Neu im Kino/Filmkritik: „Bad Boys: Ride or Die“ in den alten Melodien

Juni 5, 2024

Die kürzeste Kritik zum vierten „Bad Boys“-Film geht so: wenn dir der vorherige Film gefiel, wird dir auch „Bad Boys: Ride or Die“ gefallen.

Und das waren vor vier Jahren, während der Coronavirus-Pandemie, ziemlich viele Menschen. In Deutschland war er mit 1,8 Millionen Zuschauern der erfolgreichste Film des Jahres. In den USA sah es genauso aus. Weltweit war die Actionkomödie mit einem Umsatz von 426,5 Millionen US-Dollar, hinter drei asiatischen Filmen (es war ein ungewöhnliches Jahr), der vierterfolgreichste Film des Jahres. Und es war der an der Kinokasse und bei der Kritik der erfolgreichste „Bad Boys“-Film. Das Publikum liebte sie durchgehend.

Da war eine Fortsetzung unvermeidlich und dieses Mal ging es auch schneller als zwischen dem zweiten und dritten Filmabenteuer mit den in Miami ermittelnden Drogenfahndern Mike Lowrey (Will Smith) und Miles Burnett (Martin Lawrence). Sie sind Schwarz, haben ein loses Mundwerk und sind seit über dreißig Jahren Partner. Der eine ist ein glücklicher Familienvater. Der andere ein überzeugter Single. Jedenfalls bis jetzt. Denn Lowrey heiratet am Filmanfang.

In ihrem vierten Leinwandeinsatz wird ihr ehemaliger, in „Bad Boys for Life“ erschossener Vorgesetzter Captain Howard (dieses Mal als Geist dabei) verdächtigt, für die Kartelle gearbeitet zu haben. Die titelgebenden „Bad Boys“ Lowrey und Burnett glauben es nicht. Sie wollen seine Unschuld beweisen und geraten dabei in Teufels Küche. Denn die wahren Täter und Hintermänner, die gestandene Krimigucker ohne große Mühe schnell enttarnen, wehren sich mit allen Mitteln. Sie scheinen über jeden Schritt der beiden Drogenfahnder informiert zu sein.

Erzählt wird das in der bewährten Buddy-Cop-Mischung aus Humor, dummen Sprüchen und exzessiver Gewalt. Die Zerstörungsorgie wird, auch das ist keine Neuigkeit, in hektischen Schnitten erzählt. Es ist fast nie möglich, die Action zu verfolgen. Und wenn dann einmal in einer Actionszene länger nicht geschnitten wird, bewegt die Kamera sich so hektisch, dass auch dann das Geschehen kaum verfolgt werden kann. Dass das anders geht, haben in den letzten Jahren vor allem die „John Wick“-Filme gezeigt. Auch ein Blick auf die „James Bond“- oder „Mission: Impossible“-Filme zeigt, dass Action anders inszeniert werden kann.

Oder auf den ersten „Bad Boys“-Film. Den hat Michael Bay zwar auch schon hektisch im Sekundentakt geschnitten.

Aber ihm gelangen in seinem Spielfilmdebüt einige ikonische Bilder und im Gedächtnis bleibende Actionszenen. Das kann von Adil & Bilalls zweitem „Bad Boys“-Film nicht gesagt werden. Bei ihnen verschwimmt alles in einem monotonem Schnittgewitter. Das ist keine überkandidelte Rocksinfonie, sondern der Rhythmus-Track für ein Hip-Hop-Stück, bei dem die anderen Instrumente und der Gesang fehlen.

Der Humor besteht vor allem aus den endlosen, redundanten Streitereien zwischen Lowrey und Burnett. Sie zanken sich wie ein altes Ehepaar auf Autopilot. Und Burnett wird hier zum absoluten Trottel degradiert.

Die Story ist, wie erwartbar, nicht der Rede wert. Sie dient nur als Perlenschnur, an der Action und Witze aneinandergereiht werden.

In „Bad Boys: Ride or Die“ werden die bekannten Zutaten, mit vielen aus den vorherigen Filmen bekannten und einigen neuen, weitgehend vollkommen austauschbaren Figuren, einfach noch einmal präsentiert. Ohne nennenswerte Variationen und Engagement. Das ist mehr Autopilot als Innovation; – also ziemlich genau das, was ich erwartete und was die Fans der vorherigen, vor allem des vorherigen Films wollen.

Bad Boys: Ride or Die (Bad Boys: Ride or Die, USA 2024)

Regie: Adil & Bilall (aka Adil El Arbi und Bilall Fallah)

Drehbuch: Chris Bremner, Will Beall (basierend auf von George Gallo erfundenen Figuren)

mit Will Smith, Martin Lawrence, Vanessa Hudgens, Alexander Ludwig, Paola Núñez, Eric Dane, Ioan Gruffudd, Jacob Scipio, Melanie Liburd, Tasha Smith, Tiffany Haddish, Joe Pantoliano, John Salley, DJ Khaled, Rhea Seehorn, Dennis McDonald, Michael Bay (Cameo)

Länge: 116 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Bad Boys: Ride or Die“

Metacritic über „Bad Boys: Ride or Die“

Rotten Tomatoes über „Bad Boys: Ride or Die“

Wikipedia über „Bad Boys: Ride or Die“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Adil & Bilalls „Bad Boys for Life“ (Bad Boys for Life, USA 2020)


Neu im Kino/Filmkritik: Keine wohlige Gänsehaut in Disneys „Geistervilla“

Juli 27, 2023

Bei den „Pirates of the Caribbean“ hat es sehr gut funktioniert: aus einer Vergnügungspark-Attraktion wurde ein Film gemacht, der zum Kassenhit wurde. Disney zählte die Einnahmen, freute sich und produzierte mehrere Fortsetzungen.

Bei der „Haunted Mansion“ könnte es – so jedenfalls das Gedankenspiel der Produzenten – auch funktionieren. Ein Film über ein Haus voller Geister. Er gibt wohlige Gänsehaut bei Kindern und Erwachsenen. Erstere freuen sich über die furchterregenden Geister und die Gags. Letztere freuen sich über die Anspielungen. Schließlich ist die Villa bewohnt von Geistern und Horror-Gestalten, die seit Jahrzehnten durch Filme, Comics und Bücher zu einem Teil des popkulturellen Gedächtnisses wurden.

Die Geschichte ist in ihren Grundzügen schnell gefunden. Sie muss eigentlich nur die Story der Vergnügungspark-Attraktion leicht variieren. Dort betreten die Besucher, seitdem 1969 in Disneyland die erste Haunted Mansion eröffnet wurde, das Spukhaus. Sie begegnen etlichen Geistern, lassen sich erschrecken, bekommen eine Gänsehaut und verlassen dann das Haus.

Im Film betreten einige Menschen die titelgebende „Geistervilla“. Schnell treffen sie auf die Geister, die das Haus bewohnen. Ben (LaKeith Stanfield) ist ein ehemaliger Astrophysiker, der immer noch in Trauer über den Tod seiner Frau ist und jetzt, wenn er ansprechbar ist, sein Geld als schlecht gelaunter Touristenführer verdient. Er erzählt ihnen von den in New Orleans lebenden Geistern. Selbst glaubt er nicht an Geister. Neben ihm sind Gabbie (Rosario Dawson) und ihr neunjähriger Sohn Travis (Chase W. Dillon), die Mieter der Geistervilla, der Geistliche Father Kent (Owen Wilson), Professor Bruce Davis (Danny DeVito), der die Geschichte der Geister von New Orleans erforscht, und das Medium Harriet (Tiffany Haddish) in der Geistervilla. Sie alle werden, nachdem sie die Villa betreten haben, von den Geistern in ihr festgehalten. Später kommt noch Madame Leota (Jamie Lee Curtis) dazu. Sie wird in einer Glaskugel gefangen gehalten.

Aus diesem Setting machen Regisseur Justin Simien und Drehbuchautorin Katie Dippold eine erschreckend belang- und humorlose CGI-Schlacht in meist dunklen und sehr dunklen Räumen. Simien inszenierte den in Deutschland nicht veröffentlichten Ensemblefilm „Dear White People“ und die bei uns auf DVD veröffentlichte Horrorkomödie „Bad Hair“.

Dippold schrieb die Drehbücher für die von Paul Feig inszenierten Komödien „Taffe Mädelds“ (The Heat) und „Ghostbusters“. Im Gegensatz zu den unzähligen gehässigen Kommentaren der fanatischen Fans der ursprünglichen Ghostbusters-Filme, die zu dem Zeitpunkt den Film noch nicht gesehen hatten, fand ich die 2016 entstandene Version mit weiblichen Geisterjägern durchaus unterhaltsam.

Das kann über „Geistervilla“ nicht gesagt werden. In der Villa sind zwar viele Geister, aber einen bleibenden Eindruck hinterlässt kein Geist. Die Geisterjäger sind eine moralisch bestenfalls zweifelhafte Truppe uncharmanter Gestalten. Einige von ihnen sind Betrüger; was kein Problem wäre, wenn es irgendwelche Gründe gäbe, ihnen die Daumen zu drücken. Auch von ihnen bleibt niemand länger im Gedächtnis. Die beiden Mieter der Villa, die alleinstehende Mutter und ihr Sohn, haben bestenfalls eine Nebenrolle. Dabei hätte, wenn ein jüngeres Publikum angesprochen werden soll, Travis durchaus die Rolle des Protagonisten übernehmen können.

Bevor man diese „Geistervilla“ besucht, sieht man sich besser noch einmal Tim Burtons „Beetlejuice“ oder Rob Lettermans R.-L.-Stine-‚Verfilmung‘ „Gänsehaut“ an. Das sind, auch für Kinder, die viel, viel besseren Horrorkömodien mit eindrucksvollen Geistern und Menschen, treffsicherem Humor und gelungenen filmischen Anspielungen.

Geistervilla (Haunted Mansion, USA 2023)

Regie: Justin Simien

Drehbuch: Katie Dippold

mit LaKeith Stanfield, Tiffany Haddish, Owen Wilson, Danny DeVito, Rosario Dawson, Chase W. Dillon, Dan Levy, Jamie Lee Curtis, Jared Leto, Hasan Minhaj, Marilu Henner

Länge: 123 Minuten

FSK: ?

Hinweise

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Moviepilot über „Geistervilla“

Metacritic über „Geistervilla“

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Neu im Kino/Filmkritik: The unbearable weight of „Massive Talent“ des Nic(k) Cage

Juni 16, 2022

CIA-Agentin Vivian ist begeistert und sprachlos. Auf dem Provinzflughafen in Mallorca läuft ihr großes Idol Nicolas Cage an ihr vorbei. Er ist auf dem Weg zu Javier ‚Javi‘ Gutierrez, einem Millardär und Über-Nicolas-Cage-Fan, der jetzt unglaublich viel Geld ausgibt, damit sein Idol einige Tage mit verbringt. Als Stargast seiner Geburtstagsparty.

Javi ist – und das erklärt die Anwesenheit des amerikanischen Geheimdienstes – auch ein internationaler Waffenhändler der besonders sprupellosen Sorte.

Und dieser Nicolas Cage wird von Nicolas Cage gespielt, der im Film allerdings immer wieder zu Nick und nicht Nic abgekürzt wird. Das soll als Hinweis darauf genügen, dass der Film-Cage nichts mit dem realen Cage zu tun hat. Aber, und gerade das macht „Massive Talent“ (so der sinnfrei gekürzte deutsche Titel von „The unbearable weight of massive talent“) zu etwas besonderem und einem großen Spaß für Cage-Fan, der Film quillt vor Anspielungen auf die Filmographie (eine Zusammenstellung gibt es auf der IMDb) und die öffentliche Wahrnahme von Cage. Er begann als Charakterdarsteller, war damals schon etwas extremer als seine Kollegen, wurde zum Actionstar mit „The Rock“ und „Con Air“ und zuletzt zum Direct-to-Video-Schauspieler. Aufgrund von finanziellen und Steuerproblemen nahm Cage seit über zehn Jahren unzählige Rollen an, um seine Schulden zu bezahlen. Die Filme waren nicht unbedingt gut, aber – und das hatte ich in Gesprächen immer wieder gesagt – bei jedem dieser Filme entdeckte ich einen Grund, warum Cage zugesagt hatte (und es war nicht das Geld) und er engagierte sich immer schauspielerisch in dem Film. Einige nennen es ständiges Overacting, das manchmal wahnsinnig nervt. Aber er schlurfte nie mit einem Wo-ist-der-Gehaltsscheck-Blick durch das Bild.

So gibt es neben den unumstrittenen Cage-Klassikern der achtziger und neunziger Jahre auch zahlreiche neue Filme, auf die Tom Gormican in seinem Film anspielen kann.

Vom Plot her ist „Massive Talent“ eine Actionkomödie, in der ein Mann plötzlich Dinge tun muss, für die er nicht ausgebildet ist. Er gerät in zahlreiche Situationen, aus denen er sich herauslavieren muss. Es gibt, wenn Gangster und Geheimagenten aufeinandertreffen, ordentlich Action. Und selbstverständlich Humor.

Das erinnert an die eskapistischen Agentenfilme aus den sechziger Jahren, als im Fahrwasser der erfolgreichen James-Bond-Filme, unter südlicher Sonne in Operettenrepubliken Agenten und Nicht-so-richtige-Agenten („Ihr Auftritt, Al Mundy“), gefährliche Abenteuer erlebten. Das war (und ist) bunt, eskapistisch, fantastisch und, in seiner Grundstimmung, absolut fröhlich und lebensbejahend. Schließlich verfolgen wir die Abenteuer von großen Jungs, die sich lustvoll in kindische Abenteuer stürzen und ihren Spaß haben.

In diesem Rahmen wird der Film dann, sicher auch dank Nicolas Cage und Pedro Pascal (der den Millardär und Waffenhändler spielt), zu einer erstaunlich tiefgründigen Betrachtung über Freundschaft und das Leben. Diese Momente tragen dazu bei, dass die Metakomödie deutlich ruhiger und besser ist, als der klamaukige Trailer verspricht.

Massive Talent (The Unbearable Weight of Massive Talent, USA 2022)

Regie: Tom Gormican

Drehbuch: Tom Gormican, Kevin Etten

mit Nicolas Cage, Pedro Pascal, Ike Barinholtz, Neil Patrick Harris, Tiffany Haddish, Alessandra Mastronardi, Jacob Scipio, Lily Sheen, Sharon Horgan, David Gordon Green, Demi Moore

Länge: 108 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

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Wikipedia über „Massive Talent“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Buch- und Filmkritik: „The Kitchen: Queens of Crime“ schlagen zu

September 19, 2019

New York in den Siebzigern. Das Hell’s Kitchen war noch nicht gentrifiziert. Der „Taxi Driver“ fuhr durch die von irischen Gangstern beherrschten Straßen. Einige von ihnen sind die Berufsverbrecher Jimmy Brennan, Kevin O’Carroll und Rob Walsh. Nachdem sie 1978 nach einem Überfall auf einen Schnapsladen verhaftet und zu längeren Haftstrafen verurteilt werden, stehen ihre Frauen Kathy Brennan (Melissa McCarthy), Ruby O’Carroll (Tiffany Haddish) und Claire Walsh (Elisabeth Moss) nicht vor dem Nichts. Immerhin erhalten sie als die Ehefrauen der Mob-Gangster, solange ihre Männer im Gefängnis sind, etwas Geld. Es sind Almosen, die sie ruhig stellen sollen. Zum Leben ist es zu wenig. Also übernehmen die drei Ehefrauen das Geschäft ihrer Männer: sie treiben die Schulden und das Schutzgeld selbst ein.

Das ist allerdings leichter gedacht, als getan. Trotzdem sind sie, nach kurzen Anlaufschwierigkeiten, sehr erfolgreich im Geschäft. Ein Mafiaboss bietet ihnen eine Zusammenarbeit an. Andere Gangster sind über die drei Frauen weniger erfreut. Schließlich sollen Frauen nicht Gangster spielen, sondern Wäsche waschen und Essen kochen. Und dann sind da auch noch ihre Männer, die irgendwann aus dem Gefängnis entlassen werden.

Das hört sich – auch wenn die drei Damen bruchlos von liebevoller Hausfrau zu skrupellosem Gangster und Gangsterboss umschalten – nach einem zünftigen Gangsterfilm mit viel Retro-Charme an. Dass in den späten siebziger Jahren, außerhalb eines Blaxploitation-Films, niemals drei Hausfrauen den Macho-Gangstermännern Befehle erteilt hätten, stört nicht weiter. Es ist eine wunderschöne Selbstermächtigungsfantasie vor einem ausnehmend pittoresken Hintergrund.

Die Idee für diese Geschichte hatten Ollie Master, Ming Doyle und Jordie Bellaire, die 2015 den Hardboiled-Noir-Gangstercomic „The Kitchen“ bei DC/Vertigo veröffentlichten.

Andrea Berloff, die für ihr Buch zum NWA-Biopic „Straight Outta Compton“ für einen Drehbuch-Oscar nominiert wurde und die Drehbücher zu „World Trade Center“, „Blood Father“ und „Sleepless“ schrieb, nahm für ihre Verfilmung den Comic als Handlungsskizze. Sie fügte einige Figuren dazu, veränderte bei anderen Figuren einiges und auch das Ende ist anders. Dem Geist der Vorlage blieb sie dabei treu.

Aber es gelingt ihr bei ihrer ersten Regiearbeit nicht, ihn in den Film zu übertragen. Trotz aller Änderungen wirkt der Film, als habe man den Comic 1-zu-1 abgefilmt und dabei vergessen, dass Comic und Film zwei verschiedene Medien sind.

So bleiben im Film alle Figuren austauschbare Abziehbilder ohne ein erkennbares Innenleben und nachvollziehbare Motive. Sie sind alle böse Verbrecher, die sich ohne erkennbare Skrupel notfalls gegenseitig betrügen und töten. Nirgendwo ist ein moralischer Kompass erkennbar, der aus „The Kitchen“ mehr als ein banales Gangster-bringen-Gangster-Werk machen würde.

The Kitchen“ ist ein Langweiler und angesichts der Besetzung – Melissa McCarthy (wieder in einer ernsten Rolle), Tiffany Haddish (dito) und Elisabeth Moss in den Hauptrollen -, der Ausstattung, den Kostümen, den Frisuren (es sieht wirklich wie in den Siebzigern aus), der Kamera (Maryse Alberti [„The Wrestler“, „Creed“]) und der zeitgenössischen Musikauswahl eine große Enttäuschung.

Im Gegensatz zur Vorlage.

The Kitchen:Queens of Crime (The Kitchen, USA 2019)

Regie: Andrea Berloff

Drehbuch: Andrea Berloff

LV: Ollie Masters/Ming Doyle/Jordie Bellaire: The Kitchen, 2015 (The Kitchen)

mit Melissa McCarthy, Tiffany Haddish, Elisabeth Moss, Domhnall Gleeson, James Badge Dale, Brian d’Arcy James, Margo Martindale, Bill Camp, Common, Annabella Sciorra

Länge: 103 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Die Vorlage

Ollie Masters/Ming Dolye/Jordie Bellaire: The Kitchen

(übersetzt von Carolin Hidalgo)

Panini, 2019

180 Seiten

18,99 Euro

Originalausgabe

The Kitchen

DC/Vertigo, 2015

Hinweise

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Wikipedia über „The Kitchen“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: Kevin Hart besucht die „Night School“

November 16, 2018

Als Jugendlicher hatte Teddy Walker (Kevin Hart) keinen Bock auf die Schule. Er verließ sie ohne Abschluss. Jahre später ist er ein erfolgreicher Verkäufer bei „BBQ City“. Der Inhaber bietet ihm sogar an, sein Nachfolger zu werden. Er hat eine gut aussehende und gut verdienende Freundin, die ihn so liebt, wie er ist. Für sie müsste er gar nicht den großen Zampano heraushängen lassen. Als er, während eines Heiratsantrags, durch eine Verkettung unglücklicher Umstände die Firma, die er übernehmen könnte, abfackelt und sie nicht versichert war, steht er vor dem Nichts.

Teddy hat Glück im Unglück. Ein alter Schulfreund bietet ihm in seiner Firma eine Stelle als Finanzberater an. Er müsse dafür nur einen Schulabschluss vorweisen.

Teddy will den Abschluss in der Abendschule nachholen. Also eigentlich will der Schlawiner nur die Bestätigung, dass er die Schule bestanden hat. Aber die Abendschullehrerin Carrie (Tiffany Haddish) verlangt von ihm, dass er den gesamten Kurs und die Prüfungen absolviert. Zusammen mit ‚Big Mac‘ Mackenzie (Rob Riggle), Jaylen (Romany Malco), Luis (Al Madrigal), Theresa (Mary Lynn Rajskub), Mila (Anne Winters) und Bobby (‚Fat Joe‘ Joseph Cartagena) (via Skype aus dem Gefängnis zugeschaltet), einer Gruppe archetypischer Verlierergestalten, drückt er die Schulbank.

Und damit sind alle Zutaten für eine weitere US-Komödie vorhanden. „Girls Trip“-Regisseur Malcolm D. Lee übernahm die Aufgabe, die Improvisationen der Komiker zu einem wenigstens halbwegs kohärenten Film zusammenzufügen, bei dem einzelne Gags zu breit ausgewalzt werden. Wahrscheinlich weil es beim Dreh so witzig war. Denn vor einigen Jahren hat sich in Hollywood die irrige Ansicht durchgesetzt, dass bei Komödien ein Drehbuch nur das beliebig formbare Material ist.

Trotzdem ist die Gagdichte für eine Komödie niedrig. Kevin Hart quasselt in gewohnter Manier mehr als nötig, während er einige Lektionen lernt. Seine Partnerin Tiffany Haddish, die mit „Girls Trip“ in den USA ihren Durchbruch hatte, ist bei uns noch fast unbekannt. Und es ist schön, „24“ Mary Lynn Rajskub mal wieder zu sehen. Sie hat als sich von ihren Selbstzweifeln emanzipierende Hausfrau und Mutter einige grandiose Momente.

Zugunsten eines anvisierten Lachers ist die Story oft nicht durchdacht. Oft ist sie sogar einfach idiotisch. Es geht dabei nicht darum, dass Teddy ausgerechnet an seiner alten Schule die Prüfung ablegen will und auch nicht darum, dass der Schuldirektor (Taran Killam) ausgerechnet sein alter Erzfeind ist, der sich jetzt endlich rächen kann. Das wird vom Drehbuch so gesetzt. Es geht um Probleme innerhalb der Story: So soll jemand, der eine panische Angst vor Zahlen hat und ein schwerer Legastheniker ist, über Jahre der beste Verkäufer der Firma sein? So soll während Teddys gesamter Schulzeit keinem Lehrer seine Lernbehinderungen aufgefallen sein? Das fällt erst Carrie auf.

Ihre Methode, Teddys Lernprobleme zu beseitigen, ist immerhin so absurd, dass sie schon wieder auf eine verquere Art witzig ist: sie verprügelt ihn in einem Käfig, bis er die richtige Antwort sagt. Ihre Schläge taugen nur als Metapher dafür, wie Teddy sich fühlt, wenn er im Unterricht sitzt und versucht, den Stoff zu begreifen. Und da haben wir ein weiteres Problem. Der Satz des Pythagoras ist die zu Aufgabe, die sich durch den gesamten Film zieht. Als Teddy ihn lösen kann, kann er die Prüfung bestehen. Wie ihm das gelingt, erfahren wir nicht. Dabei verwenden andere Filme viel Zeit darauf, dem Zuschauer teilweise sehr komplexe Zusammenhänge so zu erklären, dass man die Zusammenhänge nachher verstanden oder wenigstens eine gute Ahnung über die Zusammenhänge hat. Nicht so „Night School“. Wer vorher keine Ahnung hatte, was der Satz des Pythagoras ist, weiß es auch danach nicht. Da wird sträflich Potential verschenkt.

Am Ende hat „Night School“, wie die gelungeneren „Fack ju Göhte“-Schulfilme, eine sympathische und begrüßenswerte Botschaft über zweite Chancen, den Glauben an sich selbst und dem Wert von Gemeinschaft.

Night School (Night School, USA 2018)

Regie: Malcolm D. Lee

Drehbuch: Harry Ratchford, Joey Wells, Matthew Kellard, Nicholas Stoller, John Hamburg

mit Kevin Hart, Tiffany Haddish, Taran Killiam, Mary Lynn Rajskub, Rob Riggle, Romany Malco, Megalyn Echikunwoke, Al Madrigal, Anne Winters, Ben Schwartz, Fat Joe

Länge: 112 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Facebook-Seite zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Night School“

Metacritic über „Night School“

Rotten Tomatoes über „Night School“

Wikipedia über „Night School“