Neu im Kino/Filmkritik: „Halloween Kills“, aber nicht Laurie Strode und Michael Myers

Oktober 21, 2021

Nein, das ist kein Spoiler: Michael Myers überlebt diesen Film und er darf nächstes Jahr zurückkehren in „Halloween Ends“, dem Abschluss einer Trilogie, die David Gordon Green 2018 mit „Halloween“ begann. Mit dem Horrorfilm knüpfte er an John Carpenters „Halloween“ von 1978 an und ignorierte alle weiteren „Halloween“-Filme, die es seitdem gab.

Inzwischen ist Carpenters Film ein Horrorfilmklassiker, ein stilbildender Film und der Beginn eines äußerst langlebigen Franchises. John Carpenter beteiligte sich daran nur noch höchst peripher; Scream-Queen Jamie Lee Curtis, die im ersten „Halloween“-Film erfolgreich gegen den maskierten Mörder kämpfte, war mal dabei, mal nicht. Jetzt ist sie wieder dabei und jetzt ist die von ihr gespielte Laurie Strode eine von der damaligen Mordnacht, in der der Mörder Michael Myers aus Smith’s Grove Sanitarium ausbrechen und in Haddonfield mehrere Menschen ermordete, zutiefst traumatisierte Frau, deren Trauma niemals auch nur im Ansatz behandelt wurde. Stattdessen bereitete sie sich auf die Rückkehr des maskierten Mörders vor und nervte die Nachbarschaft mit Warnungen vor seiner Rückkehr. Die war dann 2018. Kritiker und Fans waren begeistert. Auch mir gefiel der Horrorfilm.

Halloween Kills“ schließt nahtlos an „Halloween“ an und schlägt in Rückblenden einen Bogen zum ersten Film, der damit endete, dass die Strode-Familie Myers in ihr Haus lockt, ihm eine Falle stellt und in den Keller des brennenden Hauses einsperrt. Die im Kampf schwer verletzte Laurie Strode wird von ihrer Tochter und Enkeltochter zum städtischen Krankenhaus gefahren.

Zu Beginn von „Halloween Kills“ wird Laurie Strode schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Michael Myers ist immer noch im Keller von Strodes brennendem Haus gefangen. Eigentlich sollte er in den nächsten Minuten verbrennen. Aber die Feuerwehr rückt an. Während sie das Haus löscht, kann er aus seinem Kellergefängnis entkommen und alle anwesenden Feuerwehrleute umbringen. Das ist der Auftakt von einem neunzigminütigem Schlachtfest in dem wahrscheinlich mehr Menschen getötet werden als in allen bisherigen „Halloween“-Filmen zusammen.

Nach dem grandiosen „Halloween“ (2018) ist „Halloween Kills“ eine ziemliche Enttäuschung, die erkennbar als Mittelteil einer Trilogie konzipiert ist. Die Hauptfiguren dürfen nicht sterben. Also werden einige uninteressante Figuren, die teilweise bereits Myers‘ 1978er Mordnacht erlebten, eingeführt und schnell abgeschlachtet. Dazwischen gibt Jamie Lee Curtis als Laurie Strode den Jack Bauer. Kaum sind ihre Wunden versorgt und eigentlich sollte sie jetzt die nächsten Wochen, mit Tonnen Schmerzmittel, das Bett hüten, steht sie mit einem Ich-verstehe-keinen-Spaß-und-bin-sehr-verärgert-Gesichtsausdruck auf und zieht in ihre nächste Schlacht gegen Myers.

Dieser wird, davon ist sie überzeugt, zu ihr in Krankenhaus kommen.

In dem Krankenhaus hat sich inzwischen auch halb Haddonfield versammelt. Die einen, weil sie verletzt sind, Die anderen, weil sie Angehörige der Verletzten sind.

Die anderen Bewohner von Haddonfield beginnen mit einer von Panik getriebene Menschenjagd auf Myers. Denn diese Nacht soll der Bösewicht sterben.

Als dieser dann im Krankenhaus vermutet wird, liefert Green, wenn der Mob die Beute durch die Krankenhausgänge jagt, Bilder von panischen Menschenmassen, die an George A. Romeros „Zombie“ (Dawn of the Dead, 1978) erinnern.

Aber während bei Romero immer auch satirische und kapitalismuskritische Töne erkennbar sind, gibt es in „Halloween Kills“ nur eine platte Das-Monster-macht-uns zu Monstern-Botschaft. Im Wesentlichen wird sich in „Halloween Kills“ einfach die Zeit bis zum Abschluss der Trilogie mit sinnlosem Mord & Totschlag vertrieben. Denn Michael Myers bringt einfach jeden um, den er trifft (und er trifft viele Menschen). Dabei wird er zunehmend unbesiegbarer.

Halloween Kills“ ist eine ziemlich stupide und damit auch langweilige Angelegenheit.

Halloween Kills (Halloween Kills, USA 2021)

Regie: David Gordon Green

Drehbuch: Scott Teems, Danny McBride, David Gordon Green (basierend auf Figuren von John Carpenter und Debra Hill)

mit Jamie Lee Curtis, Judy Greer, Andi Matichak, Will Patton, Thomas Mann, Anthony Michael Hall, Robert Longstreet, Dylan Arnold, Nancy Stephens, Kyle Richards

Länge: 106 Minuten

FSK: ab 18 Jahre

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Halloween Kills“

Metacritic über „Halloween Kills“

Rotten Tomatoes über „Halloween Kills“

Wikipedia über „Halloween Kills“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von David Gordon Greens „Die Wahlkämpferin“ (Our Brand is Crisis, USA 2015)

Meine Besprechung von David Gordon Greens „Halloween“ (Halloween, USA 2018)

 


TV-Tipp für den 7. Juni: John Carpenter – Fürst der Dunkelheit

Juni 6, 2021

https://www.youtube.com/watch?v=1756Diw6dII

Arte, 23.55

John Carpenter – Fürst der Dunkelheit (Big John, Frankreich 2006)

Regie: Julien Dunand

Drehbuch: Julien Dunand

TV-Premiere einer schon etwas älteren spielfilmlangen Doku über John Carpenter.

Sie ist Teil einer kleinen John-Carpenter-Reihe mit der „Klapperschlange“, den „Fürsten der Dunkelheit“ (Freitag, 11. Juni, 00.15 Uhr [Taggenau!]) und der erschreckenden Erkenntnis „Sie leben!“ (Montag, 14. Juni, 21.45 Uhr).

Davor, um 22.20 Uhr, zeigt Arte John Carpenters „Die Klapperschlange“. Besser hätten sie zuerst die Doku und anschließend den bekannten SF-Klassiker gezeigt.

Danach können Cineasten dranbleiben. Um 01.20 Uhr zeigt Arte die Doku „Kirk Douglas – Der Unbeugsame“ und danach, um 02.15 Uhr, „Milos Forman, ein freies Leben“ („Einer flog übers Kuckucksnest“, „Hair“, „Amadeus“, „Larry Flynt – Die nackte Wahrheit“ [Uh, den Spielfilm zeigt Arte um 20.15 Uhr.])

mit John Carpenter, Adrienne Barbeau, Larry J. Franco, Keith Gordon, Debra Hill, Alan Howarth, Peter Jason, Nicolas Saada, Melvin Sloan, Austin Stoker, Jean-Baptiste Thoret

Hinweise

Arte über die Doku (bis zum 1. Februar 2022 in der Mediathek) und das Universum von John Carpenter

Wikipedia über John Carpenter (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von John Carpenters „Assault – Anschlag bei Nacht“ (Assault on Precinct 13, USA 1976)

John Carpenter in der Kriminalakte


Neu im Kino/Filmkritik: Halloween für Erwachsene: „Halloween“ mit bekannten Gesichtern und bekannter Geschichte

Oktober 26, 2018

1978 mordet sich in dem Horrorfilm „Halloween“ Michael Myers durch die US-Kleinstadt Haddonfield, Illinois. Der billig produzierte Film war ein unglaublicher Kassenhit, zog unzählige schlechtere Fortsetzungen nach sich und Jamie Lee Curtis war danach die Scream Queen. Inzwischen ist „Halloween“ ein Kultfilm und Horrorfilmklassiker. Und die Maske von Michael Myers ist ein Teil der Popkultur.

Vierzig Jahre später kehrt Michael Myers nach Haddonfield zurück und er tut das, was er am besten kann: grundlos Menschen umbringen.

Laurie Strode, die damals seinen Angriff überlebte, seitdem traumatisiert ist und sich in einer Festung eingrub, stellt sich ihm entgegen.

Sie wird wieder von Jamie Lee Curtis gespielt. Für den Film wurde sie zur alten, schrulligen Gewitterhexe geschminkt. Curtis sieht im Film mindestens zwanzig Jahre älter aus, als sie in Wirklichkeit ist.

David Gordon Green, dessen Filmographie bunt ist – Silberner Bär für „Prince Avalanche“, die improvisierte Kifferkomödie „Ananas Express“ mit Seth Rogen und James Franco, die arg harmlose Wahlkampfkomödie „Die Wahlkämpferin“ und, zuletzt, das Biopic „Stronger“ über einen Überlebenden des Anschlags auf den Boston Marathon 2013 -, übernahm die Regie. Er und John Carpenter, der Regisseur des ersten „Halloween“-Films und Kreativberater für den aktuellen Film, und einige weitere in den Film involvierte Männer machten dann erst einmal tabula rasa. Sie ignorierten alle „Halloween“-Filme, die nach dem ersten Film entstanden waren und erfanden eine Geschichte, die letztendlich einfach nur noch einmal die Geschichte von „Halloween“ (1978) erzählt. Mit einer älteren Protagonistin, schreienden Teenagern und blitzenden Messern.

Damit wirkt der Film wie ein Relikt aus dem Jahr 1978, oder genaugenommen 1978ff. Die einfache Geschichte, die Logiklücken, die Kamera, das Aussehen der Schauspieler, die Inszenierung des gesamten Films mit den schnellen Morden, den langen Kamerafahrten und den wenigen Schnitten ist einfach 1978. Man kann auch einfach damalige Kritiken, minimal aktualisiert, wiederholen. Weil die damaligen Kritiker nicht mehr arbeiten und jüngere Kritiker mit Horrorfilmen wie „Halloween“ groß wurden, sind die Kritiken für „Halloween“ (2018) durchgehend positiv.

Halloween“ (2018) ist auch ein Film, der nicht an aktuelle Diskurse und Befindlichkeiten anknüpft. Es geht um die Angst, plötzlich aus heiterem Himmel, auf offener Straße oder in der eigenen Wohnung angegriffen zu werden. Terror eben. Das Gefühl ist zeitlos.

Auch die Mythologie wird nicht weiter entwickelt. Michael Myers und Laurie Strode tun einfach noch einmal das, was sie 1978 taten.

Green inszenierte den deshalb durchgehend redundanten Film kompetent und mit einem Blick auf die Suspense-Momente. Das ist spannend, aber wie die x-te Version eines bekannten Blues-Songs, absolut vorhersehbar. Über das Ende und die Psychologie der Figuren sollte man nicht zu lange nachdenken.

Dem Publikum liefert Green mit seinem Horrorfilm damit genau das, was es verlangt.

Das bisherige US-Einspielergebnis – Platz 1 der Kinocharts mit 76,2 Millionen US-Dollar Einspiel, drittbestes Ergebnis für einen R-rated Horrorfilm, zweitbestes Ergebnis eines Films im Oktober, bester Kinostart eines „Halloween“-Films, bestes Ergebnis für einen Film mit einer über 55-jährigen Hauptdarstellerin und schon jetzt ist „Halloween“ (2018) der Film der Serie mit dem höchsten Umsatz – bestätigen das.

Für etwas kritischere Geister stellt sich die Frage, warum man einfach noch einmal 1978 wiederholen soll.

Halloween (Halloween, USA 2018)

Regie: David Gordon Green

Drehbuch: Jeff Fradley, Danny McBride, David Gordon Green (nach Charakteren von John Carpenter und Debra Hill)

mit Jamie Lee Curtis, Judy Greer, Andy Matichak, Will Patton, Haluk Bilginer, Julia Gardner, Jim Courtney, Nick Castle

Länge: 106 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Deutsche Facebook-Seite zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Halloween“

Metacritic über „Halloween“

Rotten Tomatoes über „Halloween“

Wikipedia über „Halloween“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von David Gordon Greens „Die Wahlkämpferin“ (Our Brand is Crisis, USA 2015)


TV-Tipp für den 24. Oktober: Halloween – Die Nacht des Grauens

Oktober 23, 2018

Kabel 1, 22.40

Halloween – Die Nacht des Grauens (Halloween, USA 1978)

Regie: John Carpenter

Drehbuch: John Carpenter, Debra Hill

Wenige Stunden bevor der neue „Halloween“-Film, banal „Halloween“ betitelt (Besprechung folgt), in unseren Kinos anläuft, kann man sich wieder das Original ansehen: An Halloween bricht Michael Myers aus der Irrenanstalt aus und er beginnt wahllos Menschen umzubringen.

Der enorm effektive, bahnbrechende Slasher-Film war ein gigantischer Kassenerfolg (allein in den USA spielte er an der Kinokasse das 150-fache seiner Kosten ein), der Start eines Franchise meist ziemlich verzichtbarer Filme mit dem maskierten Mörder und unzähliger Nachahmer.

In der von Frank Schnelle und Andreas Thiemann erstellten Metaliste über die fünfzig besten Horrorfilme steht „Halloween – Die Nacht des Grauens“ auf dem dritten Platz.

Ein Gruselfilm der perfekten, kaltschnäuzig spekulativen Art, ohne Moral, ohne Botschaft, einfach nur böse.“ (Fischer Film Almanach 1980)

Fun Fact: der deutsche Kinostart war am 6. Juli 1979, weil wir damals Halloween noch nicht kannten.

Mit Jamie Lee Curtis, Donald Pleasence, Nancy Loomis, Charles Cyphers, Nick Castle

Wiederholung: Donnerstag, 25. Oktober, 02.50 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Rotten Tomatoes über „Halloween“

Wikipedia über „Halloween“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von John Carpenters „Assault – Anschlag bei Nacht“ (Assault on Precinct 13, USA 1976)

John Carpenter in der Kriminalakte