Robert Kirkmans „The Walking Dead“-Universum expandiert unaufhörlich. Zuerst ins Fernsehen mit einer erfolgreichen TV-Serie, die schnell – und auf Wunsch von Kirkman, der Mitproduzent ist – mit den aus der Comicserie bekannten Charakteren eigene Wege beschritt. In den USA wartet man schon auf die dritte Staffel der grandiosen Serie.
Die Tage erschien bei Heyne der Roman „The Walking Dead“ von Robert Kirkman und Jay Bonansinga. In dem Roman, der der Auftakt einer Trilogie ist, erzählen sie, wie Philip Blake zu dem selbsternannten Gouverneur von Woodbury wird. Der Despot war in den „The Walking Dead“-Sammelbänden 5 bis 8 der schreckliche Gegner von Rick Grimes und der von ihm angeführten Gruppe Überlebender.
Es gibt eine Webserie und Computerspiele, die mich nicht sonderlich interessieren.
Und dann gibt es auch noch das Mutterschiff: die Comicserie, von der in den USA gerade das einhundertste Heft veröffentlicht wurde und ein Ende der Geschichte ist nicht absehbar. Inzwischen ist der Grund für die Zombieplage, die fast alle Menschen tötete, ziemlich egal. Schließlich geht es Robert Kirkman schon seit den ersten „The Walking Dead“-Heften nicht um fröhliches Zombie-Klatschen oder um brachiale Zeitkritik, sondern um die Frage, wie Menschen in einer für sie neuen Situation überleben und sie ihr Leben in einer feindlichen Welt organisieren. Er fragt, was das Menschsein ausmacht und zeigt dies an den unterschiedlichen Reaktionen einer Gruppe von Menschen, die durch die USA reisen. Ihr letztes Ziel war Washington, D. C., weil es dort eine Erklärung und ein Mittel gegen die Zombies geben sollte.
Auf ihrer Reise dorthin erlebte die von Rick Grimes angeführte Gruppe viele Abenteuer. Grimes ist ein Polizist, der die Katastrophe nach einer Schussverletzung im Koma überlebte, seine inzwischen verstorbene Frau und ihren Sohn Carl suchte, sich einer Gruppe Überlebender anschloss und, aufgrund seiner Führungsqualitäten, schnell ihr Anführer wurde. Zuletzt trafen sie auf eine andere Gruppe und Grimes fand in deren Anführer, dem Soldaten Abraham „Abe“ Ford, einen ähnlich denkenden Freund. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg in die Hauptstadt.
Washington entpuppte sich dann als falsches Versprechen. Aber sie fanden die Kommune Alexandria, die auf Grimes und die anderen wie das Paradies wirkt. Denn dort lebt, abgeschottet von der feindlichen Umwelt, eine friedliche Gemeinschaft, die das Gegenteil von Woodbury ist und auch wohnlicher als das Gefängnis, das ihnen eine Zeit lang als Unterschlupf diente, sind die Vorstadthäuser allemal.
Der vierzehnte „The Walking Dead“-Sammelband endete mit einem für sie verlustreichen Angriff der Zombies auf die Siedlung. Auch Carl Grimes wurde durch eine Kugel am Kopf schwer verletzt.
Der jetzt erschienene fünfzehnten „The Walking Dead“-Sammelband „Dein Wille geschehe“ (der die Hefte 85 bis 90 enthält) führt die Geschichte nahtlos fort. Aber Autor Robert Kirkmann, wie immer fabelhaft unterstützt von den Zeichnern Charlie Adlard und Cliff Rathburn (der für die Grautöne zuständig ist), gibt der Geschichte einen neuen Dreh. Denn Rick Grimes, der bislang das Überleben seiner Familie immer an die erste Stelle gesetzt hat, will jetzt nicht mehr nur Überleben, sondern eine neue Gemeinschaft aufbauen. Alexandria soll der Nukleus für eine neue Welt werden. Die Rückkehr zur Zivilisation.
Aber nicht jeder kann sich damit anfreunden, dass er der quasi selbsternannte Anführer ist und dass die von Grimes geführte Gruppe, die lange Zeit in der Wildnis überlebte und daher gewohnt ist, ihre Ziele im Zweifelsfall rücksichtslos zu verfolgen, jetzt die Zukunft der Stadt bestimmen soll.
„Dein Wille geschehe“ erzählt die Geschichte von Rick Grimes spannend fort und endet mit einem hoffnungsvollem Cliffhanger. Jedenfalls für „The Walking Dead“-Verhältnisse.
Als Bonusmaterial gibt es den fünfzehnten und letzten Teil der informativen Zombie-Guide, der sich dieses Mal mit George A. Romeros Spätwerk, anderen zeitgenössischen Zombie-Filmen und, wegen „Rammbock“, dem Kleinen Fernsehspiel beschäftigt.
Mal sehen, was die Jungs von Cross Cult für den sechzehnten „The Walking Dead“-Sammelband „Eine größere Welt“, der im Herbst erscheint, als Bonusmaterial beigeben.
Neben „The Walking Dead“ erfand und schrieb Robert Kirkman, zusammen mit seinem Idol Todd McFarlane, auch die Superheldenserie „Haunt“ und wegen „The Walking Dead“ hörte er nach dem 18. „Haunt“-Heft auf. Denn die „The Walking Dead“-TV-Serie beanspruchte zu viel Zeit. Für Todd McFarlane, der selbst mit einem „Spawn“-Drehbuch beschäftigt war, war das die Gelegenheit, die Serie in andere Autorenhände zu übergeben. Ab dem 19. Heft haben Autor Joe Casey und Zeichner Nathan Fox die Serie übernommen. Deren Einstand als Autor/Zeichner-Team ist, gesammelt in vierten „Haunt“-Sammelband, für Mitte August angekündigt.
Haunt ist ein Superwesen, das durch die Verbindung von Daniel Kilgore, einem Priester, und seinem Bruder Kurt, einem US-Geheimagenten, der bei einer Mission starb, entstand und, nachdem die Agency von Daniel Kilgores Fähigkeiten erfahren hat, ihn verpflichtete.
Ein Blick auf die davor erschienenen, noch von Todd McFarlane und Robert Kirkman geschriebenen „Haunt“-Hefte 13 bis 18, die in „Haunt – Band 3“ erschienen sind, lässt mich vermuten, dass der Autorenwechsel eine kluge Entscheidung war. Denn die Geschichten plätschern durchaus kurzweilig, aber auch etwas ziellos vor sich hin. Da hilft auch das Auftauchen von dem „Gespenst“, einem für fast alle unsichtbarem, roten Wesen, das Haunt mächtig Probleme bereitet, nicht.
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Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburn: The Walking Dead 15: Dein Wille geschehe
(übersetzt von Marc-Oliver Frisch)
Cross Cult, 2012
152 Seiten
16 Euro
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Originalausgabe
The Walking Dead, Vol. 15: We find ourselves
Image Comics, 2012
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enthält
The Walking Dead, # 85 – 90
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Todd McFarlane/Robert Kirkman/Greg Capullo: Haunt – Band 3
(übersetzt von Claudia Fliege)
Panini, 2012
132 Seiten
16,95 Euro
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Originalausgabe
Haunt # 13 – 18
Image, 2011
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Hinweise
Offizielle „The Walking Dead“-Seite
Wikipedia über „The Walking Dead“ (deutsch, englisch)
AMC-Blog zu „The Walking Dead“
Spiegel Online: Interview mit Charlie Adlard (21. Oktober 2011)
Kriminalakte: Meine Gesamtbesprechung der ersten zehn „The Walking Dead“-Bände
Meine Besprechung der TV-Serie „The Walking Dead – Staffel 1“ (USA 2010)
Kriminalakte: das Comic-Con-Panel zur TV-Serie
“The Walking Dead” in der Kriminalakte
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Bonushinweis
Noch nicht gelesen, aber der Vollständigkeit halber und weil in den USA bereits im Oktober „The Road to Woodbury“, der zweite „The Walking Dead“-Roman von Robert Kirkman und Jay Bonansinga erscheint, gibt es die bibliographischen Angaben zum ersten „The Walking Dead“-Roman und einen Einblick in die Buchvorstellung.
Einige von Bonansingas älteren Romanen erschienen bei verschiedenen deutschen Verlagen. Die meisten bei rororo, einige noch beim Buchhändler ihres Vertrauens, die meisten inzwischen beim Antiquar ihres Vertrauens.
Robert Kirkman/Jay Bonansinga: The Walking Dead
(übersetzt von Wally Anker)
Heyne, 2012
448 Seiten
8,99 Euro
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Originalausgabe
The Walking Dead: Rise of the Governor
St. Martin’s Griffin/Thomas Dunne Books, 2011
[…] Meine Besprechung von Robert Kirkman/Charlie Adlard/Cliff Rathburns “The Walking Dead 15: Dein… […]