Neu im Kino/Filmkritik: Über Nicolas Winding Refns „The Neon Demon“

Schöne Menschen, schöne Bilder, schöne Musik, schön langweilig ist im Fall von „The Neon Demon“ das Ergebnis. In seinem neuen Film erzählt Nicolas Winding Refn von der jungen Jesse (Elle Fanning) die nach Los Angeles kommt. Die Sechzehnjährige (behauptet sie) aus Georgia will ein Model werden und gerät in eine albtraumhaft-surreale Welt.

Das erste, was in einem Alptraum ignoriert wird, ist die Logik. Das nächste eine stringent aufgebaute Geschichte. Auch in „The Neon Demon“ reihen sich die Episoden beliebig aneinander, lose aufgehängt an Jesses Geschichte von ihrem ersten Shooting zum nächsten Shooting. Es ist eine Welt, in der sich alles um Schönheit dreht und die Verfallszeit von Schönheit enorm kurz ist, wie ihr einige etwas ältere Models verraten.

Die Episoden aus Jesses Leben könnten auch, wie Szenen in einer Kunstinstallation, in irgendeiner anderen Reihenfolge gesehen werden. Sie bleiben abstrakte Stimmungsbilder, die ständig Signale aussenden, die im Film nicht weiterverfolgt werden. Die Modewelt! Hollywood! Die dunkle Seite von Hollywood, die in zahlreichen Krimis porträtiert wurde. Es ist die Welt, die David Lynch in „Mulholland Drive“ und „Lost Highway“ oder David Cronenberg in „Maps to the Stars“ ungleich pointierter, gelungener, stringenter, mitreisender, vielschichtiger, ambivalenter, abstrakter und dennoch konkreter zeigen.

Bei Refn ist sie nur eine Welt von zusammenhanglosen Zeichen, Signalen für beliebige Interpretationen und Szenen, die mal mehr, mal weniger als Tableau angeordnet sind, die ihr Leben eher auf einer Doppelseite eines Modemagazins entfalten. Es ist eine tote Welt. Hinter der Oberfläche lauert hier einfach nur die von keinem tieferem Gedanken getrübte Leere. Denn die Erkenntnis, dass die Modewelt oberflächlich ist, ist wahrlich keine neue Erkenntnis. Falls das überhaupt die Erkenntnis ist, die Refn uns mitgeben will.

Denn am Ende von „The Neon Deom“ bleibt nur das Gefühl, dass Refn einem etwas wirklich wichtiges mitteilen wollte. Aber er will seine Botschaft – sofern er überhaupt irgendeine hat – nicht mehr in eine Geschichte packen. So sagt er im Presseheft, er habe einen Film über die Schönheit machen wollen. Er habe einen Horrorfilm machen wollen, in dem alle wichtigen Horrorfilmelemente enthalten seien, aber nicht unbedingt in der richtigen Reihenfolge. Er habe sich gefragt, ob es möglich sei, einen Horrorfilm ohne den Horror zu machen.

Nun, letzteres ist ihm gelungen; wobei sich natürlich die Frage stellt, warum man einen Horrorfilm ohne Horror machen will oder man Horrorfilmelemente in der falschen Reihenfolge präsentieren will.

The Neon Demon“ ist als Symphonie von Bildern und Tönen, die man an sich vorbeiziehen lässt, nicht ohne Reiz. Wenn man sich nicht darauf einlassen will oder kann, wenn man versucht über das Werk nachzudenken, ist es prätentiöser, Wichtigkeit behauptender Quark, optisch gelungen präsentiert.

The Neon Demon - Plakat

The Neon Demon (The Neon Demon, USA/Frankreich/Dänemark 2016)

Regie: Nicolas Winding Refn

Drehbuch: Nicolas Winding Refn, Mary Laws, Polly Stenham (nach einer Geschichte von Nicolas Winding Refn)

mit Elle Fanning, Jena Malone, Bella Heathcote, Abbey Lee, Karl Glusman, Chrstina Hendricks, Keanu Reeves, Allessandro Nivola

Länge: 117 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „The Neon Demon“

Metacritic über „The Neon Demon“

Rotten Tomatoes über „The Neon Demon“

Wikipedia über „The Neon Demon“

Meine Besprechung von Nicolas Winding Refns „Fear X“ (Fear X, USA 2003)

Meine Besprechung von Nicolas Winding Refns „Drive“ (Drive, USA 2011)

Meine Besprechung von Nicolas Winding Refns „Only God Forgives“ (Only God Forgives, Frankreich/Dänemark 2013)

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