Neu im Kino/Filmkritik: „The Founder“ Ray Kroc und die Anfänge von „McDonald’s“

Anfang der fünfziger Jahre war Ray Kroc ein bestenfalls mäßig erfolgreicher, aber hartnäckiger Handelsvertreter.

Als er am 14. Januar 1984 starb, war er der Gründer von McDonald’s. Ja, genau der Franchise-Kette, die das Synonym für Fastfood, aka Junkfood, ist. Auch wenn es dort inzwischen Salate gibt.

In seinem Film „The Founder“ erzählt John Lee Hancock („Saving Mr. Banks“), nach einem Drehbuch von Robert D. Siegel („The Wrestler“), die Geschichte der ersten Jahre von „McDonald’s“ nach – und das ist eine ebenso vergnügliche, wie interessante Firmengeschichtsstunde, die mindestens so lehrreich wie Danny Boyles „Steve Jobs“, sein Biopic über den Apple-Chef, oder David Finchers „The Social Network“ über die Anfänge von Facebook und die erbitterte Feindschaft zwischen Mark Zuckerberg und den Winklevoss-Zwillingen, ist. Aaron Sorkin schrieb für beide Filme die Drehbüchern.

Michael Keaton spielt Ray Kroc und es ist eine weitere Glanzrolle für ihn.

Mit Anfang Fünfzig tingelt Ray Kroc durch die Provinz und verkauft für Prince Castle Multimixer für Milchshakes an Restaurantbesitzer, die gar nicht glauben wollen, dass sie ein Gerät brauchen, mit dem gleichzeitig mehrere Milchshakes hergestellt werden können. Deshalb schleppt er am Ende des Verkaufsgesprächs den schweren Multimixer meistens wieder zurück zu seinem Auto. Und er ärgert sich über die schlechte Bedienung und das schlechte Essen in den Schnellimbissen, denen er im Mittleren Westen seine Multimixer verkaufen will. Damals fuhr man mit seinem Auto auf den Parkplatz, wartete, bis die Bedienung kam, bestellte, wartete und, mit viel Glück, erhielt man irgendwann, was man bestellt hatte. Manchmal auch etwas anderes. Manchmal schon kalt. Und die Qualität war wechselnd.

Als Richard ‚Dick‘ (Nick Offerman) und Maurice ‚Mac‘ McDonald (John Carroll Lynch) sechs Multimixer bestellen, ist er neugierig. Denn niemand braucht so viele Multimixer.

Kroc fährt also nach San Bernardino zu seinen Großbestellern und er ist zuerst erstaunt, dann begeistert. Die Brüder McDonald haben ihr Burger-Restaurant vollkommen anders aufgebaut als die anderen Schnellrestaurantbetreiber: nicht die Bedienung kommt zum Kunden, sondern der Kunde geht zur Theke. Er erhält in Sekunden das Essen in einer Verpackung, die er danach wegwerfen kann. Das Essen ist warm und von gleichbleibender Qualität. Und essen kann er es, wo er will. Heute kennen wir das Konzept allzugut. Aber damals war es neu – und wie Kroc, staunend wie ein kleines Kind, zum ersten Mal von den McDonalds bedient wird, ist einer der vielen wunderschön inszenierten Momente des Films. Dem viele weitere folgen. Wie die Szene, in der die McDonald-Brüdern, sich wie ein altes Ehepaar ergänzend, Kroc die Geschichte ihres Unternehmens erzählen und wie sie die Abläufe perfektionierten, damit die Kunden möglichst schnell ihr Essen erhalten, das immer die gleiche hohe Qualität hat. Dieses Speedee Zubereitungssystem probten sie mit ihren Mitarbeitern auf einem Tennisplatz, auf dem sie den Grundriss der Küche gezeichnet hatten, bis die Choreographie perfekt war. Am Ende bewegten sich die Burger-Brater wie Ballett-Tänzer.

Kroc hat die Vision einer Kette von Fast-Food-Restaurants, die ein fester Bestandteil des amerikanischen Lebens und der Kultur sind. Wie der sonntägliche Gottesdienst. Mühsam kann er sie überzeugen, dass er im ganzen Land Filialen von ihrem Geschäft eröffnen darf. Diese Expansion des von dem McDonald-Brüdern erfundenen Systems ist dann gar nicht so einfach. Es müssen Franchise-Nehmer gefunden werden. Die Qualität muss eingehalten werden. Das Geld muss fließen. Und dann gibt es ständig Konflikte zwischen Kroc, der ungehemmt expandieren will (und muss) und den McDonald-Brüdern, die penibel auf die Qualität achten. Vor allem Dick achtet unerbittlich auf jedes Detail. Im Zweifelsfall betreiben sie lieber ein Restaurant richtig als viele Restaurants mittelmäßig.

Hancock erzählt diese Geschichte über die ersten Jahre von „McDonald’s“ mit viel Zeitkolorit, pointiert, informativ, vielschichtig, ohne eindeutig Partei zu ergreifen (was auch an der gewählten Erzählstruktur, in der die Geschichte primär von Kroc erzählt wird, liegt) und mit satirischen Spitzen, bis zu dem Moment, in dem Kroc die beiden Brüder bei einer Vertragsverhandlung in den frühen Sechzigern endgültig ausbootet.

Über viele Jahre waren sie und ihre Leistung, vor allem wegen des von Kroc gepflegten Firmenimage, fast unbekannt. Er hatte nicht nur ihre Ideen übernommen und sie zuerst in den USA, später weltweit, verbreitet, sondern er hat sich, als guter Verkäufer, auch immer so ins Rampenlicht gesetzt, dass am Ende alle glaubten, dass er der Gründer der Firma und des Schnellimbiss-Konzeptes sei. Schließlich stand auf seiner „Mc Donald’s“-Visitenkarte auch „Founder“ (Gründer). 1999 wurde Ray Kroc in die Liste der hundert einflussreichsten Personen des 20. Jahrhunderts des Time-Magazine aufgenommen.

The Founder“ erzählt eine Firmengeschichte, die wie im Flug vergeht, ziemlich nah an den historisch verbürgten Fakten ist und in der Ray Kroc ein sympathischer Widerling ist, der mit Mitte Fünfzig seinen großen Durchbruch hatte, in dem er die heute immer noch erfolgreichste, weltweit bekannte Fastfood-Kette „McDonald’s“ schuf und die Essenskultur revolutionierte.

The Founder (The Founder, USA 2016)

Regie: John Lee Hancock

Drehbuch: Robert D. Siegel

mit Michael Keaton, Laura Dern, John Carroll Lynch, Nick Offerman, Patrick Wilson, Linda Cardellini, B. J. Novak, Katie Kneeland, Andrew Benator

Länge: 115 Minuten

FSK: ab 0 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „The Founder“

Metacritic über „The Founder“

Rotten Tomatoes über „The Founder“

Wikipedia über „The Founder“

History vs. Hollywood über „The Founder“

Meine Besprechung von John Lee Hancocks „Saving Mr. Banks“ (Saving Mr. Banks, USA/Großbritannien/Australien 2013)

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