Neu im Kino/Filmkritik: Neues aus dem DCEU: „Blue Beetle“

August 18, 2023

Einerseits ist es begrüßenswert, dass das filmische Superheldenuniversum diverser wird. Bei Marvel und DC retten inzwischen, auch wenn sie von anderen Planeten kommen, nicht mehr nur weiße Männer die Welt. Mit „Captain Marvel“, „Black Panther“, „Shang-Shi“, den „Eternals“ und „Wonder Woman“ gab es auch andere Superhelden. Und mit „Blue Beetle“ gibt es jetzt einen mexikanischen Superhelden, der in seinem ersten Abenteuer von seiner sehr mexikanischen Familie begleitet, unterstützt und auch ein wenig gerettet wird. Das ist schon einmal eine erfreuliche Abwechslung.

Andererseits sind diese Filme, wie inzwischen auch viele andere Superheldenfilme, nicht gut. Zu vertraut sind die Geschichten. Vor allem wenn, wieder einmal, eine Origin-Story erzählt wird. Diese Filme sind näher beim Malen-nach-Zahlen als am Erzählen einer orginellen Geschichte. Das gilt auch für „Blue Beetle“, den 14. Film des DC Extended Universe (DCEU), der eine Origin-Geschichte erzählt. Aufgrund der aktuellen Neuausrichtung des DCEU, das fortan DCU (DC Universe) heißt, ist vollkommen unklar, wie sehr und in welcher Form es weitere „Blue Beetle“-Abenteuer geben wird.

Nach seinem Studium an der Gotham Law University kehrt Jaime Reyes zurück nach Palmera City. Von seiner Familie wird er überschwänglich empfangen. Getrübt wird die Wiedersehensfreude von einigen Problemen, die die Familie Reyes hat. So müssen sie demnächst ihr Haus verlassen. Schulden und die Gentrifizierung lassen ihnen keine andere Wahl. Eine seiner Ausbildung angemessene Arbeit findet er auch nicht. Jetzt ist er Putzfrau für die Schönen und Reichen, die ihr Dienstpersonal notorisch übersehen. Immerhin trifft er bei dieser Aushilfstätigkeit Jenny Kord. Sie ist die Tochter von Ted Kord, dem früheren Inhaber von Kord Industries. Weil Jaime von Jennys Tante Victoria Kord gefeuert wurde, hat sie ein schlechtes Gewissen. Sie lädt ihn in der Firmenzentrale zu einem Vorstellungsgespräch ein.

Kord Industries ist ein von Victoria Kord geleiteter Konzern, dem ungefähr die halbe Stadt gehört, der die andere Hälfte aufkaufen will und der jetzt wieder Rüstungsgüter, wozu auch Robocop-ähnliche Soldaten gehören, herstellt. Jenny ist gegen die Produktion von Waffen.

Während Jaime in der Lobby noch auf sie wartet, entdeckt sie in einem Labor ein uraltes Relikt, das auf außerirdischer Biotechnologie basiert. Es wurde von Victoria Kord auf einer dem Konzern gehörenden Insel gefunden und es soll übermenschliche Kräfte verleihen. Jenny stiehlt den Skarabäus. Bevor sie das Gebäude verlassen kann, wird ihr Diebstahl entdeckt. Sie vertraut es Jaime an und sagt ihm, er solle die Verpackung, in der der Skarabäus liegt, nicht öffnen.

Selbstverständlich tut er es und er und seine dabei anwesende Familie müssen staunend erleben, wie der Skarabäus ihn anspringt, sich mit ihm vereinigt und ihn verwandelt. Aus Jaime wird Blue Beetle.

Victoria Kord will den gestohlenen Skarabäus unbedingt zurückhaben. Sie setzt Himmel und Hölle in Bewegung. Allerdings hat sie nicht mit dem Zusammenhalt und den, nun, besonderen Fähigkeiten einer Latino-Familie gerechnet.

Nach all den pompösen Superheldengeschichten, in denen die Welt vor ihrer Zerstörung gerettet werden muss oder sich in uninteressanten Multiverse-Geschichten gekloppt wird, erzählt Angel Manuel Sotos in „Blue Beetle“ in einem humorvollen Tonfall eine sympathisch reduzierte Geschichte. Mit Schauspielern, die die Geschichte nicht allzu Ernst nehmen. Vor allem Susan Sarandon ist in jeder Szene anzumerken, wie viel Spaß sie hatte, die Bösewichtin Victoria Kord zu spielen.

Allerdings kann das nicht über den vorhersehbaren Plot und die banalen und oft erstaunlich schlechten Dialoge hinwegtäuschen. Die CGI-Tricks sind oft atemberaubend schlecht. Der Schnitt ist oft sehr seltsam. Das sieht alles mehr nach einer ersten Skizze als nach einem fertigen Kinofilm aus. Am Geld kann es nicht gelegen haben. Zwar gehört „Blue Beetle“ mit einem offiziellem Budget von um die 120 Millionen US-Dollar zu den günstigeren Superheldenfilmen. Aber auf große, das Budget zuverlässig in die Höhe treibende Stars wurde verzichtet. Und damit kann das Geld für andere Dinge ausgegeben werden.

Der DCEU-Film „Blue Beetle“ orientiert sich in jeder Beziehung nicht an dem, was aktuell in Superheldenfilmen möglich ist, sondern, wie schon das Retro-Filmplakat verrät, an Superheldenfilmen und harmlosen TV-Serien aus den Achtzigern und Neunzigern.

Entsprechend harmlos fällt die durchgängig vorhandene Kapitalismuskritik und die Kritik an der imperialen Politik der USA und US-amerikanischer Konzerne in Südamerika aus. Nicht auszudenken, was „Machete“ Robert Rodriguez aus dieser Geschichte gemacht hätte.

P. S.: Es gibt eine zwei Abspannszenen.

Blue Beetle (Blue Beetle, USA 2023)

Regie: Angel Manuel Soto

Drehbuch: Gareth Dunnet-Alcocer (basierend auf DC-Figuren)

mit Xolo Maridueña, Adriana Barraza, Damián Alcázar, Elpidia Carrillo, Bruna Marquezine, Raoul Max Trujillo, Susan Sarandon, George Lopez, Belissa Escobedo, Harvey Guillén

Länge: 128 Minuten

FSK: ab 12 Jahre (mit Eltern ab 6 Jahre erlaubt)

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Blue Beetle“

Metacritic über „Blue Beetle“

Rotten Tomatoes über „Blue Beetle“

Wikipedia über „Blue Beetle“ (deutsch, englisch)


TV-Tipp für den 17. September: Babel

September 16, 2020

Servus TV, 22.40

Babel (Babel, USA 2006)

Regie: Alejandro González Iñárritu

Drehbuch: Guillermo Arriaga (nach einer Idee von Guillermo Arriaga und Alejandro González Iñárritu)

In ihrem dritten gemeinsamen Spielfilm (nach „Amores Perros“ und „21 Gramm“) verschränken Iñárritu und Arriaga wieder mehrere Geschichten miteinander. Dieses Mal erzählen sie die Geschichte eines amerikanischen Touristenpärchens in Marokko, deren Haushälterin in San Diego und einer Teenagerin in Tokio. Auch wenn die Verbindung zwischen den Geschichten etwas gewollt ist (ich sage nur Gewehr) und der Film mit 135 Minuten Laufzeit ziemlich lang ist, hat er mir im Kino gut gefallen.

„Babel“ gewann, nach der IMDB, 42 Filmpreise und war für 136 weitere Preise nominiert. Er war, unter anderem, für den Oscar und BAFTA als bester Film des Jahres nominiert und erhielt in dieser Kategorie einen Golden Globe. In Cannes gewann er drei Preise (unter anderem für die Regie) und Arriagas Drehbuch hat es auf ungefähr jede wichtige Preisliste geschafft.

Mit Brad Pitt, Cate Blanchett, Rinko Kikuchi, Elle Fanning, Gael García Bernal, Adriana Barraza

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Babel“

Wikipedia über „Babel“ (deutsch, englisch)

Unionsverlag über Guillermo Arriaga

Meine Besprechung von Alejandro G. Iñárritus „Biutiful“ (Biutiful, Mexiko/USA 2010)

Meine Besprechung von Alejandro G. Iñárritus „Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)“ (Birdman, USA 2014)

Meine Besprechung von Alejandro G. Iñárritus „The Revenant – Der Rückkehrer (The Revenant, USA 2015)


Neu im Kino/Filmkritik: „Rambo: Last Blood“ – Das Ende, hoffentlich

September 19, 2019

Der Vietnam-Veteran John Rambo, der in den vergangenen Jahrzehnten durch die Welt reiste und Bösewichter ins Jenseits beförderte, lebt inzwischen auf einer Ranch in Arizona. Er schluckt Tabletten, wie andere Erdnüsse essen. Gabrielle, die Enkelin seiner Haushälterin, ist seine über alles geliebte Ziehtochter, die demnächst auf die Universität geht.

Eines Tages fährt sie nach Mexiko. Sie will dort ihren Vater, der sie vor Ewigkeiten verlassen hat, fragen, warum er sie verlassen hat. Kurz darauf ist sie in den Händen der Martinez-Brüder, die ihr Geld unter anderem mit Frauenhandel und Zwangsprostitution verdienen.

Als Rambo das erfährt, packt er sein Auto voll mit den Waffen, die man halt so in Mexiko benötigt, und fährt los.

Adrian Grunberg, der die kurzweilige Mel-Gibson-Actionkomödie „Get the Gringo“ inszenierte, ist hier ein reiner Erfüllungsgehilfe für Sylvester Stallone. Ohne erkennbare Ambitionen wird der Star ins rechte Licht gerückt, während aus allen Ritzen konservative und reaktionäre Ideologie tropft. Alle Mexikaner sind Verbrecher, Drogenhändler, Frauenhändler, Vergewaltiger oder treulose Familienväter. Halt menschlicher Abschaum, der nur auftritt, um von Rambo getötet zu werden. Dafür latschen sie bereitwillig in seine Fallen und leisten in direkten Konfrontationen keine Gegenwehr. Denn Sylvester Stallone ist nicht mehr der Jüngste. Sein Schauspiel beschränkt sich auf grimmige Blicke und grummelige Satzfragmente.

Alle Figuren in diesem Film verhalten sich dumm. Wenn sie die Wahl zwischen zwei dummen Alternativen haben, wählen sie zuverlässig die dümmste Option und sie entscheiden sich konsequent für die die gewalttätige Option. Es gibt nur „Gewalt“ und „noch mehr Gewalt“.

Bis es zu den Gewaltausbrüchen und den damit verbundenen wenigen, dafür sehr blutig-brutalen Actionszenen kommt, vergeht ziemlich viel Filmzeit mit peinlichen Erklärdialogen und Sonnenuntergängen. Spätestens wenn Rambo nach Mexiko aufbricht, verbindet der Film vollkommen ironie- und überraschungsfrei, die Dummheiten der Jugend mit der Sturheit des Alters. Der John Rambo in „Last Blood“ unterscheidet sich nicht von dem deutlich jüngeren John Rambo in „Rambo II – Der Auftrag“ oder in „Rambo III“. Er ist eine Ein-Mann-Kampfmaschine, die die gerade populären Gegner reaktionärer US-Amerikaner abschlachtet.

Das ist genau die strunzdumme Law&Order-Ideologie, die Stallone in den achtziger Jahren zu einem der größten Actionstars machte, die damals schon unbekömmlich war und die hier unverändert wieder präsentiert wird.

Rambo: Last Blood“ ist noch nicht einmal ärgerlich, weil alles genau so kommt, wie man es erwartet, wenn Stallone nicht nur die Hauptrolle übernimmt, sondern auch das Drehbuch schreibt. Der fünfte Rambo-Film ist einfach nur noch ein weiterer vergessenswerter Film mit John Rambo. Auch wenn dieser mit dem Titel „Last Blood“ und, im Abspann, Bildern aus den vorherigen Rambo-Filmen einen Bogen zu „First Blood“, dem Originaltitel des ersten Rambo-Films, schlagen soll.

In Grunbergs Film gibt es nirgendwo den Versuch, den Charakter John Rambo einer Neubetrachtung zu unterziehen oder einen Abschluss zu liefern. Das ist kein letztes Gefecht, sondern einfach nur das nächste Gefecht und, auch wenn Stallone in Interviews zum Filmstart nur von einem weiteren Rocky-Film mit ihm als Rocky redet, ist der nächste Rambo-Film schon am Horizont sichtbar.

Eine unbestrittene Qualität hat der vollkommen ironie- und humorfreie Actionfilm allerdings. „Rambo: Last Blood“ hat unzählige Momente, die sich für Parodien eigenen. Schon beim Ansehen des Films fielen mir mögliche Fake-Trailer und Memes (wie „John Rambo, Herzchirurg“) ein.

Rambo: Last Blood (Rambo: Last Blood, USA 2019)

Regie: Adrian Grunberg

Drehbuch: Matthew Cirulnick, Sylvester Stallone (nach einer Geschichte von Dan Gordon und Sylvester Stallone) (basierend auf der von David Morrell erfundenen Figur)

mit Sylvester Stallone, Paz Vega, Sergio Peris-Mencheta, Adriana Barraza, Yvette Monreal, Oscar Jaenada

Länge: 101 Minuten (der Abspann ist sehr lang)

FSK: ab 18 Jahre

Hinweise

Deutsche Facebook-Seite zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Rambo: Last Blood“

Metacritic über „Rambo: Last Blood“

Rotten Tomatoes über „Rambo: Last Blood“

Wikipedia über „Rambo: Last Blood“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Adrian Grunbergs „Get the Gringo“ (Get the Gringo, USA 2012)

Homepage von David Morrell (mit Informationen zu Rambo)

The Big Thrill: Porträt von David Morrell (August 2019)


TV-Tipp für den 11. Mai: Babel

Mai 10, 2016

BR, 23.30

Babel (USA 2006, Regie: Alejandro González Iñárritu)

Drehbuch: Guillermo Arriaga (nach einer Idee von Guillermo Arriaga und Alejandro González Iñárritu)

In ihrem dritten gemeinsamen Spielfilm (nach „Amores Perros“ und „21 Gramm“) verschränken Iñárritu und Arriaga wieder mehrere Geschichten miteinander. Dieses Mal erzählen sie die Geschichte eines amerikanischen Touristenpärchens in Marokko, deren Haushälterin in San Diego und einer Teenagerin in Tokio. Auch wenn die Verbindung zwischen den Geschichten etwas gewollt ist (ich sage nur Gewehr) und der Film mit 135 Minuten Laufzeit ziemlich lang ist, hat er mir im Kino gut gefallen.

„Babel“ gewann, nach der IMDB, 28 Filmpreise und war für 75 weitere Preise nominiert. Er war, unter anderem, für den Oscar und BAFTA als bester Film des Jahres nominiert und erhielt in dieser Kategorie einen Golden Globe. In Cannes gewann er drei Preise (unter anderem für die Regie) und Arriagas Drehbuch hat es auf ungefähr jede wichtige Preisliste geschafft.

Mit Brad Pitt, Cate Blanchett, Rinko Kikuchi, Elle Fanning, Gael García Bernal, Adriana Barraza

Hinweise

Film-Zeit über „Babel“

Rotten Tomatoes über „Babel“

Wikipedia über „Babel“ (deutsch, englisch)

Unionsverlag über Guillermo Arriaga

Meine Besprechung von Alejandro G. Iñárritus „Biutiful“ (Biutiful, Mexiko/USA 2010)

Meine Besprechung von Alejandro G. Iñárritus „Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)“ (Birdman, USA 2014)

Meine Besprechung von Alejandro G. Iñárritus „The Revenant – Der Rückkehrer (The Revenant, USA 2015)