Als ich „Der Hypnotiseur“ sah, dachte ich, dass die Plotschwächen in Lasse Hallströms neuen Film an der Vorlage, einem Kriminalroman von Lars Kepler, liegen und die Macher sich, um keine Fans des Buchs zu verschrecken, einfach viel zu sklavisch an die Vorlage hielten.
Nachdem ich das Buch trotz tödlicher Langeweile überlebt habe, kann ich sagen, dass die Drehbuchautoren Paolo Vacirca und Peter Asmussen und Regisseur Lasse Hallström die Geschichte durchaus kräftig änderten und sie sogar verbesserten, aber es half nichts. „Der Hypnotiseur“ ist ein langweiliger, unlogischer Krimi, der sich kräftig in der Ikea-Klischeeabteilung bediente.
Dabei beginnt es spannend und ohne langes Vorspiel gleich mit dem Mord an einer Familie. Kommissar Joona Linna (Tobias Zilliacus) hat im winterlichen Stockholm gleich zwei Tatorte: in einer Sporthalle wurde der Sportlehrer Ek brutal erstochen; in seinem Haus wurde etwas später der Rest der Familie ebenso bestialisch ermordet. Nur der Sohn Josef Ek (Jonatan Bökman) überlebte schwerverletzt und liegt jetzt im Koma. Josefs Schwester Evelyn (Emma Mehonic) war nicht da. Linna glaubt jetzt, dass der Mörder auch sie umbringen will und nur Josef Ek kann ihm bei der Fahndung mit einer Beschreibung des Täters helfen. Aber der ist nicht ansprechbar. Da schlägt seine Ärztin eine Hypnose vor. Von dem besten Hypnotiseur, den es in Schweden gibt: Erik Maria Bark (Mikael Persbrandt). Der will zwar, weil er in der Vergangenheit einen schlimmen Fehler beging, nie wieder jemand hypnotisieren, aber er lässt sich von Linna überreden.
Nach der ersten Hypnose, die schon einige Hinweise auf den Täter brachte, wird der schwer kranke Sohn der Barks, der deshalb in regelmäßigen Abständen seine Medizin braucht, entführt. Der Entführer hat ihnen eine Botschaft hinterlassen: „Schluss mit der Hypnose, oder er stirbt!“
Neben dem Krimiplot beschäftigt der Film sich, wie schon in Lars Keplers Roman, ausführlich mit Barks Eheproblemen. Denn seine Frau Simone (Lena Olin) ist eifersüchtig, hält ihm immer noch einen lange zurückliegenden Seitensprung vor und wirft ihm, mit leidendem Blick, alles Elend der Welt vor. Lena Olin hätte man eine bessere Rolle als die des Heimchens am Herd gewünscht.
Aber auch Mikael Persbrandt kämpft sich hier durch die Untiefen eines lahmen Drehbuchs, das sich nie entscheiden kann, ob es jetzt ein Krimi oder ein Drama der schlechten Sorte sein will. Denn die Familienproblem der Familie Bark interessieren nicht. Auch weil sie mit der Mördersuche nichts zu tun haben. Sowieso wird der Hypnotiseur, der in den polizeilichen Ermittlungen ja nur eine Nebenfigur ist, über eine gewagte Storyvolte (der Täter muss erfahren, dass Josef Ek hypnotisiert wird; glauben, dass er ihn in Hypnose verraten kann und dass er durch die Entführung eines Kindes seiner Bestrafung entkommen kann), in die Geschichte einbezogen.
Und über die Motive des Mörders kann man nur den Kopf schütteln. Aber immerhin im Film weniger als im Buch. Denn im Buch werden die Morde und die Entführung von verschiedenen Tätern mit ebenso verschiedenen Motiven verübt. Im Film ist es immerhin ein Täter (ja, gut, genaugenommen Tätergrüppchen) und damit verändern sich seine Motive erheblich. Aber der Showdown im Schnee, bei dem ein Bus eine wichtige Rolle hat, bleibt gleich.
Somit verbucht „Der Hypnotiseur“ auf der Habenseite nur die kompetente Regie von Lasse Hallström, der zuletzt mit „Lachsfischen im Jemen“ eine wunderschön, satirisch angehauchtes Drama vorlegte und auch dessen nächster Film, die Nicholas-Sparks-Verfilmung „Safe Haven – Wie ein Licht in der Nacht“ (Kinostart 7. März 2013) als vorhersehbare Schmonzette durchaus gefällt, und das hochkarätige Ensemble, das hier allerdings weit unter Wert verkauft wird.
Warum Hallström ausgerechnet dieses Drehbuch für seinen ersten schwedischen Spielfilm nach über 25 Jahren, die er hauptsächlich in Hollywood verbrachte, auswählte, wissen vielleicht die nordischen Götter.
Der Hypnotiseur (Hypnotisören, Schweden 2012)
Regie: Lasse Hallström
Drehbuch: Paolo Vacirca (auch Story Adaption), Lasse Hallström (Story Adaption), Peter Asmussen (Mitarbeit Drehbuch)
LV: Lars Kepler: Hypnotisören, 2009 (Der Hypnotiseur)
mit Tobias Zilliacus, Mikael Persbrandt, Lena Olin, Helena af Sandeberg, Oscar Pettersson, Anna Azcarate , Jonatan Bökman, Jan Waldekranz, Eva Melander
Länge: 122 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Die Vorlage
Lars Kepler: Der Hypnotiseur
(übersetzt von Paul Berf)
Bastei Lübbe Taschenbuch, 2012
656 Seiten
9,99 Euro
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Deutsche Erstausgabe
Bastei Lübbe, 2010
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Originalausgabe
Hypnotisören
2009
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Hinweise
Film-Zeit über „Der Hypnotiseur“
Rotten Tomatoes über „Der Hypnotiseur“
Wikipedia über „Der Hypnotiseur“ (deutsch, englisch, schwedisch)
Buchjournal: Ein Besuch bei Lars Kepler
Meine Besprechung von Lars Keplers „Der Hypnotiseur“ (Hypnotisören, 2009)