Neu im Kino/Filmkritik: Dwayne Johnson ist „The Smashing Machine“ Mark Kerr

Oktober 2, 2025

Während des diesjährigen Wettbewerbs bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig, wo „The Smashing Machine“ seine Premiere hatte, wurde sogar gemunkelt, dass Dwayne Johnson den Preis als bester Schauspieler erhalten könnte. Das geschah nicht. Dafür erhielt Benny Safdie den Preis als bester Regisseur für sein Sportlerbiopic.

In dem Biopic erzählt Safdie einige wichtige Jahre in dem Leben von MMA-Kämpfer und UFC-Champion Mark Kerr (Dwayne Johnson). MMA steht für Mixed Martial Arts oder, jedenfalls in den Anfangstagen, Schlagen ohne Regeln.

Der Film beginnt 1997 mit Kerrs erstem MMA-Kampf. Ohne zu Zögern greift er mit maximaler Wucht an. Nach zwei Minuten liegt sein Gegner auf dem Boden.

Nach diesem Auftakt konzentriert der restliche Film sich auf die Jahre 1999 und 2000. Er endet am 1. Mai 2000 mit dem Finalkampf des Pride Grand Prix in Tokio. Das ist eine kurze Spanne im Leben eines Menschen. Es ist also möglich, in die Tiefe zu gehen und einen bestimmten Punkt im Leben der porträtierten Person oder ein Ziel, das sie unbedingt erreichen möchte, genau zu beleuchten.

Dieses Ziel ist, ist in „The Smashing Machine“ über weite Strecken eher unklar. Vieles wird in den zwei Kinostunden angesprochen, aber nur wenig wird konsequent fortgeführt. Es werden viele Kämpfe gezeigt. Ob sie für bestimmte Qualifizierungen wichtig sind, bleibt eher unklar. Meistens gewinnt Kerr. Selten verliert er und das gefällt ihm nicht. Er nimmt Schmerzmittel und wird abhängig von ihnen. Der Sport professionalisiert sich. Es gibt mehr Geld. Die Kampforte werden glamouröser. Es gibt immer mehr Regeln für die Kämpfe. Hinter den Kulissen ändert sich wenig. Hinterzimmer und Gänge, die normalerweise nur vom Personal benutzt werden, bleiben Gänge, die nur vom Personal benutzt werden. Kerr ist befreundet mit MMA-Kämpfer Mark Coleman (Ryan Bader), der auch sein Trainer wird. Kerr heiratet. Wenn er sich mit seiner Freundin Dawn Staples (Emily Blunt) streitet, zertrümmert er eine Tür. Und hat danach ein schlechtes Gewissen.

Bei diesen Kämpfen lernt Kerr, der als strahlender Gewinner eingeführt wird, dann mit Verlusten umzugehen. So ist der erste Kampf, den er verliert, für ihn ein welterschütternder Schock. Es ist etwas eingetreten, was er bis dahin nicht kannte. Und das ist dann auch ungefähr das, was Kerr lernen muss: zu verlieren und damit umzugehen.

Dwayne Johnson spielt Mark Kerr als eine Art übergroßen Teddybär, der im Ring einen brutalen Sport ausübt. Abseits des Rings ist er ein hart trainierender Perfektionist und netter Mensch. Er geht Streit aus dem Weg. Wenn er dann doch mal explodiert, schlägt er nicht seine Freundin, sondern zerstört eine billige Tür und zergeht danach in Selbstmitleid. Das unterscheidet sich nicht so wahnsinnig von Johnsons schauspielerischen Leistungen in anderen Filmen und auch nicht von seinen öffentlichen Auftritten. Außer dass Kerr wie eine mit Beruhigungsmitteln ruhiggestellte Version von Johnson wirkt.

Regisseur und Drehbuchautor Benny Safdie drehte mit seinem Bruder Josh „Good Time“ und „Der schwarze Diamant“ (Uncut Gems). In seinem stark inszeniertem Solo-Regiedebüt bleibt er dem aus seinen vorherigen Filmen bekannten realistisch-dokumentarischem Stil treu. „The Smashing Machine“ ist durchgehend deutlich näher an New-Hollywood-Dramen und Darren Aronofskys interessanterem „The Wrestler“ als an den gängigen, mit einem strahlenden Sieg des Helden endenden Hollywood-Biopics. Er ist aber auch gleichzeitig überaus konventionell erzählt als Abfolge von Schnappschüssen aus einem Jahr aus dem Leben eines Sportlers.

Für MMA-Fans ist „The Smashing Machine“ ein Rückblick in die Zeit, als der Sport noch nicht das heutige Riesengeschäft war. Alle anderen werden sich fragen, warum über Kerr ein Biopic gemacht wurde; also was seine besondere Leistung für den Sport und darüberhinaus war. Für sie bleibt am Ende nur ein betont freundliches Porträt eines überaus netten Menschen.

The Smashing Machine (The Smashing Machine, USA/Japan/Kanada 2025)

Regie: Benny Safdie

Drehbuch: Benny Safdie

mit Dwayne Johnson, Emily Blunt, Ryan Bader, Bas Rutten, Oleksandr Usyk, Lyndsey Gavin

Länge: 124 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Moviepilot über „The Smashing Machine“

Metacritic über „The Smashing Machine“

Rotten Tomatoes über „The Smashing Machine“

Wikipedia über „The Smashing Machine“ (deutsch, englisch) und Mark Kerr (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ben und Joshua Safdies „Good Time – Wettlauf gegen die Zeit“ (Good Time, USA 2017)


DVD-Kritik: Kleine Krimis mit großen Namen: Robert Pattinson hofft auf eine „Good Time“

März 26, 2018

Connie Nikas (Robert Pattinson, kaum zu erkennen) ist nicht gerade eine Geistegröße, aber er ist deutlich intelligenter als sein geistig zurückgebliebener Bruder Nick (Ben Safdie), der schon bei einfachen Fragen an seine Grenzen gerät. Connie sieht sich als großer Bruder als Nicks Beschützer. Deshalb holt er ihn am Anfang des Independent-Gangsterthrillers „Good Time“ aus einer psychiatrischen Klinik und begeht mit ihm einem schlecht geplanten Banküberfall.

Auf der improviserten Flucht wird Nick von der Polizei verhaftet. In der Haft wird er brutal zusammengeschlagen und ins Krankenhaus gebracht.

Währenddessen versucht Connie die Kaution zu beschaffen. Das Geld aus dem Banküberfall kann der Kleingangster, nachdem es von einer Farbbombe verschmutzt wurde, nicht benutzen. Auch seine anderen Versuche scheitern letztendlich. Also hat Connie die geniale Idee, seinen Bruder aus dem Krankenhaus zu entführen. Dummerweise entführt er den falschen Mann – und damit ist seine Pechsträhne in dieser chaotischen Nacht noch lange nicht beendet.

Robert Pattinson ist nach seinem „Harry Potter“- und „Twilight“-Ruhm immer noch in der schauspielerischen Phase, in der er sich ausprobiert und nicht auf kommerzielle Verwertbarkeit achtet. Nicht jeder dieser Filme ist gelungen und nicht jeder dieser Filme ist für ein großes Publikum gedacht, aber jeder dieser Filme zeigt, dass Pattinson mit interessanten Regisseuren zusammenarbeiten will, dass er sich ausprobieren will und sich dabei nicht mit einer weiteren erfolgreichen Serie auf dem Ruhm zweier erfolgreicher Serien ausruhen möchte. Das führt zu Filmen wie „Cosmopolis“ und „Maps to the Stars (beide von David Cronenberg), „Königin der Wüste“ (Werner Herzogs schlechtester Film), Anton Corbijns Dennis-Stock-James-Dean-Biopic „Life“, „Die versunkene Stadt Z“ (James Grays epischster Film) und jetzt „Good Time – Wettlauf gegen die Zeit“. In dem von den Safdie-Brüdern inszenierten New-York-Gangsterfilm stolpert Pattinson hektisch und ziemlich kopflos von einer beschissenen Situation zur nächsten.

Der düstere Thriller ist ein hochenergetischer, in einer Nacht in New York abseits jeglicher Touristenpfade spielender Fiebertrip. Die Brüder Ben und Joshua Safdie inzenierten ihre Geschichte fast ausschließlich in dreckigen Nahaufnahmen, die nie den Wunsch nach einer Kinopräsentation wecken.

Bei all dieser Energie bleiben allerdings die Charaktere auf der Strecke. Und die Geschichte ist eine pausenlose Abfolge hysterischer und chaotischer Situationen, in denen die Kleingangster schnell an ihre Grenzen stoßen.

Good Time – Wettlauf gegen die Zeit (Good Time, USA 2017)

Regie: Ben Safdie, Joshua Safdie

Drehbuch: Ben Safdie, Joshua Safdie, Ronald Bronstein

mit Robert Pattinson, Jennifr Jason Leigh, Ben Safdie, Taliah Webster, Buddy Duress

DVD

Ascot Elite Home Entertainment

Bild: 2.38:1 (16:9)

Ton: Deutsch, Englisch (DD 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial (angekündigt): Interviews, Deutscher Trailer, Trailershow

Länge: 98 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Facebook-Seite des Films 

Moviepilot über „Good Time“

Metacritic über „Good Time“

Rotten Tomatoes über „Good Time“

Wikipedia über „Good Time“ (deutsch, englisch)

DP/30 lässt die Safdie-Brüder und Robert Pattinson über den Film reden

Die Film Society of Lincoln Center unterhält sich mit den Safdie-Brüdern, Co-Drehbuchautor Ronald Bronstein und Robert Pattinson