Die am härtesten arbeitende Privatdetektivin ist zurück. Im Gegensatz zu Mike Hammer, der gerne nach einem Kneipenbesuch im nächtlichen New York in dunklen Gassen über seine Fälle stolpert, oder Spenser, der sich schlagend, blödelnd und philosophierend durch seine Fälle kämpft, hetzt Vic Warshawski durch Chicago von einem Kunden zum nächsten und sitzt um Büro, um Berichte und Rechnungen zu schreiben. Daneben hat sie noch Zeit, sich, wie Hammer und Spenser, um richtig spannende und gefährliche Fälle zu kümmern.
In „Schiebung“, dem neuesten auf Deutsch erschienenem Warshawski-Krimi, kümmert sie sich um zwei Fälle aus ihrem privaten Umfeld. So ist ihre Nichte Reno Seale spurlos verschwunden. Sie arbeitete bei der Kreditfirma „Rundum sorglos“, die legal arme Schuldner in den Ruin treibt. Kurz vor ihrem Verschwinden war Reno von ihren Chefs zu einer großen Firmenfeier nach St. Matthieu eingeladen worden. Dort geschah etwas, das sie nachhaltig verstörte.
In Vics zweitem Fall wird bei einer in der Nähe von Chicago in einem Wald gefundenen, unbekannten Leiche die Handy-Nummer von Felix Herschel gefunden. Er ist ein Verwandter von Vics Freundin Lotty Herschel. Der junge Kanadier studiert am Illinois Institute of Technology Ingenieurwissenschaft und ist seit kurzem Mitglied der aktivistischen Gruppe „Ingenieure für eine freie Welt“, die bereits Ärger mit der Einwanderungs- und Zollbehörde hatte. Als Felix von der Polizei zur Leiche geführt wird, erkennt er den Toten nicht.
Vic beginnt sich in beiden Fällen umzuhören und dabei möglichst viele Leute, unter anderem ihren Ex-Mann, einen gut verdienenden Anwalt mit entsprechend zweifelhaften Geschäftspartnern und Mandanten, zu nerven. Sie wird, wie es sich für einen guten literarischen Privatdetektiv gehört, mehrmals zusammen geschlagen, wehrt sich, muss sich mit der Polizei herumärgern und sie trifft den überaus netten Archäologen und Institutsleiter Peter Sansen. Er beschäftigte, wie Vic vor der Polizei herausfindet, in seinem Institut Leroy Fausson, den unbekannten Toten aus dem Wald. Er war Doktorand und vor Jahren bei Ausgrabungen in Syrien dabei.
Wer vor oder während der Lektüre einen Blick ins Glossar wirft, hat auch eine gute Ahnung von der Lösung. Es geht um den Raub von Artefakten (mehr), Blackwater (weniger), halb- und illegale Finanzgeschäfte und die aktuelle US-Politik gegenüber Immigranten, die den der dafür zuständigen Behörde ICE gnaden- und auch maßlos durchgesetzt wird.
Wie üblich verpackt Sara Paretsky diese aktuellen Themen gekonnt in eine spannende Geschichte.
Sara Paretsky: Schiebung
(übersetzt von Else Laudan)
Ariadne/Argument Verlag, 2022
512 Seiten
25 Euro
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Originalausgabe
Shell Game
William Morrow/HarperCollins, 2018
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Bonushinweis
Jetzt als Taschenbuch erhältlich: ein etwas älterer, ebenfalls lesenswerter Fall von Vic Warshawski:
Sara Paretsky: Kritische Masse
(übersetzt von Laudan & Szelinski)
Ariadne, 2023
544 Seiten
18 Euro
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Gebundene Ausgabe
Ariadne/Argument Verlag, 2018
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Originalausgabe
Critical Mass
G. P. Putnam’s Sons, 2013
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Hinweise
Wikipedia über Sara Paretsky (deutsch, englisch)
Thrilling Detective über Vic Warshawski
Meine Besprechung von Sara Paretskys „Kritische Masse“ (Critical Mass, 2013)
Meine Besprechung von Sara Paretskys „Altlasten“ (Fallout, 2017)