Wer kennt Gisela Werler? Wahrscheinlich kaum jemand, aber Bonnie Parker, Clyde Barrow, Ma Barker, John Dillinger, Al Capone, Meyer Lansky, Bugsy Siegel, undsoweiter kennt jeder, meistens aus zahllosen Filmen, die es nicht immer besonders genau mit der Wirklichkeit nehmen, aber verdammt unterhaltsam sind. Einige wurden sogar zu Klassikern.
Dabei war Gisela Werler Deutschlands erste Bankräuberin, die von 1965 bis 1967 in Norddeutschland 19 Banken ausraubte, damals rekordverdächtige 400.000 Mark erbeutete und deren Taten in der Presse auch abgefeiert wurden.
Sie war eine über dreißigjährige, unverheiratete Frau, die noch bei ihren Eltern lebte und Hilfsarbeiterin in einer Tapetenfabrik war, als sie Hermann Wittdorf kennen lernte, sich in diesen charismatischen Mann mit der schillernden Verbrechervergangenheit verliebte, später erfuhr, dass er verheiratet war und seine Vergangenheit gar nicht so abenteuerlich. Mit ihm raubte sie Banken aus. Dabei verkleidete sie sich mit verschiedenen Perücken und Sonnenbrillen und war modisch up to date, was sich im Film in einer Montage aus Überfällen und Schlagzeilen niederschlägt, die zu den schönsten Pop-Momenten in Christian Alvarts Gangsterfilm „Banklady“ zählt, der ihre Verbrecherkarriere mit einige historische Freiheiten erzählt.
Alvart, der mit dem Thriller „Antikörper“ vor gut zehn Jahren für Aufsehen sorgte und danach mit Hollywood-Geld den Thriller „Fall 39“ (mit Renée Zellweger) und den Science-Fiction-Film „Pandorum“ (gedreht in Babelsberg mit Dennis Quaid) drehen durfte, beweist auch in seinem neuesten Film seinen Blick für eine glänzende Optik, die sich oft in einer Werbefilmästhetik niederschlägt, und huldigt seine Liebe zu bekannten Genremuster. Denn „Banklady“ ist die deutsche Version von Bonnie und Clyde, die als moralbefreites Verbrecherduo mit kindlicher Lust Banken ausrauben und von einem fanatischen Polizisten gejagt werden, der bei seiner Jagd all die neuen Ermittlungsmethoden, die er im Ausland gelernt hat, ausprobieren will.
Da erinnert Ken Duken dann immer wieder an den fanatischen FBI-Agenten Melvin Purvis, gespielt von Christian Bale in Michael Manns „Public Enemies“. Es gibt in „Banklady“, wie in „Public Enemies“ auch eine Szene, in der Werler beziehungsweise John Dillinger, sich im Büro des Polizisten seine Ermittlungen gegen sie ansieht, während er gerade eine kurze Pause macht. In beiden Filmen funktioniert diese allzu konstruiert wirkende Szene nicht.
Wenn er später glaubt, das Verbrecherpaar in einer Ferienwohnanlage gefunden zu haben, verschießen die Polizisten mehr Munition als beim legendären Ende von Arthur Penns „Bonnie und Clyde“. Es ist die falsche Wohnung, aber das Mobiliar geht fotogen zu Bruch.
Alvart erzählt Werlers Geschichte mit einem deutlichen Blick in Richtung der bekannten Hollywood-Vorbilder. Nur dass in diesen Badlands die Verbrecher in einem VW Käfer flüchten und überall noch der Muff der fünfziger Jahre erkennbar ist.
Das ist unbestritten gut gemacht, aber wirklich packend ist die „Banklady“ nie. Sie wirkt immer wie eine Pastiche von Gangsterfilmen wie „Bonnie und Clyde“ mit Nadeshda Brennicke mit kurzen Haaren und einem irritierrendem Höckerchen auf der Nase als die deutsche Bonnie und Charly Hübner mit erkennbarer Lust am großkotzigen Auftritt als Clyde.
Banklady (Deutschland 2013)
Regie: Christian Alvart
Drehbuch: Christoph Silber, Kai Hafemeister
mit Nadeshda Brennicke, Charly Hübner, Ken Duken, Andreas Schmidt, Hein Hoenig, Henny Reents, Niels Bruno Schmidt, Heinz Struck
Länge: 118 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Hinweise
Film-Zeit über „Banklady“
Moviepilot über „Banklady“
Wikipedia über die echte Banklady Gisela Werler
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Eineo Doku über diese Bankräuberin