Die kürzlich erschienenen Comic-Sammelbände „Dicks“ und „Stitched“ von dem produktiven „Hellblazer“-, „Preacher“- und „Punisher“-Autor Garth Ennis, der in den letzten Jahren auch die Serien „Jennifer Blood“ und „Crossed“ startete, könnten kaum unterschiedlicher sein. „Dicks“ ist ein brachiale Krimikomödie, die 1991 in und um Belfast spielt. Entsprechend respektlos geht er auch mit dem damals noch blutig ausgetragenem Nordirlandkonflikt um.
„Stitched“ spielt im heutigen Afghanistan. Im Hochland stürzt ein Hubschrauber ab. Drei US-Soldaten überleben. Kurz nach dem Absturz treffen sie auf die letzten Überlebenden eines britischen Sonderkommandos, das sie retten sollen. Gemeinsam versuchen sie sich durchzuschlagen, bis Hilfe kommt oder sie ein rettendes Armeelager erreichen. Dabei sind die Taliban eine vernachlässigbare Gefahr. Denn fast unbesiegbare, zusammengeflickte, sich lautlos nähernden Kreaturen, die sie „Stitches“ nennen, greifen sie an. Es sind – in einem gewissen Rahmen – Untote.
Ursprünglich wollte Garth Ennis aus der Idee einen Film machen. Er produzierte auch einen Kurzfilm (der Trailer sieht sehr amateurhaft aus). Aus dem Film wurde nichts und bei dem Comic, nüchtern gezeichnet von Mike Wolfer, wissen wir schnell, warum. Denn diese Geschichte hätte, adäquat verfilmt, auch als nicht jugendfreier Film gewaltige Probleme mit der Zensur. Die Geschichte selbst ist ein spannender Mix aus Abenteuer- und Horrorgeschichte, in der eine Gruppe Soldaten im Feindesland gegen einen gefährlichen Feind kämpfen muss.
Weniger spannend, aber deutlich witziger ist „Dicks“ über die beiden Möchtegern-Privatdetektive Dougie und Ivor, die 1991 in Belfast beschließen, eine Detektei zu eröffnen, weil sie für keinen anderen Job die nötigen Voraussetzungen haben und sie die Arbeit nur als ein Sprungbrett für pubertäre Sex- und Sauf-Abenteuer sehen. Sie wollen überhaupt nicht ernsthaft als Detektive arbeiten und sie tun es auch nicht. Denn bei einem ihrer Abenteuer wird Eve, die Schlange von Onkel Shuggie überfahren. Als Onkel Shuggie das erfährt, hat der Schnapsbrenner einen Herzanfall und der Abnehmer für eine Ladung Poteen, ein affektierter und skrupelloser Typ aus Ballymena, will den bestellten, aber noch nicht gebrannten Schnaps haben. Dougie und Ivor müssen ihn brennen, haben dummerweise das Rezept von Onkel Shuggies einzigartiger Mischung verschlampt und noch tausend andere Probleme mit der schwangeren Freundin, einem missgünstigem Schwiegervater, Schlägern, Gangstern und Soldaten.
Das ist herrlich respektlose Unterhaltung, die mich an Colin Batemans Dan-Starkey-Romane erinnert. Einige kennen vielleicht „Starkey“ (Divorcing Jack, 1998), die schwarzhumorige, leicht chaotische Verfilmung von seinem ersten Starkey-Roman „Eine Nonne war sie nicht“ (Divorcing Jack, 1994).
Denn auch „Dicks“ nimmt keine Rücksicht auf den guten Geschmack, Tabus und politische und religiöse Befindlichkeiten. Erfunden wurde die Serie über zwei Idioten aus Belfast von Garth Ennis und John McCrea bereits in den späten Achtzigern. Seitdem erzählten sie, mit mehr oder weniger großen Unterbrechungen, weitere Abenteuer der beiden Jungs. Immer garniert mit einer ordentlichen Portion vulgärem „FickDieHenne“-Pennälerhumor, geschrieben in einem Slang, der in der Übersetzung, eher wenig geglückt, oft zu einem Kunst-Bayerisch mutiert. Denn Belfaster Jungs sind doch eine andere Spielklasse.
Für Mitte Dezember sind die Folgebänder von „Dicks“ und „Stitched“ angekündigt.
Garth Ennis/Mike Wolfer: Stitched: Die lebenden Toten – Band 1
(übersetzt von Gerlinde Althoff)
Panini, 2013
180 Seiten
19,95 Euro
(Empfohlen ab 16 Jahre)
–
Originalausgabe
Stitched # 1 – 7
Avatar Press, 2011/2012
–
Garth Ennis/John McCrea: Dicks – Band 1
(übersetzt von Bluna Williams)
Panini, 2013
180 Seiten
16,95 Euro
(Empfohlen ab 18 Jahre)
–
Übersetzte Ausgabe
Dicks # 1 – 4
Avatar Press, 2013
–
Hinweise