Neu im Kino/Filmkritik: „Erwartung – Der Marco-Effekt“ beschäftigt das Sonderdezernat Q

An der Grenze nach Dänemark wird der vierzehnjährige Marco in einem Zug festgenommen. Für Carl Mørck und seinen Kollegen Assad vom Sonderdezernat Q, das sich um alte, nicht aufgeklärte Fälle kümmert, ist das eine Festnahme, die sie interessiert. Denn der Roma-Junge hat eine Seite aus dem Reisepass des vor vier Jahren spurlos verschwundenen William Stark bei sich. Stark arbeitete im Entwicklungsministerium und Nordic-Noir-Fans können sich jetzt den Rest der Geschichte schon denken. Denn natürlich wurde Stark ermordet, um eine große Schandtat zu vertuschen, angesehene Mitglieder der Gesellschaft sind involviert und Marco weiß mehr als er wissen sollte.

Erwartung – Der Marco-Effekt“ ist die fünfte Verfilmung eines Romans aus Jussi-Adler-Olsens unglaublich erfolgreicher Sonderdezernat-Q-Serie. Es ist auch gleichzeitig die Verfilmung des fünften Romans der auf zehn Bände angelegten Serie. Bis jetzt sind neun Romane erschienen. In den ersten Filmen spielte Nikolaj Lie Kaas Carl Mørck und Fares Fares seinen Kollegen Assad. Mørck wurde in Kopenhagen in das für ihn gegründete Sonderdezernat Q, das sich um Cold Cases kümmern soll, abgeschoben. Irgendeine Stelle muss der Miesepeter, der mit Menschen nicht umgehen kann, halt haben. Er ist ein wahrer Stinkstiefel und ein begnadeter Ermittler. Jedenfalls wird das uns in den Büchern und Filmen immer wieder gesagt. Tatsächlich verhält er sich normalerweise vollkommen unprofessionell, geht intuitiv vor und verärgert grundlos alle möglichen Leute. Der echte Ermittler ist Assad.

Nach vier Filmen, von denen der letzte Krimi „Verachtung“ (Journal 64, Dänemark/Deutschland 2018) überraschend gelungen war, ist jetzt ein umfassender Neustart geplant. Es gibt neue Drehbuchautoren, einen neuen Regisseur und auch die Hauptrollen wurden von anderen Schauspielern übernommen. Carl Mørck wird von Ulrich Thomsen, Assad von Zaki Youssef gespielt. Damit standen alle Zeichen auf Veränderung in einer bislang durchwachsenen, eher wenig überzeugenden Nordic-Noir-Krimireihe.

Erfreulich ist, dass der grundsätzlich depressive Carl Mørck hier endlich einmal etwas professioneller ermittelt und sich etwas normaler verhält. Die Betonung liegt auf ‚etwas‘. Die zielgerichtete Ermittlungsarbeit erledigt immer noch Assad. Verhöre und eigentlich alle Gespräche mit anderen Menschen sollten grundsätzlich von ihm geführt werden. Mørck behindert ihn dabei eher.

Erfreulich ist auch, dass das Privatleben der Ermittler hier nicht vorkommt. Es ist meisten für den Fall vollkommen uninteressant und lenkt daher nur von dem Fall ab.

Und das war es auch schon mit den erfreulichen Meldungen. Die Romangeschichte wurde, wie bisher, für die Verfilmung umfassend bearbeitet und damit verbessert. Das ändert nichts daran, dass die Geschichte absolut vorhersehbar ist. Die Inszenierung mit der Handkamera und den Nahaufnahmen ist ebenfalls anders als bei den vorherigen Filmen. Sie zielt eindeutig auf den TV-Bildschirm und genauso wirkt dann auch der ganze Film.

Insgesamt ist „Erwartung – Der Marco-Effekt“ ein überflüssiger Thriller; – sagt ein bekennender Nicht-Jussi-Adler-Olsen-Fan.

Erwartung – Der Marco-Effekt (Marco Effekten, Deutschland/Dänemark/Tschechien 2021)

Regie: Martin Zandvliet

Drehbuch: Anders Frithiof August, Thomas Porsager (Co-Autor), Martin Zandvliet (Co-Autor)

LV: Jussi Adler-Olsen: Marco Effekten, 2012 (Erwartung)

mit Ulrich Thomsen, Zaki Youssef, Sofie Torp, Henrik Noèl Olesen, Anders Matthesen, Lisa Carlehed, Caspar Phillipson

Länge: 125 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Die Vorlage, zum Filmstart mit neuem Cover

Jussi-Adler-Olsen: Erwartung

(aus dem Dänischen von Hannes Thiess)

dtv, 2022

576 Seiten

11,95 Euro

Deutsche Erstausgabe

dtv, 2013

Originalausgabe

Marco Effekten

Politikens Forlag, 2012

Hinweise

Filmportal über „Erwartung – Der Marco-Effekt“

Moviepilot über „Erwartung – Der Marco-Effekt“

Wikipedia über „Erwartung – Der Marco-Effekt“ und über Jussi Adler-Olsen

Dänische Homepage von Jussi Adler-Olsen

Deutsche Homepage von Jussi Adler-Olsen

Krimi-Couch über Jussi Adler-Olsen

Meine Besprechung von Jussi Adler-Olsens „Erbarmen“ (Kvinden i buret, 2008)

Meine Besprechung von Mikkel Nørgaards Jussi Adler-Olsen-Verfilmung „Erbarmen“ (Kvinden i buret, Dänemark/Deutschland/Schweden 2013)und der DVD

Meine Besprechung von Mikkel Nørgaards Jussi-Adler-Olsen-Verfilmung „Schändung – Die Fasanentöter“ (Fasandræberne, Dänemark/Deutschland/Schweden 2014) (Film- und Buchbesprechung) und der DVD

Meine Besprechung von Hans Petter Molands Jussi-Adler-Olsen-Verfilmung „Erlösung“ (Flaskepost fra P, Dänemark/Deutschland/Schweden/Norwegen 2016)

Meine Besprechung von Christoffer Boes Jussi-Adler-Olsen-Verfilmung „Verachtung“ (Journal 64, Dänemark/Deutschland 2018) (Film- und Buchbesprechung)

Meine Besprechung von Martin Zandvliets „Unter dem Sand – Das Versprechen der Freiheit“ (Under sandet, Deutschland/Dänemark 2015)

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..

%d Bloggern gefällt das: