Samuel O’Shea ist Leonard-Cohen-Fan. Das macht ihn schon einmal grundsympathisch. Allerdings ist der Literaturprofessor auch ein alter Sack, Schürzenjäger und Trinker. Das macht ihn schon deutlich unsympathischer.
In letzter Zeit hat O’Shea zunehmend Wahnvorstellungen. Seine Ärztin diagnostiziert einen riesigen Tumor in seinem Gehirn. Bevor er sich darum kümmert, macht er sich von Montreal auf den Weg nach Irland zu einer einsam am Meer gelegenen Hütte und Matt Bissonettes Film beginnt zunehmend zu zerfasern. Das Spiel zwischen Realität und Halluzinationen wird immer chaotischer und willkürlicher. Die Geschichte immer beliebiger und auch egaler. O’Shea führt lange Gespräche mit seinem schon lange totem Vater. Er verliebt sich in eine jüngere Frau. Er wird, selbstverständlich wegen dieser Frau, zu einem Mörder. Oder auch nicht.
Der anfängliche Spaß über einen Lehrer, der mit der Wirklichkeit und seinem Leben hadert, weicht zunehmend dem Gefühl eines gelangweilten anything goes. Garniert und grundiert wird das mit sieben Songs von Leonard Cohen. Unter anderem „Heart with no Companion“, „Did I ever love you“, „Bird on the Wire“ und, selbstverständlich „Hallelujah“. Diese ausführlich ausgespielten Songs sind ein Pluspunkt des Films. Der andere ist Gabriel Byrne, der Samuel O’Shea spielt.
Aber auch er kann nichts daran ändern, dass am Ende die Enttäuschung überwiegt.
Death of a Ladies‘ Man (Death of a Ladies‘ Man, Kanada/Irland 2020)
Regie: Matt Bissonnette
Drehbuch: Matt Bissonnette
mit Gabriel Byrne, Jessica Paré, Brian Gleeson, Suzanne Clément, Antoine Olivier Pilon
Länge: 101 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Hinweise
Moviepilot über „Death of a Ladies‘ Man“
Metacritic über „Death of a Ladies‘ Man“
Rotten Tomatoes über „Death of a Ladies‘ Man“
Wikipedia über „Death of a Ladies‘ Man“
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Erheblich näher an der Realität ist Philippe Girards Comic „Leonard Cohen: Like a Bird on a Wire“. Er rast auf nicht einmal hundertzehn Seiten durch Leonard Cohens Leben. Alle paar Seiten wird in ein neues Jahr gesprungen. Bekannte Musiker haben Kurzauftritte. Cohens Frauen ebenso. Aber ein roter Faden ist nicht erkennbar. Am Ende bleibt nur eine Abfolge von Episoden, die ohne ein Wissen über Cohens Leben und das Rockmusikbusiness fast unverständlich sind.
Eine verpasste Chance.
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Philippe Girard: Leonard Cohen: Like a Bird on a Wire
(übersetzt von Anne Bergen)
Cross Cult, 2021
120 Seiten
25 Euro
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Originalausgabe
Leonard Cohen – Sur un fil
Casterman, 2021
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Hinweise
Wikipedia über Philippe Girard und über Leonard Cohen (deutsch, englisch)