Neu im Kino/Filmkritik: „Die drei Musketiere – D’Artagnan“ will mitspielen

April 13, 2023

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Jetzt fechten sie wieder für den König und, angesichts der vielen Verfilmungen von Alexandre Dumas‘ Roman kann man sich fragen, ob die Welt wirklich einen weiteren „Die drei Musketiere“-Film benötigt. Die bekanntesten und immer noch beliebtesten Verfilmungen sind George Sidneys „Die drei Musketiere“ (USA 1948) und Richard Lesters Zweiteiler „Die drei Musketiere“ (Panama 1974) und „Die vier Musketiere – Die Rache der Milady“ (Panama 1975). Außerdem gibt es unzählige weitere Verfilmungen der bekannten Vorlage, die inzwischen vergessen sind.

Und dann gibt es noch Bertrand Taverniers „D’Artagnans Tochter“ (Frankreich 1994), die im Film von Sophie Marceau als muntere Kämpferin gespielt wird. Die Mantel-und-Degen-Komödie hat zwar nichts mehr mit dem Roman von Dumas zu tun, aber sie ist äußerst kurzweilig, viel zu unbekannt und der Grund, warum Martin Bourboulon das Angebot einer Neuverfilmung von Dumas‘ Roman akzeptierte. Sein Vater war einer der Produzenten von Taverniers Film und er durfte als Jugendlicher das Set besuchen.

Jetzt konnte Martin Bourboulon seinen eigenen Mantel-und-Degen-Film drehen.

Die Story hat er nicht grundlegend verändert. Wieder geht es um D’Artagnan (François Civil), einen vor Selbstvertrauen strotzendem Burschen aus der Gascogne, der in Paris ein Mitglied der legendären Musketiere werden möchte. Doch zuerst muss er sich mit drei Männern herumschlagen, denen er in den übervollen Gassen der Hauptstadt innerhalb weniger Minuten auf die Füße trat und die ihn nacheinander zum Duell herausforderten. Es sind, was D’Artagnan nicht weiß, die Musketiere Athos (Vincent Cassel), Porthos (Pio Marmaï) und Aramis (Romain Duris).

Noch bevor sie in einem Waldstück mit dem ersten Duell beginnen können, werden sie von Kardinal Richelieus Männern gestört – und Regisseur Martin Bourboulon nutzt die Gelegenheit für eine große, ungeschnittene, nicht enden wollende Actionszene. Bis zum Abspann folgende weitere sparsam geschnittene Kampfszenen.

Nach diesem wilden Kampf hat D’Artagnan sich den Respekt der drei Musketiere verdient. Sie nehmen ihn in ihre elitäre Gruppe auf.

Schnell werden sie in einen Komplott gegen den König, den sie beschützen sollen, verwickelt. 1627 ist die politische Situation unübersichtlich. Frankreich und England bekriegen sich. Evangelen und Katholen ebenso. Es wird munter hinter dem Rücken des Königs intrigiert. Treibende Kräfte sind dabei Kardinal Richelieu (Éric Ruf) und die geheimnisvolle Milady de Winter (Eva Green).

Martin Bourboulon, zuletzt „Eiffel in Love“, verzichtet in seiner Interpretation der klassischen Geschichte auf Modernismen, Ironisierungen und Aktualisierungen, die andere Regisseure bei ihren Verfilmungen historischer Stoffe vornehmen. Zum Bespiel indem die Musik aus Rocksongs besteht. Teilweise werden diese Songs, neu arrangiert, vor Publikum auf höfischen Gesellschaften gespielt. Oder indem moderne Gegenstände, die es damals noch lange nicht gab, im Bild auftauchen. Bourboulon verzichtet darauf. Er inszenierte einen bewusst altmodischen Mantel- und Degenfilm, der so auch schon für fünfzig Jahren hätte entstehen können. Und er nimmt sich viel Zeit. Wie einige ältere Versionen der Geschichte erzählt er sie in zwei Teilen. Der zweite Teil „Die drei Musketiere – Milady“ soll am 14. Dezember 2023 in Deutschland starten.

Eben diese Entscheidung führt zu einigen Längen. Die Geschichte wird jetzt in ungefähr vier Stunden erzählt. Dabei hätten sie sie auch als einen konzentriert in, sagen wir mal 150 Minuten erzählten Abenteuerfilm erzählen können. Jetzt ziehen sich einige Duelle gefühlt endlos hin. Milady de Winter geht auf einem Maskenball ebenfalls gefühlt endlos durch die Feiernden. Das Leben am Hof des Königs hätte nicht so ausführlich geschildert werden müssen. Und natürlich ist dieser erste Teil (mit seiner Abspannszene) vor allem die Vorbereitung des zweiten Teils, in dem die tapferen drei Musketieren (die eigentlich vier Musketiere sind) gegen die böse Milady de Winter kämpfen. Im ersten Teil hat sie nur eine Nebenrolle.

Doch das sind eher kleinere Einwände gegen einen unterhaltsamen, traditionsbewussten, starbesetzten Abenteuerfilm.

Die drei Musketiere – D’Artagnan (Les trois mousquetaires: D’Artagnan, Deutschland/Frankreich 2023)

Regie: Martin Bourboulon

Drehbuch: Matthieu Delaporte, Alexandre de La Patellière

LV: Alexandre Dumas: Les trois mousquetaires, 1843/44 (Die drei Musketiere)

mit François Civil, Vincent Cassel, Romain Duris, Pio Marmaï, Eva Green, Louis Garrel, Vicky Krieps, Lyna Khoudri, Jacob Fortune-Lloyd, Eric Ruf, Marc Barbé, Patrick Mille

Länge: 121 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Filmportal über „Die drei Musketiere – D’Artagnan“

Moviepilot über „Die drei Musketiere – D’Artagnan“

Allociné über „Die drei Musketiere – D’Artagnan“

Rotten Tomatoes über „Die drei Musketiere – D’Artagnan“

Wikipedia über „Die drei Musketiere – D’Artagnan“ (deutsch, englisch, französisch)

Meine Besprechung von Martin Bourboulons „Eiffel in Love“ (Eiffel, Frankreich/Deutschland 2021)


Neu im Kino/Filmkritik: Gustave „Eiffel in Love“ und die Sache mit diesem Turm in Paris

November 22, 2021

Den Eifellturm kennt jeder. Ursprünglich war der 312 Meter hohe Turm als das höchste Bauwerk der Welt und als zweckfreie „Weil ich es kann“-Demonstration der Ingenieurkunst geplant. Nach zwanzig Jahren sollte er abgerissen werden. Heute ist die immer noch stehende Touristenattraktion ein weltweit bekanntes Wahrzeichen von Paris. Und erst vierzig Jahre später gab es ein höheres Gebäude: das in New York stehende, 319 Meter hohe Chrysler Building.

Aber wie kam es dazu, dass Gustave Eiffel den nach ihm benannten Turm für die Pariser Weltausstellung 1889 baute?

Martin Bourboulon erzählt in „Eiffel in Love“ die Geschichte des Baus des Turms und verbindet sie mit einer Liebesgeschichte. Denn kurz bevor Eiffel sich entschließt, das Turmprojekt zu beginnen, trifft er seine große Liebe Adrienne Bourgès wieder. Als junger Ingenieur verliebte er sich 1860 beim Bau einer Brücke in Bordeaux in sie. Die damals von ihnen geplante Hochzeit fand nicht statt und sie sahen sich nicht wieder.

Diese Hochzeit war damals auch angekündigt, aber die in „Eiffel in Love“ präsentierte Liebesgeschichte gehört doch eher vollständig in das Reich der Phantasie. Aber es ist eine schöne Geschichte, die Bourboulon, auch dank Romain Duris, der Gustave Eiffel gewohnt elanvoll spielt, angenehm kurzweilig erzählt. Es gibt etwas Liebe, etwas Humor, einige historische Fakten und eine ordentliche Portion Flunkerei. Schließlich handelt es sich nicht um einen Dokumentar-, sondern um einen Spielfilm, der in der Tradition historisch sehr mild grundierter, um nicht zu sagen frei erfundener, Schnulzen steht.

Deshalb können wir am Ende dankbar sein, dass Eiffels große Liebe Adrienne und nicht Brigitte oder Catherine hieß.

Eiffel in Love (Eiffel, Frankreich/Deutschland 2021)

Regie: Martin Bourboulon

Drehbuch: Caroline Bongrand (Originaldrehbuch, Adaption und Dialoge), Thomas Bidegain (Adaption und Dialoge), Martin Bourboulon (Adaption und Dialoge), Natalie Carter (Adaption und Dialoge), Martin Brossollet (Adaption und Dialoge)

mit Romain Duris, Emma Mackey, Pierre Deladonchamps, Alexandre Steiger, Armande Boulanger, Bruno Raffaelli

Länge: 109 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Filmportal über „Eiffel in Love“

Moviepilot über „Eiffel in Love“

AlloCiné über „Eiffel in Love“

Rotten Tomatoes über „Eiffel in Love“

Wikipedia über „Eiffel in Love“ (deutsch, französisch)