Eine gute Idee kann gerne mehrmals verwendet werden. Schließlich protestiert niemand gegen die nächste Shakespeare-Aufführung und Verfilmung mit dem Hinweis, dass das Stück bereits präsentiert wurde.
Darum spricht auch nichts gegen eine neue Verfilmung von Warren Adlers „The War of the Roses“, das in Deutschland zuerst als „Der Rosenkrieg“ erschien und jetzt, in einer neuen Übersetzung, als „Die Rosenschlacht“ veröffentlicht wurde.
Adler erzählt schwarzhumorig und unerbittlich an der Eskalationsschraube drehend den Scheidungskrieg des Ehepaares Rose. Als sie sich kennen lernen, ist es Liebe auf den ersten Blick. Sie heiraten. Er macht als Anwalt Karriere. Sie zieht die Kinder groß und richtet das Haus ein. Zwanzig Jahre nach ihrer ersten Begegnung wird Jonathan in ein Krankenhaus eingeliefert. Er vermutet, er habe einen Herzinfarkt und liege im Sterben. Es ist nur ein harmloser Zwerchfellbruch. In dem Moment – auf Seite 49 in der aktuellen deutschen Ausgabe des Buches – erkennt Barbara, dass sie ihren Mann nicht mehr liebt und künftig ohne ihn leben will. Sie will die Scheidung und das Haus. Er will ebenfalls das Haus.
Auf den folgenden Seiten des 270-seitigen Romans erzählt Adler, wie sie mit immer drastischeren Mitteln um das Haus kämpfen und dabei physisch und psychisch immer mehr verfallen.
1990 verfilmte Danny DeVito die Geschichte mit Michael Douglas und Kathleen Turner in den Hauptrollen. „Der Rosenkrieg“ ist eine hundsgemeine schwarze Komödie mit einer ordentlichen Portion Slapstick. Der Film war ein Hit und ist heute ein Klassiker.
Jetzt verfilmte Jay Roach („Bombshell“), nach einem Drehbuch von Tony McNamara („The Favourite“, „Poor Things“), die Geschichte wieder. Benedict Cumberbatch und Olivia Coleman übernahmen die Hauptrollen. Die Geschichte wurde selbstverständlich aktualisiert. Auch wenn in dem Roman und der ersten Verfilmung kaum erkennbar ist, wann die Geschichte spielt, macht es einen Unterschied, ob die Geschichte 1981 (Roman), 1990 (erste Verfilmung) oder 2025 (die aktuelle Verfilmung) spielt. Die Zeit, die Gesetze und die Ansichten über Scheidung und die Rolle der Frau änderten sich; – obwohl sie in dem konservativen, vermögendem Milieu, in dem Geschichte spielt, eher gleich blieben. Die Geschichte spielt immer in den USA, aber sie könnte, mit kleinsten Veränderungen, genauso gut in einem anderen Land spielen. Solange der Kern der Geschichte – der eskalierende Krieg der Roses gegeneinander – erhalten bleibt, ist es der Rosenkrieg.
Auch in Jay Roachs Film fetzten sich die Roses. Bis es dazu kommt vergeht allerdings viel Filmzeit. Und auch dann ändert sich nichts an den grundsätzlichen Problemen dieser Komödie. Denn Roach trifft so viele falsche Entscheidungen bei den Figuren und der Story, die aus einem angekündigtem Krieg ein laues Lüftchen machen.
Das beginnt schon bei der ersten Begegnung von Jonathan und Barbara (so heißen sie im Roman) bzw. von Oliver und Barbara (so heißen sie in DeVitos Film) bzw. von Theo und Ivy (so heißen sie in Roachs Film).
Bei Warren Adler und Danny DeVito ist die erste Begegnung der Beiden bei einer Auktion. Sie bieten gegeneinander um den selben Gegenstand und verlieben sich sofort ineinander. DeVito zeigt außerdem vom ersten Moment, dass es später Probleme in ihrer Beziehung geben wird.
Bereits in diesem Moment präsentieren Adler und DeVito das künftige Traumpaar als äußerst wettbewerbsorientierte Menschen, die, wenn sie eine Sache haben wollen, nur sehr schwer bis überhaupt nicht nachgehen können. Entsprechend schwer fallen ihnen, weil sie dann ja verlieren, Kompromisse. Wie schwer, zeigt dann die Geschichte ihrer Scheidung.
Roach führt sie dagegen mit einem Gespräch bei einer Paartherapeutin ein. Sie sollen zehn Dinge nennen, die sie bei dem anderen schätzen. Es wird eine Liste von Beleidigungen; wobei Theo die letzten Beleidigungen von Ivy zustimmend lachend als ziemlich witzig bezeichnet. Als die Therapeutin meint, sie könne nichts tun und eine Trennung empfiehlt, wenden die Roses sich spontan gegen sie und drohen, sie zu verklagen. Vor der Praxis der Therapeutin klatschen sie sich ab. Die Botschaft ist klar: die beiden gehören zusammen.
Dann zeigt Roach, wie sie sich kennen lernen. Er ist Architekt (bei Adler und DeVito ist er ein Anwalt). Mit seinen Kollegen ißt er in einem noblen Restaurant. Gelangweilt von den Gesprächen seiner Kollegen geht Theo in die Küche. Dort trifft er die von ihrer Arbeit gelangweilte Ivy. Es ist Liebe auf den ersten Blick. In dieser Szene nimmt Roach den unbedingten Willen der Figuren, um jeden Preis zu gewinnen, aus der Geschichte. Schließlich konkurrieren sie nicht um die selbe Sache. Aber sie sind sich einig, dass ihre Talente von ihren Chefs nicht geschätzt werden.
Beide Szenen schwächen die Grundidee der ursprünglichen Geschichte.
Das setzt sich durch den gesamten Film fort bis zur letzten Szene. Diese hat nichts von der Eindeutigkeit und Schärfe des Buchendes oder des in Details anderen Endes von DeVitos Film.
Das zweite große Problem des Films ist, dass der titelgebende Rosenkrieg in Roachs Film erst im dritten Akt wirklich beginnt. Weil der Film in dem Moment fast vorüber ist, muss er atemberaubend schnell eskalieren.
Bis dahin plätschert die Geschichte vor sich hin. Ungefähr zwanzig Beziehungsjahre, in denen die beiden Kinder erwachsen werden und die unterschiedlichen Karrieren von Theo, der mit seinen Architekturprojekten keinen Erfolg hat, und Ivy, die mit ihrem Restaurant erfolgreich ist, werden in epischer Breite geschildert. Kleinere Verstimmungen zwischen den beiden Eheleuten werden gezeigt, aber sie könnten auch immer wieder als kleine Unaufmerksamkeiten oder Neckereien oder halt die üblichen Streitereien, die es in jeder Ehe gibt, betrachtet werden. Schließlich verstehen sich die Roses verdammt gut, lieben, schätzen und helfen sich auch. So übernimmt der von zu Hause aus arbeitende Architekt Theo klaglos die Erziehung der Kinder, während Ivy ihr expandierendes Restaurant führt. Später ermöglicht sie ihm den Bau seines Traumhauses. Das ist die Geschichte einer Ehe.
Im Roman und in DeVitos Film beginnt der Scheidungskrieg, ohne ein langes Vorspiel, ziemlich früh in der Geschichte. Beide Male nimmt er den größten Teil der Geschichte ein. Beide Male haben die Erzähler viel kreative Energie auf das Eskalieren des Konflikts verwendet.
Roachs Rosenkrieg verplempert seine Zeit mit der nicht so wahnsinnig interessanten, weitgehend vollkommen austauschbaren Vorgeschichte und handelt den Krieg in einer Randnotiz mit offenem Ende ab.
Die vielen auf dem Filmplakat abgebildeten bekannten Schauspieler haben in dieser Ehegeschichte nur kurze, weitgehend folgenlose Auftritte.
Insgesamt ist „Die Rosenschlacht“ eine Komödie voller verpasster Möglichkeiten. Da können Benedict Cumberbatch und Olivia Colman nichts retten.

Die Rosenschlacht (The Roses, USA 2025
Regie: Jay Roach
Drehbuch: Tony McNamara
LV: Warren Adler: The War of the Roses, 1981 (Der Rosenkrieg, Die Rosenschlacht)
mit Benedict Cumberbatch, Olivia Colman, Andy Samberg, Allison Janney, Belinda Bromilow, Ncuti Gatwa, Sunita Mani, Zoë Chao, Jamie Demetriou, Kate McKinnon
Länge: 106 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Die Vorlage, neu übersetzt und mit neuem Titel

Warren Adler: Die Rosenschlacht
(übersetzt von Babette Schröder)
Lübbe, 2025
272 Seiten
16 Euro
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Deutsche Erstausgabe
Der Rosenkrieg (übersetzt von Yvonne Viehöfer)
Lübbe, 1990
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Originalausgabe
The War of the Roses
Warner Books Inc, 1981
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Hinweise
Moviepilot über „Die Rosenschlacht“
Metacritic über „Die Rosenschlacht“
Rotten Tomatoes über „Die Rosenschlacht“
Wikipedia über „Die Rosenschlacht“ (deutsch, englisch) und Warren Adler (deutsch, englisch)
Meine Besprechung von Jay Roachs „Trumbo“ (Trumbo, USA 2015)
Meine Besprechung von Jay Roachs „Bombshell – Das Ende des Schweigens“ (Bombshell, USA/Kanada 2019)
Veröffentlicht von AxelB 
