„Paris Noir“ – eine Stadt in Kurzgeschichten von französischen Krimiautoren

Paris, Hauptstadt von Frankreich, 2,2 Millionen Einwohner, eine multikulturelle Stadt mit langer Geschichte und einige werden in „Paris Noir“ erzählt. Krimifans, die sich viel im angloamerikanischen Raum tummeln, werden sich jetzt, mehr oder weniger dunkel, an eine Reihe von Anthologien erinnern, die Akashic Books in den vergangenen Jahren veröffentlichte und deren Konzept so einfach, wie überzeugend war: bekannte Autoren schreiben exclusive Kurzgeschichten über eine Stadt, die sie gut kennen, in der sie meistens auch Leben und, das ist jetzt die Aufgabe des Herausgebers, die Geschichten spielen in verschiedenen Stadtteilen und ergeben ein ungewöhnliches Porträt der Stadt. In den vergangenen Jahren erschienen Bücher über Atlanta, Baltimore, Boston (mehrere), Bronx, Brooklyn, Manhattan, Queens, Staten Island (bei New York ging man gleich in die Stadtteile), Chicago, Detroit und, außerhalb der USA, Brüssel, Dublin, Helsinki, London und, weil immer nur Städte und Landschaften auf die Dauer langweilig sind, gibt es auch „Prison Noir“; – wobei ein Gefängnis ja auch ein Ort ist. Allerdings ein Ort, den man nicht freiwillig besucht.

Für „Paris Noir“ übernahm Aurélien Massons, der von 2005 bis 2017 Herausgeber der Série Noire in der Éditions Gallimard war, vor zehn Jahren die Aufgabe, einen etwas anderen Paris-Reiseführer zu erstellen. Die Reiseführer zu den verschiedenen, eher untouristischen Orten sind etablierte Noir-Autoren (die öfters auch ins Deutsche übersetzt wurden) und jüngere Autoren, wie dem damals noch unbekannten Jérôme Leroy. Inzwischen ist er durch seinen Krimi „Der Block“ und seine Co-Autorenschaft für „Das ist unser Land!“ (die DVD erschien Ende 2017) auch bei uns bekannt. Die anderen Autoren sind die auch in Deutschland, jedenfalls bei Fans des französischen Kriminalromans, bekannten Chantal Pelletier, Jean-Bernard Pouy, Didier Daeninckx, Patrick Pécherot, DOA, Salim Bachi, Marc Villard und, mangels Übersetzungen, unbekannten Dominique Mainard, Hervé Prudon, Laurent Martin und Christophe Mercier.

Die zwölf Geschichten geben einen Einblick in die Vielfalt des französischen Noir. Es gibt natürlich, zum Glück nur einmal, den normalen Rätselkrimi im Kurzgeschichtenformat. Aber auch Geheimagentengeschichten, Geschichten über Jugendliche aus den Banlieus, verquere Liebesgeschichten und Geschichten über kleine und große Verbrecher. Oft etwas nostalgisch angehaucht, als ob man sich in einem Maigret-Roman oder einem klassischen französischen Kriminalfilm befindet. Immer wieder wird in den Geschichten locker die Form und Perspektive gewechselt, es gibt Anspielungen und ein fast schon exzessives Namedropping, das literarisch und cineastisch versierte Leser begeistert.

Paris Noir“ ist eine äußerst abwechslungsreiche Sammlung von spannenden Kurzgeschichten, die den Duft von Paris verströmen und neugierig auf die anderen Geschichten der Autoren machen. In einigen Fällen dürfte das nächste Antiquariat helfen können.

Als nächste Bände sind für das Frühjahr „Berlin Noir“ (mit Geschichten von Rob Alef, Max Annas, Zoe Beck und Ulrich Woelk) und den Herbst „USA Noir“ (mit Geschichten von Jerome Charyn, Michael Connelly, Lee Child, Jefferey Deaver, Dennis Lehane, Joyce Carol Oates und Don Winslow) angekündigt.

Aurélien Massons: Paris Noir

(übersetzt von Zoe Beck, Karen Gerwig, Jan Karsten und Martin Spiess)

CulturBooks, 2017

344 Seiten

15 Euro

Originalausgabe

Paris Noir

Akashic Books, 2008

enthält

Marc Villard: Der Chaffeur

Chantal Pelletier: Der Chinese

Salim Bachi: Großer Bruder

Jérôme Leroy: Berthet geht

Laurent Martin: Wie eine Tragödie

Christophe Mercier: Weihnachten

Jean-Bernard Pouy: Die Rache der Kellner

Dominique Mainard: La Vie en rose

Didier Daeninckx: Rue des Degrés

Patrick Pécherot: Tote Erinnerungen

DOA: бесценный (Kostbar)

Hervé Prudon: No Cemprendo L’Étranger

Hinweis

CulturBooks über „Paris Noir“

P. S.: Zazie hat nichts mit dem Sammelband zu tun. Außer dass auch sie sich in Paris austobt und der Film verdammt unterhaltsam ist.

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