TV-Tipp für den 17. Januar: Bis wir tot sind oder frei

Januar 16, 2024

Arte, 22.10

Bis wir tot sind oder frei (Schweiz/Deutschland 2020)

Regie: Oliver Rihs

Drehbuch: Dave Tucker, Oliver Rihs, Ivan Madeo, Norbert Maass, Oliver Keidel

TV-Premiere. In den achtziger Jahren ist der Unternehmersohn Walter Stürm in der Schweiz bekannt als Berufsverbrecher und Ausbrecherkönig. Mit seiner neuen Anwältin, Barbara Hug vom Zürcher Anwaltskollektiv, wird er auch zu einer Symbolfigur und Held der linken Szene.

Wie es dazu kam, schildert Oliver Rihs, mit viel Zeitkolorit, in seinem gelungenen, auf wahren Ereignissen basierendem Drama. Hoffentlich zeigt Arte nicht die hochdeutsche Synchronisation sondern die Originalfassung.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Marie Leuenberger, Joel Basman, Jella Haase, Bibiana Beglau, Anatole Taubman, Pascal Ulli, Philippe Graber

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Bis wir tot sind oder frei“

Moviepilot über „Bis wir tot sind oder frei“

Rotten Tomatoes über „Bis wir tot sind oder frei“

Wikipedia über „Bis wir tot sind oder frei“

Meine Besprechung von Oliver Rihs‘ „Bis wir tot sind oder frei“ (Schweiz/Deutschland 2020)


TV-Tipp für den 9. August: Berlin Alexanderplatz

August 8, 2023

Arte, 20.15

Berlin Alexanderplatz (Deutschland 2020)

Regie: Burhan Qurbani

Drehbuch: Burhan Qurbani, Martin Behnke

LV: Alexander Döblin: Berlin Alexanderplatz, 1929

TV-Premiere. Burhan Qurbani verlegt Alexander Döblins Roman in seiner dreistündigen, gut aussehenden, ziemlich braven, teils misslungenen, teils unglaubwürdigen Verfilmung in die Gegenwart. Aus dem Ex-Häftling Franz Biberkopf wird bei ihm der aus Afrika kommende Flüchtling Francis.

Das Drama erhielt fünf Lolas (Bester Spielfilm, Beste männliche Nebenrolle, Beste Kamera, Beste Musik, Bestes Szenenbild) und, in Deutschland, überschwängliche Kritiken.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Welket Bungué, Jella Haase, Albrecht Schuch, Joachim Król, Annabelle Mandeng, Nils Verkooijen

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Berlin Alexanderplatz“

Moviepilot über „Berlin Alexanderplatz“

Rotten Tomatoes über „Berlin Alexanderplatz“

Wikipedia über „Berlin Alexanderplatz“

Berlinale über „Berlin Alexanderplatz“

Meine Besprechung von Burhan Qurbanis „Berlin Alexanderplatz“ (Deutschland 2020)


TV-Tipp für den 13. Februar: Lieber Thomas

Februar 12, 2023

Arte, 22.25

Lieber Thomas (Deutschland 2021)

Regie: Andreas Kleinert

Drehbuch: Thomas Wendrich

TV-Premiere. Absolut sehenswertes und oft mitreisendes Biopic über Thomas Brasch (1945 – 2001) und sein Leben in der DDR und, seit 1976, der BRD.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung des mit neun Deutschen Filmpreisen, unter anderem als bester Film, ausgezeichneten SW-Biopics.

mit Albrecht Schuch, Jella Haase, Peter Kremer, Claudio Magno, Jörg Schüttauf, Anja Schneider, Joel Basman, Joana Jacob, Emma Bading

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Lieber Thomas“

Moviepilot über „Lieber Thomas“

Wikipedia über „Lieber Thomas“ (deutsch, englisch) und Thomas Brasch (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Andreas Kleinerts „Lieber Thomas“ (Deutschland 2021)


TV-Tipp für den 29. Juni: 25 km/h

Juni 28, 2022

Mit dem 9-Euro-Ticket durch Deutschland rasen, oder tuckern mit

Sat.1, 20.15

25 km/h (Deutschland 2018)

Regie: Markus Goller

Drehbuch: Oliver Ziegenbalg

Nach fast dreißig Jahren, auf der Beerdigung ihres Vaters, sehen sich die Brüder Georg (Bjarne Mädel) und Christian (Lars Eidinger) wieder. Im Vollrausch beschließen sie, endlich ihren Jugendtraum in die Tat umzusetzen: eine Fahrt auf dem Moped vom Schwarzwald an die Ostsee. Born to be wild!!!

Schön verspieltes, erfrischend undeutsches Roadmovie, das auch viel über Deutschland und die Sorgen und Nöte der Mittvierziger verrät.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Lars Eidinger, Bjarne Mädel, Sandra Hüller, Franka Potente, Alexandra Maria Lara, Jella Haase, Jördis Triebel, Wotan Wilke Möhring

Wiederholung: Donnerstag, 30. Juni, 01.05 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Facebook-Seite zum Film

Filmportal über „25 km/h“

Moviepilot über „25 km/h“

Wikipedia über „25 km/h“

Meine Besprechung von Markus Gollers „25 km/h“ (Deutschland 2018)


Neu im Kino/Filmkritik: „A Hero“, „Abteil Nr. 6“, „Das Ereignis“, „Bis wir tot sind oder frei“ – vier ausgezeichnete Filme für den Arthouse-Fan

April 4, 2022

Neben der neuen Marvel-Origin-Story „Morbius“(ein Arzt experimentiert sich zum Vampir) starten diese Woche auch einige Filme für den Arthouse-Fan. Garantiert ohne Vampire und CGI. Dafür zweimal auf Tatsachen basierend, zweimal könnte es so passiert sein, immer gab es auf Festivals Preise für die Filme und jeder dieser Filme ist, bei allen Unterschieden, sehenswert.

A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani“ ist der neue Film von Asghar Farhadi. In Cannes erhielt das absolut sehenswerte Drama 2021 den Großen Preis. Weil der titelgebende Rahim Soltani seine Schulden nicht bezahlen kann, verbüßt er eine Haftstrafe. Ab und zu darf er für einen Freigang die Anstalt verlassen. Er versucht seine Schulden irgendwie zu tilgen.

Als seine Freundin an einer Bushaltestelle zufällig eine Tasche mit wertvollen Münzen findet, könnte er damit seine Schulden auf einen Schlag bezahlen. Aber dann, nachdem er feststellt, dass die Münzen dafür nicht ausreichen, packt ihn das Gewissen. Sagt er jedenfalls. Er sucht in Shiraz die Besitzerin. Als sie sich meldet, geben er und seine Freundin ihr die Münzen zurück. Damit könnte die Episode zu Ende sein.

Dummerweise erfahren die Haftanstaltsleiter davon. Sie sind begeistert von dieser Heldentat, die einer ihrer Schützlinge begangen hat. Unverzüglich informieren sie, auch weil sie so ihr Gefängnis in einem positiven Licht präsentieren können, die Öffentlichkeit über Rahims edle Tat. Die Presse ist ebenfalls begeistert; bis sie die Geschichte genauer überprüft und auf immer mehr Widersprüche stößt. Auch Rahims Gläubiger erzählt seine Version und warum er Rahim die Schulden nicht erlassen will.

Nachdem Asghar Farhadi seinen vorherigen, etwas enttäuschenden Film „Offenes Geheimnis“ in Spanien drehte, kehrt er mit „A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani“ wieder in seine Heimat, den Iran, und zu alter Stärke zurück. Rahims Geschichte ist universell und gleichzeitig sehr konkret in der iranischen Wirklichkeit verortet. Es wurde vor Ort gedreht, es gibt einen Einblick in den iranischen Alltag und die Strukturen der Gesellschaft. Gleichzeitig könnte Rahims Geschichte prinzipiell überall spielen. Denn überall kann ein Mann sich mit einer schlechten Geschäftsidee verschulden, überall kann er zufällig etwas wertvolles finden und überall steht er vor der Frage, wie er mit dem Fund umgehen soll. Farhadi gibt allerdings keine einfachen Antworten auf Rahims Dilemma. Er zeigt nur, was geschieht und er präsentiert verschiedene, sich teils widersprechende Perspektiven und Interpretationen der Ereignisse. Es sind Interpretationen, die sich verändern können. So ist der Anstaltsleiter zunächst begeistert von Rahims edler Tat. Er fordert ihn sogar auf, sie etwas auszuschmücken. Als dann die ersten Zweifel an Rahims Geschichte aufkommen, lässt er ihn wie eine heiße Kartoffel fallen. Durch diese interpretationsoffene Erzählweise ist bis zum Schluss unklar, ob der um seine Ehre kämpfende Rahim wirklich so naiv und treudoof ist, wie er sich gibt, oder ob er nicht immer mindestens einen Hintergedanken hatte und der Lauf der Ereignisse sich anders als von ihm geplant entwickelte. Weshalb er wieder etwas tun muss. Dabei scheint es für ihn, auch wenn Menschen ihm helfen wollen, nur immer schlimmer zu werden.

Farhadi erzählt diese Geschichte eines Mannes, der um seine Ehre kämpft, mit nie nachlassender Spannung in einem ruhigen Erzähltempo.

A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani (Ghahreman, Iran/Frankreich 2021)

Regie: Asghar Farhadi

Drehbuch: Asghar Farhadi

mit Amir Jadidi, Mohsen Tanabandeh, Fereshteh Sadrorafaii, Sahar Goldoust, Maryam Shahdaie, Ali Reza Jahandideh

Länge: 128 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Französische Homepage zum Film

AlloCiné über „A Hero“

Moviepilot über „A Hero“

Metacritic über „A Hero“

Rotten Tomatoes über „A Hero“

Wikipedia über „A Hero“ (deutsch, englisch, französisch)

Meine Besprechung von Asghar Farhadis „Le Passé – Das Vergangene“ (Le Passé, Frankreich 2013)

Meine Besprechung von Asghar Farhadis „The Salesman“ (Fourshande, Iran/Frankreich 2016) und der DVD

Meine Besprechung von Asghar Farhadis „Offenes Geheimnis“ (Todos lo saben, Spanien/Frankreich/Italien 2018)

Auch Juho Kuosmanens neuer Film „Abteil Nr. 6“ lief 2021 in Cannes und erhielt den „Grand Prix“.

Er erzählt die Geschichte von Laura, einer finnischen Archäologiestudentin, die im Winter von Moskau nach Murmansk aufbricht. Dort will sie die berühmten uralten Felsmalereien der Stadt besichtigen. Den tagelangen Weg dorthin legt sie in einem Zug zurück. Ihr Abteil muss sie mit Ljoha teilen. Der Jung-Macho ist das genaue Gegenteil der Studentin. Er ist ein Bergarbeiter, trinkfest, vulgär, ungebildet und scheinbar absolut unsensibel. Immerhin ist er in der ersten gemeinsamen Nacht zu betrunken, um sich ihr zu nähern. Lauras Versuch, in ein anderes Abteil zu wechseln, schweitert. Deshalb muss sie notgedrungen mit Ljoha arrangieren.

Kuosmanen („Der glücklichste Tag im Leben des Olli Mäki“) konzentriert sich in seinem Roadmovie darauf, wie Laura und Ljoha im titelgebenden „Abteil Nr. 6“ eine für die Reise andauernde Freundschaft entwickeln.

Laura, die junge, lesbische, unglücklich verliebte, sich im Moskauer Intellektuellenmilieu bewegende Studentin, entdeckt nämlich ungeahnte Facetten in Ljoha. Er versucht, auf seine jugendlich-unbeholfene Art, sie zu beeindrucken. Er will ihr, soweit das auf einer Zugfahrt mit wenigen Stopps möglich ist, sein Land und die russische Seele zu zeigen. Dazu gehört auch ein Besuch bei seiner Pflegemutter. Und er wird zu ihrem Beschützer und Reiseführer.

Im Presseheft sagt Kuosmanen, dass er, mit Einverständnis von Rosa Liksom, so viel an ihrem Roman veränderte, dass der Film jetzt nur noch von ihm inspiriert sei: „Wir haben so viel geändert, dass die eigentliche Frage ist, was nicht geändert wurde.“

Das erklärt vielleicht, warum es keine Filmausgabe von Liksoms Roman gibt.

Abteil Nr. 6 (Hytti nro 6, Finnland/Deutschland/Russland/Estland 2021)

Regie: Juho Kuosmanen

Drehbuch: Andris Feldmanis, Juho Kuosmanen, Livia Ulman, Lyubov Mulmenko (russische Dialoge)

LV: Rosa Liksom: Hytti nro 6, 2011 (Abteil Nr. 6)

mit Seidi Haaria, Yuriy Borisov, Dinara Drukarova, Julia Aug, Lidia Kostina

Länge: 112 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Filmportal über „Abteil Nr. 6“

Moviepilot über „Abteil Nr. 6“

Metacritic über „Abteil Nr. 6“

Rotten Tomatoes über „Abteil Nr. 6“

Wikipedia über „Abteil Nr. 6“ (deutsch, englisch)

Audrey Diwans „Das Ereignis“ erhielt 2021 in Venedig den Goldenen Löwen als Bester Film. Wie Kuosmanen erzählt sie die Geschichte aus der Perspektive einer jungen Frau. Es handelt sich um die Geschichte von Annie Ernaux, die 1963 in Frankreich schwanger wurde. 2000 erschien ihr Buch über ihre Schwangerschaft. Damals studierte sie Literatur an der Universät und sie stand kurz vor den Abschlussprüfungen. Ein Kind hätte das Ende ihrer beruflichen Ambitionen bedeutet. Eine Abtreibung könnte ihren Tod bedeuten oder, wenn sie erwischt wird, eine Haftstrafe. Keine diese Möglichkeiten ist besonders prickelnd für die unverheiratete, in keiner festen Beziehung lebende Studentin.

Diwan erzählt diese in wenigen Wochen spielende Geschichte immer nah bei der an Anamaria Vartolomei gespielten Anne. Die Handkamera verfolgt sie und nimmt ihren Blick ein, wenn sie verschiedene Ärzte besucht, erfolglos verschiedene Abtreibungsmethoden ausprobiert und die Schwangerschaft vor ihren Eltern und Freundinnen verheimlichen will. Das wird natürlich zunehmend schwieriger.

Einerseits ist „Das Ereignis“ ein historischer Film. Er spielt 1963 als Abtreibung in Frankreich verboten war. 1975 wurde sie legalisiert. Seitdem gab es weitere Gesetzesänderungen, die die Rechte der betroffenen Frauen stärkten. Andererseits ist in anderen Ländern die Abtreibung verboten und auch in Ländern, in denen sie erlaubt ist, wird heftig über sie gestritten. So wurden in den USA in den vergangenen Monaten in einigen Staaten Gesetze formuliert, die eine Abtreibung verhindern sollen. Auch bei einer Vergewaltigung oder Inzest. Diese Aktualität des Themas ist in Diwans Drama jederzeit spürbar.

Gleichzeitig gelingt es ihr, nachvollziehbar zu machen, warum eine Frau abtreiben möchte und welchem Druck sie ausgesetzt ist. Von der Gesellschaft, ihren Eltern, Freunden und den Ärzten, die damals alle ausnahmslos Männer waren.

Das Ereignis (L’événement, Frankreich 2021)

Regie: Audrey Diwan

Drehbuch: Audrey Diwan, Marcia Romano, Anne Berest

LV: Annie Ernaux: L’événement, 2000 (Das Ereignis)

mit Anamaria Vartolomei, Kacey Mottet Klein, Luàna Bajrami, Louise Orry-Diquéro, Louise Chevillotte, Pio Marmaï, Sandrine Bonnaire

Länge: 100 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

AlloCiné über „Das Ereignis“

Moviepilot über „Das Ereignis“

Metacritic über „Das Ereignis“

Rotten Tomatoes über „Das Ereignis“

Wikipedia über „Das Ereignis“ (deutsch, englisch, französisch)

Bis wir tot sind oder frei“ lief nicht auf diesen großen Festivals. Das auf wahren Ereignissen basierende Drama hatte seine Premiere 2020 beim Filmfest Hamburg. Beim Black Nights Film Festival Talinn 2020 wurde die Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Beim Avanca Film Festival 2021 wurde das Drama unter anderem als bester Film ausgezeichnet.

In den deutschsprachigen Regionen der Schweiz lief Oliver Rihs‘ Film bereits im Januar 2021 an. Und das ist nachvollziehbar. Denn trotz der auch bei uns bekannten Schauspieler, wie Marie Leuenberger, Joel Basman, Jella Haase, Anatole Taubman und Bibiana Beglau in den Hauptrollen, ist es primär ein schweizer Film der eine schweizer Geschichte erzählt. Nämlich die von dem Ausbrecherkönig Walter Stürm und wie er in den Achtzigern zu einer Symbolfigur und Held der linken Szene wurde. Einige wichtige Rolle spielte dabei Barbara Hug.

Sie gehört zu dem 1975 gegründeten Zürcher Anwaltskollektiv. Diese Anwälte verteidigen, teils zu symbolischen Honoraren, Linke, Mieter*innen, Arbeitnehmer*innen und, im Allgemeinen und im Besonderen, von der staatlichen Repressionsmaschinerie betroffene Menschen. Das können mehr oder weniger friedliche Demo-Teilnehmer*innen, Autonome oder auch Menschen, die wegen terroristischer Taten angeklagt sind, sein. Das Kollektiv versteht sich als Teil einer Bewegung für eine Schweiz, die weniger verknöchert und rückständig ist. Und das war die Schweiz damals. Sie liegen im ständigen Streit mit dem sie bei der Arbeit behindernden Staat. Die seit ihrer Kindheit gehbehinderte Hug ist eine taffe Anwältin, die wegen ihres Verstandes und ihrer ebenso klaren, wie kämpferischen Argumentation vor Gericht hohes Ansehen genießt.

Der 1942 geborene Unternehmersohn Walter Stürm ist zu diesem Zeitpunkt – der Film beginnt 1980 – bereits ein bekannter Berufsverbrecher mit zahlreichen Gefängnisaufenthalten und -ausbrüchen. Ihm geht es um Geld und Frauen. Politik interessiert ihn nicht. Aber sein unbändiger Freiheitsdrang und sein damit verbundener Kampf gegen das System sind anschlussfähig bei den Linken. Und so wird der unpolitische, aber charismatische Stürm, mit Hilfe seiner Anwältin Barbara Hug, zu einer Symbolfigur der Linken, irgendwo zwischen Robin Hood und Mini-Che-Guevara. Hug stellte ihn auch Mitgliedern der zweiten Generation der RAF vor.

Rihs‘ Drama konzentriert sich auf die Beziehung zwischen Hug und Stürm – und den historischen Hintergrund, der inzwischen immer mehr in Vergessenheit gerät. Denn auch die Schweiz hatte ihre 68er-Bewegung.

Bis wir tot sind oder frei“ ist eine schöne Zeitreise in die achtziger Jahre, die in der schweizerdeutschen Originalversion sicher rundum überzeugte. Für die hiesige Auswertung sprachen die Schauspieler eine hochdeutsche Synchronisation ein. Diese aseptische Tonspur zerstört viel von der O-Ton-Atmosphäre und verleiht dem Drama das Flair eines bemühten Fernsehspiels.

Gerade weil ich ein wenig Schweizerdeutsch verstehe, hätte ich viel lieber die Orignalversion, gerne auch mit Untertitel, gesehen.

Bis wir tot sind oder frei (Schweiz/Deutschland 2020)

Regie: Oliver Rihs

Drehbuch: Dave Tucker, Oliver Rihs, Ivan Madeo, Norbert Maass, Oliver Keidel

mit Marie Leuenberger, Joel Basman, Jella Haase, Bibiana Beglau, Anatole Taubman, Pascal Ulli, Philippe Graber

Länge: 119 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

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Filmportal über „Bis wir tot sind oder frei“

Moviepilot über „Bis wir tot sind oder frei“

Rotten Tomatoes über „Bis wir tot sind oder frei“

Wikipedia über „Bis wir tot sind oder frei“


Neu im Kino/Filmkritik: „Lieber Thomas“ Brasch, das ist Dein Film

November 11, 2021

Eine auf Tatsachen fußende Fiktion eines realen Lebens“ nennt Regisseur Andreas Kleinert seinen Film über Thomas Brasch, diesen 1945 in Westow, North Yorkshire, geborenen Künstler. Kurz nach seiner Geburt ziehen Braschs Eltern in die DDR. Sein Vater ist überzeugter Kommunist und von 1966 bis 1969 sogar stellvertretender Minister für Kultur. Zu ihm hat er immer ein problematisches Verhältnis. Die Zeit in der Kadettenschule der Natioalen Volksarmee in Naunburg von 1956 bis 1960 ist für Thomas Brasch traumatisch. Während seines 1967 begonnenen Studiums an der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg protestiert er mit Gleichgesinnten gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings. Sein Vater verrät ihn danach an die Stasi. Brasch wird zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Später wird er auf Bewährung entlassen und arbeitet im Transformatornwerk Oberschöneweide.

Und er schreibt. Seinen ersten Kurzgeschichtenband „Vor den Vätern sterben die Söhne“ will er in der DDR veröffentlichten. Das geht nicht. Er unterzeichnet die Resolution gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann. Danach stellt er einen Ausreiseantrag und darf 1976 ausreisen.

In Westberlin wurde „Vor den Vätern sterben die Söhne“ im Rotbuch Verlag veröffentlicht (inzwischen ist es bei Suhrkamp erhältlich). Die Kritik ist begeistert. Er ist ein Star der westdeutschen Literaturszene. Er schreibt Theaterstücke. Großen Erfolg hat er mit dem Stück „Lovely Rita“, das er in der DDR schrieb und das im Westen mit seiner Freundin Katharina Thalbach in der Hauptrolle seine Premiere hat. Und er inszeniert Filme. Sein erster Spielfilm, das in SW gedrehte Gangsterepos „Engel aus Eisen“ über die Gladow-Bande, feiert seine Premiere in Cannes. Zu dieser Zeit, die späten siebziger und achtziger Jahre, war Thomas Brasch eine Gruppe männlicher und weiblicher Bewunderer um sich gescharrt.

In den Neunzigern zieht er sich zurück um „Mädchenmörder Brunke oder Die Liebe und ihr Gegenteil“ zu schreiben. Das Manuskript hat über vierzehntausend Seiten. Zu Braschs Lebzeiten wird ein keine hundert Seiten umfassendes Fragment veröffentlicht.

Am 3. November 2001 stirbt er in der Berliner Charité an Herzversagen.

Thomas Brasch war ein widersprüchlicher Geist, der die DDR nie verlassen wollte, der in Westdeutschland nie heimisch wurde und dessen Leben, inclusive der schwierigen Beziehung zu seinem Vater, auch paradigmatisch für die Geschichte Deutschlands zwischen Kriegsende und Jahrtausendwende steht. Mit gewissen blinden Stellen. Und einem breitbeinigem Machotum, das mit seiner Selbstinszenierung, seiner offen zur Schau getragenen Sensibilität und der ebenso offenen Faszination für die Halbwelt, heute nicht mehr zeitgemäß ist.

Kleinert erzählt, wundervoll in farbenfrohem SW gedreht, dieses Leben in über hundertfünfzig Minuten von der frühen Kindheit bis zu Brachs Tod nach. Aber Dank des schon erwähnten Kunstgriffs, das Leben von Thomas Brasch als eine sich Freiheiten nehmende Fiktion zu begreifen, entgeht er in „Lieber Thomas“ den üblichen Biopic-Fallen. Auch wenn Brachs frühen Jahre, also die Kindheit, Jugend, Studienzeit und die ersten Jahre in Westberllin deutlich mitreisender sind als die späteren Jahre sind. Ungefähr mit der Premiere von „Engel aus Eisen“ in Cannes beginnt der Film zunehmend episodischer zu werden. Der klassische Biopic-Drang, jede irgendwie wichtige Episode im Leben des Porträtierten bis zu seinem Tod chronologisch abzuhandeln wird spürbar. Bis dahin gibt es zahlreich mitreisende Momente, satirisch zugespitzte, surrealistische und absurde Szenen. Auch die Cannes-Episode mit ihrer aus dem Ruder laufenden Vater-Sohn-Begegnung gehört dazu.

Albrecht Schuch, der aktuell ungefähr in jedem zweiten deutschen Film und in jedem sehenswertem deutschen Film (nicht jeder sehenswerte Film ist unbedingt ein guter Film) dabei ist, spielt Thomas Brasch und verleiht ihm dabei sehr aussagekräftige Konturen als schreibsüchtiger, sensibler Macker. Die anderen Schauspieler – immerhin auch Jella Haase, Jörg Schüttauf und Joel Basman (der, wie Schuch, durch die interessanten deutschen Filme tingelt) – verblassen dagegen. Aber das war wohl zu Braschs Lebzeiten so.

P. S.: Das Erste zeigt am Freitag, den 12. November, um 22.15 Uhr den von Andreas Kleinert inszenierten Münchner Tatort „Freies Land“ (Deutschland 2017)

Lieber Thomas (Deutschland 2021)

Regie: Andreas Kleinert

Drehbuch: Thomas Wendrich

mit Albrecht Schuch, Jella Haase, Peter Kremer, Claudio Magno, Jörg Schüttauf, Anja Schneider, Joel Basman, Joana Jacob, Emma Bading

Länge: 157 Minuten

FSK: ab 16 Jahre (hätte eher auf eine FSK-12 getippt)

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TV-Tipp für den 30. Juni: 25 km/h

Juni 29, 2021

Sat.1, 20.15

25 km/h (Deutschland 2018)

Regie: Markus Goller

Drehbuch: Oliver Ziegenbalg

Nach fast dreißig Jahren, auf der Beerdigung ihres Vaters, sehen sich die Brüder Georg (Bjarne Mädel) und Christian (Lars Eidinger) wieder. Im Vollrausch beschließen sie, endlich ihren Jugendtraum in die Tat umzusetzen: eine Fahrt auf dem Moped vom Schwarzwald an die Ostsee. Born to be wild!!!

TV-Premiere. Schön verspieltes, erfrischend undeutsches Roadmovie, das auch viel über Deutschland und die Sorgen und Nöte der Mittvierziger verrät.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Lars Eidinger, Bjarne Mädel, Sandra Hüller, Franka Potente, Alexandra Maria Lara, Jella Haase, Jördis Triebel, Wotan Wilke Möhring

Wiederholung: Donnerstag, 1. Juli, 01.30 Uhr (Taggenau!)

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Meine Besprechung von Markus Gollers „25 km/h“ (Deutschland 2018)


Neu im Kino/Filmkritik: „Berlin Alexanderplatz“, jetzt in der Gegenwart

Juli 17, 2020

Alfred Döblins Roman „Berlin Alexanderplatz“ ist ein Literaturklassiker. Die Verfilmung von 1931 mit Heinrich George als Franz Biberkopf ist inzwischen ziemlich vergessen, soll aber gut sein. Rainer Werner Fassbinders Fernsehserie ist ein wuchtiger Klassiker. Beide Verfilmungen spielen, wie Döblins Roman, in den Zwanziger Jahren und sie sind Milieustudien des Lumpenproletariats, wie man damals die ganz armen, von der Gesellschaft nicht beachteten Menschen nannte.

Burhan Qurbani verlegte jetzt Döblins Roman in die Gegenwart und machte aus Döblins Franz Biberkopf, der wegen Totschlags vier Jahre im Gefängnis saß, einen aus Afrika kommenden Flüchtling.

Dieser Francis (Welket Bungué), der später Franz genannt wird, kommt bei seiner Flucht aus Guinea-Bissau über das Mittelmeer mit letzter Kraft in Europa an. Am Ufer schwört er, ab jetzt ein guter und anständiger Mensch zu sein.

In Berlin lebt er in einem Flüchtlingsheim und arbeitet auf einer Baustelle als Schwarzarbeiter. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände verliert er diese Arbeit. Er lernt den kleinen Drogenhändler Reinhold (Albrecht Schuch), der ihn ins kriminelle Milieu einführt, und später die Prostituierte Mieze (Jella Haase) kennen. Zwischen Francis und Mieze entwickelt sich eine Liebesbeziehung, die Reinhold nicht tolerieren will.

Der Film feierte auf der Berlinale seine Premiere, die meisten deutschsprachigen Kritiken sind überschwänglich, bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises erhielt „Berlin Alexanderplatz“ fünf Lolas (Bester Spielfilm, Beste männliche Nebenrolle, Beste Kamera, Beste Musik, Bestes Szenenbild) – und ich frage mich immer noch wieso.

Qurbani erzählt Francis‘ Leidensgeschichte über drei Stunden in einer schlichten, chronologischen Und-dann-Struktur, die nichts von der Experimentierlust der Buchvorlage – einem Klassiker der Moderne – spüren lässt.

Die gewählte Neo-Noir-Optik sieht zwar schick aus, ist aber schon seit Jahrzehnten ein etabliertes Stilmittel. Das im Film gezeigte Berlin (bzw. die Orte Berlin, Stuttgart und Köln, an denen Außenaufnahmen entstanden) und die Innenräume wirken so betont künstlich. In „Berlin Alexanderplatz“ wird nicht das heutige Berlin und auch kein wiedererkennbares Berlin gezeigt. Es ist eine neonbunte Fantasiestadt mit dann doch recht eindimensionalen Figuren. Sie sind mehr Chiffren als ausformulierte Charaktere.

Bei einem Film, der sich „Berlin Alexanderplatz“ nennt, auf einem Romanklassiker, der eine Milieustudie ist, basiert und mit der Wahl seines Protagonisten eindeutig ein Kommentar zur Gegenwart sein will, wirkt das schon etwas befremdlich. Über die Gegenwart und damit das Leben von Flüchtlingen, mit und ohne legalem Aufenthaltsstatus, in Berlin, erfahren wir fast nichts.

Mein größtes Problem bei „Berlin Alexanderplatz“ liegt daher in der Story und in der Diskrepanz zwischen behaupteter und echter Botschaft. In Döblins Roman geht es um einen Ex-Sträfling, der ehrlich bleiben will und von den Umständen auf die Probe gestellt wird: „Der Mann hat vor, anständig zu sein, da stellt ihm das Leben hinterlistig ein Bein.“ (Klappentext der Erstausgabe von „Berlin Alexanderplatz).

In Qurbanis Film soll es auch um diese These, nämlich dass die Gesellschaft den Protagonisten zum Verbrechertum zwingt, gehen. Oder in den Worten des Films: „Anständig wollte Franz sein, doch dem Leben gefiel das nicht.“

Die Geschichte von Francis erzählt in fünf Teilen und einem Epilog das Gegenteil. Denn Francis schlägt mehr oder weniger deutlich alle Angebote für ein ehrliches Leben aus. Er schlägt ehrliche Angebote zur Hilfe aus. Er hält sich nicht an Regeln. Er nimmt freiwillig immer wieder illegale Jobs an. Als Schwarzarbeiter auf dem Bau. Als Drogendealer in der Hasenheide. Niemand zwingt ihn dazu. Es ist immer seine freie Entscheidung. Der Film erzählt, dass Franz anständig sein wollte, doch ihm gefiel das nicht.

Das wird, angemessen bedeutungsschwanger, als „ein Passionsspiel vom Opfer und der Erlösung“ (Qurbani) erzählt.

Um nicht falsch verstanden zu werden: „Berlin Alexanderplatz“ ist kein wirklich schlechter Film, aber es ist ein überbewerteter, mit drei Stunden zu lang geratener Film.

Berlin Alexanderplatz (Deutschland 2020)

Regie: Burhan Qurbani

Drehbuch: Burhan Qurbani, Martin Behnke

LV: Alexander Döblin: Berlin Alexanderplatz, 1929

mit Welket Bungué, Jella Haase, Albrecht Schuch, Joachim Król, Annabelle Mandeng, Nils Verkooijen

Länge: 183 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

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Rotten Tomatoes über „Berlin Alexanderplatz“ (mit aktuell 20 Prozent doch etwas unterbewertet)

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Neu im Kino/Filmkritik: Einmal durch Deutschland mit „25 km/h“ – und angenehmer Begleitung

November 1, 2018

Als ihr Vater beerdigt wird, treffen Christian Schneider (Lars Eidinger) und sein älterer Bruder Georg (Bjarne Mädel) sich nach fast dreißig Jahren wieder. Am Grab, während der Trauerfeier, eskaliert die gar nicht herzliche Begrüßung innerhalb von Sekundenbruchteilen zu einer Schlägerei zwischen Georg, der in dem Schwarzwalddorf Löchingen blieb und ihren Vater pflegte, und Christian, der als geschäftiger Manager in Singapur eine Mietwohnung hat, die er fast nie betritt.

Nach einem längeren Versöhnungstischtennisspiel mit viel Alkohol entdeckt Christian am Abend unter der Tischtennisplatte ihren alten Plan, mit ihren Mopeds von Löchingen zum Timmendorfer Strand zu fahren und in die Ostsee zu urinieren. Während der Fahrt wollen sie einige selbst gestellte Aufgaben absolvieren, wie das Aufessen der gesamten Gerichte, die auf der Speisekarte eines griechischen Restaurants stehen, und, immerhin waren sie damals Teenager, Sex haben und viel Alkohol trinken.

Das war schon damals, als sie als fünfzehnjährige Buben diesen Plan und die Regeln aufschrieben, eine Schnapsidee. Heute, nach einigen angeheitert durch das Dorf gedrehte Runden mit ihren Mopeds (Äh, kurzer Einschub für die Städter: auf dem Land wirft man, weil Platz vorhanden ist, vieles nicht weg, sondern verstaut es im Keller, im Dachboden oder in der nahe gelegenen Scheune.) – – also, nachdem die beiden Brüder betrunken durch ihr Dorf geheizt sind, schlägt Christian seinem älteren Bruder vor, dass sie ihren alten Plan in die Tat umsetzen sollen. Jetzt. Gleich. Sofort.

Und so brausen sie los. Richtung Norden, ohne Helm, im Anzug, mit ihren Kreditkarten (Man ist ja keine Zwanzig mehr.) und ohne Plan. Sie lassen sich treiben und Markus Gollers wundervoll stimmiges Roadmovie „25 km/h“ nimmt dieses Lebensgefühl seiner Protagonisten kongenial auf.

Sie brechen für einige Tage aus ihrem Leben, in dem sie brav die gesellschaftlichen Konventionen befolgen, aus. Sie kommen sich bei der Fahrt wieder näher und sie bearbeiten auch ihre von ihnen nicht wahrgenommene Midlife-Crisis. Denn Georg und Christian stecken in ihrem Leben fest. Bei Christian ist es der Job. Bei Georg die frühere, inzwischen unglücklich verheiratete Schulhofliebe. Träume haben sie schon lange keine mehr. Falls sie jemals welche gehabt haben, die über die normalen Träume von bürgerlichen Schwarzwaldjungs hinausgehen.

Die einzelnen Begegnungen, die sie auf ihrer Fahrt haben, reihen sich locker aneinander. Christian und Georg düsen mit reduzierter Geschwindigkeit im „Easy Rider“-Modus durch Deutschland. Die Musik passt zu ihrem Alter. Die Dialoge klingen natürlich. Immer wieder betätigen die beiden Brüder sich sportlich. Zum Beispiel bei einem Fußballspiel in einem Park in Berlin mit einigen Jungs oder bei einem Tennisturnier auf einem Campingplatz gegen Hantel. Wotan Wilke Möhring hat seine kurze Rolle als großmäuliges Arschloch vom Campingplatz sichtlich genossen. Er konnte, wie die anderen bekannten Gaststars, – Sandra Hüller, Franka Potente, Alexandra Maria Lara, Jella Haase, Jördis Triebel -, in wenigen Drehtagen eine Figur porträtieren, ohne sich Gedanken über deren Vorgeschichte und deren weiteres Leben zu machen.

Und, weil die Dreharbeiten für das Roadmovie viel unter freiem Himmel stattfanden, kommt niemals der übliche Muff deutscher Filme auf.

So transportiert „25 km/h“ ein Gefühl großer Freiheit. In diesem Fall ist es die Freiheit einer kurzen Auszeit, in der man sich, wie in Urlaub, zurückfallen lässt in die glücklich-sorglose Zeit der Pubertät. Nur sind Georg und Christian keine Kinder mehr, die ihre Sommerferien genießen, oder Jugendliche, die ihr erstes großes Abenteuer (so mit Drogen und Sex) erleben wollen, sondern Erwachsene, die hier auch Deutschland entdecken, aber vor allem ihr bisheriges Leben bilanzieren. Im Rahmen eines satten Kinofilms, der in der Tradition von „Easy Rider“ und „Im Lauf der Zeit“ steht. Goller behandelt in seinem Film erfrischen undidaktisch und erfrischend undeutsch das Lebensgefühl der Mittvierziger, die ganz normale Männer sind. Entsprechend normal sind ihre Träume, ihre Gefühle und auch ihre Begegnungen; – naja, bis auf ein, zwei Ausnahmen.

25 km/h (Deutschland 2018)

Regie: Markus Goller

Drehbuch: Oliver Ziegenbalg

mit Lars Eidinger, Bjarne Mädel, Sandra Hüller, Franka Potente, Alexandra Maria Lara, Jella Haase, Jördis Triebel, Wotan Wilke Möhring

Länge: 116 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Facebook-Seite zum Film

Filmportal über „25 km/h“

Moviepilot über „25 km/h“

Wikipedia über „25 km/h“


TV-Tipp für den 4. November: Kriegerin

November 4, 2015

3sat, 21.45

Kriegerin (Deutschland 2011, Regie: David Wnendt)

Drehbuch: David Wnendt

Hochgelobter Debütfilm über eine Nazibraut in Ostdeutschland, der definitiv einen Blick wert ist.

Ich war ja nicht so begeistert: nur ein das Fremde hervorhebender Einblick in eine Sauf- und Proll-Jugendkultur, garniert mit einigen Nazi-Symbolen und etwas mehr Gewalt als es in einem handelsüblichen deutschen Problemfilm üblich ist.

Denn mehr ist „Kriegerin“ nicht: ein typisch deutsches Sozialdrama, das beim Zuschauer einfach nur eine sedativ wirkendes Unwohlsein hervorruft. So wie der „Tatort“, der uns am Sonntag einen esoterischen Blick in die Hartz-IV-Haushalte gibt, damit wir am Montag beruhigt zur Arbeit gehen können.

„Kriegerin“ wird im Rahmen des 3sat-Themenabends „rechts – extrem – gefährlich“ gezeigt. Davor laufen, um 20.15 Uhr,  „Die Akte Zschäpe“ und, um 21.00 Uhr, „V-Mann-Land“ und, danach, um 23.25 Uhr, „Deutsche Pop Zustände – Eine Geschichte rechter Musik“.

mit Alina Levshin, Jella Haase, Sayed Ahmad Wasil Mrowat, Gerdy Zint, Lukas Steltner, Uwe Preuß, Winnie Böwe, Rosa Enskat, Haymon Maria Buttinger, Klaus Manchen

Hinweise

Homepage zum Film

Film-Zeit über „Kriegerin“

Wikipedia über „Kriegerin“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von David Wnendts „Kriegerin“ (Deutschland 2011)

Meine Besprechung von David Wnendts „Feuchtgebiete“ (Deutschland 2013)

Meine Besprechung von David Wnendts „Er ist wieder da“ (Deutschland 2015)


TV-Tipp für den 1. August: Kriegerin

August 1, 2013

 

ZDF, 22.15

Kriegerin (D 2011, R.: David Wnendt)

Drehbuch: David Wnendt

Hochgelobter Debütfilm über eine Nazibraut in Ostdeutschland, der definitiv einen Blick wert ist.

Ich war ja nicht so begeistert: nur ein das Fremde hervorhebender Einblick in eine Sauf- und Proll-Jugendkultur, garniert mit einigen Nazi-Symbolen und etwas mehr Gewalt als es in einem handelsüblichen deutschen Problemfilm üblich ist.

Denn mehr ist „Kriegerin“ nicht: ein typisch deutsches Sozialdrama, das beim Zuschauer einfach nur eine sedativ wirkendes Unwohlsein hervorruft. So wie der „Tatort“, der uns am Sonntag einen esoterischen Blick in die Hartz-IV-Haushalte gibt, damit wir am Montag beruhigt zur Arbeit gehen können.

mit Alina Levshin, Jella Haase, Sayed Ahmad Wasil Mrowat, Gerdy Zint, Lukas Steltner, Uwe Preuß, Winnie Böwe, Rosa Enskat, Haymon Maria Buttinger, Klaus Manchen

Wiederholungen

ZDFkultur, Freitag, 2. August, 20.15 Uhr

ZDFkultur, Samstag, 3. August, 00.25 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Homepage zum Film

Film-Zeit über „Kriegerin“

 

Meine Besprechung von David Wnendts „Kriegerin“ (D 2011)

Bonushinweis

Am 22. August läuft David Wnendts zweiter Spielfilm an: „Feuchtgebiete“, nach dem Roman von Charlotte Roche. Hier schon einmal der Trailer. Besprechung zum Filmstart.

Dumont veröffentlichte auch eine Filmausgabe des Romans mit Filmbildern und Interviews.

Roche - Feuchtgebiete