Neu im Kino/Filmkritik: „The Fantastic Four: First Steps“ im MCU

Juli 24, 2025

Sechziger Jahre auf Erde 828 (die sich in einigen Teilen von unserer Erde unterscheidet): die Fantastic Four beschützen die Menschen vor bösen Wesen. Sie sind eine All-American-Familie, die als erste einen Flug in den Weltraum unternahmen. Dort wurden ihre Körper kosmischer Strahlung ausgesetzt. Ihre Moleküle veränderten sich. Seitdem verfügen sie über individuelle Superkräfte.

Die Fantastic Four sind ‚Mr. Fantastic‘ Reed Richards (Pedro Pascal), seine Frau ‚Die Unsichtbare‘ Sue Storm (Vanessa Kirby) (also sie kann sich unsichtbar machen), ihr Bruder ‚Die menschliche Fackel‘ Johnny Storm (Joseph Quinn) und ihr Freund ‚Das Ding‘ Ben Grimm (Ebon Moss-Bachrach). In ihrer Zentrale leben sie zusammen, forschen und treffen sich zum gemeinsamen Abendessen. Sie genießen ihre Berühmtheit, freuen sich auf die Geburt eines Babys und klönen in ihrer Vierer-WG munter vor sich hin. Es ist ein perfektes Leben bis aus dem Weltall der ‚Silver Surfer‘ Shalla-Bal (Julia Garner) – eine silberne Frau auf einem silbernem Surfbrett (Comicleser kennen sie eher als Mann) – auftaucht und sie darüber informiert, dass der Weltraumgott Galactus (Ralph Ineson) demnächst die Erde verspeisen werde. Die Fantastic Four wollen das verhindern – und das ist dann auch so ziemlich die Story von „The Fantastic Four: First Steps“, dem 37. Film aus dem Marvel Cinematic Universe (MCU) und dem ersten richtigen, spielfilmlangen Auftritt dieser Heldentruppe im MCU. Matt Shakmans Film ist der Auftakt der sogenannten „Phase 6“, die auch den Abschluss der hoffnungslos verkorksten „ Multiverse Saga“ bildet. Diese wird nächstes Jahr im Juli mit „Spider-Man: Brand New Day“ und im Dezember mit „Avengers: Doomsday“ fortgesetzt. Dann sind die Fantastic Four auch wieder dabei wenn das Universum vor dem Untergang gerettet wird.

First Steps“ ist ein überwältigend durchschnittlicher Film. Er ist zu gut für einen Verriss, aber auch viel zu schlecht für eine euphorische Kritik.

Auf der Plus-Seite steht eindeutig die liebevolle Neu-Erschaffung der sechziger Jahre durch die Linse damaliger Filme, Serien und Science-Fiction-Geschichten, in denen munter Zukunftsvisionen eines immer automatischeren Hauses, hilfsbereiten Robotern, fliegenden Autos und Kurztrips ins Weltall ersonnen wurden. Während die USA und die Sowjetunion sich in der Realität gerade einen Wettlauf um die Eroberung des Weltalls lieferten, fantasierten Autoren sich als utopische Begleitmelodie Besuche fremder Welten und Treffen mit Wesen von anderen Planeten zusammen.

Die von Josh Friedman, Eric Pearson, Jeff Kaplan und Ian Springer ersonnene Geschichte erschöpft sich zuerst in banalen Kabbeleien am Esstisch, die sich nicht wahnsinnig von ähnlich gelagerten TV-Serien unterscheiden und einer sehr gradlinig auf die finale Schlacht mit dem austauschbaren ‚Bösewicht der Woche‘ hinauslaufende Geschichte. Sie hat weniger Wendepunkte als eine Folge einer altmodischen Science-Fiction-Serie. Immerhin sind die Effekte besser und die Kämpfe länger. Viel länger.

Das alles versprüht ein wohliges Retro-Gefühl. Es weckt Erinnerungen an einfachere Zeiten, als der Weltraum noch das unbekannte Ziel der Träume war und ein gut gezielter Kinnhaken jedes Problem löste. Die Guten waren gut. Die Bösen böse. Zwischentöne gab es nicht und die als Vorbild dienende christlich-weiße Kernfamilie war noch intakt.

Aber die damaligen Storymodelle und die damals herrschende Weltanschauung sind veraltet. Vor allem wenn sie den Geist damaliger Comics (ihren ersten Auftritt hatten die Fantastic Four im November 1961) und TV-Serien ohne Brüche, ironische Doppelkodierungen oder Weiterentwicklungen einfach wiederbelebt wird. Shakmans „The Fantastic Four: First Steps“ wirkt durchgehend wie ein in den frühen sechziger Jahre entstandener Film, bei dem nur die Spezialeffekte und die Schauspieler verraten, dass der letztendlich museale Film erst heute gedreht wurde.

Nach „Cut Bank: Kleine Morde unter Nachbarn“ (2014) ist „The Fantastic Four: First Steps“ der zweite Spielfilm von Matt Shakman. Seit 2002 inszenierte er teils mehrere Episoden für TV- und Streamingserien, wie „Dr. House“, „Psych“, „Fargo“, „It’s always sunny in Philadelphia“, „Game of Thrones“, „The Boys“ und „WandaVision“.

P. S.: Wie gewohnt gibt es im und nach dem Abspann jeweils eine Szene. Die erste ist ein in Fankreisen schon lange bekannter Hinweis auf kommende Ereignisse, die zweite ein Gag.

The Fantastic Four: First Steps (The Fantastic Four: First Steps, USA 2025)

Regie: Matt Shakman

Drehbuch: Josh Friedman, Eric Pearson, Jeff Kaplan, Ian Springer (nach einer Geschichte von Eric Pearson, Jeff Kaplan, Ian Springer und Kat Wood)

LV: Figuren von Stan Lee und Jack Kirby

mit Pedro Pascal, Vanessa Kirby, Joseph Quinn, Ebon Moss-Bachrach, Ralph Ineson, Julia Garner, Paul Walter Hauser, Natasha Lyonne, Sarah Niles, Mark Gatiss

Länge: 115 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „The Fantastic Four: First Steps“

Metacritic über „The Fantastic Four: First Steps“

Rotten Tomatoes über „The Fantastic Four: First Steps“

Wikipedia über „The Fantastic Four: First Steps“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: Über den Trickfilm „DC League of Super-Pets“ und Justice League

Juli 29, 2022

Die schwerste Aufgabe für den Superhund Krypto ist, morgens sein Herrchen Superman aufzuwecken und zum Gassi gehen/fliegen durch Metropolis zu überreden. Das ist die Stadt, in der Superman, wie wir aus unzähligen Comics und Filmen wissen, lebt und die dort lebenden Menschen vor Bösewichtern wie Lex Luthor beschützt.

Dieser Lex Luthor plant jetzt wieder eine Schandtat, die Superman mit seinen Freunden von der Justice League verhindern wollen. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände landet etwas von dem besonderem Kryptonit, das Lex Luthor erfunden hat und das Superman kampfunfähig machen soll, in einem Tierheim.

Das dort in einem Käfig eingesperrte Meerschweinchen Lulu kostet von diesem Kryptonit, bekommt Superkräfte und als angehende Superbösewichtin plant sie sofort viele böse Taten.

Das will Krypto verhindern. Helfen sollen ihm dabei die anderen Tiere aus dem Tierheim, nämlich der Hund Ace, das Hängebauchschwein PB, die Schildkröte Merton und das Eichhörnchen Chip, die alle gerne neue menschliche Freunde hätten.

DC League of Super Pets“ ist ein Trickfilm für Kinder. Nach einem charmantem Anfang wird schnell deutlich, dass die Regiseure Jared Stern (u. a. Co-Autor „The Lego Batman Movie“) und Sam J. Levine sich im wesentlichen damit zufrieden geben, eine altbekannte Story noch einmal zu erzählen. Nur dass jetzt Tiere weitgehend die Rollen der Superhelden und des Superbösewichts übernehmen. Es gibt einige Witze, etwas Action und für Erwachsene ziemlich viel Langeweile aufgrund geistiger Unterforderung.

Die Film-“League of Super Pets“ basiert teilweise auf Comic-Figuren, die als League of Super Pets ihren ersten Auftritt 1962 hatten. Davor traten sie bereits in Einzelcomics auf.

DC League of Super-Pets (DC League of Super-Pets, USA 2022)

Regie: Jared Stern, Sam J. Levine (Ko-Regie)

Drehbuch: Jared Stern, John Whittington

mit (im Original den Stimmen von) Dwayne Johnson, Kevin Hart, Kate McKinnon, John Krasinski, Vanessa Bayer, Natasha Lyonne, Diego Luna, Marc Maron, Keanu Reeves, Thomas Middleditch, Ben Schwartz, Olivia Wilde, Alfred Molina, Lena Headey

(in der deutschen Fassung den Stimmen von) Emilia Schüle, Tahnee, Enissa Amani, Torsten Sträter

Länge: 106 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „DC League of Super-Pets“

Metacritic über „DC League of Super-Pets“

Rotten Tomatoes über „DC League of Super-Pets“

Wikipedia über „DC League of Super-Pets“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: „Irresistible“ ist nicht unwiderstehlich

August 5, 2020

Beginnen wir mit dem Regisseur von „Irresistible“ (oder wie im Abspann mit farbigen Buchstaben angedeutet wird: „IrRESISTible“). Er heißt Jon Stewart und er schrieb auch das Drehbuch. Dieser Jon Stewart war von 1999 bis 2015 Moderator und kreativer Kopf der „The Daily Show“. In seiner Late-Night-Show erklärte er mit satirischen Mitteln Politik so gut, dass sie für viele, vor allem jüngere Zuschauer, zu einer politischen Informationssendung wurde. Und, dank YouTube, wurde Stewart auch bei uns bekannt. Seit dem Ende seiner täglichen Show verfolgte er verschiedene Projekte und trat einige Male in „The Late Show with Stephen Colbert“ auf.

Wenn dieser Mann jetzt eine Polit-Satire dreht, dann erwartet man, nun, scharfzüngige, äußerst konzentrierte, zum Nachdenken anregende, äußerst schnell erzählte Satire. Also irgendetwas in Richtung von „The Big Short“, „Vice“ oder etwas in der Tradition von Aaron Sorkin. Die Geschichte von „Irresistible“ ist für so eine Herangehensweise prädestiniert.

Nach der Wahl von Donald J. Trump ist der Politikberater Gary Zimmer (Steve Carell) am Boden zerstört. Als er einen YouTube-Clip von einem Auftritt von Colonel Jack Hastings (Chris Cooper) sieht, ist er begeistert. Hastings ist ein pensionierter Veteran, verwitwet und Milchbauer. Während einer Gemeindeversammlung in dem Kaff Deerlaken, Wisconsin, ergriff er für die im Ort lebenden illegalen Einwanderer und gegen eine sie diskriminierende Regel das Wort. Hastings hielt eine wahrhaft demokratische, patriotisch die US-amerikanischen Werte hochhaltende Rede im US-amerikanischen Hinterland; dem Landstrich, der eigentlich fest in republikanischer Hand ist.

Zimmer macht sich auf den Weg nach Deerlaken. Er will Hastings zur neuen Hoffnung der Demokraten aufbauen. Der erste Schritt ist ein erfolgreicher Wahlkampf gegen den seit Ewigkeiten amtierenden Bürgermeister.

Zimmer kann Hastings von seinem Vorhaben überzeugen. Kurz nach Hastings ersten Wahlkampfaktivitäten, kommt Faith Brewster (Rose Byrne) nach Deerlaken. Sie ist für eine langjährige Wahlkampfmanagerin der Republikaner und schon seit Ewigkeiten Zimmers Intimfeindin, mit der ihn eine Hassliebe verbindet.

Das klingt doch nach der Ausgangslage für eine zünftige Polit-Satire über den frei drehenden Wahlkampfwahnsinn in den USA, die aktuellen politischen Befindlichkeiten und die kulturellen Kämpfe und Gräben zwischen Washington, D. C., und der Provinz.

Aber genau das ist „Irresistible“ nicht. Es ist eine sehr betulich erzählte kleine Provinzschnurre, die niemand weh tun will. Alles plätschert nett harmlos vor sich hin. Nichts wird wirklich zugespitzt. Die Zahl der Pointen ist überschaubar. Die Menschen in Deerlaken sind sympathisch und nett. Politische Konflikte scheint es, außerhalb der Blase der beiden verfeindeten Wahlkampfmanager, nicht zu geben. Und Zimmer und Brewster sind vor allem daran interessiert, Gegensätze zu inszenieren, um mehr Geld für ihren Wahlkampf zu bekommen. Auch die von ihnen nach außen gezeigte Abneigung kann nie ihre Zuneigung füreinander überdecken. Die Landschaft zeigt sich von ihrer fotogensten Seite. Alles ist wundervoll entschleunigt. So wie es halt vor fünfzig, sechzig, siebzig oder achtzig Jahren war, als Mr. Smith nach Washington ging.

Und genau das ist „Irresistible“ letztendlich: ein archetypischer Frank-Capra-Film mit einigen kleinen Modernismen (ein, zwei Wahlkampfspots, einige Telefone) und einer allumfassenden Warmherzigkeit, die nur die versöhnenden Dinge sieht. Stewart zeigt, ohne erkennbare Brechungen, ein weißes Amerika, das es so niemals gab. Die Kamera nimmt das brav auf im Seitenverhältnis 1,66, das heute doch sehr an ein TV-Bild erinnert.

Und genau dort gehört Jon Stewarts rundum harmloser Film auch eigentlich hin.

Ach ja: es lohnt sich, sich den Abspann anzusehen. Dann erklärt ein Experte, wie realistisch die im Film gezeigten Ereignisse sind.

Irresistible – Unwiderstehlich (Irresistible, USA 2020)

Regie: Jon Stewart

Drehbuch: Jon Stewart

mit Steve Carell, Rose Byrne, Chris Cooper, Mackenzie Davis, Topher Grace, Natasha Lyonne, Brent Sexton, Blair Sams, Will McLaughlin, Will Sasso, C. J. Wilson, Andrea Frankle

Länge: 103 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „Irresistible“

Metacritic über „Irresistible“

Rotten Tomatoes über „Irresistible“

Wikipedia über „Irresistible“