78, 2010/2011)

Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburn: The Walking Dead 14: In der Falle

(übersetzt von Marc-Oliver Frisch)

Cross Cult, 2011

152 Seiten

16 Euro

Originalausgabe

The Walking Dead Vol. 14: No way out

Image Comics, 2011

(enthält: The Walking Dead # 79 – 84, 2011)

Robert Kirkman/Tony Moore/Charlie Adlard/Cliff Rathburn: The Walking Dead – Die Cover, Volume 1

(übersetzt von Marc-Oliver Frisch)

Cross Cult, 2011

144 Seiten

26 Euro

Originalausgabe

The Walking Dead: The Covers, Vol. 1

Image Comics, 2010/2011

Hinweise

Offizielle „The Walking Dead“-Seite

Wikipedia über „The Walking Dead“ (deutsch, englisch)

AMC-Blog zu „The Walking Dead“

„The Walking Dead“-Fanseite

„The Walking Dead“-Wiki

Spiegel Online: Interview mit Charlie Adlard (21. Oktober 2011)

Kriminalakte: Meine Gesamtbesprechung der ersten zehn „The Walking Dead“-Bände

 Meine Besprechung von Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburns „The Walking Dead 11: Jäger und Gejagte“ (The Walking Dead Vol. 11: Fear the hunters)

Meine Besprechung von Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburns „The Walking Dead 12: Schöne neue Welt“ (The Walking Dead Vol. 12: Life among them)

Kriminalakte: das Comic-Con-Panel zur TV-Serie

 


Neu im Kino/Filmkritik: Haben die „Aushilfsgangster“ ihren Westlake gelesen?

November 4, 2011

Brett Ratner drehte zwar auch die Thomas-Harris-Verfilmung „Roter Drache“, aber am bekanntesten dürfte er für seine „Rush Hour“-Filme mit Jackie Chan und Chris Tucker sein, in denen Action und Lacher sich abwechselten. Auch sein neuester Film „Aushilfsgangster“ scheint eine in dieser Tradition stehende actionhaltige Komödie über einen Einbruch zu sein. Immerhin spielen Ben Stiller und Eddie Murphy mit. Auch der Trailer schlägt in diese Kerbe – und führt auf die falsche Fährte. Denn „Aushilfsgangster“ ist ein ziemlich ernster Film mit komischen Momenten, die sich vor allem aus der Situation ergeben und die Macher den Eindruck erwecken, wirklich Donald E. Westlakes John-Dortmunder-Romane, in denen ein glückloser Einbrecher und seine Kumpels Reiche ausrauben wollen und immer alles schiefgeht, studiert haben.

Josh Kovacs (Ben Stiller) ist der Manager von einem Hochhaus in Manhattan, in dem die Superreichen leben. Daher ist es auch ein Skandal, dass Wall-Street-Banker Arthur Shaw (Alan Alda) als Millionenbetrüger verhaftet und unter Hausarrest gestellt. Shaw hat auch den Pensionsfond der Angestellten des Hochhauses verwaltet und dieses Geld ist jetzt futsch.

Als Kovacs erkennen muss, dass er mit legalen Mitteln nicht wieder an das Geld seiner Untergebenen kommt, entschließt er sich zur Selbsthilfe. Zusammen mit einigen ebenfalls im Tower Beschäftigten will er Shaws eiserne Reserve, die irgendwo in dessen Apartment gebunkert ist, klauen. Dummerweise sind sie keine Einbrecher, Shaw darf seine ganz oben im Tower liegende Wohnung nicht verlassen und diese ist auch extrem gut bewacht und gesichert.

Aushilfsgangster“, die proletarische Version von „Ocean’s Eleven“, ist natürlich leichtgewichtige Unterhaltung, die nie vorgibt mehr als zwei Stunden niveauvoll mit einer klassenkämpferischen Davide-gegen-Goliath-Geschichte zu unterhalten. Dabei wird sich vor allem auf die Geschichte, das Ensemble und die sich daraus ergebenden Konflikte konzentriert. Auch der Humor und die Action-Szenen ergeben sich daraus und sind, gemessen an dem, was einem sonst in Action-Filmen so geboten wird, gar nicht so übertrieben. Aber besonders wenn die von Kovacs angeführte Gang während des Coups, bei dem natürlich alles schief geht, was schief gehen kann, während der Thanksgiving Day Parade die Beute aus Shaws Wohnung bewegen, gibt es einige atemberaubende Action-Szenen, die in der Wirklichkeit sicher anders ausgegangen wären.

Nur Eddie Murphy, der seine großmäulige Standardnummer abzieht, fügt sich nie in die aus Casey Affleck, Matthew Broderick, Michael Peña, Gabourey Sidibe und Stephen Henderson bestehende, auf den ersten Blick harmlos-nett-biedere Einbrechergang ein. Er ist und bleibt ein störender Fremdkörper unter all den lakonischen New Yorkern.

Aushilfsgangster (Tower Heist, USA 2011)

Regie: Brett Ratner

Drehbuch: Ted Griffin, Jeff Nathanson (nach einer Geschichte von Adam Cooper, Bill Collage und Ted Griffin)

mit Ben Stiller, Eddie Murphy, Casey Affleck, Alan Alda, Matthew Broderick, Stephen Henderson, Judd Hirsch, Téa Leoni, Michael Peña, Gabourey Sidibe, Nina Arianda, Zeljko Ivanek

Länge: 100 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Wikipedia über „Aushiflsgangster“ (deutsch, englisch)

Film-Zeit über „Aushilfsgangster“

 


TV-Tipp für den 4. November: Der aus dem Regen kam

November 4, 2011

RBB, 00.00

Der aus dem Regen kam (F/I 1969, R.: René Clement)

Drehbuch: Sébastien Japrisot, Lorenzo Ventavoli

Buch zum Film: Sébastien Japrisot: Le passager de la pluie, 1992

Mellie erschießt in Notwehr einen Fremden und lässt die Leiche verschwinden. Eines Tages taucht ein geheimnisvoller Amerikaner auf und erpresst sie.

Spannender Psycho-Thriller: „La mise en scène est irréprochable, l’interprétation excellente et le film distille un charme doux-amer plein de suspense. Mais trop de froideur et une intrigue confuse finissent par lasser. Il n’est pas certain que ce film résiste à des diffusions répétées tant ses limites finissent par devenir évidentes.“ (Dictionnaire du cinéma, Robert Laffont)

„Geschickt ausgetüftelter Psycho-Thriller.“ (Lexikon des internationalen Films) „Eine ironische Annäherung an das Genre.“ (Meinolf Zurhorst: Lexikon des Kriminalfilms – Völlig überarbeitete Neuauflage)

Der Film war für den Edgar nominiert und gewann den Golden Globe als bester fremdsprachiger Film

Mit Marlène Jobert, Charles Bronson, Jill Ireland


Neu im Kino/Filmkritik: Silly, awesome „Real Steel“

November 3, 2011

Das war jetzt genau der richtige Film für meine Stimmung“, meinte ich nachdem ich „Real Steel“ gesehen hatte. Das sagt allerdings mehr über meine Stimmung, als über die Qualitäten des Films aus, der als zitatenreicher Mix aus Underdog- und Vater-Sohn-Geschichte wahrlich keine Preise für innovatives Geschichten erzählen verdient und auf einer ziemlich bescheuerten Prämisse basiert, die auch nach dem Genuss etlicher „Transformers“-Filme und B-Movie-Gurken wie „Robo Warriors“ nicht glaubwürdiger wirkt. Denn in naher Zukunft gibt es keine Boxkämpfe mehr. Also: keine Boxkämpfe mehr, in denen Menschen sich die Birne einhauen. Jetzt gibt es Roboterkämpfe, in denen Roboter, die in den Kämpfen mehr oder weniger von Menschen gesteuert werden, sich die Schutzbleche abkloppen, Gliedmaße abschlagen (da fliegt dann schon einmal ein Arm oder ein Bein in die johlende Masse) und spätestens wenn der Kopf weggeschlagen wird, ist der Kampf zu Ende und ein Roboter reif für eine ordentliche Generalüberholung.

Der Ex-Profiboxer Charlie Kenton (Hugh Jackman) reist durch das amerikanische Hinterland und kommt mehr schlecht als recht über die Runden. Er hat einige Freunde und viele Schulden und er ist ein Posterboy für den „Sympathischen Loser des Jahres“. Als er erfährt, dass seine Ex-Frau gestorben ist und er jetzt das Sorgerecht für ihren elfjährigen Sohn Max (Dakota Goyo), den er bislang nicht gesehen hat (soviel zu „Vater des Jahres“), will er im Gericht nur kurz auftauchen und, mit einem Hinweis auf seinen Lebenswandel, das Sorgerecht ablehnen. Aber als er sieht, dass seine Schwester Debra (Hope Davis), die Max adoptieren möchte, den vermögenden Marvin Barnes (James Rebhorn) geheiratet hat, wittert er die Chance auf einen Batzen Geld. Charlie sagt Barnes, dass er das Sorgerecht gegen eine ordentliche Menge Geld nach dem Sommer, den er gemeinsam mit seinem Sohn verbringen will, abtreten werde.

Charlie will Max bei seiner ihn loyal unterstützenden Freundin Bailey (Evangeline Lilly), deren Vater sein Trainer war und die jetzt eine Boxroboterreparaturwerkstatt hat, abgeben und sich auf den Weg zum nächsten Roboterkampf machen. Aber Max hat seinen eigenen Kopf, ist ein Fan der Roboterkämpfe und schon hat der Kindskopf Charlie ein gewaltiges Problem. Vor allem, nachdem Max, der viel erwachsener als sein Vater ist, auf einem Schrottplatz einen alten Trainingsroboter entdeckt (der so menschlich wie E. T. wirkt [Hm, Steven Spielberg ist Executive Producer von „Real Steel“.]) und ihn auf Kämpfe schicken will. Auch gegen den scheinbar übermächtigen Zeus, den Champion der Roboterkämpfe.

Bei „Real Steel“, der keinen Hehl aus seinen Vorbildern macht, erstaunt immer wieder, wie gut es Shawn Levy gelingt, scheinbar disparate Plotelemente und Stile in einen typischen Boxerfilm à la „Rocky“ zu integrieren. Die Reise durch das Hinterland und die Vater-Sohn-Geschichte in „Real Steel“ imitiert durchaus gekonnt die Beziehung zwischen Ryan O’Neal und seiner Tochter Tatum O’Neal in „Paper Moon“. „The Wrestler“ und die Endzeit-Filme in der „Mad Max“-Tradition (mit der üblichen Portion Heavy Metal als Hintergrundgeräusch) haben unbestreitbar für die Nicht-Liga-Roboterkämpfe als Vorbild gedient, die Verteilung von Gut und Böse (Zeus wird von einem Japaner gesteuert und einer Russin finanziert) ist arg klischeehaft, die Botschaft erwartbar platt und bei den brutalen Roboterkämpfen möchte man, obwohl „Real Steel“ doch als Familienfilm gedacht war, kein Kind in den Film schicken.

Aber dennoch macht „Real Steel“, dank der Schauspieler, dem angenehm altmodischem Americana-Feeling (etwas mehr entsprechende Musik hätte mir gefallen) und dem straffen Erzähltempo, wirklich Spaß und die Effekte dienen, wie es sein sollte, der Geschichte. Daher fiebert man dann bei den Kämpfen auch mit.

Und warum ist so ein Film für die „Kriminalakte“ interessant?

Nun, die Vorlage stammt von Richard Matheson, einem Pulp-Autor (Horror, Krimi und Science-Fiction), der auch in Hollywood als Lieferant von Geschichten – Romane und Kurzgeschichten – und Drehbuchautor seine Spuren hinterließ. Sein bekanntestes Werk ist der Science-Fiction-Roman „I am Legend“ (einmal verfilmt mit Vincent Price, einmal mit Charlton Heston, einmal mit Will Smith). Aber auch bei Roger Cormans Edgar-Allan-Poe-Verfilmung „Der grauenvolle Mr. X“, Steven Spielbergs „Duell“, Terence Youngs „Kalter Schweiß“ und und zahlreichen Episoden der „Unglaubliche Geschichten“ (The Twilight Zone) steht sein Name im Vorspann.

Auch „Steel“, so der Titel von Mathesons Kurzgeschichte, von der für „Real Steel“ nur die Prämisse und einige Storyelemente sehr frei übernommen wurden, wurde für die „Twilight Zone“ verfilmt.

Real Steel (Real Steel, USA 2011)

Regie: Shawn Levy

Drehbuch: John Gatins (nach einer Geschichte von Dan Gilroy und Jeremy Leven)

LV: Richard Matheson: Steel, 1956 (Kurzgeschichte, zuerst publiziert in Fantasy & Science Fiction, Mai 1956)

mit Hugh Jackman, Dakota Goyo, Evangeline Lilly, Anthony Mackie, Kevin Durant, Hope Davis, James Rebhorn

Länge: 127 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Wikipedia über „Real Steel“ (deutsch, englisch)

Film-Zeit über „Real Steel“

Richard Matheson in der Kriminalakte

Bonusmaterial

Das „Real Steel“-Teaserplakat

 

Die erste Verfilmung von „Steel“


Die KrimiZeit-Bestenliste November 2011

November 3, 2011

Die Herren und Damen Kritiker haben sich nach langen Debatten auf diese November-Liste der KrimiZeit-Bestenliste geeinigt:

1 (8) Kate Atkinson: Das vergessene Kind

2 (4) Joe R. Lansdale: Gauklersommer

3 (-) Deon Meyer: Rote Spur

4 (-) Heinrich Steinfest: Die Haischwimmerin

5 (1) Norbert Horst: Splitter im Auge

6 (-) Rainer Gross: Kettenacker

7 (-) Uta-Maria Heim: Feierabend

8 (-) Christopher G. Moore: Der Untreue-Index

9 (-) Christian Mähr: Das unsagbar Gute

10 (-) Tony Black: Geopfert

In ( ) ist die Platzierung vom Vormonat.

Sieben Neueinsteiger – und für mich ist, bis auf den Joe R. Lansdale und Christopher G. Moore (nach einer langen Übersetzungspause), ziemlich wenig dabei.


TV-Tipp für den 3. November: Rambo

November 3, 2011

Vox, 22.20

Rambo (USA 1982, R.: Ted Kotcheff)

Drehbuch: Michael Kozoll, William Sackheim, Sylvester Stallone

LV: David Morell: First Blood, 1972 (Rambo)

Vietnam-Veteran John Rambo wird in einem Provinzkaff der Landstreicherei verdächtigt und von der Polizei gedemütigt. Er bricht aus und flüchtet in den Wald – verfolgt von einem riesigen Polizeiaufgebot. Rambo beginnt sich zu verteidigen. Und davon versteht der ehemalige Elitesoldat und Dschungelkämpfer etwas.

Das auch heute noch sehenswerte, harte Actiondrama mit gesellschaftskritischen Tendenzen machte Sylvester Stallone endgültig zum Star, sorgte in den Achzigern für zwei überflüssige Fortsetzungen und eine Welle von inzwischen – glücklicherweise – fast vollständig vergessenen Vietnam-Filmen. 2008 folgte dann, nach einer zwanzigjährigen Pause, der vierte Rambo-Film, der vor allem als kurzer, altmodischer Brutalo-Film für Aufsehen sorgte.

Für den ersten Rambo-Film wurde das Buchende geändert.

Mit Sylvester Stallone, Richard Crenna, Brian Dennehy, David Caruso

Wiederholung: Freitag, 4. November, 00.30 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Homepage von David Morell

Meine Besprechung von David Morrell „Level 9“ (Scavenger, 2007)

Meine Besprechung von David Morrells „Creepers“ (Creepers, 2005)

Meine Besprechung von David Morrells „Captain America: Der Auserwählte“ (Captain America: The Chosen, 2007/2008)


Ich bin ein Lebowski. Bist du ein Lebowski?

November 2, 2011

An der amerikanischen Kinokasse war „The Big Lebowski“ von den Coen-Brüdern, nach dem erfolgreichen „Fargo“, 1998 kein großer Erfolg. In Deutschland sahen damals fast 600.000 Menschen den Film; was gar nicht so schlecht ist und im Startmonat schaffte er es sogar in die Top 5.

Nach der Kinoauswertung wurde „The Big Lebowski“ in den USA in bestimmten Kreisen immer beliebter, die DVDs verkauften sich sehr gut, Menschen sahen sich den Film immer wieder an und streuten Weisheiten aus dem Film in ihre Gespräche ein. Nach so einem denkwürdigem Gespräch auf einer Tattoo-Messe entschlossen sich die Autoren von „Ich bin ein Lebowski, du bist ein Lebowski – Die ganze Welt des Big Lebowski“ ein Lebowski-Fest zu machen. Es war eine spinnerte Idee, die darauf hinauslief, sich eine Bowlingbahn zu mieten, den Film zu zeigen, sich zu verkleiden, zu trinken (bevorzugt White Russian) und einfach eine Menge Spaß zu haben. Es kamen mehr Menschen als erwartet, die Lebowski-Feste wurden immer erfolgreicher und irgendwann begriffen alle, dass „The Big Lebowski“ wirklich ein Kultfilm ist, wie „Easy Rider“, „The Rocky Horror Picture Show“, „Das Leben des Brian“, „Blues Brothers“ und natürlich die legendären Mitternachtsfilme (ein Phänomen, das in Deutschland nie so populär wie in den USA war). Alles Filme, die bei den Kritikern nicht unbedingt beliebt waren, nicht den Massengeschmack trafen („The Big Lebowski“ startete in den USA zeitgleich mit den wesentlich erfolgreicheren Thriller „Auf der Jagd“ und auch „Im Zwielicht“ [dachte nicht, dass dieser Paul-Newman-Film so erfolgreich war] und „Eisige Stille“ [diese Videopremiere ging trotz Jessica Lange vollkommen an mir vorbei] spielten am Eröffnungswochenende mehr Geld ein), aber einen Nerv trafen und immer wieder gesehen werden. Allein, mit Freunden, auf Partys, im Kino. Es sind Filme voller erinnerungswürdiger Sprüche und Weisheiten.

Auch „The Big Lebowski“ gehört in diese Reihe. Die Geschichte ist, wie bei Raymond Chandler, der als Inspiration diente, kaum nacherzählbar, labyrinthisch, voller grandioser Szenen und Sätze und wahrscheinlich bar jeder Logik. Im wesentlichen geht es darum, dass der Dude mit seinem ihm bis dahin unbekannten, stinkreichen, herrischen, querschnittgelähmten Namensvetter verwechselt wird und er in eine undurchsichtige Entführungsgeschichte hineingezogen wird.

Nachdem die Lebowski-Festivals so erfolgreich sind, war es nur eine Frage der Zeit, bis in den USA ein Fanbuch erschien. „Ich bin ein Lebowski, du bist ein Lebowski“ von den Lebowski-Festival-Organisatoren Bill Green, Ben Peskoe, Will Russell und Scott Shuffitt ist natürlich nicht besonders kritisch gegenüber dem Film. Dafür gibt es Interviews mit vielen Darstellern aus „The Big Lebowski“. Natürlich den Hauptdarstellern Jeff Bridges (der auch das Vorwort schrieb) und John Goodman, wichtigen Nebendarstellern, wie Julianne Moore, John Turturro, Sam Elliott, Philip Seymour Hoffman, David Hudldleston, Tara Reid, Peter Stormare und Jack Kehler (er hat immerhin zwei Szenen: einmal als Vermieter, einmal als Balletttänzer) und Schauspielern, die prägnante, teils stumme Auftritte hatten. Und es spricht für das Können der Coen-Brüder, dass man sich an etliche von ihnen auch noch nach Jahren erinnert, wie John Polito (als Schnüffler), Jimmie Dale Gilmore (im echten Leben ein Musiker, der im Film von John Goodman auf der Bowlingbahn zurechtgewiesen wird), Jesse Flanagan (der den Wagen des Dudes klaute und von John Goodman zusammengestaucht wird), Jerry Haleva (Saddam Hussein in einem Traum des Dudes) und Robin Jones (die Supermarktkassiererin, die ohne mit der Wimper zu zucken einen Scheck vom Dude akzeptiert). Sie erzählen etliche Anekdoten von den Dreharbeiten und wie der Film ihr Leben beeinflusste.

Die „Nerds“ (wie sich die Autoren des Buchs in den Interviews selbstironisch nennen) haben sich auch mit den Menschen unterhalten, die bestimmte Charaktere und Episoden in „The Big Lebowski“ inspirierten, wie dem echten „Dude“ (bürgerlich Jeff Dowd) und Regisseur- und Drehbuchautor John Milius (Ähem, „Apocalypse Now“, „Conan, der Barbar“, „Die rote Flut“ und ein wahrer Waffenfanatiker), der ein Vorbild für den John-Goodman-Charakter Walter Sobchak war, unterhalten. Und sie haben mit einigen Fans des Films, unter anderem „Cracker“-Lead-Gitarrist Johnny Hickman, gesprochen.

Es gibt mehr oder weniger triviale Hintergrundinformationen („Fuck“ wird in der Originalfassung 281 mal gesagt, „Dude“ 160 mal und Walter Sobchak hat immer Unrecht), eine kommentierte Auflistung der Drehorte (soweit bekannt) und einen Rückblick auf die Lebowski-Feste.

Ich bin ein Lebowski, du bist ein Lebowski“ ist ein unterhaltsames, reichhaltig mit SW-Bildern von durchwachsener Qualität illustriertes Fanbuch, das einige gute Gründe liefert, sich den Film wieder einmal anzusehen und auf der Seite Lebowski Fest kann man sich die Plakate in Farbe ansehen.

Bill Green/Ben Peskoe/Will Russell/Scott Shuffitt: Ich bin ein Lebowski, du bist ein Lebowski – Die ganze Welt des Big Lebowski

(übersetzt von Sven Kemmler)

Heyne, 2011

256 Seiten

14,99 Euro

Originalausgabe

I’m a Lebowski, you’re a Lebowski

Bloomsbury, New York 2007

Hinweise

Homepage des Lebowski Fest

You know, for kids! (umfangreiche Seite über die Filme der Coen-Brüder)

Drehbuch „The Big Lebowski“ von Joel & Ethan Coen

Wikipedia über „The Big Lebowski“ (deutsch, englisch)

 


TV-Tipp für den 2. November: Fight Club

November 2, 2011

Sixx, 22.00

Fight Club (USA 1999, R.: David Fincher)

Drehbuch: Jim Uhls

LV: Chuck Palahniuk: Fight Club, 1996 (Fight Club)

Yuppie Jack findet das Leben unglaublich öde. Kurzzeitige Kicks verschafft er sich mit dem Besuch von x-beliebigen Selbsthilfegruppen. Da trifft er Tyler Durden, der seinem Leben mit der Idee des „Fight Club“ (in dem Männer sich die Fresse polieren) den nötigen Kick verschafft. Bald nimmt der „Fight Club“ größere Dimensionen an.

Inzwischen: Klassiker, der mich schon damals im Kino verdammt gut gefiel. Naja, das Ende fand ich etwas schwach. Aber die zwei Stunden davor: Wow!

In seinem Roman enthüllt Palahniuk die Pointe früher.

„Handwerklich lässt Fincher keine Wünsche offen: Er hält ein rasantes Tempo, setzt virtuos visuelle Effekte ein und schafft so einen atemberaubenden Alptraum der ausklingenden 90er. Gewiss kann über dieses bemerkenswerte Werk trefflich gestritten werden, doch eines muss ihm jeder attestieren: ‘Fight Club’ ist keine lauwarme Kommerzproduktion, sondern einer der mutigsten, irritierendsten, gleichzeitig aber auch interessantesten Filme der letzten Jahre.“ (W. O. P. Kistner, AZ, 11. November 1999)

Die andere Meinung: „Denn im Grunde ist diese manieristisch heruntergefilmte Möchtegern-Satire von Regisseur David Fincher (‘Sieben’) nicht mehr als grober Unfug: eine große, in die Länge gezogene Luftblase.“ (Albert Baer, Rheinische Post, 12. November 1999)

Mit Brad Pitt, Edward Norton, Helen Bonham Carter, Meat Loaf, Jared Leto, George Maguire

Wiederholung: Donnerstag, 3. November, 02.40 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Wikipedia über „Fight Club“ (deutsch, englisch)

Drehbuch „Fight Club“ von Jim Uhls (Fassung vom 16. Februar 1998)

Drehbuch „Fight Club“ von Jim Uhls (Fassung vom 18. April 1997)

Senses of Cinema über David Fincher

Homepage von Chuck Palahniuk

Meine Besprechung der Chuck-Palahniuk-Verfilmung „Choke“


DVD-Kritik: Liam Neeson erklärt das „After.Life“

November 1, 2011

 

Irgendetwas macht Liam Neeson im Moment richtig. Denn obwohl ich kein Die-hard-Liam-Neeson-Fan bin, habe ich fast alle seine neuen Filme, wie „96 Hours“, „The A-Team“, „72 Stunden – The next three days“ (gut, das war nur ein Kurzauftritt), „Unknown Identity“, „Five Minutes of Heaven“ und jetzt „After.Life“, das Spielfilmdebüt von Agnieszka Wojtowicz-Vosloo, gesehen und wirklich schlecht war keiner.

In „After.Life“ spielt Liam Neeson den Bestatter Eliot Deacon, der mit den Toten mitfühlt und die Trauerfeier so gestaltet, als ob die Toten ihm ihre Geheimnisse anvertraut hätten. Schon in den ersten Filmminuten umgibt ihm eine geheimnisvolle Aura.

Jetzt soll er Anna Taylor (Christina Ricci) für die Trauerfeier präparieren. Sie war eine junge, unsichere Schullehrerin, die gerade mit ihrem Freund Paul Coleman (Justin Long), weil er ein lukratives Jobangebot in einer anderen Stadt erhalten hat, Schluss gemacht hat. Kurz darauf starb sie bei einem Autounfall und sie wird in der Leichenhalle von Deacons Bestattungsunternehmen, das er anscheinend ohne Angestellte führt in einem alten Anwesen auf einem Friedhof führt, wach.

Das dürfte, ohne eine Tropfen Blut, die gruseligste Szene des ganzen Films sein und einen der vorderen Plätze in einer Liste der gruseligsten Filmszenen des Jahres einnehmen: Taylor blickt zu Deacon auf, der ihr höflich, aber gelangweilt erklärt, dass sie Tod sei, dass es immer wieder Tote gebe, die das nicht akzeptieren wollten und er sie für die Trauerfeier präparieren müsse. Zum Beweis zeigt er ihr ihre Sterbeurkunde.

Und nicht nur Anna fragt sich in dem Moment, ob Deacon komplett durchgeknallt ist, ober ob sie wirklich tot ist. Wojtowicz-Vosloo hält diese Frage ziemlich lange offen und damit bleibt in „After.Life“ auch lange unklar, wie real die Ereignisse sind.

After.Life“ ist ein spannender, kleiner Horrorthriller, der mit spürbarer Lust seine schwarzhumorige Geschichte ohne größere Moral erzählt. Es ist eine dieser hundsgemeinen Geschichten, die früher als Kurzgeschichte in „Alfred Hitchcock’s Mystery Magazine“ oder „Ellery Queen’s Mystery Magazine“ erschienen oder im Fernsehen bei „Amazing Stories“ oder „Alfred Hitchcock presents“ gezeigt wurden. Die TV-Filme basierten oft auf Kurzgeschichten, die teils bereits in einem Mystery Magazine erschienen waren. Und wie damals ist auch in „After.Life“ die Pointe unvorhersehbar und so richtig gemein.

Das Bonusmaterial besteht aus einem kurzem „Making of“, in dem die Regisseurin bereits auf wichtige Handlungsdetails und Wendungen eingeht (deshalb sollte es erst nach dem Film angesehen werden) und einem Audiokommentar. Beides ist informativ, aber eher Graubrot.

After.Life (After.Life, USA 2009)

Regie: Agnieszka Wojtowicz-Vosloo

Drehbuch: Agnieszka Wojtowicz-Vosloo, Paul Vosloo, Jakub Korolczuk

mit Liam Neeson, Christina Ricca, Justin Long, Chandler Canterbury, Celia Weston, Luz Ramos, Josh Charles

DVD

Koch Media

Bild: 2.35:1 (16:9)

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Audiokommentar von Agnieszka Wojtowicz-Vosloo, Making of (7:30 Minuten), Deutscher und Originaltrailer, Wendecover

Länge: 99 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Wikipedia über „After.Life“

 

 


TV-Tipp für den 1. November: James Bond: Feuerball

November 1, 2011

SWR, 23.30

JAMES BOND: Feuerball (GB 1965, R.: Terence Young)

Drehbuch: Richard Maibaum, John Hopkins, Jack Whittingham

LV: Ian Fleming: Thunderball, 1961 (Feuerball)

Largo erpresst die britische Regierung mit der Drohung zwei Atomraketen auf westliche Großstädte abzufeuern. Anstatt zu bezahlen schickt die Regierung James Bond los – die Welt zu retten.

Bond auf den Bahamas und mit gaaaanz vielen Tauchern. Die Story zu „Feuerball“ basierte auf einem zusammen mit Kevin McClory entworfenem Filmtreatment. Nach einem Rechtsstreit durfte McClory ein Remake machen. Es hieß „Sag niemals nie“ (ebenfalls mit Connery und am Ende wieder mit gaaaanz vielen Taucher, – wegen des Copyrights)

Mit Sean Connery, Adolfo Celi, Claudine Auger

Wiederholung: Mittwoch, 2. November, 03.50 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Wikipedia über „Feurball“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Sebastian Faulks’ James-Bond-Roman „Der Tod ist nur der Anfang“ (Devil may care, 2008)

James Bond in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 31. Oktober: Hotel Bela – George Romero

Oktober 31, 2011

Arte, 23.40

Hotel Bela – George Romero (D 2010)

In der ersten Folge von „Hotel Bela“ trifft „Die Ärzte“-Schlagzeuger Bela B. Zombie-Urvater George A. Romero („Die Nacht der lebenden Toten“ undsoweiter) im Hotel in Lissabon. Romero will dort seinen neuen Film vorstellen. Bela B…

Wiederholungen

Freitag, 11. November, 03.45 Uhr (Taggenau!)

Donnerstag, 17. November, 04.10 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Arte über die Doku

Meine Besprechung von Georg Seeßlens „George A. Romero und seine Filme“ (2010)

 


James Sallis lotet die Grenzen des Genres aus

Oktober 30, 2011

 

Fast zeitgleich erschienen bei uns die letzten beiden Romane von Krimiautor James Sallis. „Dunkles Verhängnis“ ist der in den USA bereits 2007 erschienene dritte Band der Turner-Trilogie, „Der Killer stirbt“ ist ein auch in den USA dieses Jahr erschienenes Einzelwerk und in beiden Werken lotet Sallis die Grenzen des Kriminalromans aus. Denn für ihn ist, wie er mir in einem Interview sagte, der Kriminalroman ein Gefäß, in das er seine Themen fülle und es dann so weit wie möglich dehne, ohne es zu zerbrechen. Deshalb hat er auch keine Probleme damit, Krimiautor genannt zu werden. Er nimmt für seine Romane eine klassische Genregeschichte und entfernt immer mehr genreübliche Versatzstücke, bis er zum emotionalem Kern der Geschichte vorgedrungen ist. Insofern lesen sich „Dunkles Verhängnis“ und „Der Killer stirbt“ wie das literarische Äquivalent zu abstrakter Malerei oder, immerhin schrieb Sallis auch Bücher über Jazzgitarristen und er ist selbst Musiker, zum dem Avantgarde-Jazz, in dem die Musiker die Melodie nur noch andeuten und den Rest den Zuhörenden überlassen.

Gleichzeitig verknappt er seine schon immer ziemlich kurzen Geschichten immer weiter. War schon der erste Turner-Roman „Dunkle Schuld“ mit 304 Seiten nicht besonders lang, sind „Dunkle Vergeltung“ mit 240 Seiten und „Dunkles Verhängnis“ mit 192 Seiten noch kürzer geraten. Er habe immer mehr weggestrichen und schon Angst gehabt, dass am Ende nichts mehr übrig bleibe, sagte Sallis mir in einem Gespräch. Oder wie er in „Dunkles Verhängnis“ schreibt: „Manchmal muss man einfach sehen, wie viel Musik man noch machen kann, mit den Mitteln, die einem bleiben.“

Am Ende blieb dann doch noch einiges übrig, obwohl der Krimiplot, in dem Kleinstadtpolizist Turner einem des Mordes verdächtigem Freund hilft, höchstens noch die halbherzig mitgeschleifte dramaturgische Klammer ist.

Auch in „Der Killer stirbt“ ist der letzte Mordauftrag des Killers, die Suche des Killers nach dem Killer, der vor ihm einen missglückten Anschlag auf das Ziel verübte und der Suche nach dem Grund für den Mordauftrag an einem Biedermann und die Jagd der Polizei nach dem Killer nur das Hintergrundrauschen für eine weitere Meditation über das Leben. Dabei ist der Killer ein quasi anonymer Mann, der sich so in seinen Tarnidentitäten verloren hat, dass er kein eigenes Leben führte. Jetzt, am Ende seines Lebens, an das er sich nur noch mühsam erinnert, fragt er sich, was von ihm übrig bleiben wird. „Sein Leben war nicht dokumentiert. Wenn er irgendwann starb, würde nichts zurückbleiben.“

Diese Frage, was übrigbleibt treibt James Sallis in „Dunkles Verhängnis“ und „Der Killer stirbt“ an. Entsprechend gelungen sind auch die deutschen Covers der Turner-Romane mit Bildern von einem Autofriedhof. In den USA trägt der Sammelband mit den drei Turner-Romanen den aussagekräftigen Titel „What you have left“.

Dass Krimifans, die nur auf der Suche nach der schnellen Ablenkung sind, mit James Sallis wenig anfangen können, ist klar. Dafür ist es dann doch zu sehr Literatur.

James Sallis: Dunkles Verhängnis

(übersetzt von Kathrin Bielfeldt und Jürgen Bürger)

Heyne, 2011

192 Seiten

8,99 Euro

Originalausgabe

Salt River

Walker & Company, New York, 2007

James Sallis: Der Killer stirbt

(übersetzt von Jürgen Bürger und Kathrin Bielfeldt)

Liebeskind, 2011

256 Seiten

18,90 Euro

Originalausgabe

The Killer is dying

Walker & Company, New York, 2011

Hinweise

Homepage von James Sallis

Thrilling Detective über Turner

Eindrücke vom Berlin-Besuch von James Sallis

Meine ‘Besprechung’ von James Sallis’ „Deine Augen hat der Tod“ (Death will have your eyes, 1997)

Meine Besprechung von James Sallis’ „Driver“ (Drive, 2005)

Meine Besprechung von James Sallis’ „Dunkle Schuld“ (Cypress Groove, 2003)

Meine Besprechung von Jams Sallis‘ „Dunkle Vergangenheit“ (Cripple Creek, 2006)

James Sallis in der Kriminalakte

 


TV-Tipp für den 30. Oktober: Der dritte Mann

Oktober 30, 2011

SWR, 23.35

Der dritte Mann (GB 1949, R.: Carol Reed)

Drehbuch: Graham Greene

LV/Buch zum Film: Graham Greene: The third man, 1950 (Der dritte Mann)

Wien, kurz nach dem Krieg: Holly Martins kann es nicht glauben. Sein toter Freund Harry Lime soll ein skrupelloser Geschäftemacher sein. Holly will Harrys Unschuld beweisen.

Na, den Film kennen wir – das kaputte Wien, die grandiosen Leistungen der Schauspieler, die Verfolgung durch die Wiener Kanalisation, die Zither-Melodie von Anton Karas – und sehen ihn immer wieder gern.

Mit Joseph Cotten, Orson Welles, Alida Valli, Trevor Howard, Bernard Lee, Erich Ponto, Paul Hörbiger

Hinweise

Fanseite über Graham Greene

Wikipedia über Graham Greene (deutsch, englisch)

Wikipedia über „Der dritte Mann“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Graham Greenes Roman „Brighton Rock“ und den beiden Verfilmungen