Zum Kinostart der poetischen Liebeserklärung an den kleinen Mann schrieb ich (mit Cannes-Interviews:
In seinem letzten Film „Only Lovers left alive“ standen Vampire im Mittelpunkt. In „Paterson“ schleichen die Charaktere wie Untote durch den Film, in dem letztendlich nichts geschieht.
Adam Driver spielt den Busfahrer Paterson, der jeden Tag mit stoischer Mine den Linienbus durch die Straßen von Paterson, New Jersey, lenkt. Dabei schreibt er Gedichte. Zu Hause wartet seine Frau Laura (Golshifteh Farahani), die täglich neue Projekte hat, die er stoisch erträgt, auf ihn. Und seine Englische Bulldogge Marvin (Nellie, ausgezeichnet in Cannes mit dem Palm Dog Award), den Paterson nach Feierabend eher widerwillig Gassi führt. Bei dem Spaziergang pausiert er für ein Bier in einer Kneipe. Ein Tag vergeht dabei, mit kleinen Variationen, wie der andere.
Jim Jarmusch meint zu seinem neuesten Film: „’Paterson‘ ist eine ruhige Geschichte, ihre zentralen Figuren haben keine wirklich dramatischen Konflikte. Die Struktur ist einfach und folgt lediglich sieben Tagen im Leben der Figuren. ‚Paterson‘ ist als Feier der Poesie von Details, Variationen und alltäglichen Begegnungen gedacht und als eine Art Gegenentwurf zu hochdramatischem oder Action-orientiertem Kino. Es ist ein Film, dem man es erlauben sollte, einfach an einem vorbeizuziehen – so wie Bilder, die man durchs Fenster eines Linienbusses wahrnimmt, der sich wie eine mechanische Gondel durch eine kleine, vergessene Stadt bewegt.“
Und das fasst den formvollendeten Film voller Jarmusch-Bilder (wenn auch meist beschränkt auf enge Räume und Zimmer) und Jarmusch-Manierismen wirklich gut zusammen. Entweder lässt man sich Zen-artig durch den Film treiben oder man verlässt spätestens am dritten Tag das Kino.
„Paterson“ ist eine Liebeserklärung an den kleinen Mann und das einfache Leben. Paterson ist auch Jarmuschs alltäglichster Held, der als Mann ohne Eigenschaften in einer durch und durch kleinbürgerlichen Arbeiterwelt lebt: ein Busfahrer, dessen einzige Flucht das Schreiben von Gedichten ist und der schon lange seinen Frieden mit der Welt geschlossen hat.
Jetzt ist der wunderschöne Film auf DVD erschienen. Leider ohne Bonusmaterial; wobei Jim Jarmusch auch bei seinen vorherigen Filmen mit Bonusmaterial geizte.
Paterson (Paterson, USA 2016)
Regie: Jim Jarmusch
Drehbuch: Jim Jarmusch
mit Adam Driver, Golshifteh Farahani, Nellie (Wuff!)
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DVD
Weltkino/Universum Film (Vertrieb)
Bild: 1,85:1 (anamorph)
Ton: Deutsch (5.1 DD, Stereo DD), Englisch (5.1 Dd)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: Trailer, Wendecover
Länge: 113 Minuten
FSK: ab 12 Jahre (wegen der Trailershow, der Film ist ohne Altersbeschränkung freigegeben)
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Hinweise
Rotten Tomatoes über „Paterson“
Wikipedia über „Paterson“ (deutsch, englisch)
Jim Jarmusch in der Kriminalakte
Meine Besprechung von Jim Jarmuschs „Paterson“ (Paterson, USA 2016)
Meine Besprechung von Jim Jarmuschs „Gimme Danger“ (Gimme Danger, USA 2016)