Eines Abends, während der 67-jährige erfolgreiche Comedian Edgar gerade vor einem begeisterten Publikum sein erstaunlich unwitziges Programm abspult, entdeckt er im Saal seine Ex-Frau Eva. Sie haben gemeinsame, erwachsene Kinder, aber sie haben sich seit 25 Jahren nicht mehr gesehen. Eva hat jetzt seine Vorstellung auch nur besucht, um ihm anschließend zu sagen, dass sie Krebs im Endstadium hat, sich nicht behandeln lassen will und demnächst sterben wird.
Edgar, der sich seit der Scheidung nicht um seine Familie kümmerte und auch nicht mit Eva redete, will nicht akzeptieren, dass sie bald stirbt. Er beginnt sich in ihr Leben und ihre Entscheidung einzumischen.
Als erste fällt einem die Besetzung auf. Eva wird von Corinna Harfouch gespielt. Sie kann alles spielen. Ihr Name steht für anspruchsvolles Kino. Edgar wird von Uwe Ochsenknecht gespielt. Im Kino sah man ihn in den letzten Jahren vor allem in Kinderfilmen. Anspruchsvolles Kino assoziert man nicht unbedingt mit ihm. Das war früher anders. Beispielsweise als er und Harfouch 2001 in Hark Bohms TV-Mehrteiler „Vera Brühne“ (später „Der Fall Vera Brühne“) mitspielten und für ihre Leistungen den Deutschen Fernsehpreis erhielten.
Dann fällt auf, dass der Film von Markus Goller inszeniert und von Oliver Ziegenbalg geschrieben wurde. Nach „Friendship!“, „25 km/h“ und „One for the Road“ ist dies ihre vierte Zusammenarbeit. Die Filme können als gehaltvolle Mainstream-Filme, die ernste Themen überraschend anspruchs- und humorvoll bearbeiten, bezeichnet werden.
Und das gelingt ihnen auch in „Die Ironie des Lebens“. Es geht um die Frage, wie man sterben möchte, um eine Familie, die sich auseinandergelebt hat und um einen allein lebenden Entertainer im Herbst seines Lebens, der durch Evas Auftauchen sein Leben bilanziert. Die Bilanz fällt ernüchternd aus. All das und wie Edgar sich mit Evas Wunsch arrangiert und wieder Kontakt zu seinem Sohn und seiner Tochter aufnimmt, erzählt das Team Goller/Ziegenbalg kurzweilig, humorvoll und die ernsten Aspekte des Themas ansprechend.
„Die Ironie des Lebens“ ist ein erwartungsgemäß harmonisch und positiv endender, zum Nachdenken anregender Mainstream-Film, der sein Publikum nicht für dumm verkauft.
Die Ironie des Lebens (Deutschland 2024)
Regie: Markus Goller
Drehbuch: Oliver Ziegenbalg
mit Uwe Ochsenknecht, Corinna Harfouch, Emilia Schüle, Robert Gwisdek, Henning Peker, Salka Weber, Reiki von Carlowitz, Liza Tzschirner, Sabine Ritter, Ingrid Domann
Zwölf Jahre sind seit seinem letzten Spielfilm „Gnade“ vergangen. Danach schrieb und inszenierte er für das Fernsehen unter anderem die vergurkte TV-Krimiserie „Blochin“ und die zweite Staffel von „Das Boot“. Mit „Sterben“ kehrt Matthias Glasner jetzt zurück ins Kino; wobei der dreistündige Spielfilm mit seiner Unterteilung in fünf weitgehend in sich abgeschlossene Kapitel und einem Epilog wie eine leicht für das Kino erfolgte Umarbeitung einer auf sechs halbstündigen Episoden bestehenden Miniserie aussieht. In Interviews und Statements betont Glasner dagegen, dass er, gerade Vater geworden, in Berlin in einem Coffee Shop vor sich hin schrieb über seine Eltern und notgedrungen auch über sich. Dramaturgische Regeln ignorierte er dabei. Am Ende hatte er zweihundert Seiten und stand vor der Frage, ob jemand eine Verfilmung dieses Konvoluts finanzieren würde.
Es geht, im ersten Kapitel von „Sterben“, um Lissy Lunies (Corinna Harfouch) und ihren Mann Gerd (Hans-Uwe Bauer), der zunehmend unselbstständig wird. Dabei muss auch Lissy mit den Gebrechlichkeiten des Alters kämpfen. Glasner zeigt diesen Verfall präzise in Szenen, die gleichzeitig peinlich, grotesk und witzig sind. Ihre Kinder sind schon vor Jahren ausgezogen. Sie sehen sie nur selten. Ihr Sohn Tom (Lars Eidinger), den wir im zweiten Kapitel kennen lernen, arbeitet als Dirigent. Im Moment probt er das neue Stück seines Freundes Bernard (Robert Gwisdek). Dieser hadert, ganz die sensible, von Selbstzweifeln geplagte, depressive, suizidgefährdete Künstlerseele, mit seinem Werk und den Musikern, die es spielen sollen. Durch sein Verhalten verhindert er zuverlässig die geplante Aufführung des Stücks „Sterben“.
Und dann ist da noch Toms Schwester Ellen (Lilith Stangenberg), die erst im dritten Kapitel auftaucht. Sie ist eine Alkoholikerin, die eine Beziehung mit ihrem Chef, dem verheirateten Zahnarzt Sebastian Vogel (Ronald Zehrfeld), beginnt.
Jedes dieser Kapitel und auch die nächsten beiden Kapitel und der kürzere Epilog, in denen Gerd ins Altersheim kommt, es nach Gerds Beerdigung eine hochpeinliche Aussprache zwischen Lissy und Tom gibt, es doch zur desaströs verlaufenden Uraufführung des Orchesterwerkes und weiteren Todesfällen kommt, sind eigenständige, teils parallel spielende Kurzfilme/-geschichten, die unabhängig voneinander genossen werden können. Keine dieser Geschichten ist auf ein bestimmtes Ende hin geschrieben. Immer gibt es Szenen, die die Filmgeschichte nicht voran bringen. So werden die Proben für Bernards Musikstück und seine Selbstzweifel ausführlich gezeigt. Das Stück wird auch im Film gespielt. In den Momenten erfahren wir nichts über die Familie Lunies.
Eine blinde Stelle des Films ist, dass wir zwar viel über schwierigen Familienmitglieder, die ein Talent zum Unglücklichsein haben, erfahren, aber vieles auch nur erahnen können, weil Glasner sich nicht sonderlich für eine tiefenpsychologische Ursachenforschung oder einfache Erklärungen interessiert.
Deshalb können wir nur erahnen, warum Lissy, Gerd, Tom und Ellen nur noch in gegenseitiger Abneigung miteinander verbunden sind. Sie sind zwar alle schwierige Personen, aber am Ende sind die Lunies‘ weniger eine dysfunktionale, sondern mehr eine schrecklich normale Familie, die nicht mehr miteinander spricht, weil sie an verschiedenen Orten leben und sich nur noch zu Beerdigungen sehen.
Inwiefern das Porträt der Familie Lunies auch ein Porträt der Familie Glasner ist, ist natürlich unklar und auch unerheblich, um die Qualität des Films zu beurteilen. Auch wenn Glasner es explizit auf eine solche Interpretation anlegt, weil er unter anderem auf dem Filmplakat den von Hans-Uwe Bauer gespielten Gerd Lunies als „mein Vater“ bezeichnet.
Alle Bedenken wegen der Länge und der Dramaturgie, die keine stringente Geschichte erzählt, sondern in Ab- und Umwege zerfleddert, werden schnell von Glasners epischem Atem und seiner erzählerischen Kraft hinweggefegt. „Sterben“ dauert drei Stunden, die schnell vergehen, weil das in diesem Fall die richtige Länge ist und es einiges zu Lachen gibt. Auch wenn es das Lachen der Verzweiflung ist.
Auf der diesjährigen Berlinale erhielt Glasner den Silbernen Bären für das beste Drehbuch und der Film den Preis der Leserjury der Berliner Morgenpost.
Sterben (Deutschland 2024)
Regie: Matthias Glasner
Drehbuch: Matthias Glasner
mit Lars Eidinger, Corinna Harfouch, Lilith Stangenberg, Ronald Zehrfeld, Robert Gwisdek, Anna Bederke, Hans Uwe Bauer, Saskia Rosendahl, Saerom Park, Nico Holonics, Catherine Stoyan, Tatja Seibt
1981, wenige Monate vor ihrem Tod, trifft Romy Schneider während eines Drogenentzugs in einem Kurhotel in Quiberon den „Stern“-Reporter Michael Jürgs. In dem Interview gewährt sie ihm ungewöhnlich tiefe Einblicke in ihre Psyche.
Dank Hauptdarstellerin Marie Bäumer sehenswerter Trip in eine gequälte, zwischen verschiedenen Anforderungen zerrissene Seele.
2018 war Emily Alefs „3 Tage in Quiberon“ beim Deutschen Filmpreis der große Abräumer. Zuerst mit rekordverdächtigen zehn Nominierungen und dann mit sieben Auszeichnungen: Bester Film, Regie, Hauptdarstellerin (Marie Bäumer), Nebendarstellerin (Birgit Minichmayr), Nebendarsteller (Robert Gwisdek), Kamera (Thomas W. Kiennast) und Filmmusik (Christoph M. Kaiser und Julian Maas).
1981, wenige Monate vor ihrem Tod, trifft Romy Schneider während eines Drogenentzugs in einem Kurhotel in Quiberon den „Stern“-Reporter Michael Jürgs. In dem Interview gewährt sie ihm ungewöhnlich tiefe Einblicke in ihre Psyche.
Dank Hauptdarstellerin Marie Bäumer sehenswerter Trip in eine gequälte, zwischen verschiedenen Anforderungen zerrissene Seele.
2018 war Emily Alefs „3 Tage in Quiberon“ beim Deutschen Filmpreis der große Abräumer. Zuerst mit rekordverdächtigen zehn Nominierungen und dann mit sieben Auszeichnungen: Bester Film, Regie, Hauptdarstellerin (Marie Bäumer), Nebendarstellerin (Birgit Minichmayr), Nebendarsteller (Robert Gwisdek), Kamera (Thomas W. Kiennast) und Filmmusik (Christoph M. Kaiser und Julian Maas).
Danach, um 22.05 Uhr, zeigt Arte das einstündige Künstlerporträt „Ein Abend mit Romy“ (Frankreich 2017) über ein Interview von Alice Schwarzer mit Romy Schneider.
mit Marie Bäumer, Birgit Minichmayr, Charly Hübner, Robert Gwisdek, Denis Lavant, Yann Grouhel, Christopher Buchholz, Vicky Krieps
Wiederholung: Freitag, 24. April, 01.35 Uhr (Taggenau!)
Beim diesjährigen Deutschen Filmpreis war Emily Alefs „3 Tage in Quiberon“ der große Abräumer. Zuerst mit rekordverdächtigen zehn Nominierungen und dann mit sieben Auszeichnungen. Und zwar in den Kategorien Bester Film, Regie, Hauptdarstellerin (Marie Bäumer), Nebendarstellerin (Birgit Minichmayr), Nebendarsteller (Robert Gwisdek [Warum nicht Hauptdarsteller?]), Kamera (Thomas W. Kiennast) und Filmmusik (Christoph M. Kaiser und Julian Maas).
Und dennoch ist es schon vor dem Ansehen ein zwiespältiger Film, der zu den Biopics gehört, die die Porträtierte nicht beim Aufstieg, auf dem Höhepunkt ihrer Karriere oder vor einer schweren, ihr Leben bestimmenden Entscheidung zeigt, sondern sie an einem Tiefpunkt, kurz vor ihrem Tod, zeigt, Das war zuletzt bei „Nico, 1988“ so. Und ist auch bei „3 Tage in Quiberon“ so. Alef zeigt Romy Schneider 1981 während einer längeren Auszeit in Quiberon. Sie versucht in dem französischen Kurort von den Drogen, – Alkohol und Tabletten -, wegzukommen und gesund zu leben. Erfolglos. Emotional ist sie ein Wrack.
Trotzdem hat sie zugestimmt, ein Interview mit dem Stern-Reporter Michael Jürgs zu führen. Der Film zeigt diese sich über drei Tage erstreckende Begegnung zwischen ihnen in der bretonischen Hafenstadt Quiberon.
Am 29. Mai 1982 starb Romy Schneider in Paris unter mehr oder weniger ungeklärten Umständen. Offiziell starb sie an Herzversagen.
„3 Tage in Quiberon“ ist als Trip in eine gequälte, zwischen den verschiedenen Anforderungen zerrissene Seele vor allem Marie Bäumers Film. Sie spielt die Hauptrolle und jede Emotion zeigt sich auf ihrem Gesicht.
Robert Gwisdek als Stern-Reporter Michael Jürgs kann neben ihr bestehen als eine Art verhinderter Mini-Stromberg mit furchtbarer Frisur (Perücke?). Er ist das Abbild eines schmierigen Boulevard-Journalisten, dem man nicht über den Weg trauen kann.
Birgit Minichmayer als Romy Schneiders Freundin Hilde Fritsch und Charly Hübner als der mit Schneider befreundete Fotograf Robert Lebeck verblassen dagegen. Fritsch besucht Schneider auf ihren Wunsch und versucht erfolglos, die schlimmsten Selbstentblößungen ihrer Freundin zu verhindern. Lebeck ist dagegen eher der stille Beobachter, der große Bruder, der sich tröstend zu seiner Schwester ins Bett legt und nie eingreift.
Weil man das von Jürgs nach dem Interview publizierte und von Romy Schneider abgesegnete Porträt nicht lesen kann (es erscheint jetzt als Reprint im Bonusmaterial der DVD- und Blu-ray-Ausgabe des Films), kann man auch nicht überprüfen, wie sehr sich die publizierte Fassung von dem Gespräch, wie es im Film gezeigt wird, unterschied. Weil der Film keinen Anhaltspunkt gibt, wie sehr sich Jürgs Porträt von seiner Begegnung mit Romy Schneider unterschied, ist es auch unmöglich zu sagen, wie sehr die im Film gezeigten Szenen irgendeiner Form von Wahrheit entsprechen. Das hinterlässt ein unangenehmes Gefühl und auch eine Leere beim Beurteilen des Wahrheitsgehalts des Films. Sehen wir im Film das wahre Interview oder das publizierte Interview oder eine mehr oder weniger erfundene Fassung des Interviews? Es kann nicht gesagt werden.
So hat man am Ende weniger den Eindruck, etwas über Romy Schneider erfahren zu haben, als einen Spielfilm über eine berühmte, todunglückliche, drogenabhängige Schauspielerin und einen schmierigen Journalisten gesehen zu haben, bei dem unklar ist, wer jetzt wen mehr ausnutzt.
Die von Lebecks SW-Fotografien inspirierten SW-Bilder des Films sehen zwar gut aus, aber es entsteht nie das Gefühl, den Film im Kino sehen zu müssen. Ästhetisch ist es, trotz der heute unüblichen SW-Fotografie, ein Fernsehfilm. Es ist auch ein Film, bei dem ich mich fragte, wie die Bilder in Farbe aussähen und ob man damit Akzente hätte setzen können, die hier im Schwarz-Weiß fehlen. Und das sage ich als SW-Fan.
„3 Tage in Quiberon“ sieht nämlich wie ein Farbfilm aus, den man zufälligerweise auf einem SW-Fernseher sieht.
Das auf den ersten Blick umfangreiche Bonusmaterial enttäuscht dann. So gibt es im „Making-of“ und dem Featurette „Hinter den Kulissen“, mal in SW, mal in Farbe, nur musikalisch unterlegte Bilder von den Dreharbeiten.
3 Tage in Quiberon (Deutschland 2018)
Regie: Emily Atef
Drehbuch: Emily Atef
mit Marie Bäumer, Birgit Minichmayr, Charly Hübner, Robert Gwisdek, Denis Lavant, Yann Grouhel, Christopher Buchholz, Vicky Krieps
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DVD im Schuber
Prokino Home Entertainment
Bild: 2,40:1
Ton: Deutsch (Deutsch 5.1 Dolby Digital)
Untertitel: Deutsch, Deutsch für Hörgeschädigte
Länge: 112 Minuten
FSK: ab 0 Jahre
Bonusmaterial (auf Extra-DVD, 113 Minuten, angekündigt): Zusätzliche unveröffentlichte Szenen, kommentiert von der Regisseurin Emily Atef, Verleihung des Deutschen Filmpreis 2018, Making-of, Hinter den Kulissen, Interviews mit Marie Bäumer, Emily Atef, Robert Gwisdek und Charly Hübner, Audiokommentar von Emily Atef und dem Produzenten Karsten Stöter, Trailer
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Blu-ray im Schuber
Prokino Home Entertainment
Bild: HD1080 (2,40:1)
Ton: Deutsch (5.1 DTS-HD Master Audio)
Untertitel: Deutsch, Deutsch für Hörgeschädigte
Länge: 116 Minuten
FSK: ab 0 Jahre
Bonusmaterial (116 Minuten, angekündigt): Zusätzliche unveröffentlichte Szenen, kommentiert von der Regisseurin Emily Atef, Verleihung des Deutschen Filmpreis 2018, Making-of, Hinter den Kulissen, Interviews mit Marie Bäumer, Emily Atef, Robert Gwisdek und Charly Hübner, Audiokommentar von Emily Atef und dem Produzenten Karsten Stöter, Trailer
„Heil“, der neue Film von Dietrich Brüggemann („Kreuzweg“, „3 Zimmer/Küche/Bad“) hätte der Film der Stunde werden können. Eine Satire über das heutige Deutschland. Eine Bestandsaufnahme über die Lage der Nation. Aber es wurde nur ein sich politisch gebender Klamauk, der nicht tiefer geht als ein Kneipenabend, bei dem man kräftig über alles ablästert und, nach dem dritten Bier, alles witzig findet. Vor allem die eigenen Witze. Auch und gerade wenn sie zum x-ten Mal erzählt werden.
Dabei setzt eine Satire, eine Komödie, eine „schrille Farce“ (Presseheft), eine Klarheit des Denkens und eine Analyse des Gegenstandes voraus, die „Heil“ nie leisten möchte. Es ist nur ein blinder Rundumschlag, bei dem wenigstens in jeder Sekunde die persönliche Betroffenheit von Dietrich Brüggemann spürbar ist. Es ist eine gigantische Entleerung, die ihm sicher guttut. Aber im Kino möchte man mehr sehen als diese halbgare Parade von Nazis, Autonomen, Verfassungsschützern, Polizisten, Richtern, Kulturschickeria, Politikern, Journalisten, Ausländern und einer Schwangeren, die alle mehr oder weniger einfältig dumm sind.
Die Schwangere ist Nina, die Freundin von Sebastian Klein, einem afrodeutschem Sachbuchautor und Liebling der liberalen Öffentlichkeit, der in Prittwitz, gelegen im Dreiländereck Thüringen, Brandenburg und Sachsen, lesen soll. Noch bevor das Empfangskomitee des Bürgermeisters ihn begrüßen kann, wird Sebastian von den örtlichen, strunzdummen Nazis zusammengeschlagen. Sebastian hat eine Totalamnesie, die dazu führt, dass er, wie ein Papagei, alles nachspricht. Für Sven Stanislawski, den geistig nicht besonders hellen Anführer der örtlichen Nazis, ist das die Gelegenheit. Mit einem Afrodeutschen als seiner Bauchrednerpuppe lässt er Sebastian, vor einem begeisterten Publikum landauf, landab in allen Talkshows ausländerfeindliche Sprüche aufsagen und alle freuen sich, dass endlich einmal jemand die Wahrheit sagt.
Nur Nina will die Verwandlung ihres Freundes nicht akzeptieren.
Und während sie versucht, ihren Freund wieder zurückzugewinnen, fährt Brüggemann eine Parade von Charakteren auf, die wohl alle, nah an der Wirklichkeit, diese demaskieren sollen. Aber es funktioniert nicht. Jedenfalls nicht, wenn man mehr als eine harmlose Sketch-Show erwartet. So sind die Nazis ohne irgendeine Grandezza einfach zu doof, um wirklich gefährlich zu sein. Dafür wird der Gag mit ihrer Rechtschreibschwäche so lange wiederholt, bis er nicht mehr witzig ist. Die Autonomen sind anscheinend in den Achtzigern stecken geblieben. Die Politiker, Verfassungsschützer und Polizisten nehmen Probleme überhaupt nicht wahr. Ein freier TV-Journalist verschärft wegen der Quote gesellschaftliche Probleme und Vorurteile. In Talkshows (es gibt mehrere Talkshow-Szenen, deren Erkenntnisgewinn schnell gegen Null geht) wird nur geredet. Sowieso wird jeder Gag mehrmals wiederholt, bis man sich, wie Sebastian Klein, einen Schlag auf den Kopf wünscht. Dann würde man „Heil“ vergessen. Beim nächsten Schlag sich, wie Sebastian, wieder an den Film erinnern. Beim nächsten Schlag wieder alles vergessen. Beim nächsten Schlag wieder daran erinnern; – nun, ich glaube, Sie haben das Prinzip verstanden. Sebastian erhält aber noch einige weitere Schläge.
Subtil geht anders.
Satire auch, wie, um nur zwei deutsche Beispiele, zu nennen, Rainer Werner Fassbinder in „Die Dritte Genration“ und Helmut Dietl in „Schtonk“ zeigten.
„Heil“ bestätigt dagegen nur das Urteil, dass die Deutschen keine Komödien machen können. Jedenfalls seitdem etliche deutsche Regisseure und Autoren nach Hollywood emigrieren mussten.
Heil(Deutschland 2015)
Regie: Dietrich Brüggemann
Drehbuch: Dietrich Brüggemann
mit Benno Fürmann, Liv Lisa Fries, Jerry Hoffmann, Jacob Matschenz, Daniel Zilmann, Oliver Bröcker, Anna Brüggemann, Thelma Buabeng, Richard Kropf, Jörg Bundschuh, Michael Gwisdek, Hanns Zischler, Heinz-Rudolf Kunze, Dietrich Kulbrodt, Thees Uhlmann, Bernd Begemann, Alfred Holighaus, Andreas Dresen, Heike-Melba Fendel, Robert Gwisdek, Leslie Malton, Marie-Lou Sellem, Lavinia Wilson (viel Spaß beim Entdecken dieser und weiterer Cameos)
Länge: 104 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
– „Heil“ on Tour
Montag, 13. Juli, 20.00 Uhr
Berlin / Premiere – Kino International
In Anwesenheit der Produzenten, des Regisseurs und der Darsteller sowie weiterer Beteiligter.
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Dienstag, 14. Juli, 19.00 Uhr
Potsdam – Thalia
mit Dietrich Brüggemann, Liv Lisa Fries, Jacob Matschenz, Jerry Hoffmann
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Mittwoch, 15. Juli, 20.00 Uhr
Hamburg – Abaton
mit Dietrich Brüggemann, Liv Lisa Fries, Jacob Matschenz, Jerry Hoffmann
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Donnerstag, 16. Juli, 20.15 Uhr
Münster – Cinema
mit Dietrich Brüggemann und Jacob Matschenz
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Freitag, 17. Juli, 21.00 Uhr
Bremen – Cinema Ostertor
mit Dietrich Brüggemann, Jacob Matschenz, Jerry Hoffmann
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Samstag, 18. Juli, 20.00 Uhr
Karlsruhe – Schauburg
mit Dietrich Brüggemann, Benno Fürmann, Jacob Matschenz, Jerry Hoffmann
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Sonntag, 19. Juli, 21.30 Uhr
Freiburg – Open Air im Mensagarten
mit Dietrich Brüggemann, Benno Fürmann, Jacob Matschenz, Jerry Hoffmann
– Hinweise Homepage zum Film Facebook-Seite zum Film Filmportal über „Heil“ Film-Zeit über „Heil“ Moviepilot über „Heil“ Rotten Tomatoes über „Heil“