Bei diesem Bild, gemacht auf dem Weg zur S-Bahn-Station Westhafen, wollte ich nur ausprobieren, was herauskommt, wenn ich direkt in die noch ziemlich hoch am Himmel stehende Abendsonne hineinfotografiere. Ich dachte, dass das ein weiteres „Aha, so geht es nicht.“-Bild wird.
Ehe die Bilder auf meiner Festplatte den Weg ins digitale Vergessen finden, poste ich einige Postkarten-Impressionen von meinem jetzt auch schon gut zwei Wochen zurückliegendem Besuch in Karlsruhe und Rastatt (das Schloss, das Schloss, der Fluss):
Kurz vor dem Kinostart von “Anselm – Das Rauschen der Zeit” durfte die Kriminalakte mit Wim Wenders über sein bildgewaltiges Künstlerporträt und seinen nächsten, in Japan spielenden wundervollen Film “Perfect Days” (Kinostart: 21. Dezember 2023) reden.
Anselm Kiefer ist einer der, vielleicht sogar der größte lebende deutsche Künstler. Er beschäftigt sich in seinem Werk immer wieder mit der deutschen Vergangenheit und deutschen Mythen. Über die überschwängliche Anerkennung im Ausland wurde er in den achtziger Jahren auch in Deutschland anerkannt. Die Verleihung des Wolf-Preises 1990 sorgte für eine weitere Revision der bundesdeutschen Kiefer-Rezeption. Gleichzeitig erweiterte Kiefer seinen Themenkreis von der deutschen Geschichte hin zu orientalischen Kulturen, jüdischer Mystik, Astronomie und Kosmogonien.
Seine Werk umfasst Fotografie, Künstlerbuch, Holzschnitt, Malerei, Skulptur, Bühnenbild, Installation und Architektur. Seine Werke sind oft sehr groß. In Barjac, das sich grandios als Kulisse für eine Spielfilm-Dystopie eignet, gibt es mehrstöckige Häuser, ein Amphitheater und viele weitere Installationen, die – wenn man nicht das Freilichtmuseum besuchen will – auf einer großen Kinoleinwand überwältigend gut aussehen. Wim Wenders zeigt das in „Anselm – Das Rauschen der Zeit“.
Wim Wenders ist ebenfalls Jahrgang 1945 und er ist einer der wenigen weltweit anerkannten und bekannten deutschen Regisseure. Zu seinen bekanntesten und wichtigsten Filmen gehören “Alice in den Städten”, “Im Lauf der Zeit”, “Der amerikanische Freund”, “Paris, Texas” und “Der Himmel über Berlin”. Noir-Fans lieben auch seine Joe-Gores-Verfilmung “Hammett”. Neben den Spielfilmen inszenierte er zahlreiche Dokumentarfilme, wie “Tôkyô-ga“, “Pina“, “Das Salz der Erde” und, zuletzt, “Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes“.
Wim Wenders über die erste Begegnung mit Anselm Kiefer und wie es zu „Anselm“ kam:
Das war im Februar 1991. Ich war damals in Berlin und habe einen meiner Filme geschnitten. Abends bin ich immer zu Fuß in mein Lieblingsrestaurant, das „Exil“, gegangen. Anselm hat zur gleichen Zeit mehrere Wochen lang seine Ausstellung in der Nationalgalerie vorbereitet. Eines Tages kam er in das „Exil“. Es war ihm wohl empfohlen worden. Es gab nur einen Tisch mit einem freien Platz. Das war meiner. Er hat sich zu mir hingesetzt. Ich wusste, wer er ist. Und er wusste wohl auch, wer ich war. Wir haben, etwas schüchtern, angefangen, uns zu unterhalten. Wir verstanden uns gut. Er bot mir sogar eine seiner Zigarren an. In der Zeit war das „Exil“ immer unglaublich verqualmt.
Am Ende des Abends verabredeten wir uns für den nächsten Abend. Das haben wir fast zwei Wochen lang gemacht und viel über uns erfahren.
In den zwei Wochen kam dann irgendwann der feste Plan für einen Film auf. Ich wusste, dass Anselm ein Maler war, der auch eigentlich Filme machen wollte. Er wusste, dass ich ein Filmemacher war, der eigentlich Maler werden wollte. Wir dachten, dass wenn wir zwei was machen würden, daraus etwas Interessantes entstehen könnte.
Das hat dann Gott sei Dank dreißig Jahre gedauert. Ich weiß nicht, was damals aus unserer Idee geworden wäre.
Über seinen ersten Besuch in Barjac, die Dreharbeiten und den Schnitt:
Vor dreißig Jahren wäre es jedenfalls ein völlig anderer Film geworden. Ich habe ja erst langsam die Möglichkeiten des Dokumentarfilm entdeckt. Dass ich „Anselm“ in 3D drehen würde, wusste ich nach meinem ersten Besuch in Barjac. 2019 lud mich Anselm dorthin ein. Er gab mir eine Karte vom Gelände und hat mich allein gelassen.
Das mache ich sehr gerne, dass mir niemand was erklärt und ich alles allein erkunde. Im Museum nehme ich keine Audioguides mit. Städte erkunde ich lieber mit einem Stadtplan als mit einem Navi. Ich möchte einfach gucken. Und wenn ich dann was verpasse, dann ist das völlig egal.
Ich verbrachte dann den ganzen Tag auf dem Gelände. Zehn Stunden. Es war ein schöner Sommertag. Ich habe mich in den Gängen verloren und musste manchmal wieder zurückgehen, um den Weg rauszufinden. Ich sah das Amphitheater, die ganzen Häuser und die Himmelspaläste.
Am Abend haben wir uns wieder gesehen. Und dann habe ich eigentlich gleich, als wir uns hingesetzt haben, gesagt: „Ich weiß, warum du mich eingeladen hast.“ Er sagte: „Ich werde älter und möchte nicht, dass wir den Film erst machen, wenn ich sowieso alles vergessen habe.“ Danach versprachen wir uns, dass wir bald mit dem Film anfangen würden.
Als ich das erste Mal in Barjac drehte, wusste ich noch nicht, wie der Film am Ende aussehen sollte. Ich sagte ihm, wann ich wo drehte. Beim Dreh im Odenwald war er nicht dabei. In Rastatt nur am Schluss. In Barjac haben wir sieben Mal gedreht. Während des zweieinhalbjährigen Drehs schnitten wir den Film. Der Rohschnitt hat dann beeinflusst, was wir drehten. So wussten wir irgendwann, dass auch Anselms Zeit im Odenwald und seine Kindheit in den Film gehörten.
Ganz am Schluss bemerkten wir, dass wir Anselm noch nicht in einer Ausstellung gezeigt hatten. Da erzählte er mir von seiner geplanten Ausstellung im Dogenpalast in Venedig. Diese Ausstellung war der letzte Dreh. Kurz danach war der Film fertig.
Im Nachhinein ist vielleicht einiges zu kurz gekommen. Aber ich wollte nicht alles zeigen. Ich will die Zuschauer mitnehmen in dieses Universum von Anselm Kiefer.
Über die Zusammenarbeit mit Anselm Kiefer:
Anselms Ästhetik ist in jedem seiner Gebäude und all seinen Werken, die in Barjac stehen. Barjac ist ein großes Gesamtkunstwerk, unter und oberirdisch.
Er arbeitet gerne alleine und mitten in der Nacht, wenn keine Seele mehr wach ist. Dann steigt er in seine Schluppen und zieht den Bademantel an. Er malt dann bis die Sonne aufgeht. Danach geht er wieder schlafen.
Auf die Gestaltung des Films hat er keinerlei Einfluss gehabt. Er wollte das auch absolut nicht. Er sagte mir: „Du sagst mir, was du drehen willst und dann bin ich da.“
Der einzige Widerspruch von ihm war, als er bei einem langen Gespräch sagte: „Findest du nicht auch, dass es das Langweiligste ist, einen Maler beim Malen zu sehen?“ Ich sagte ihm, dass ich ihm gerne dabei zusähe. Dann hat er ein bisschen gegrummelt, aber weil er mir ja vorher gesagt hatte, ich könne machen, was ich wolle, hat er letztlich zugestimmt.
Vor den Dreharbeiten: Gespräche mit Anselm Kiefer und die Bedeutung des Rheins für Kiefer und Wenders:
Zur Vorbereitung des Films haben Anselm und ich erst einmal lange geredet. Wir haben uns an zehn Tagen getroffen und für jeden Tag ein Thema gehabt. Wir haben uns ziemlich gut an das für den Tag vorgegebene Thema gehalten und in allen Facetten, auch mit Beispielen aus seinen Arbeiten, beleuchtet. Wir haben alles aufgenommen. Daraus wurden allen Ernstes 1200 Transkriptseiten, die mein Büro schreiben musste.
Aber es war gut, denn so musste ich ihn später nicht mehr über sein Leben und seine Ansichten befragen. Ich habe ihn auch beobachtet. Wenn man sich genauer kennenlernt, merkt man auch, wie viel Kind in jemand übrig geblieben ist. Ich habe dafür einen besonderen Blick. Ich will in einem Erwachsenen eigentlich immer das Kind erkennen, das er oder sie mal war. Manchmal sieht man nichts. Bei vielen Menschen sieht man es nicht mehr. Ich weiß nicht, wie das bei mir selbst ist, aber es liegt auch an anderen, das zu sehen. In Anselm habe ich das Kind gut gesehen.
Damals habe ich nicht gedacht, dass seine Kindheit im Film vorkommen würde. Ich wollte nur, dass wir über alles, was mir wichtig schien, reden.
Nachdem wir schon einige Male gedreht hatten, bemerkte ich, dass ich das Thema Kindheit nur über Text behandelte. Dabei wollte ich im Film nichts sagen. Ich wollte auch nicht, dass Anselm im Film viel redet.
Da habe ich gedacht: dann muss ich es inszenieren. In dem Moment hat mir geholfen, dass ich zu dem Zeitpunkt das Haus entdeckte, in dem Anselm als Kind lebte, und das er zurückgekauft hatte. Sein Vater unterrichtete an dieser Grundschule. Anselm wohnte in einem Zimmer unter dem Dach, das immer noch so erhalten ist.
Seine Kindheit habe ich dann in dem Zimmerchen unter dem Dach und dem nahen Rhein inszeniert. Ich wusste, dass er viel Zeit am Rhein zugebracht hat.
Das verband mich mit ihm. Der große Abenteuerplatz meiner Kindheit war der Rhein. In Düsseldorf gab es auch nichts anderes. Da gab es den Rhein und die Rheinwiesen. Vieles war verboten. Trotzdem sind wir als Kinder dann doch in die Ruinen reingegangen. Wir waren immer in den Trümmern.
Aber der Rhein und der Geruch des Rheins sind meine allertiefste Erinnerung. Der Rhein hat Anselm und mich verbunden. Außerdem unser Aufwachsen in einem Land, das es nicht mehr gab und das nach dem Krieg erst wieder neu erfunden werden musste.
Über Daniel Kiefer (Sohn von Anselm Kiefer) und Anton Wenders (Großneffe von Wim Wenders), die Anselm Kiefer als jüngeren Mann und Jungen spielen:
Wir haben Daniel Kiefer als jungen Anselm genommen, ohne Anselm zu fragen. Das wollte er so. Er hat mir vorher gesagt: „Ich will nicht wissen, was du drehst. Du drehst, was du willst. Solange du mich überraschst, kannst du drehen, was du willst. Von mir kriegst du keinen Input.“
Daniel war für mich wichtig, weil er mein einziger Zeitzeuge für die fünfzehn Jahre war, in denen Anselm niemand traf. Nur seine Frau und seine Kinder wussten, wie er gelebt hat. Es gibt ein paar Fotos, aber es hat ihn dort im Odenwald niemand besucht. Da war kein Galerist, da war kein Kunsthändler, da war kein Kunstgeschichtler, Anselm ist fünfzehn Jahre in völliger Anonymität als Maler großgeworden und hat vieles von dem, was sein Schaffen ausmacht, in den Grundzügen schon im Odenwald in Hornbach in seinem Atelier in der Dorfschule geschaffen. Er hat da ganz allein gearbeitet und war völlig unbekannt. Der einzige, der ein bisschen was von seinem Werk kannte, war Joseph Beuys. Zu ihm ist er, mit ein paar aufgerollten Leinwänden, hin und wieder gefahren. Kiefers Frau arbeitete als Lehrerin. Anselm beaufsichtigte die Kinder. Er hat gekocht, viel im Haushalt gemacht und er malte. Daniel saß dann oft auf dem Dachboden-Atelier bei ihm. Sie unternahmen auch viele gemeinsame Fahrradtouren.
Erst von Daniel erfuhr ich, dass Anselm fast jeden Tag die Landschaft fotografierte. Bis heute gehen viele seiner Bilder zurück auf diese Fotos. Anselms gesamte Malerei ist nach wie vor realitäts- und fotobezogen.
Daniel war für diese Zeit mein Kronzeuge. Nachdem er mir so viel über seinen Vater erzählt hatte, habe ich ihn gefragt, ob er sich, wenn wir die richtigen Drehorte fänden, zutrauen würde, seinen Vater zu spielen. Er war einverstanden.
Nach den Aufnahmen mit Daniel, in denen wir einen Maler zeigen, den niemand kennt, entschloss ich mich, auch Anselms Kindheit in Ottersdorf zu zeigen.
Wir suchten in der Gegend von Karlsruhe nach Kindern, die den dortigen Akzent beherrschen. Anselm hat als Junge richtig fett badisch gesprochen. Den Akzent hat er immer noch. Beim Casting überzeugte mich niemand und ich überlegte schon, wie ich diesen Abschnitt aus Anselms Leben anders zeigen könnte.
Als ich das nächste Mal bei meiner Familie in München war, hat mein Großneffe Anton mir mal wieder die Welt erklärt. Das kann er gut. Er will Wissenschaftler werden. Er weiß wirklich sehr viel über Physik, Biologie und Chemie. Er programmiert auch Computer. Ich habe ihm nur zugehört und zugeguckt und dachte: „Warum suchst du denn groß? Er hat alles, was du suchst.“
(Den zweiten Teil des Interviews gibt es im Dezember zum Start von „Perfect Days“. Foto: Axel Bussmer)
Anselm – Das Rauschen der Zeit (Deutschland/Frankreich 2023)
Deutschland im Sommer 2023: Der westdeutscher YouTuber Lonzo hat das erfolgreiche Video „Die Zerstörung der DDR“ veröffentlicht. Es sorgt für diplomatische Verwicklungen. In der DDR ist der bekannte Online-Aktivist Marc ‚Perry‘ Ramelow seit mehreren Wochen verschwunden. Der Systemgegner wird von Stasi-Offizieren in Hohenschönhausen verhört.
Moment mal! DDR? Stasi? Das gibt es doch schon seit über dreißig Jahren nicht mehr.
Das stimmt schon, aber in Holger Kreymeiers Roman „Hashtag #DDR“, eine äußerst gelungene und erfrischend blödelhumorfreie Mischung aus Alternativweltgeschichte, Polit-Thriller und etwas Satire, ist das anders. Die DDR gibt es noch. Sie ist in dem SF-Thriller eine detailliert und glaubwürdig ausgedachte Mischung aus der 1989/1990 untergegangenen DDR und wie sie heute in ihrer Piefigkeit sein könnte. Systemgegner bekämpfen die DDR, während die sehr alte DDR-Regierung überlegt, wie sie ihre Macht erhalten kann. Geheimagenten versuchen die jungen und naiven YouTuber und Systemgegner für ihre Zwecke auszunutzen. Sie spielen ihnen echte und falsche geheime Unterlagen zu. Lonzo und Perry versuchen mit heiler Haut aus der Sache rauszukommen. Dabei muss auch Lonzo lernen, dass er auf dieser und jener Seite der Mauer niemand vertrauen kann.
Mit Holger Kreymeier sprachen wir über „Hashtag #DDR“. Er spricht über seinen Roman, wie er für seinen Roman die Welt und die DDR erfand, frühere Besuche in der real existierenden DDR, seine Recherche, den langen Prozess von der ersten Idee bis zur Publikation von „Hashtag #DDR“ und über das Buchcover. Am Ende des Gesprächs verrät er, welche Bücher und Filme er nach der Lektüre seines Romans empfehlen könne.
Holger Kreymeier ist als Chef und kreativer Kopf von „Massengeschmack-TV“ und davor „Fernsehkritik-TV“ bekannt.
Das von Axel Bussmer dokumentierte Gespräch war am 5. Oktober 2023 in Berlin im Babylon-Kino, vor einem launigen Abend mit Massengeschmack-TV und Oliver Kalkofe.
Sie retten Leben – und sind deshalb hoch umstritten: die im Mittelmeer tätigen Seenotretter. Sie retten Menschen, die aus Afrika nach Europa flüchten, vor dem Ertrinken und bringen sie nach Europa. Das ist das nächste rettende Ufer. Die in Deutschland bekannteste Organisation ist Sea-Watch.
Im Juli 2021 fuhr Adrian Pourviseh auf einem ihrer Schiffe, der Sea-Watch 3, mit. Er sollte dolmetschen und den Einsatz als Fotograf dokumentieren.
Diese mehrwöchige Fahrt bildet die Grundlage für den von ihm geschriebenen und gezeichneten Comic „Das Schimmern der See – Als Seenotretter auf dem Mittelmeer“.
Der Comic ist eine eindrucksvolle Schilderung seiner Erlebnisse und der widerstreitenden Gefühle, die er dabei hatte. Im Mittelpunkt des Buches stehen drei Rettungen. Fast immer gibt es Probleme mit der libyschen Küstenwache und der mangelnden Bereitschaft Italiens, die Geretteten aufzunehmen. Einmal wird mit den italienischen Behörden über Stunden über die Aufnahme eines Jungen, der schwere Verbrennungen hat und sofort in ein Krankenhaus muss, verhandelt. Einmal befindet sich ein Holzboot mit vierhundert Menschen in Seenot. Die Rettung, bei der mehrere Schiffe beteiligt waren, dauert mehrere Stunden.
Die Zeichnungen und die knappen Dialoge machen die Not der aus Afrika geflüchteten Menschen und die Arbeit der Retter begreifbar. Die Retter berufen sich dabei auf internationales Seerecht, das Seeleute verpflichtet, „allen Personen, selbst feindlichen, die auf See in Lebensgefahr angetroffen werden, Beistand zu leisten“ (Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die Hilfeleistung und Bergung in Seenot von 1910).
Für die Kriminalakte war die Veröffentlichung von „Das Schimmern der See“ ein willkommener Anlass, sich mit Adrian Pourviseh und Giulia Messmer, einer Sprecherin von Sea-Watch, zu treffen.
Wir sprachen über Sea-Watch, wie die Mitglieder einer Mannschaft ausgewählt werden, wie sie sich auf die Fahrt vorbereiten, wie das Leben auf dem Schiff ist (im Comic wird das nur kurz gestreift zugunsten der Schilderung der Rettungseinsätze) und warum Pourviseh sich entschloss, seine Fahrt auf der Sea-Watch 3 in einen Comic zu verarbeiten.
Das Gespräch fand im Sommer 2023 in Berlin statt.
Adrian Pourviseh: Das Schimmern der See – Als Seenotretter auf dem Mittelmeer
Das ist ein Angebot, das Luca Stoffels unbedingt ablehnen sollte. Aber Stoffels, ein kleinkrimineller, vom Pech verfolgter Loser mit Beziehungsproblemen, steckt gerade in einer saublöden Situation. Da könnten die 6000 Euro, die ihm der bärtige Fremde anbietet, ein Ausweg aus seiner aktuellen Bredouillie sein. Dass er dafür fortan von einem nur für ihn sichtbaren Dämon begleitet wird, ist für Luca kein Problem. Denn was soll schon passieren?
Kurz darauf, als er einem psychopathischem Mörderpärchen, einem waschechten Dämon und einem gewaltgeneigtem Gangsterboss gejagt und er im Kölner Dom in eine Karnevalsversammlung stolpert, merkt er, dass er in gewaltigen Schwierigkeiten steckt und die Nacht nur mit viel Glück überleben wird. Nur Glück hat er normalerweise nicht.
„Ein verdammter Handschlag“ ist eine herrlich durchgeknallte schwarzhumorige Fantasy-Horrorgeschichte mit einer wohltuenden Missachtung der körperlichen Unversehrtheit seiner Protagonisten. Diese Mischung kennen wir, vor allem auf diesem Niveau, vor allem von angloamerikanischen Künstlern.
Allerdings spielt die Geschichte von „Ein verdammter Handschlag“ nicht in den USA, sondern in Köln. Geschrieben wurde sie von TV-Drehbuchautor Matze Ross. Gezeichnet wurde sie von Illustrator Jan Bintakies. Beide haben für ihr Comicdebüt in jahrelanger Arbeit (mehr dazu im Video-Interview) ihre inneren Dämonen, ihre Liebe zum Horrorfilm und zu grundsympathischen Loosern entfesselt. Wer will, kann in Luca Stoffels (Was für ein Name!) etwas von „Bang Boom Bang“ Oliver Korittke und „Trainspotting“ Ewan McGregor entdecken. Bintakies‘ satirisch überspitzten Zeichnungen erinnern, immer wieder, etwas an Rob Guillorys „Chew – Bulle mit Biss!“.
„Ein verdammter Handschlag“ ist ein großes Vergnügen und ein dämonisch gelungener Einstand.
Das Gespräch mit Jan Bintakies fand am 25. Mai 2023 während des Salon der Graphischen Literatur in Berlin in der Bibliothek am Luisenbad statt.
Wir sprechen über „Ein verdammter Handschlag“, die Entwicklung der Geschichte, warum zwischen der ersten Idee und der Veröffentlichung mehrere Jahre vergingen, welche Einflüsse erkennbar sind, das Crowdfunding für die Deluxe-Edition des Comics und welche Pläne Matze Ross und Jan Bintakies haben.
Matze Ross/Jan Bintakies: Ein verdammter Handschlag
„Alles begann an einem kalten Dienstag im Januar, morgens um halb zwei, als Martin Turner, Straßenkünstler und nach einengen Worten Gigolo in Ausbildung, vor der Säulenvorhalle von St. Paul’s am Covent Garden über eine Leiche stolperte.“
So beginnt Ben Aaronovitchs erster Roman mit Peter Grant. Peter Grant ist in dem Moment ein junger Police Constable bei der Metropolitan Police. Wenige Zeilen später begegnet er einem Geist. Und der Rest ist Geschichte. Denn „Die Flüsse von London“ war 2011 (in Deutschland ein Jahr später) der Auftakt für eine erfolgreiche Urban-Fantasy-Reihe um Peter Grant, Polizist und Zauberlehrling. Bis heute sind neun reguläre, sich exzellent verkaufende Romane, etliche Kurzromane, Kurzgeschichten und Comics, die sich teils auf bestimmte Figuren aus dem „Die Flüsse von London“-Universum konzentrieren, erschienen. Seit einigen Tagen gibt es außerdem ein Rollenspiel.
In den Geschichten verbindet Aaronovitch gelungen britischen Humor mit Fantasy (Geister, Hexen, Dämonen, Flußgötter, Zauberer) und einer, bis auf die Sache mit der schon erwähnten Zauberei, realistischen Kriminalgeschichte. Damit sind seine Bücher etwas für Krimi- und Fantasy-Fans.
Am Dienstag, den 2. Mai 2023, besuchte Ben Aaronovitch, zwischen Leipziger Buchmesse und weiteren Leseterminen, für eine von der Science-Fiction/Fantasy-Buchhandlung „Otherland“ zusammen mit dtv organisierten Lesung Berlin. Im bis zum letzten Sitzplatz gefüllten Ballhaus Walzerlinksgestrickt sagte Aaronovitch, er habe bereits einige weiter „Die Flüsse von London“-Geschichten geschrieben. Und er werde weitere schreiben.
Vor der Lesung sprach Ben Aaronovitch mit mir über seine beiden neuesten Romane, den neunten Peter-Grant-Roman „Die Silberkammer in der Chancery Lane“ (Amongst our Weapons) und den Kimberly-Reynolds-Kurzroman „Die schlafenden Geister des Lake Superior“ (Winter’s Gifts), Peter Grant, die von ihm geschaffene Welt und das Schreiben.
Ben Aaronovitch: Die schlafenden Geister des Lake Superior – Eine Kimberley-Reynolds-Story
(übersetzt von Christine Blum)
dtv, 2023
240 Seiten
11,95 Euro
–
Originalausgabe (die erst in einigen Tagen erscheint)
Winter’s Gift
Orion, 2023
–
Ben Aaronovitch: Die Silberkammer in der Chancery Lane
(übersetzt von Christine Blum)
dtv, 2022
416 Seiten
15,95 Euro
–
Originalausgabe
Amongst our Weapons
Gollancz, London 2022
Ben Aaronovitch (Schöpfer)/Celeste Bronfman (Story)/Andrew Cartmel (Skript-Lektorat)/José María Beroy (Zeichnungen): Die Flüsse von London: Und wenn sie nicht gestorben sind… (Band 10)
(übersetzt von Kerstin Fricke)
Panini, 2023
116 Seiten
17 Euro
–
Originalausgabe
Rivers of London: Deadly ever after
Titan Comics, Januar 2023
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Ben Aaronovitch (Story)/Andrew Cartmel (Story)/José María Beroy (Zeichnungen): Die Flüsse von London: Ein mieser Montag (Band 9)
Ben Aaronovitchs „Die schlafenden Geister des Lake Superior – Eine Kimberley-Reynolds-Story“ (Winter’s Gift, 2023)
Ben Aaronovitchs „Die Silberkammer in der Chancery Lane“ (Amongst our Weapons, 2022)
Ben Aaronovitch (Schöpfer)/Celeste Bronfman (Story)/Andrew Cartmel (Skript-Lektorat)/José María Beroy (Zeichnungen) „Die Flüsse von London: Und wenn sie nicht gestorben sind… (Band 10)“ (Rivers of London: Deadly ever after, 2023)
Ben Aaronovitch (Story)/Andrew Cartmel (Story)/José María Beroy (Zeichnungen) „Die Flüsse von London: Ein mieser Montag (Band 9)“ (Rivers of London: Monday, Monday, 2021)
Auf der Leipziger Buchmesse unterhielt die Kriminalakte sich am 27. April 2023 mit Christopher Golden und Kim Sherwood über ihre neuen und neu auf Deutsch erschienenen Romane. Golden hatte seinen brandneuen Thriller „Road of Bones – Straße des Todes“ (Cross Cult) und den im Original bereits 2010 unter dem Pseudonym Jack Rogan erschienenen Horrorthriller „The Ocean Dark“ (Buchheim) im Gepäck. Kim Sherwood ihren ersten James-Bond-Roman „Doppelt oder Nichts“ (Double or Nothing) (Cross Cult). Der Thriller ist der Beginn einer Trilogie, die James Bond in die Gegenwart bringt und auch einen Blick auf seine Kollegen wirft. Das sind die 00-Agenten, die bis jetzt nur als „00[Nummer] wurde getötet.“ bekannt sind.
Wir sprachen über ihre neuen Bücher, über die Herausforderung, Geschichten für bereits existierende Figuren zu erfinden, und wie sie ihre Romane schreiben. Das Gespräch endet mit jeweils fünf sechs, ausführlich von Kim Sherwood und Christopher Golden begründeten Leseempfehlungen für den nächsten Urlaub.
Christopher Golden hat seit 1995 zahlreiche Horror-, Fantasy- und Thrillerromane geschrieben. Teilweise mit anderen Autoren wie Mike Mignola und Tim Lebbon, teilweise für bestehende Serien, wie die Vampirjägerin Buffy. Er schrieb auch Filmromane, wie „King Kong“, Comics und Jugendromane. Und er wechselt kontinuierlich zwischen Serien- und Einzelromanen. Seine Thriller standen auf der „New York Times“-Bestsellerliste. Sie wurden für den British Fantasy Award, den Eisner Award und, mehrmals, den Bram Stoker Award nominiert.
Kim Sherwood ist die neue James-Bond-Autorin. Ihr Debütroman „Testament“ über die Auswirkung des Holocaust auf eine Familie erhielt den Bath Novel Award und den Harper’s Bazaar Big Book Award. 2019 stand ihr Name auf der Shortlist für den Sunday Times Young Writer of the Year Award.
Sie unterrichtet Kreatives Schreiben an der Universität von Edinburgh; – wahrscheinlich nicht mehr lange.
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Christopher Goldens Buchtipps
John Irving: A Prayer for Owen Meany, 1989 (Owen Meany)
S. A. Cosby: Blacktop Wasteland, 2020 (Blacktop Wasteland)
Tana French: The Secret Place, 2014 (Geheimer Ort)
Chris Cleave: Everyone Brave is Forgiven, 2016 (Die Liebe in diesen Zeiten)
Erik Larson: The Devil in the White City, 2003 (Der Teufel von Chicago: ein Architekt, ein Mörder und die Weltausstellung, die Amerika veränderte)
Violet Castro: The Queen of the Cicadas, 2021 (-)
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Kim Sherwoods Buchtipps
Dame Hilary Mantel: Wolf-Hall-Trilogie (Wolf Hall, 2009 [Wölfe]; Bring Up the Bodies, 2012 [Falken]; The Mirror & the Light, 2020 [Spiegel und Licht])
Ian Fleming: Casino Royale, 1953 (Casino Royale)
Ian Fleming: From Russia with Love, 1957 (Liebesgrüße aus Moskau)
Elmore Leonard: Be Cool, 1999 (Schnappt Chili)
Elizabeth Bowen: The Heat of the Day, 1949 (In der Hitze des Tages)
Peter O’Donnell: Modesty-Blaise-Serie, 1965 – 1996
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Christopher Golden: Road of Bones – Straße des Todes
Einlass ist ab 19.00 Uhr. Um eine Anmeldung unter service@Otherland-berlin.de wird gebeten. Ebenso um eine Spende.
Im Gepäck hat Ben Aaronovitch, der Erfinder von Peter Grant und der witzigen „Die Flüsse von London“-Urban-Fantasy-Krimiserie, eine Vorspeise (den Kurzroman „Die schlafenden Geister des Lake Superior“), eine Hauptspeise (den Roman „Die Silberkammer in der Chancery Lane“) und zwei Nachspeisen (die Comics „Ein mieser Montag“ und „Und wenn sie nicht gestorben sind“).
„Die schlafenden Geister des Lake Supeior“ ist sein neuestes Buch. In Deutschland erschien die Geschichte mit FBI-Agentin Kimberley Reynolds über einen Monat vor der englischen Ausgabe. Die ist erst für den 8. Juni angekündigt.
Eifrige Leser der Peter-Grant-Romane kennen die FBI-Agentin seit „Ein Wispern unter Baker Street“ (Whispers Under Ground, 2012). In dem Fantasykrimi lernte die tiefreligiöse Kimberley Reynolds bei einem Auslandseinsatz Peter Grant kennen. Der Besuch in London war gleichzeitig ihre erste Begegnung mit der Welt der Magie und der Beginn ihrer Freundschaft zu Peter Grant. Jetzt gibt er ihr den entscheidenden Hinweis im Kampf gegen die „schlafenden Geister des Lake Superior“.
Der Fall beginnt mit einem Anruf des Ex-FBI-Agenten Patrick Henderson. Er warnt vor einem möglichen X-RAY SIERRA INDIA und bittet um eine Einschätzung. Genauere Informationen werde er dem FBI-Einsatzteam geben. Kimberley, die beim FBI in der Abteilung für die seltsamen, okkulten „Akte X“-Fälle arbeitet, wird mitten im tiefsten Winter nach Eloise, Wisconsin, geschickt. Als sie in der Kleinstadt eintrifft, ist Henderson spurlos verschwunden, ein Eistornado hat die Gemeindeverwaltung und das Poliizeirevier zerstört und es geschehen wirklich seltsame Dinge in der Gegend.
Ihr bleiben nur wenige Stunden, um eine Katastrophe zu verhindern.
Die flott gelesene, vergnügliche Geschichte, die Ben Aaronovitch in seinem gewohnt humorvollem Ton erzählt, gehört zu den kürzeren Geschichten, die mal als Kurzroman, mal als Novelle bezeichnet werden. Sie können an einem langen Abend gelesen werden und sie eignen sich gut als Einstieg in die Welt der „Flüsse von London“.
Schon letztes Jahr erschien „Die Silberkammer in der Chancery Lane“, der neunte Roman mit Peter Grant. Der in London lebende Grant ist Polizist. Er gehört zu der bei seinen Kollegen allgemein unbeliebten Einheit für Spezielle Analysen. Sie kümmert sich um abstruse Fälle, die normalerweise irgendetwas mit Zauberei und Okkultismus zu tun haben und mit denen normale Polizisten nichts zu tun haben wollen. Außerdem ist Grant der erste Zauberlehrling seit 1945. Sein Ausbilder, Mentor und Vorgesetzter ist Thomas Nightingale. Sein Alter ist nicht bekannt. Aber der Zauberer hat im Zweiten Weltkrieg gedient und ist seitdem nicht merklich gealtert.
In „Die Silberkammer in der Chancery Lane“ geht es um einen seltsamen Todesfall in der titelgebenden Silberkammer. In der unterirdischen Shoppingmal werden, bestens gesichert vor Diebstählen, seit Ewigkeiten wertvolle Gegenstände aus Silber verkauft. Jetzt wurde in ihr ein Mann, der gerade ein Geschäft überfiel, ermordet. Sein Herz wurde von einer unbekannten Macht herausgerissen. Die zahlreichen Überwachungskameras haben nichts aufgenommen. Also muss Peter Grant herausfinden, welcher böse Geist hier am Werk war. Und warum.
Nach gut vierhundert Seiten haben Peter Grant und seine Kollegen den Fall geklärt.
Aufgrund des großen Erfolgs seiner Peter-Grant-Romane gibt es seit 2015 auch Comics, denn, so Aaronovitch auf der Leipziger Buchmesse: „Wer will nicht Comicautor sein?“. Ben Aaronovitch schreibt die Comics zusammen mit Andrew Cartmel. Beide schrieben Drehbücher für die TV-Serie „Doctor Who“. Cartmel schreibt außerdem die „Vinyl Detektiv“-Krimis, die auf Deutsch bei Suhrkamp erscheinen.
Die Comics gehören zur Kontinuität der Romane. Sie können aber unabhängig von den Romanen gelesen werden. Wie die Romane unabhängig von den Comics gelesen werden können. Sie sind kurze Zwischenhappen, die die Zeit zwischen den Romanen verkürzen.
Zuletzt erschienen, mit jeweils einer großen Geschichte, der neunte und zehnte Comicband. Im neunten Comicband sind außerdem vier einseitige Comics enthalten.
In „Ein mieser Montag“ jagt DI Miriam Stephanopoulos eine Bande Teenager-Taschendiebe. Mehrere Razzien der Metropolitan Police bleiben ohne Ergebnis. Wahrscheinlich wurde die Gang gewarnt. Außerdem geht ein Undercover-Einsatz schief. Der Undercover-Polizist liegt jetzt im Krankenhaus. Er hat einen schwedischen Werwolf gesehen. Und damit handelt es sich um eine Angelegenheit für Peter Grant und die Einheit für okkulte Angelegenheiten.
Aaronovitch und Cartmel erzählen die zu verschiedenen Zeiten spielende Geschichte kapitelweise aus verschiedenen Blickwinkeln mit verschiedenen Protagonisten. Das Ergebnis ist dann eher unbefriedigend.
Der neueste „Die Flüsse von London“-Comic „Und wenn sie nicht gestorben sind…“ wurde von Celeste Bronfman geschrieben. Aaronovitch und Cartmel beaufsichtigten die Arbeit. Im Mittelpunkt ihrer Geschichte stehen die Zwillinge Chelsea und Olympia. Die Töchter der Flussgöttin Themse brechen in einem Park versehentlich einen Bannzauber. Das führt dazu, dass die in einem alten Märchenbuch zusammengestellten und illustrierten Märchen, wie „Der Froschkönig“ und „Schneewittchen“ jetzt zum Leben erweckt werden.
Weil Grant und Nightingale gerade mit anderen Geistern beschäftigt sind, versuchen die beiden Zwillinge das von ihnen angerichtete Unheil rückgängig zu machen.
„Und wenn sie nicht gestorben sind…“ ist eine witzige Urban-Fantasy-Geschichte, bei der Peter Grant nur in einem Panel auftaucht.
Am 3. Mai liest er um 20.30 Uhr in Würzburg in der Buchhandlung Hugendubel (Kürschnerhof 4-6)
Am 4. Mai liest er um 20.15 Uhr in München in der Buchhandlung Hugendubel am Stachus (Karlsplatz 11-12).
Beide Abende werden von Uve Techner moderiert.
Ben Aaronovitch: Die schlafenden Geister des Lake Superior – Eine Kimberley-Reynolds-Story
(übersetzt von Christine Blum)
dtv, 2023
240 Seiten
11,95 Euro
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Originalausgabe (die erst in einigen Tagen erscheint)
Winter’s Gift
Orion, 2023
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Ben Aaronovitch: Die Silberkammer in der Chancery Lane
(übersetzt von Christine Blum)
dtv, 2022
416 Seiten
15,95 Euro
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Originalausgabe
Amongst our Weapons
Gollancz, London 2022
Ben Aaronovitch (Schöpfer)/Celeste Bronfman (Story)/Andrew Cartmel (Skript-Lektorat)/José María Beroy (Zeichnungen): Die Flüsse von London: Und wenn sie nicht gestorben sind… (Band 10)
(übersetzt von Kerstin Fricke)
Panini, 2023
116 Seiten
17 Euro
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Originalausgabe
Rivers of London: Deadly ever after
Titan Comics, Januar 2023
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Ben Aaronovitch (Story)/Andrew Cartmel (Story)/José María Beroy (Zeichnungen): Die Flüsse von London: Ein mieser Montag (Band 9)
Wie andere Großveranstaltungen legte sie wegen der Coronavirus-Pandemie eine Zwangspause ein. Letztes Jahr fand sie nur als spontane Ad-hoc-Messe statt.
Dieses Jahr findet sie, bis Sonntag, am gewohnten Ort im gewohnten Rahmen statt.
Für die erste Post-Pandemie-Ausgabe wurde das Hallenkonzept geändert. Comics und Mangas, die immer populärer werden, sind jetzt in zwei von fünf Hallen präsent. Und wer wollte, konnte, schon vor dem Cosplay-Wettbewerb am 29. April, viele Cosplayer fotografieren.
In den restlichen drei Hallen sind Belletristik- und Sachbuchverlage. Dieses Jahr fielen mir, neben den vielen altbekannte, vertrauten und beliebten Verlagen, mehrere Musikbuchverlage auf. Und es gibt einen von mir ignorierten „Fokus Bildung“. Gefühlt gab es mehr Essensstände. Und es gab selbstverständlich viele Buchvorstellungen und Gesprächsrunden.
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Ben Aaronovitch, der Erfinder von Peter Grant und der „Flüsse von London“-Krimifantasyserie, und „Panini“ Steffen Volkmer beim Signieren. Also, natürlich nur Ben Aaronovitch. Die deutschen Ausgaben seiner Werke erschienen bei dtv und Panini.
Else Laudan vom Argument Verlag vor ihrem Ariadne-Krimiprogramm und ihrer aktuellen Top-Empfehlung für alle, die einen guten Krimi lesen wollen: der neue Roman von Mary Paulson-Ellis „Das Erbe von Solomon Farthing“.
Die helle Macht hinter den immer lesenswerten Noirs des „Polar“-Verlages: Jürgen Ruckh, Britta Kuhlmann und Wolfgang Franßen (von links nach rechts)
Marc Raabe (Marc Raabe, links) und seine Erfindung Art Mayer (Mario Klischies, rechts) am Dienstag, den 11. April 2023, im Berliner Kriminal-Theater.
Der überaus sympathische Thrillerautor Marc Raabe stellte dort seinen neuen Thriller „Der Morgen“ und sein neues Ermittlerteam vor. Der BKA-Ermittler Art Mayer und seine neue Kollegin Nele Tschaikowski suchen den Mörder der Frau des Gesundheitsministers. Und sie wollen herausfinden, warum der Mörder die Adresse des Bundeskanzlers auf ihren Bauch schrieb.
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Die nächsten Lesungen von Marc Raabe
Köln, 20. April 2023, 20:15 Uhr, Thalia Neumarkt//Mayersche
Leipzig, 26. April 2023, LangeKriminacht – Blauer Salon im Central Kabarett
Leipzig, 27. April 2023, 14:00 Uhr, Leipziger Buchmesse „Forum Literatur und Audio“, Halle: 2, Stand
Leipzig, 28. April 2023, 19:00 Uhr, KrimiClub
Kerpen, 24. Mai 2023, 19:30 Uhr, Buchhandlung Wortreich
Weil hier in Berlin (anderswo auch?) gerade munter über ein Böllerverbot, das dieses Mal wirklich kommen könnte, diskutiert wird, grabe ich einfach einmal einen älteren Text von mir aus und poste ihn, etwas gekürzt, wieder. Am 31. Dezember 2019 schrieb ich:
Um die Weihnachtstage plante ich einen Text zur alljährlichen Straßenschlacht in der Silvesternacht. Ich war noch nie ein Freund des verordneten Silvesterfrohsinns (Hey, ich brauche keinen Anlass, um mich zu betrinken und ich brauche dazu nicht die Gesellschaft ganzer Kompanien Besoffener, die ich niemals kennen lernen möchte. Außerdem kann ich mir die normale Silvestermusik auch mit multiplen parallelen Alkoholvergiftungen nicht hörbar trinken.), aber viele Jahre meines Lebens ging ich nach der Methode „Leben und knallen lassen“ vor. Erst in Berlin änderte sich das. Zu viele besoffene Idioten auf einer zu kleinen Fläche und die Böller erzeugen zwischen den Häusergassen einen infernalischen Lärm.
Aber inzwischen gibt es so viele Artikel darüber und in Umfragen sind große Mehrheiten dafür, die sich auf wenige Stunden beschränkende Erlaubnis für Kreti und Pleti mit Feuerwerk zu hantieren, zu beschränken. Denn es geht nicht um ein „Verbot der Silvesterböllerei“, sondern darum, eine Ausnahme, eine Erlaubnis, nicht weiter zu gewähren.
Das Sowjetische Ehrenmal im Tiergarten (an der Straße des 17. Juni, wenige Meter vom Brandenburger Tor) aus einer ungewohnten Perspektive. Gefällt mir besser als die unzählige Male fotografierte Vorderseite.
Das war am Freitagabend im Kriminaltheater keine Werbeveranstaltung für Chris Carters neuen Roman. Denn als die Moderatorin fragte, wer die Bücher mit Chris Carters Serienkillerjäger Robert Hunter gelesen habe, gingen fast alle Hände hoch. Als sie fragte, wer „Blutige Stufen“, den neuesten Hunter-Thriller, gelesen habe, gingen wieder fast alle Hände hoch. Die größtenteils weiblichen Fans mussten nicht mehr überzeugt werden von Carters blutigen Thrillern. Sie sind so blutig, dass sie deswegen, so Carter, in den USA nicht verlegt würden. Dabei spielen sie in Los Angeles.
Seinen ersten Auftritt hatte Robert Hunter 2009 in „Der Kruzifix-Killer“. Seinen zwölften Auftritt (wenn wir eine längere Kurzgeschichte ignorieren) hat er in „Blutige Stufen“.
Robert Hunter ist Detective in der Ultra Violent Crimes Unit des Los Angeles Police Department (LAPD). Er ist, knapp gesagt, ein Genie. Mehrere Abschlüsse in Stanford, eine Dissertation, die zur Pflichtlektüre beim FBI wurde, eine steile Karriere im LAPD, eine grandiose Aufklärungsquote, eine überragende Beobachtungs- und Kombinationsgabe, belesen, an Schlaflosigkeit leidend und alleinstehend. Sein Partner ist Carlos Garcia. Sie ermitteln nur in Fällen von Serienmördern und bei besonders perversen Taten. Eine normale Gangschießerei, eine Abrechnung unter Drogenhändlern oder ein Mord im Affekt fallen nicht in ihren Arbeitsbereich.
In dem neuesten Hunter-Thriller „Blutige Stufen“ will der Mörder seine Opfer als Teil einer blutigen Lektion ängstigen und quälen. Sein erste Opfer hängte er an einem Angelhaken, den er durch ihren Unterkiefer führte, auf. Sie erstickte und ertrank an ihrem eigenen Blut. Bei der Obduktion entdecken die Ermittler in ihrer Vagina eine Plastikbeutel. In ihm ist ein Papierstück mit dem Satz „In diesen Augen wird nie ein Mensch so schön sein wie Du.“.
Im Gespräch erzählte Chris Carter, dass er bis jetzt wohl so fünfzig, sechzig Menschen ermordet habe. Aber als er in „Blutrausch – Er muss töten“ eine Katze in einem Gefrierschrank erfrieren ließ, gab es viele empörte Briefe. Seitdem beschränkt er sich auf Gewalttaten gegen Menschen. Vor allem die Tatorte und die Obduktionen beschreibt er detailliert.
Der 1965 in Brasilien geborene Carter kennt das von seiner Arbeit als Kriminalpsychologe. Als er Mitte der achtziger Jahre bei der Polizei anfing, besuchten sie auch die Tatorte. Diese Eindrücke verarbeitet er in seinen Romanen. Dabei gibt es zwischen der Realität und seinen Geschichten einen großen Unterschied. Während in der Realität die Täter manchmal nicht wüssten, warum sie mordeten oder abstruse Gründe angaben, muss ein Mörder in einem Roman immer einen gut nachvollziehbaren Grund für seine Taten haben.
Mit Mitte Zwanzig versuchte Carter seinen Traum als Rockmusiker zu verwirklichen. In Los Angeles arbeitete der Gitarrist als Sessionmusiker für, unter anderem, Björk, Ricky Martin, Shania Twain und Tom Jones. Mit einigen ging er auch auf Tournee.
2009 veröffentlichte er seinen ersten Roman. Es ist gleichzeitig der erste Roman mit Robert Hunter und Carlos Garcia, die seitdem höchst erfolgreich Serienkiller jagen und die Konventionen des Genres bedienen. Es sind Schmöker, die flott gelesen werden können. Auch weil jedes Kapitel mit einem Cliffhanger endet.
Dabei, und das betonte Carter auch während der Lesung, können seine Romane unabhängig voneinder gelesen werden. Es gebe keine Subplots, die sich über mehrere Bücher entwickeln. Eine Freundin, die Hunter hatte, verschwand nach zwei Büchern wieder aus seinem Leben. Hunter und Garcia haben kein nennenswertes Privatleben. Sie jagen Mörder. Daher sei es egal, mit welchem Roman man beginne.
Während der Lesung kündigte er den nächsten Hunter-Thriller für 2024 an. Er wird keine Fortsetzung von „Blutige Stufen“. Der Fall ist für Hunter und Garcia erledigt.
Nach der Lesung signierte er seine Bücher. Das kann dann schon einmal zwei Stunden oder länger dauern.
Chris Carter: Blutige Stufen
(übersetzt von Sybille Uplegger)
Ullstein, 2022
496 Seiten
11,99 Euro
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Originalausgabe
Genesis
Simon & Schuster, 2022
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Die Robert-Hunter-Thriller
The Crucifix Killer, 2009 (Der Kruzifix-Killer)
The Executioner, 2010 (Der Vollstrecker)
The Night Stalker, 2011 (Der Knochenbrecher)
The Death Sculptor, 2012 (Totenkünstler)
One by One, 2013 (Der Totschläger)
An evil Mind, 2014 (Die stille Bestie)
I am Death, 2015 (I am Death – Der Totmacher)
The Caller, 2017 (Death Call – Er bringt den Tod)
Gallery of the Dead, 2018 (Blutrausch – Er muss töten)