Das ist ein Film für die Western-Fans, die ja nur alle Jubeljahre ins Kino gehen dürfen, weil einfach nicht mehr Western ins Kino kommen. Im Mittelpunkt von Leah Purcells „The Drover’s Wife – Die Legende von Molly Johnson“ steht die titelgebende Molly Johnson. 1893 lebt sie in den Snowy Mountains. Das ist zwar in Australien, aber die Landschaft, die Menschen, ihr Verhalten und die Faustrecht-Regeln passen gut in jeden Western. Ihr Mann ist seit Monaten weg. Er arbeitet, wieder einmal, als Viehtreiber im Hochland und er sollte eigentlich schon wieder zurück sein. Sie hat mehrere Kinder. Ein weiteres ist unterwegs. Und sie verteidigt ihr Stück Land. Deshalb empfängt sie alle Besucher mit einem abweisendem Blick und einem schussbereiten Gewehr in der Hand.
Sobald sie ihnen vertraut, ist sie dann gastfreundlich. Beispielsweise zu dem neuen Polizeichef, der jung und naiv ist. Entsprechend naiv stolpert er kurz nach seiner Ankunft an seinem neuen Arbeitsplatz, einem in der Einsamkeit liegendem Dorf, das wir so aus zahlreichen Western kennen, in eine Mordfall. Ein Aborigine soll in Everton eine sechsköpfige Familie ermordet haben.
Auf seiner Flucht gelangt er in Mollys Haus.
„The Drover’s Wife“ ist Leah Purcells feministische Neuinterpretation von Henry Lawsons gleichnamiger Kurzgeschichte; wobei sie genaugenommen die Geschichte, in der es um die Jagd nach einer sich im Haus versteckenden Schlange geht, als Inspiration genommen und um weitere Geschichten und Figuren erweitert hat. Gleichzeitig wirft sie einen Blick auf den damaligen Rassismus.
Purcell, die auch das Drehbuch schrieb und die Hauptrolle spielt, erzählt Molly Johnsons Geschichte mit fotogenen Landschaftsaufnahmen, die auf einer großen Leinwand gut wirken, und etwas verschachtelt. Denn nur langsam enthüllt sie die Hintergründe für bestimmte Ereignisse und Handlungen. Das tut sie überaus gekonnt.
Allerdings vertraut sie der Intelligenz, Urteilskraft und dem moralischen Bewusstsein des Publikums nicht genug. So hat sie die Figur der Frau des neuen britischen Polizeichefs erfunden. Sie ist jung und überaus feministisch engagiert. In der von ihr herausgegebenen Zeitung schreibt sie wortgewaltig gegen die Unterdrückung der Frau an. Das ist ihre einzige Funktion in der Geschichte: uns zu erklären, was wir sowieso sehen und begreifen.
Noch schlimmer wird es am Filmende. Im Rahmen einer Gerichtsverhandlung gegen Molly Johnson erklärt Purcell wortreich das Unrecht des Urteils gegen Johnson. Dabei genügt schon das Urteil, um zu verstehen, dass dieses Urteil vielleicht den Buchstaben des Gesetzes entspricht, aber trotzdem Unrecht ist.
The Drover’s Wife – Die Legende von Molly Johnson (The Drover’s Wife: The Legend of Molly Johnson, Australien 2021)
Regie: Leah Purcell
Drehbuch: Leah Purcell
LV: Henry Lawson: The Drover’s Wife, 1892 (Kurzgeschichte)
mit Leah Purcell, Rob Collins Sam Reid, Jessica de Gouw, Benedict Hardie, Malachi Dower-Roberts
Länge: 108 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Hinweise
Moviepilot über „The Drover’s Wife – Die Legende von Molly Johnson“
Metacritic über „The Drover’s Wife – Die Legende von Molly Johnson“
Rotten Tomatoes über „The Drover’s Wife – Die Legende von Molly Johnson“
Wikipedia über „The Drover’s Wife – Die Legende von Molly Johnson“ (deutsch, englisch)