Neu im Kino/Filmkritik: Fanny Ardant ist „Im Herzen jung“

August 3, 2023

Ein Mann liebt eine Frau. Zu einem Problem für ihre Mitmenschen wird das in „Im Herzen jung“, weil sie Siebzig und er in den Vierzigern ist. Oh, und er ist glücklich verheiratet mit mehreren Kindern.

Carine Tardieu erzählt diese Liebesgeschichte, top besetzt mit Fanny Ardant, Melvil Poupaud und Cécile de France als betrogene Ehefrau, feinfühlig, aber auch auf dem Niveau einer beliebigen TV-Romanze.

Mehr fällt mir, nach langem Nachdenken und einem wiederholten Blick in meine umfangreicheren Notizen, zu dieser „Love Story“ nicht ein.

Im Herzen jung (Les jeunes amants, Frankreich/Belgien 2021)

Regie: Carine Tardieu

Drehbuch: Agnès de Sacy, Carine Tardieu, Sólveig Anspach

mit Fanny Ardant, Melvil Poupaud, Cécile de France, Florence Loiret-Caille, Sharif Andoura, Sarah Henochsberg, Martin Laurent

Länge: 114 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

AlloCiné über „Im Herzen jung“

Moviepilot über „Im Herzen jung“

Rotten Tomatoes über „Im Herzen jung“

Wikipedia über „Im Herzen jung“ (deutschfranzösisch)


DVD-Kritik: Claire Denis hat „Trouble Every Day“ mit Blutsaugern

August 8, 2022

Im Guardian gab es kürzlich eine Liste, in der die Filme von wichtigen Regisseuren empfohlen werden, die sich als Einstieg in ihr Werk eignen. Bei Claire Denis wird „Trouble Every Day“ genannt. Ich würde wahrscheinlich einen anderen Film als Einstieg empfehlen. Wahrscheinlich einen ihrer letzten Filme, also „Meine schöne innere Sonne“ oder „High Life“; um nicht die üblichen Verdächtigen, wie „Chocolat – Verbotene Sehnsucht“, „35 Rum“ oder „Les Salauds – Dreckskerle“ zu nennen.

Denn „Trouble Every Day“ ist ein sperrigers Werk mit einer ziemlich konfusen Geschichte, die mehr andeutet als ausspricht. Es geht um Coré. Nach der Teilnahme an einem Experiment ihres Mannes in Afrika hat sie einen unstillbaren Hunger auf menschliches Blut und Fleisch entwickelt. Ihr Mann, der Arzt Léo versucht ihr zu helfen. Bis er ein Gegenmittel gefunden hat, beseitigt er in und um Paris herum die Spuren ihrer, ähem, Nahrungsaufnahme und sperrt sie in ihr herrschaftliches Haus ein.

Während er tagsüber seiner Arbeit nachgeht, versuchen zwei Jugendliche sie zu befreien.

Zur gleichen Zeit fliegt der Wissenschaftler Shane Brown mit seiner Frau für die Flitterwochen nach Paris. Neben dem üblichen Flitterwochen- und Touristenprogrogramm will er Léo treffen und mit ihm über das Experiment, bei dem er dabei war, die ungeplanten Folgen und seine damit verbundenen Ängste reden.

Seine Premiere hatte der Horrorfilm 2001 auf dem Cannes Filmfest, inclusive Zuschauern, die empört den Saal verließen, und Buh-Rufen nach dem Film. Die deutsche Premiere war am 10. September 2003 auf Arte. Der Sender gehört zu den Produzenten des Films. Seit seiner Premiere vor über zwanzig Jahren wurde „Trouble Every Day“ zu einem kleinen Kultfilm. Im Frühling brachte Rapid Eye Movies den Film in einer von „Trouble Every Day“-Kamerafrau Agnès Godard erstellten, von Claire Denis für gut befundenen 4K-Restaurierung in die Kinos. Diese Fassung erschien jetzt, weltweit erstmals, auf DVD und Blu-ray.

Das ist eine gute Gelegenheit, sich den Film nochmal anzusehen. Beim ersten Ansehen gefiel er mir ganz gut.

Beim zweiten Ansehen nicht mehr. Die Mini-Story wird extrem umständlich erzählt. Lange Zeit bleiben die Motive, Ziele und auch Hintergründe der einzelnen Figuren im Dunkeln. Anfangs, wenn Coré und Léo im Mittelpunkt stehen, ist das faszinierend. Schließlich sind ihre sexuellen, blutrünstigen und auch kannibalistischen Triebe und sein Bemühen, das Schlimmste zu verhindern, offensichtlich. Von dieser Frau geht eine für Männer tödliche Gefahr aus; – wobei es aus heutiger Sicht sicher eine Diskussion wert ist, warum Coré nur animalischen Sex mit Männern hat.

Aber warum wir uns für Shane Brown und seine Flitterwochen interessieren sollte, bleibt dagegen anfangs vollkommen nebulös und scheint nichts mit Coré und Léo zu tun zu haben. Auch später wird dieser Plot eher mitgeschleppt. Für die Haupthandlung ist er nicht weiter wichtig.

Insgesamt wird in dem Horrorfilm sehr wenig geredet. Die Bilder haben, auch in der neuen Abtastung, eine flaue Videooptik, bei der die Farben wie ausgewaschen aussehen. Über weite Strecken wirkt „Trouble Every Day“ wie ein Arthaus-Film, der mit etwas Blut und Sex auf seine Schockwirkung spekuliert. Und mit einem einprägsamen Plakat und Bildern (Béatrice Dalle mit viel Blut im Gesicht), die das Interesse an dem Film wecken.

Die Musik ist von den Tindersticks. Sie ist als Einzel-CD und in der „Tindersticks“-Box „Claire Denis Film Scores 1996-2009“ (zusammen mit ihrer Musik für „White Material“, „35 Rhums“, „L’Intrus“, „Vendredi soir“ und „Nénette et Boni“ erhältlich.

Trouble Every Day (Trouble Every Day, Frankreich/Deutschland/Japan 2001)

Regie: Claire Denis

Drehbuch: Claire Denis, Jean Pol Fargeau (Co-Autor)

mit Vincent Gallo, Tricia Vessey, Béatrice Dalle, Alex Descas, Florence Loiret-Caille, Nicolas Duvauchelle

DVD

Rapid Eye Movies

Bildformat: 2.35:1

Ton: Englisch/Französisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Trailer

Länge: 97 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Blu-ray identisch

Hinweise

Homepage zum Film

Moviepilot über „Trouble Every Day

AlloCiné über „Trouble Every Day“

Metacritic über „Trouble Every Day“

Rotten Tomatoes über „Trouble Every Day“

Wikipedia über „Trouble Every Day“ (englisch, französisch)

Bonusmaterial

Claire Denis empfiehlt einige Filme

und unterhält sich mit Jim Jarmusch anläßlich einer Vorführung ihres neuen Film „Avec amour et acharnement“ (Internationaler Titel „Both Sides of the Blade“, noch kein deutscher Titel und noch kein Starttermin). Die Premiere war auf der diesjährigen Berlinale. Denis erhielt den Silbernen Bären für die Beste Regie.