Als Jason ‚JJ‘ Jones bei einem Undercover-Einsatz gegen russische Plutonium-Händler kurz vor der Enttarnung steht, kann er das verhindern. Indem er ganze Bande schwerbewaffneter Jungs mit brachialer Gewalt tötet.
Weil der CIA-Agent auf einer Aufklärungsmission war, ist für seinen Chef dieses Ergebnis des Einsatzes ein Desaster. Verärgert schickt er JJ nach Chicago. Dort soll das am liebsten allein arbeitende Muskelpaket mit der sehr nerdigen, von ihrem ersten Außeneinsatz restlos begeisterte Informatikerin Bobbi die alleinerziehende Krankenschwester Kate und ihre neunjährige, neunmalkluge Tochter Sophie beobachen. Die beiden sind gerade nach Chicago gezogen. Sie ist die Witwe des Bruders des international gesuchten Schwerverbrechers Viktor Marquez, der vielleicht in Chicago auftauchen könnte. Für den Action liebenden JJ ist dieser langweilige Auftrag, der ungefähr so spannend und gefährlich wie das Anstarren einer langsam trocknenden zu werden versprecht, seine letzte Chance.
Sophie ist ein naseweises Mädchen, das sich schnell zu JJs schlimmstem Alptraum entwickelt. Sofort nach dem Einzug von JJ und Bobbi in der gegenüberliegenden Wohnung, entdeckt sie die beiden CIA-Agenten. Sie enttarnt sie, filmt sie bei der Arbeit und erpresst sie. JJ soll ihr all die tollen Spionagesachen beibringen, die sie aus den Filmen kennen. Und durch einen dummen Zufall lernt JJ auch noch Sophies Mutter kennen.
Auf dem Papier wirkt „Der Spion von nebenan“ wie ein typisches Malen-nach-Zahlen-Hollywood-Produkt: man nehme einen Actionstar, der ein neues Publikum erschließen will (in diesem Fall Dave Bautista), ein nettes Kind, einige erprobte Nebendarsteller, etwas Action (Menge und Größe der Zerstörung werden vom Budget und den Fähigkeiten des Stars bestimmt), mehr oder weniger gelungene Gags und eine Story, die von einem feuchten Bierdeckel wiederverwertet wird. Im Ergebnis kommt dann ein Film heraus, der in jedem Fall sein Geld einspielen und meistens schnell vergessen wird.
Entsprechend niedrig waren meine Erwartungen und umso größer war meine Überraschung. „Get Smart“-Regisseur Peter Segal drehte eine erstaunlich warmherzige, an seinen drei Hauptfiguren interessierte Komödie, in der es eigentlich nur am Anfang und Ende nennenswerte Action gibt. Dazwischen kommen JJ, Sophie und Kate sich näher. Denn JJ nimmt immer mehr Anteil am Leben der Mutter und ihrer Tochter, die er ausspionieren soll. Zwischen JJ und Sophie entwickelt sich, auch wenn er zunächst von Sophie dazu erpresst wird, eine Vater-Tochter-Beziehung. Zwischen JJ und Kate beginnt eine Liebesgeschichte, die in einer Romantic Comedy in einer glücklichen, festen Beziehung münden würde. „Der Spion von nebenan“ ist allerdings eine Kriminalgeschichte und das bedeutet, dass der Bösewicht Marquez bei Kate und Sophie auftaucht und JJ das tun muss, was er am Filmanfang mit einigen verbrecherischen Plutonium-Händlern gemacht hat.
Segal gelingt in seiner Komödie der Spagat zwischen Buddy Movie, Actionkomödie und Romantic Comedy, weil er zeigt, wie JJ zu einem Menschen wird, der für andere Menschen Gefühle empfindet und sich um sie und ihr Wohlergehen kümmert.
Der Spion von nebenan (My Spy, USA 2020)
Regie: Peter Segal
Drehbuch: Jon Hoeber, Erich Hoeber
mit Dave Bautista, Chloe Coleman, Kristen Schaal, Parisa Fitz-Henley, Ken Jeong, Greg Bryk, Devere Rogers
Länge: 101 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
–
Hinweise
Moviepilot über „Der Spion von nebenan“
Metacritic über „Der Spion von nebenan“
Rotten Tomatoes über „Der Spion von nebenan“
Wikipedia über „Der Spion von nebenan“ (deutsch, englisch)
Meine Besprechung von Peter Segals „Zwei vom alten Schlag“ (Grudge Match, USA 2013)