TV-Tipp für den 10. November: Jimmy’s Hall

November 9, 2021

Arte, 20.15

Jimmy’s Hall (Jimmy’s Hall, Großbritannien/Irland/Frankreich 2014)

Regie: Ken Loach

Drehbuch: Paul Laverty

1932 kehrt der Sozialist Jimmy Gralton aus dem amerikanischem Exil in seine geliebte irische Heimat zurück. Er will sich jetzt um seine Mutter kümmern. Aber alte Freunde überreden ihn, den Tanzsaal wieder zu eröffnen. Schnell wird ‚Jimmy’s Hall‘ zu einem Treffpunkt, in dem getrunken, getanzt und politisiert wird. Sehr zum Unwillen der katholischen Kirche.

TV-Premiere (schon lange überfällig). Schönes, leicht nostalgisches, von wahren Ereignissen inspiriertes Drama.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Barry Ward, Simone Kirby, Jim Norton, Aisling Franciosi, Aileen Henry, Francis Magee, Andrew Scott, Brian F. O’Byrne

Wiederholung: Freitag, 12. November, 14.15 Uhr

Hinweise

Moviepilot über „Jimmy’s Hall“

Metacritic über „Jimmy’s Hall“

Rotten Tomatoes über „Jimmy’s Hall“

Wikipedia über „Jimmy’s Hall“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Jimmy’s Hall“ (Jimmy’s Hall, Großbritannien/Irland/Frankreich 2014)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Ich, Daniel Blake“ (I, Daniel Blake, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2016)

Meine Besprechung von Ken Loachs „Sorry, we missed you“ (Sorry we missed you, Großbritannien/Frankreich/Belgien 2019)


Neu im Kino/Filmkritik: Gruselig, „The Hole in the Ground“ im Wald in der Einöde

Mai 2, 2019

Wenn eine Mutter mit ihrem Kind in eine Gegend fährt, in der es mehr Bäume als Fliegen gibt, das neue Haus, eine renovierungsbedürftige Bruchbude, abgelegener als das Overlook-Hotel liegt und alle Farben kränklich blass sind, dann muss man kein Horrorfilmfan sein, um zu wissen, dass die Mutter Sarah O’Neill und ihr achtjähriger Sohn Chris bald höllische Probleme bekommen werden. Das alles hat etwas mit dem titelgebenden „The Hole in the Ground“ zu tun: einem riesigen, im Wald liegendem Erdloch, das einfach so da ist.

Schon vor ihrem Einzug lernen Sarah und Chris ihre neuen Nachbarn, die Bradys, kennen. Sie, glänzend gespielt in einem Kurzauftritt von Aki-Kaurismäki-Schauspielerin Kati Outinen, ist eine verwirrte Person, die sie zu Tode erschreckt. Ihr Mann ist das ruhige Gegenteil. Er sagt ihnen, dass Noreen vor Jahren ihren Sohn ermordete. Sie glaubte, dass ihr Sohn durch einen Doppelgänger ersetzt wurde. Kurz darauf ist sie tot.

Aber nicht nur der bizarre Tod von Noreen – sie wurde mit dem Kopf in der Erde ihres Gartens entdeckt – beunruhigt Sarah. Sie ist nämlich ein seelisches Wrack. Der Grund für den Umzug von ihr und ihrem Sohn ist, dass sie von ihrem Mann seelisch und körperlich misshandelt. Sie hat immer noch Angst vor ihm. Ihr einziger Halt ist ihre Beziehung zu Chris, den sie abgöttisch liebt.

Nachdem er in der Nähe des Erdlochs war, glaubt sie, dass ihr Sohn sich von ihr entfernt. Sie befürchtet, dass er ihr Sohn, sondern ein Doppelgänger,ein Wechselbalg, ist. Aber wie kann sie das beweisen?

In seinem Spielfilmdebüt baut Lee Cronin die Spannung langsam auf. Er verzichtet auf blutige Exzesse. Eine mitten auf der Straße stehende Kati Outinen, ein gut frisierter, gut angezogener, höflicher Junge und die Frage, ob Sarah Wahnvorstellungen hat, tun es auch. Und natürliche etliche Zitate aus Horrorfilmen.

Allerdings gelingt Cronin es in seinem chaotischen dritten Akt nicht, auf die aufgeworfenen Fragen eine befriedigende Antwort zu geben. Es ist, als habe er sich mehr für das Aufzeigen von möglichen Antworten interessiert. So ist Cronins Debüt vor allem eine Talentprobe.

The Hole in the Ground (The Hole in the Ground, Irland/Belgien/Finnland 2019)

Regie: Lee Cronin

Drehbuch: Lee Cronin, Stephen Shields

mit Seána Kerslake, James Quinn Markey, Kati Outinen, James Cosmo, Simone Kirby

Länge: 91 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Deutsche Facebook-Seite zum Film

Moviepilot über „The Hole in the Ground“

Metacritic über „The Hole in the Ground“

Rotten Tomatoes über „The Hole in the Ground“

Wikipedia über „The Hole in the Ground“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: Ken Loach besucht „Jimmy’s Hall“

August 14, 2014

Das war’s. „Jimmy’s Hall“ sei sein letzter Film. Der 1936 geborene Ken Loach will keinen weiteren Film mehr inszenieren und wer kann ihm das in seinem Alter verübeln? Aber schon jetzt, während ich diese Besprechung schreibe, merke ich, wie sehr uns in den nächsten Jahren seine Stimme fehlen wird. Denn „Jimmy’s Hall“ vereint wieder einmal und jetzt auch zum letzten Mal all seine Themen. Es ist eine Geschichte der kleinen Leute, ein Aufruf zum Selbstbewusstsein und Widerstand und ein sehr menschlicher Film, der das Herz auf dem rechten Fleck (was bei Loach „links“ heißt) hat. Es ist daher auch eine Gesellschaftsanalyse und dieses Mal wieder ein Beitrag zur Geschichtsschreibung. Es ist ein erbaulicher, Mut machender und zum Aktivismus aufrufender Film, der dabei nie den agitatorischen Ton einer Parteitags- oder Demonstrationsrede anstimmt.

Ken Loach erzählt, nach einem Drehbuch von Paul Laverty, mit dem er seit „Carla’s Song“ (1996) zusammenarbeitete, die Geschichte des 1886 geborenen Jimmy Gralton, der 1932 nach einem zehnjährigen Zwangsexil wegen revolutionärer Umtriebe aus den USA in seine irische Heimat, die Grafschaft Leitrim, zurückkehrt. Jetzt will der kämpferische Sozialist nur in Ruhe leben und sich um den Hof und seine Mutter kümmern.

Aber schon bald fragen ihn die Jugendlichen, ob er die „Pearse-Connolly Hall“ wieder aufbauen will. Diese Halle war ein Gemeindezentrum, in dem getanzt, gelacht, gelesen, unterrichtet und Sport getrieben wurde. Es war ein Ort, der den Menschen das gab, was die Kirche und der Staat ihnen nicht gaben.

Zehn Jahre später, bei seiner Rückkehr, hat sich daran, trotz der Kämpfe der vergangenen Jahre, nichts geändert. Schnell liegt Jimmy Gralton, nach dem Wiederaufbau der Halle, wieder im Clinch mit den Landbesitzern und den Geistlichen, die bei jeder Predigt gegen die unmoralischen und unchristlichen Umtriebe in der Pearse-Connolly Hall wettern und von der Kanzel die Namen der Besucher der Tanzhalle verkünden. Neu sind nur die Jazz-Schallplatten und Tänze, die Gralton aus den USA mitbrachte.

James ‚Jimmy‘ Gralton gab es wirklich. Er war am 13. August 1933 ohne einen Prozess als illegaler Einwanderer aus seiner Heimat ausgewiesen worden. Das ging, weil er auch einen US-amerikanischen Pass hatte und die Machthaber sich so elegant eines Problems entledigen konnten. Anschließend wurden auch die Akten zu dem Vorgang vernichtet.

Jimmy’s Hall“ nimmt sich, auch weil es nur wenige Dokumente über Gralton gibt, Freiheiten. So ist die Liebesgeschichte historisch nicht verbürgt und Gralton gründete gleich nach seiner Ankunft eine Revolutionäre Arbeitsgruppe, die Teil eines Netzwerkes war, aus dem eine neue kommunistische Partei entstand. Der Wiederaufbau der Pearse-Connolly Hall ging dann allerdings, wie auch im Film, auf Bitten der örtlichen Jugendlichen zurück, die nicht mehr auf der Straße tanzen wollten.

Loachs Film ist daher kein Biopic, sondern eine Geschichte, die auch in einem Pub oder einer Tanzhalle bei einigen Pint Bier erzählt werden könnte mit klar konturierten Charakteren und Konflikten (wobei Loach sich auf den Konflikt zwischen Gralton und der katholischen Kirche konzentriert), ohne didaktische Dialoge und erhobenen Zeigefinger, aber mit Herz, Witz und einem aufbauendem Ende. Dabei spitzen Laverty und Loach die Konflikte im teilweise arg betulich vor sich hin plätscherndem Film nicht so zu, wie es möglich wäre. Denn mit der Tanzhalle legte Gralton sich mit allen mächtigen Gruppen in der Gegend, wozu auch die IRA gehörte, an.

Jimmy’s Hall“ ist sicher nicht Ken Loachs bester Film, aber es ist ein würdiger Abschluss eines Lebenswerkes, der gerade dadurch in einem milderen Licht erscheint. Denn wer erzählt künftig Ken-Loach-Geschichten im Kino?

Jimmys Hall - Plakat

Jimmy’s Hall (Jimmy’s Hall, Großbritannien/Irland/Frankreich 2014)

Regie: Ken Loach

Drehbuch: Paul Laverty

mit Barry Ward, Simone Kirby, Jim Norton, Aisling Franciosi, Aileen Henry, Francis Magee, Andrew Scott, Brian F. O’Byrne

Länge: 109 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film 

Film-Zeit über „Jimmy’s Hall“

Moviepilot über „Jimmy’s Hall“

Metacritic über „Jimmy’s Hall“

Rotten Tomatoes über „Jimmy’s Hall“

Wikipedia über „Jimmy’s Hall“

Ken Loach über „Jimmy’s Hall“

Die Pressekonferenz in Cannes

und, als Zugabe, eine Podiumsrunde mit Ken Loach und Paul Laverty am 14. Februar 2014 während der diesjährigen Berlinale, mit deutscher Übersetzung