Mit Jesse Stone, dem Polizeichef von Paradise, einem Kaff in Massachussetts in Sichtweite von Boston, erfand Spenser-Erfinder Robert B. Parker einen zweiten, bei seinen Lesern äußerst beliebten Serienhelden, der sich in einigen wichtigen Punkten von seinem in jeder Beziehung vorbildlichem Privatdetektiv Spenser unterscheidet.
Jesse Stone war in Los Angeles Mordermittler mit einem massiven Alkoholproblem, das ihn dort untragbar machte. In Paradise fand er einen neuen Job, den er vor allem bekam, weil er ein Trinker ohne Perspektive war. Die Stadtväter dachten, sie hätten einen Polizisten, der sie bei ihren Geschäften nicht stört. Sie irrten sich und in dem ersten Jesse-Stone-Roman „Das dunkle Paradies“ räumt er, in guter alter Wildwest-Tradition als neuer Sheriff in dem Ort ordentlich auf.
Danach schrieb Parker acht weitere Jesse-Stone-Romane, Michael Brandman, der in etliche Parker-Verfilmungen involviert war, schrieb nach Parkers Tod bislang drei Jesse-Stone-Romane. Für literarischen Nachschub ist also gesorgt. Und dann gibt es noch acht sehr gelungene Jesse-Stone-TV-Spielfilme mit Tom Selleck in der Hauptrolle, die immer wieder im TV laufen.
Jetzt veröffentlichte der Pendragon Verlag mit „Die Tote in Paradise“ (leider ist der doppeldeutige Originaltitel „Death in Paradise“ unübersetzbar) und „Eiskalt“ den dritte und vierte Jesse-Stone-Roman auf Deutsch.
In „Die Tote in Paradise“ wird im Wasser eine stark verweste Frauenleiche entdeckt. Es dauert eine Zeit bis Jesse Stone ihren Namen ermittelt. Billie Bishop wurde von ihren Eltern verstoßen, war eine Prostituierte und hatte über ihren Zuhälter Verbindungen zu dem Mafiosi Gino Fish, der auch in Robert B. Parkers Spenser-Romanen auftaucht.
„Die Tote in Paradise“ ist ein traditioneller Rätselkrimi mit einem sich im letzten Drittel deutlich abzeichnendem Täter und bekannten Parker-Themen. Immerhin geht es hier, mal wieder, um die Erziehung von Kindern, um Macht und Kontrolle in Beziehungen.
„Eiskalt“ ist dagegen vom Aufbau her ein Thriller, bei dem die Täter von Anfang an bekannt sind. Nämlich das Ehepaar Tony und Brianna Lincoln, das munter die Bevölkerung von Paradise dezimiert und kaum Spuren hinterlässt. Denn natürlich findet Jesse Stone mit guter, ehrlicher Polizeiarbeit Hinweise auf die Täter, aber gerichtsfeste Beweise hat er nicht. Da bemerkt er, dass sie ihn umbringen wollen.
Das klingt jetzt nach einem ordentlichen Thriller, aber „Eiskalt“ plätschert erstaunlich spannungsfrei vor sich hin, während Stone noch seine alltägliche Polizeiarbeit erledigt (unter anderem hilft er einer vergewaltigten Schülerin) und eine Affäre mit der ebenfalls aus den Spenser-Romanen bekannten Anwältin Rita Fiore beginnt.
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Robert B. Parker: Die Tote in Paradise
(übersetzt von Bernd Gockel)
Pendragon 2014
312 Seiten
10,99 Euro
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Originalausgabe
Death in Paradise
G. P. Putnam’s Son, 2001
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Verfilmung
Jesse Stone: Totgeschwiegen (Jesse Stone: Death in Paradise, USA/Kanada 2006)
Regie: Robert Harmon
Drehbuch: J.T. Allen, Tom Selleck, Michael Brandman
mit Tom Selleck, Matt Barr, Edward Edwards, Viola Davis, John Diehl, William Devane
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Robert B. Parker Eiskalt
(übersetzt von Bernd Gockel)
Pendragon 2014
352 Seiten
10,99 Euro
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Originalausgabe
Stone Cold
G. P. Putnam’s Son, 2003
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Verfilmung
Jesse Stone: Eiskalt (Jesse Stone: Stone Cold, USA 2005)
Regie: Robert Harmon
Drehbuch: John Fasano, Michael Brandman
Mit Tom Selleck, Jane Adams, Reg Rogers, Mimi Rogers
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Hinweise
Mein Porträt der Spenser-Serie und von Robert B. Parker
Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Die blonde Witwe“ (Widow’s walk, 2002)
Meine Besprechung von Robert B. Parkers “Alte Wunden” (Back Story, 2003)
Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Der stille Schüler“ (School Days, 2005)
Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Der gute Terrorist“ (Now & Then, 2007)
Meine Besprechung von Robert B. Parkers “Hundert Dollar Baby” (Hundred Dollar Baby, 2006)
Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Trügerisches Bild“ (Painted Ladies, 2010)
Meine Besprechung von Robert B. Parkers “Bitteres Ende” (The Professional, 2009)
Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Wildnis“ (Wilderness, 1979)
Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Appaloosa“ (2005)
Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Appaloosa“ (Appaloosa, 2005) (Übersetzung)
Meine Besprechung von Robert B. Parkers “Das dunkle Paradies” (Night Passage, 1997)
Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Miese Geschäfte“ (Bad Business, 2004)
Meine Besprechung von Robert B. Parkers „Resolution“ (Resolution, 2008)
Mein Nachruf auf Robert B. Parker
Robert B. Parker in der Kriminalakte