Rilke – Du musst Dein Leben ändern(Deutschland 2025)
Regie: Thomas von Steinaecker
Drehbuch: Thomas von Steinaecker
Brandneue 55-minütige Doku über den Dichter Rainer Maria Rilke (4. Dezember 1875, Prag, Österreich-Ungarn – 29. Dezember 1926, Sanatorium Valmont bei Montreux, Schweiz). Danach wissen wir mehr über sein Leben und Werk.
Was bedeutet Rainer Maria Rilke für uns heute? Melanie Garanin („Nils. Von Tod und Wut. Und von Mut“) beantwortet diese Frage anhand der Geschichte einer Journalistin, die einen Artikel über ein Rilke-Symposium in Worpswede schreiben soll, ihm (oder einem Imitator) begegnet und sich auf die Spuren des Dichters begibt.
Garanin erzählt das, kurzweilig und informativ, zwischen Rilkes Biographie und den heutigen Ereignissen hin und her springend.
Werner Herzog: Radikaler Träumer (Deutschland/USA 2022)
Regie: Thomas von Steinaecker
Drehbuch: Thomas von Steinaecker
TV-Premiere; „Werner Herzog: Radikaler Träumer“ ist die aus vollkommen unverständlichen Gründen um eine halbe Stunde gekürzte Fassung von Thomas von Steinaeckers sehr gelungener Doku „Werner Herzog – Radical Dreamer“ über das Leben und Werk von Werner Herzog.
Die Doku ist Teil eines langen Werner-Herzog-Abends. Um 20.15 Uhr zeigt Arte sein selten gezeigtes Kriegsdrama „Rescue Dawn“ (USA/GB/D 2006, mit Christian Bale), um 23.25 Uhr seine Dracula-Version „Nosferatu: Phantom der Nacht“ (D/Fr 1979, mit Klaus Kinski) und um 01.08 Uhr sein ebenfalls selten gezeigte Drama „Stroszek“ (D 1976, mit Bruno S.)
Mit (jedenfalls in der Kinofassung) Werner Herzog, Wim Wenders, Volker Schlöndorff, Lena Herzog, Nicole Kidman, Christian Bale, Robert Pattinson, Chloé Zhao, Thomas Mauch, Joshua Oppenheimer, Patti Smith, Lucki Stipetic, Carl Weathers, Peter Zeltinger
Im Umfeld von Werner Herzogs achtzigstem Geburtstag gibt es so etwas wie Herzog-Festspiele. Neben einer Ausstellung in der Deutschen Kinemathek gibt es einen im Kino laufenden Dokumentarfilm über sein Leben und seine Autobiographie „Jeder für sich und Gott gegen alle“
Außerdem verzeichnet die IMDb für dieses Jahr zwei von Herzog inszenierte Dokumentarfilme („Theatre of Thought“ und „The Fire Within: A Requiem for Katia and Maurice Krafft“). Für nächstes Jahr ist bereits ein weiterer Film („Fordlandia“) amgekündigt.
In seiner Dokumentation „Werner Herzog – Radical Dreamer“ zeichnet Thomas von Steinaecker Herzogs Leben chronologisch nach. Dafür unterhielt er sich ausführlich mit Herzog und besuchte mit ihm für ihn wichtige Orte, wie das Haus in Sachrang, einem oberbayerischem Dorf nahe der Grenze zu Österreich, in dem er seine Kindheit verbrachte. Dazu gibt es Statements von Freunden und Menschen, mit denen er arbeitete. Wim Wenders und Volker Schlöndorff, die wie er zum Jungen Deutschen Film (aka dem Neuem Deutschen Film) gehören, sind dabei. Ebenso einige Schauspieler, mit denen er zusammen arbeitete, wie Christian Bale, Nicole Kidman und Robert Pattinson, und Bewunderer, wie Chloé Zhao (sie erhielt 2017 für „The Rider“ den Werner-Herzog-Filmpreis). Dazu gibt es Ausschnitte aus einigen Filmen von Werner Herzogs.
Entstanden ist ein formal konventioneller, sehr informativer Film über sein Leben.
Für Herzog-Fans, die immer sein gesamtes Werk im Blick hatten, gibt es deshalb in diesem gleungenem Dokumentarfilm wenig Neues zu Entdecken. Für sie ist der Film höchstens eine willkommene Auffrischung und ein Schwelgen in Erinnerungen. Ergänzt um einige neue Statements von Werner Herzog, die sich mühelso in frühere Statements einreihen und in denen Herzog seinen Ruf als originärer, sympathisch verschrobener und oft sehr tiefsinniger Denker pflegt.
Herzog-Fans, die glauben, dass er nach „Fitzcarraldo“ keine Filme mehr drehte, sondern irgendwo im Dschungel verschwunden ist und Schuhe isst (Wunderschön sind die Reaktionen der Hollywood-Stars, wenn sie von dieser Herzog-Aktion erfahren, die Les Blank in seinem Kurzfilm „Werner Herzog Eats His Shoe“ dokumentierte.), werden erstaunt feststellen, dass Herzog in den vergangenen vierzig Jahren einige weitere Spielfilme und viele Dokumentarfilme drehte. Außerdem wurde Herzog zu einer Figur der US-Popkultur mit Auftritten bei den „Simpsons“ und kleineren Auftritten als Schauspieler in hoch budgetierten Hollywood-Produktionen wie „Jack Reacher“ und „The Mandalorian“.
Seine jüngeren Fans, die ihn aus den „Simpsons“ kennen, dürften erstaunt sein, dass er davor einer der wichtigen Regisseure des deutschen Films der siebziger Jahre war. Schon damals genoss er einen legendären Ruf als der Weltreisende des deutschen Films. Seinen Kaspar-Hauser-Film „Jeder für sich und Gott gegen alle“ drehte er in Deutschland. Aber fast alle sene anderen Filme drehte er im Ausland. Mit „Aguirre, der Zorn Gottes“ und „Fitzcarraldo“ ging es nach Südamerika. Mit „Nosferatu – Phantom der Nacht“ inszenierte er seine von Murnau deutlich beeinflusste Dracula-Version. Und in „Cobra Verde“ beschäftigte er sich mit dem Sklavenhandel im 19. Jahrhundert. Ein Teil des in Kolumbien und Ghana gedrehten Films spielt im aktuell aus „The Woman King“ bekanntem Königreich von Dahomey.
Für alle, die bislang wenig bis nichts über Werner Herzog wussten, ist „Werner Herzog – Radical Dreamer“ eine gelunge, konzentrierte, die richtigen Schwerpunkte setzende Einführung in sein Werk.
Werner Herzog – Radical Dreamer(Deutschland/USA 2022)
Regie: Thomas von Steinaecker
Drehbuch: Thomas von Steinaecker
mit Werner Herzog, Wim Wenders, Volker Schlöndorff, Lena Herzog, Nicole Kidman, Christian Bale, Robert Pattinson, Chloé Zhao, Thomas Mauch, Joshua Oppenheimer, Patti Smith, Lucki Stipetic, Carl Weathers, Peter Zeltinger
Länge: 103 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Der Buchtipp
Werner Herzog erzählt sein Leben. Schön kurzweilig und immer nah an der Herzog-Wahrheit.
Werner Herzog: Jeder für sich und Gott gegen alle – Erinnerungen
Gerda Wendt lebt im Altersheim. Während die Tage im täglichen Trott vergehen, die Kräfte und das Gedächtnis nachlassen, erinnert sich die 84-jährige an ihr Leben. Es war ein Leben, das nie für Schlagzeilen taugte oder die Welt veränderte. Aber es ist ihr Leben, das auch die Veränderungen in der Bundesrepublik reflektiert. Nebenbei. Denn Gerda gehörte niemals zu den 68ern. Das war die Generation nach ihr. Sie kümmerte sich nie um Politik. Stattdessen war sie schon in der Schule gut in Mathematik, studiert Physik, erhält sofort eine Anstellung als Assistentin, verliebt sich in Peter, soll nach ihrer Promotion 1974 in Cambridge einen Vortrag halten, schlägt für Peter ein lukratives Angebot aus, heiratet Peter, erwischt ihn beim Seitensprung, lässt sich scheiden und arbeitet wieder an der Universität. Als Privatdozentin, die niemals die große Karriere machen wird, die sie einige Jahre früher vielleicht hätte machen können.
Aber lebte sie ein falsches Leben? Verpasste sie Chancen, die sie später bedauert?
Für die Buchausgabe von „Der Sommer ihres Lebens“ überarbeiteten und erweiterten Romanautor Thomas von Steinaecker und die Eisner-nominierte Zeichnerin Barbara Yelin, die fast Gerdas Enkelkinder sein könnten, die ursprünglich in dem Online-Magazin „Hundertvierzehn“ des S. Fischer Verlags erschienene Geschichte, in der Gegenwart und Vergangenheit immer wieder nahtlos ineinander übergehen. Oft in einem Panel. Yelin zeigt in diesen Aquarellen unaufdringlich, wie gegenwärtig Erinnerungen sind. In wenigen Panels verdeutlichen sie den Lebens- und Arbeitsrhythmus eines Altersheimes, während Gerda sich an einige Momente ihres Lebens erinnert. Auch diese Erinnerungen verdichten sie auf wenige, entscheidende Momente, in denen immer wieder die gesellschaftlichen Veränderungen, die sie miterlebte, durchschimmern.
So gelingt es ihnen, auf knapp achtzig Seiten ein ganzes Leben zu erzählen, ohne jemals eine luftige Leichtigkeit zu verlieren.
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Thomas von Steinaecker/Barbara Yelin: Der Sommer ihres Lebens