2022 veröffentlichte Edward Ashton „Mickey 7“. In ihm erzählt er die Geschichte von Mickey Barnes, der als Expendable auf der Kolonie Niflheim, einem Eisplaneten, lebt. Er führt gefährliche Missionen aus und wird als Versuchskaninchen eingesetzt. Wenn er dabei stirbt – und das ist eine beabsichtigte Nebenwirkung seiner Einsätze – wird wenige Minuten später eine neue Version von ihm ausgedruckt.
Schon vor der Veröffentlichung des Romans erhielt Bong Joon Ho eine frühere Fassung des Romans. Er fand die Prämisse interessant und schrieb „Mickey 17“. Die Änderung der Nummer von 7 auf 17 erklärt Joon Ho so: er wollte zeigen, was Mickey durchleidet und dafür müsse er öfter als im Roman sterben. Und so wurde aus dem siebten Klon der siebzehnte Klon. Gedreht wurde an 87 Tagen von August bis Dezember 2022 in London und vor Ort. Ihre Premiere hatte die SF-Satire auf der Berlinale und jetzt kommt sie in die Kinos.
Weil Mickey Barnes (Robert Pattinson) auf seinem Heimatplaneten Ärger hat, ergreift er die einzige Chance zur Flucht, die er hat: er verpflichtet sich als Expendable. Dieser Job ist auf Expeditionen und Kolonisierungen unbekannter Planeten wichtig, weil es bestimmte Dinge gibt, die nur Menschen tun können und sein wiederholter Tod wertvolle Erkenntnisse über den Planeten bringen kann. Mickey bekommt den Job, den niemand machen will, und er darf mit nach Niflheim fliegen.
Auf der Reise verliebt er sich in Nasha Barridge (Naomi Ackie). Auf dem Planeten trifft er im Eis auf die Creepers. Das sind wurmähnliche Wesen unterschiedlicher Größe. Ob sie den Menschen gegenüber feindlich gesinnt sind, ist unklar. Aber Kenneth Marshall (Mark Ruffalo), der missionarisch beseelte, rechtskonservative Leiter der Expedition, und seine im Hintergrund intrigierende Frau Ylfa (Toni Collette) gehen davon aus.
Als Mickey 17 in ein Eisloch stürzt, erklärt ihm sein Freund Timo (Steven Yeun), dass er ihn leider nicht retten könne. Aber in einigen Stunden werde eh ein neuer Klon von ihm aus dem Menschendrucker gedruckt werden. Mickey 17 beschließt allerdings, nicht auf dem Felsvorsprung zu sterben. Er geht in ein verzweigtes unterirdisches Höhlensystem, trifft auf die Creepers und wird von ihnen bis kurz vor die Station der Kolonisatoren gebracht.
Dummerweise hat Timo ihn bereits als verstorben gemeldet. In seinem Bett trifft Mickey 17 auf Mickey 18. Sie sind Multiple. Und Multiple sind in diesem Universum noch unbeliebter als Expendables. Wenn Marshall das erfährt, wird er mindestens einen von ihnen töten.
Während Mickey 17 und Mickey 18 versuchen, mit der Situation zurecht zu kommen, versammeln sich die Creepers vor der Station.
Bong Joon Ho übernahm in seinem von ihm verfilmten Drehbuch die Grundidee des Romans und auch weitgehend die Geschichte. Aber er veränderte etliche Details, die die Geschichte durchaus verbessern und er veränderte den Humor. Edward Ashton erzählt in seinem Roman Mickeys Geschichte aus Mickeys Sicht mehr witzig sarkastisch mit vielen Rückblenden zu Mickeys vorherigen Leben, einigen Überlegungen zum Klonen von Wegwerfmenschen und, immerhin ist der Buch-Mickey ein Historiker, Informationen zu anderen, meist fehlgeschlagenen Kolonisierungsprojekten. Das Ende ist bei ihm weniger bombig als im Film.
Bong erzählt Mickeys Geschichte mit viel Schwarzem Humor, viel kapitalismuskritischer und eindeutig satirisch. Vor allem das Politikerpaar Marshall, grandios übertrieben gespielt von Mark Ruffalo und Toni Collette, sorgen in ihrer allumfassenden Doppelzüngigkeit und Gemeinheit für etliche Lacher. Im Roman ist der Expeditionsleiter Commander Marshall letztendlich nur ein gewöhnlicher Arschloch-Vorgesetzter.
Mit deutlich über zwei Stunden – „Mickey 17“ dauert insgesamt 137 Minuten – ist der Science-Fiction-Film für eine Satire auch arg lang geraten. Er ist tonal uneinheitlich, zerfasert immer wieder und ist immer wieder zu lang. Das macht „Mickey 17“ noch nicht zu einem schlechten Film, – wahrscheinlich werde ich ihn mir sogar noch einmal ansehen -, aber zu einem enttäuschenden Werk. Dass Bong nicht an die Qualität von seinem mit zahlreichen Preisen ausgezeichnetem und überall abgefeierten vorherigem Film „Parasite“ herankommt, war zu erwarten. Meisterwerke fallen nicht von Himmel. „Mickey 17“ erreicht allerdings auch nicht die Qualität von „Snowpiercer“ und „Okja“. Beide Satiren erzählen ihre Geschichte deutlich fokussierter.

Mickey 17 (Mickey 17, USA 2025)
Regie: Bong Joon Ho
Drehbuch: Bong Joon Ho
LV: Edward Ashton: Mickey 7, 2022 (Mickey 7 – Der letzte Klon)
mit Robert Pattinson, Naomi Ackie, Toni Collette, Mark Ruffalo, Steven Yeun, Holliday Grainger, Anamaria Vartolomei, Cameron Britton
Länge: 137 Minuten
FSK: ab 12 Jahre
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Die Vorlage

Edward Ashton: Mickey 7 – Der letzte Klon
(übersetzt von Felix Mayer)
Heyne, 2022
368 Seiten
16 Euro
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Originalausgabe
Mickey 7
St. Martin’s Press, 2022
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Hinweise
Rotten Tomatoes über „Mickey 17“
Wikipedia über „Mickey 17“ (Roman, Film: deutsch, englisch)
Meine Besprechung von Bong Joon Hos „Snowpiercer (Snowpiercer, Südkorea/USA/Frankreich 2013)
Meine Besprechung von Bong Joon Hos „Okja“ (Okja, USA/Südkorea 2017)
Meine Besprechung von Bong Joon Hos „Parasite“ (Gisaengchung, Südkorea 2019)
Meine Besprechung von Edward Ashtons „Mal goes to War“ (Mal goes to War, 2024)
Veröffentlicht von AxelB 

