TV-Tipp für den 4. Dezember: Undine/Roter Himmel

Dezember 3, 2025

Zwei Filme von Christian Petzold

3sat, 20.15

Undine (Deutschland/Frankreich 2020)

Regie: Christian Petzold

Drehbuch: Christian Petzold

Christian Petzolds in die Gegenwart verlegte Interpretation des Undine-Mythos. Das ist gewohnt durchdacht und gut inszeniert. Trotzdem spricht „Undine“ mich weniger an als Christian Petzolds andere Filme.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Paula Beer, Franz Rogowski, Maryam Zaree, Jacob Matschenz, Anne Ratte-Polle, Rafael Stachowiak

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Undine“

Moviepilot über „Undine“

Metacritic über „Undine“

Rotten Tomatoes über „Undine“

Wikipedia über „Undine“ (deutsch, englisch)

Berlinale über „Undine“

3sat, 21.40

Roter Himmel (Deutschland 2023)

Regie: Christian Petzold

Drehbuch: Christian Petzold

Christian Petzold erzählt von vier jungen Menschen, die an der Ostsee in einem abgelegenem Ferienhaus einige Tage gemeinsam verbringen, prokrastinieren, reden und sich verlieben.

Definitv nicht sein bester Film. Aber das ist Jammern auf ziemlich hohem Niveau.

Auf der Berlinale gab es für seinen Sommerfilm viel Kritkerlob und den Silbernen Bären.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Thomas Schubert, Paula Beer, Langston Uibel, Enno Trebs, Matthias Brandt

Hinweise

Filmportal über „Roter Himmel“

Moviepilot über „Roter Himmel“

Rotten Tomatoes über „Roter Himmel“

Wikipedia über „Roter Himmel“ (deutsch, englisch)

Berlinale über „Roter Himmel“

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Phoenix“ (Deutschland 2014)

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Transit“ (Deutschland/Frankreich 2018)

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Undine“ (Deutschland/Frankreich 2020) und der DVD

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Roter Himmel“ (Deutschland 2023)

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Miroirs No. 3“ (Deutschland 2025)

Christian Petzold in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 24. Oktober: Wir sind dann wohl die Angehörigen

Oktober 23, 2025

Arte, 20.15

Wir sind dann wohl die Angehörigen (Deutschland 2022)

Regie: Hans-Christian Schmid

Drehbuch: Michael Gutmann, Hans-Christian Schmid

LV: Johann Scheerer: Wir sind dann wohl die Angehörigen – Die Geschichte einer Entführung, 2018

Am 25. März 1996 wird Jan Philipp Reemtsma entführt. Zähe Verhandlungen mit den Entführern beginnen. Hans-Christian Schmid schildert in seinem Drama, basierend auf den Erinnerungen des damals dreizehnjährigen Reemtsma-Sohnes Johann Scheerer, die Geschichte dieser Entführung aus der Sicht der Familie. Spannend.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Claude Heinrich, Adina Vetter, Justus von Dohnányi, Hans Löw, Yorck Dippe, Enno Trebs, Fabian Hinrichs, Philipp Hauß

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Wir sind dann wohl die Angehörigen“

Moviepilot über „Wir sind dann wohl die Angehörigen“

Wikipedia über „Wir sind dann wohl die Angehörigen“ und die Reemtsma-Entführung

Meine Besprechung von Hans-Christian Schmids „Sturm“ (Deutschland/Dänemark/Niederlande 2009)

Meine Besprechung von Hans-Christian Schmids „Wir sind dann wohl die Angehörigen“ (Deutschland 2022)


Neu im Kino/Filmkritik: Christian Petzold spielt „Miroirs No. 3“

September 18, 2025

Der Beginn von Christian Petzolds neuestem Spielfilm „Miroirs No. 3“ ist etwas seltsam und auch arg gekünstelt.

Zusammen mit ihrem Freund fährt die Klavierstudentin Laura (Paula Beer) ins Berliner Umland. Weil sie keine Lust auf ein Wochende mit seinen Freunden hat, streiten sie sich und er will sie zum Bahnhof fahren. Von dort kann sie den nächsten Zug nach Berlin nehmen. Auf einer einsamen Landstraße verunglücken sie. Ihr Freund stirbt. Sie überlebt ohne eine Kratzer, geht zu dem wenige Meter von dem Unfallort stehendem Haus und fragt die ihr bis dahin vollkommen unbekannte Betty (Barbara Auer), ob sie bei ihr einige Tage bleiben kann. Die allein in dem Haus lebende Betty ist einverstanden. In den folgenden Tagen erfährt Laura langsam mehr über Betty, ihren Mann Richard (Matthias Brandt) und ihren Sohn Max (Enno Trebs). Die beiden Männer betreiben in der Nähe eine Autowerkstatt. Sie wohnen dort und sind in offensichtlich illegale Geschäfte verwickelt. Sie alle versuchen, vor allem schweigend, den Verlust ihrer Tochter und Schwester verarbeiten. Anscheinend sah sie wie Laura aus.

In jedem Film gibt es Logiklücken und Auslassungen. Manchmal muss halt einfach etwas geglaubt werden, dass die Geschichte funktioniert. Manchmal gibt es am Ende eine gute Erklärung für bestimmte Lücken. In „Miroirs No. 3“ ist das nicht der Fall. Das beginnt mit dem Autounfall. Es wird nie erklärt, wie es auf der Landstraße dazu kam. Wir sehen nur das davor, wenn der Wagen über die Straße fährt, und das danach, wenn der Wagen, als sei er für ein Gemälde sorgfältig arrangiert worden, auf einem Feld auf der Seite liegt.

Danach wird Laura von Betty aufgenommen und lebt einige Tage mit ihr. Die Polizei, ihre Freunde und auch ihre Eltern glänzen durch Abwesenheit. Es ist, als ob sie über keinerlei Beziehungen verfügt, oder, wie in seinem Film „Yella“, als ob sie bei dem Unfall gestorben ist und sich jetzt in einem Zwischenzustand zwischen Leben und Tod befindet. Dann würde der Film ab dem Unfall in Lauras Kopf spielen.

Das Geheimnis in Bettys Familie wird erst relativ spät in dem enervierend langsam erzählten Film angedeutet. Einerseits ist es ziemlich offensichtlich, andererseits wird es nie wirklich enthüllt. Es ist eine Leerstelle, über die Betty, Richard und Max schweigen und sich stumme Vorwürfe machen. Hier gibt Petzold einfach zu wenig Informationen, um mit den Figuren mitfühlen zu können.

Dazwischen wird viel Musik gehört, Klavier gespielt (wir erinnern uns: Laura studiert Klavier) und Fahrrad gefahren.

Natürlich hat ein Film von Christian Petzold dank der Inszenierung, der vielen bewusst gewählten Anspielungen und Querverweise innerhalb des Films und zu anderen Werken und den in ihren Rollen versinkenden Schauspieler (die wir in diesem Fall alle aus früheren Petzold-Filmen kennen) immer eine gewisse Qualität. Aber dieses Mal dehnt er eine Idee von einem Film auf Spielfilmlänge. Am Ende ist „Miroirs No. 3“ sein schwächster Film.

Vielleicht sollte er mal wieder einen Kriminalfilm drehen.

Miroirs No. 3 (Deutschland 2025)

Regie: Christian Petzold

Drehbuch: Christian Petzold

mit Paula Beer, Barbara Auer, Matthias Brandt, Enno Trebs

Länge: 86 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Miroirs No. 3“

Moviepilot über „Miroirs No. 3“

Metacritic über „Miroirs No. 3“

Rotten Tomatoes über „Miroirs No. 3“

Wikipedia über „Miroirs No. 3“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Phoenix“ (Deutschland 2014)

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Transit“ (Deutschland/Frankreich 2018)

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Undine“ (Deutschland/Frankreich 2020) und der DVD

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Roter Himmel“ (Deutschland 2023)

Christian Petzold in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 29. August: Roter Himmel

August 28, 2025

Arte, 20.15

Roter Himmel (Deutschland 2023)

Regie: Christian Petzold

Drehbuch: Christian Petzold

TV-Premiere. Christian Petzold erzählt von vier jungen Menschen, die an der Ostsee in einem abgelegenem Ferienhaus einige Tage gemeinsam verbringen, prokrastinieren, reden und sich verlieben.

Definitv nicht sein bester Film. Aber das ist Jammern auf ziemlich hohem Niveau.

Auf der Berlinale gab es für seinen Sommerfilm viel Kritkerlob und den Silbernen Bären.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

Am 18. September läuft sein neuer Film „Miroirs No. 3“ an.

mit Thomas Schubert, Paula Beer, Langston Uibel, Enno Trebs, Matthias Brandt

Wiederholung: Freitag, 5. September, 23.50 Uhr

Hinweise

Filmportal über „Roter Himmel“

Moviepilot über „Roter Himmel“

Rotten Tomatoes über „Roter Himmel“

Wikipedia über „Roter Himmel“ (deutsch, englisch)

Berlinale über „Roter Himmel“

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Phoenix“ (Deutschland 2014)

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Transit“ (Deutschland/Frankreich 2018)

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Undine“ (Deutschland/Frankreich 2020) und der DVD

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Roter Himmel“ (Deutschland 2023)

Christian Petzold in der Kriminalakte


Neu im Kino/Filmkritik: „Köln 75“: Vera Brandes organisiert ein Konzert, Keith Jarrett konzertiert solo

März 12, 2025

Von mindestens zwei Seiten, nämlich der der Organisatorin und der des Künstlers, nähert Ido Fluk sich in seinem Film „Köln 75“ einem Konzert, das später als Doppel-LP veröffentlicht wurde.

Die siebzehnjährige Vera Brandes (Mala Emde) lebt in den siebziger Jahren in Köln und geht aufs Gymnasium. Ihr Vater ist Zahnarzt und ein Tyrann. Sie ist musikverrückt. Aber sie liebt nicht die Rock- und Popmusik, die Gleichaltrige hören, sondern Jazz. Neben der Schule organisiert sie Konzerte. Als sie in Berlin bei den Jazztagen Keith Jarrett erlebt, ist sie begeistert. Sie will eines seiner Solo-Konzerte in Köln präsentieren. Diese vollkommen frei improvisierten Konzerte spielt Jarrett seit 1972. Seit 1971 veröffentlicht Manfred Eicher, der Gründer des legendären Jazzlabels ECM, bis heute fast alle Aufnahmen von Jarrett in teils umfangreichen Boxsets, die ganze Konzerte und Reihen dokumentieren. Jarretts erste ECM-LP war die 1971 aufgenommene, 1972 veröffentlichte Solo-Piano-LP „Facing You“, die gleichzeitig Jarretts erste Solo-LP war.

Und damit wären wir, wenn wir den Film als klassische LP betrachten, bei der ersten und zweiten Seite von Ido Fluks „Köln 75“. Der süffige Musikfilm beginnt während des fünfzigsten Geburtstag von Vera Brandes. Immer wieder meldet sich der fiktive Jazzkritiker Michael Watts (Michael Chernus) zu Wort. Er vermittelt kurzweilig Hintergrundwissen über verpatzte Anfänge bei Aufnahmen und die Musikgeschichte.

Als während der Geburtstagsfeier die Ansprache von Vera Brandes‘ Vater (Ulrich Tukur) in einem Eklat endet, erinnert Brandes sich an ihre Anfänge als Konzertveranstalterin. Diese Erinnerungen bilden den ersten Teil des Films. Als Sechzehnjährige organisiert sie eine Tour für den Jazzsaxophonisten Ronnie Scott. Weitere von ihr organisierte Konzerte mit anderen Künstlern folgen.

Der zweite Teil des Films konzentriert sich dann auf Keith Jarrett (John Magaro). Er gibt in Lausanne ein Solokonzert. Zusammen mit Manfred Eicher (Alexander Scheer) als Fahrer und Watts, der Jarrett interviewen möchte, fahren sie in einer klapprigen Kiste nach Köln. In diesem Teil geht es um die künstlerischen Vorstellungen und Marotten von Jarrett. Eicher toleriert Jarretts Eigenheiten, weil er den Pianisten für ein Jahrhundertgenie hält, dessen musikalisches Geschenk an die Menschheit alles andere aufwiegt.

Im dritten Teil, bzw. der dritten LP-Seite, treffen dann Vera Brandes und Keith Jarrett aufeinander. Sie hat das Konzert am 24. Januar 1975 in der Kölner Oper organisiert und sich dafür mit 10.000 DM, was damals sehr viel Geld war, verschuldet. Am Nachmittag stellt sie in der menschenleeren Kölner Oper erschrocken fest, dass auf der Bühne der falsche Flügel steht und Jarrett sich weigert, auf ihm zu spielen. Zusammen mit ihren treuen Freunden, dicken Telefonbüchern, geduldigen Klavierstimmern und viel Lauferei versucht sie das geplante Konzert zu retten. Und auch wenn wir wissen, wie die Geschichte endet, fiebern wir mit.

Ido Fluk („The Ticket“) erzählt in seinem neuen Film „Köln 75“ mitreißend eine Hintergrundgeschichte, die interessant ist, bislang aber auch Jazzfans nicht so wahnsinnig interessierte. Normalerweise ist bei einzelnen Konzerten und sogar bei Festivals nichts über die teils chaotische Organisation des Konzertes bekannt. Schließlich steht das Geschehen auf der Bühne, – die Künstler und ihre Konzerte -, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.

Etwas seltsam ist, dass in einem Film, in dem es um Jazz, Keith Jarrett und das „Köln Concert“ geht, sehr wenig Jazz und überhaupt nichts von Keith Jarrett und dem „Köln Concert“ zu hören ist. Sie durften die Musik nicht verwenden. Fluk sagt dazu: „Die Wirkung dieser Musik würde sich in einem Film niemals entfalten können. Man könnte bestenfalls einen kleinen Ausschnitt wiedergeben. Und der würde nichts aussagen. Es ist das ganze Werk oder nichts. Das Köln-Konzert ist kein Popsong. Es ist ein langes, ambitioniertes, auch forderndes Stück Jazzmusik, das man am besten in Ruhe in Gänze anhört. Ich vermute, selbst Keith Jarrett würde mir zustimmen. Es ist eher so, dass man sich den Film ansieht und deshalb Lust bekommt, sich das Konzert zuhause anzuhören. Man geht heim und legt die Platte auf. Unabhängig vom Film. Denn in ‚Köln 75‘ geht es nicht um das Konzert. Es geht um Vera Brandes.“

Und Vera Brandes ist nicht einfach nur ein Mädchen, das einmal ein Konzert organisierte und später Hausfrau wurde. Wer zu den wenigen Menschen gehört, die sich bei Schallplatten und CDs auch für das Kleingedruckte interessieren, und wer zu den noch weniger Menschen gehört, die sich dafür interessieren, wer Tourneen und Konzerte organisiert, las öfter den Namen Vera Brandes. Sie organisierte Konzerte von Oregon, Pork Pie, Dave Liebman und Gary Burton; alles legendäre Jazzmusiker und Jazzgruppen. Sie gründete die Labels CMP, VeraBra und Intuition und veröffentlichte über 350 Alben, unter anderem von Nucleus, Charlie Mariano, Theo Jörgensmann, Mikis Theodorakis, Barbara Thompson, Andreas Vollenweider und den Lounge Lizards.

Der am 8. Mai 1945 in Allentown, Pennsylvania (USA), geborene Keith Jarrett ist heute einer der bekanntesten und wichtigsten Jazzpianisten. Sein „Köln Concert“, von Eicher 1975 als Doppel-LP in der normal-spartanischen ECM-Ausstattung veröffentlicht, wurde zum Bestseller. Es ist die meistverkaufte Jazz-Soloplatte, die meistverkaufte Klavier-Soloplatte und Jarretts meistverkaufte und bekannteste Veröffentlichung. Es ist die Jazz-Platte, die auch Nicht-Jazzfans in ihrem Plattenschrank stehen haben.

Die Hintergründe des Konzerts waren lange unbekannt. Später wurde einiges darüber geschrieben, aber im Mittelpunkt der Rezeption der Aufnahme steht immer noch die Aufnahme und nicht die Umstände der Aufnahme. In Ido Fluks Film „Köln 75“ erfahren wir jetzt mehr über diese Umstände.

Fluks kurzweiliger und sehr stimmiger Rückblick in die Bundesrepublik Deutschland Mitte der siebziger Jahre ist eine Liebeserklärung an den Jazz als Musik und als Lebenshaltung und den jugendlichen Aufbruchsgeist, der ohne helfende Hände in mittleren Katastrophen enden kann. Denn ohne ihre Freunde und andere Helfer hätte Vera Brandes, die treibende Kraft bei der Organisation und der Werbung für das Konzert in der ausverkauften Oper, das Konzert nicht veranstalten können.

Und ohne Martin Wieland gäbe es keine Aufnahme von dem Konzert.

Köln 75 (Deutschland/Belgien/Polen 2025)

Regie: Ido Fluk

Drehbuch: Ido Fluk

mit Mala Emde, John Magaro, Michael Chernus, Shirin Eissa, Enno Trebs, Leo Meier, Leon Blohm, Ulrich Tukur, Jördis Triebel, Susanne Wolff, Daniel Betts, Alexander Scheer

Länge: 112 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Kinostart: 13. März 2025

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Filmportal über „Köln 75“

Moviepilot über „Köln 75“

Rotten Tomatoes über „Köln 75“

Wikipedia über „Köln 75“ (deutsch, englisch), „The Köln Concert“ (deutsch, englisch), Keith Jarrett (deutsch, englisch) und Vera Brandes (deutsch, englisch)

Berlinale über „Köln 75“

AllMusic über Keith Jarrett

ECM über Keith Jarrett

Rick Beato unterhält sich mit Keith Jarrett (2023)

Ein kleiner Ausschnitt aus einem 2016 aufgenommenem Solokonzert von Keith Jarrett


TV-Tipp für den 30. September: Die Polizistin und die Sprache des Todes

September 29, 2024

ZDF, 20.15

Die Polizistin und die Sprache des Todes (Deutschland 2024)

Regie: Lars Becker

Drehbuch: Lars Becker

TV-Premiere. Gut, die Prämisse klingt jetzt ziemlich vertraut – eine BKA-Sonderermittlerin wird in die Provinz geschickt, weil dort wahrscheinlich das vierte Opfer eines Serienmörders gefunden wurde – aber der Film ist von „Nachtschicht“-Macher Lars Becker und da dürfte es einige Überraschungen geben.

mit Thelma Buabeng, Artjom Gilz, Nicholas Ofczarek, Thomas Schubert, Farba Dieng, Jane Chirwa, Enno Trebs, Sina Tkotsch, Doris Kunstmann

Hinweise

ZDF über den Film (in der Mediathek bis zum 20. September 2025)

Wikipedia über Lars Becker

Lexikon der deutschen Krimi-Autoren über Lars Becker

Lars Becker in der Kriminalakte


TV-Tipp für den 12. April: Wir sind dann wohl die Angehörigen

April 11, 2024

Arte, 20.15

Wir sind dann wohl die Angehörigen (Deutschland 2022)

Regie: Hans-Christian Schmid

Drehbuch: Michael Gutmann, Hans-Christian Schmid

LV: Johann Scheerer: Wir sind dann wohl die Angehörigen – Die Geschichte einer Entführung, 2018

TV-Premiere. Am 25. März 1996 wird Jan Philipp Reemtsma entführt. Zähe Verhandlungen mit den Entführern beginnen. Hans-Christian Schmid schildert in seinem Drama, basierend auf den Erinnerungen des damals dreizehnjährigen Reemtsma-Sohnes Johann Scheerer, die Geschichte dieser Entführung aus der Sicht der Familie. Spannend.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Claude Heinrich, Adina Vetter, Justus von Dohnányi, Hans Löw, Yorck Dippe, Enno Trebs, Fabian Hinrichs, Philipp Hauß

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Wir sind dann wohl die Angehörigen“

Moviepilot über „Wir sind dann wohl die Angehörigen“

Wikipedia über die Reemtsma-Entführung

Meine Besprechung von Hans-Christian Schmids „Sturm“ (Deutschland/Dänemark/Niederlande 2009)

Meine Besprechung von Hans-Christian Schmids „Wir sind dann wohl die Angehörigen“ (Deutschland 2022)


Neu im Kino/Filmkritik (eher kürzer): Über Sam Mendes‘ „Empire of Light“, Christian Petzolds „Roter Himmel“ und Brandon Cronenbergs, „Infinity Pool“

April 25, 2023

Schnell, kurz und reichlich spät komme ich meiner Chronistenpflicht nach. Denn die letzten Tage war ich mit einem Projektantrag beschäftigt. Doch das ist eine andere Geschichte, zu der ich vielleicht irgendwann mehr schreiben werde.

Jetzt schreibe ich etwas über die neuen Filme von Christian Petzold, Sam Mendes und Brandon Cronenberg, die bei allen Unterschieden eine Gemeinsamkeit haben: sie gefielen mir nicht so gut wie erwartet.

Beginnen wir mit Sam Mendes‘ „Empire of Light“ und seiner Liebeserklärung an seine Mutter, das Kino und seine Jugend; – wobei es sich hier um kein Biopic, sondern ein ein ‚inspiriert von‘ und damit eigentlich nur um eine in der Vergangenheit spielende Geschichte handelt.

Die Filmgeschichte spielt in den frühen Achtzigern in einem an der Südküste von England liegendem Küstenort. Dort steht das Empire Kino, ein Kinopalast, der schon vor Ewigkeiten erbaut und seitdem kaum verändert wurde. Er hat seine besten Zeiten schon lange hinter sich. Überall ist die wohlige Patina besserer Zeiten. Nur noch zwei Säle werden bespielt. Das Dachrestaurant mit Seeblick ist eine verstaubte Ruine. Dort trifft sich Hilary Small (Olivia Colman), die schon etwas ältere Managerin des Empire, die psychische Probleme hat, mit Stephen (Micheal Ward). Der junge Schwarze ist der jüngste Angestellten des Kinos.

Mendes entfaltet die Beziehung zwischen den beiden und zwischen dem Kinopersonal nur langsam und in Andeutungen. Das ist von Roger Deakins edel gefilmt. Die Sets und die Ausstattung sind überaus stimmig. Trent Reznor und Atticus Ross schrieben die atmosphärische Musik. Stars des britischen Kinos, wie Colin Firth und Toby Jones, spielen mit. Und sie sind gewohnt gut. Kleine Details und Gesten sind in diesem langsam erzähltem Drama, das sich genau so entwickelt, wie man es erwartet, wichtig.

Die Probleme des Films liegen in seinem langsamen Erzähltempo und dass viele Themen, wozu auch die Konflikte und gesellschaftlichen Spaltungen während der Thatcher-Regierung, zwar angesprochen, aber nicht vertieft werden.

Empire of Light“ ist mehr das langsame Blättern in einem edel gestaltetem Fotoalbum als ein packender Kinofilm. Alles ist einfach zu leblos.

Da waren Kenneth Branaghs „Belfast“ und Steven Spielbergs „Die Fabelmans“ einfach besser.

Empire of Light (Empire of Light, Großbritannien 2022)

Regie: Sam Mendes

Drehbuch: Sam Mendes

mit Olivia Colman, Micheal Ward, Toby Jones, Colin Firth, Tom Brooke, Tanya Moodie, Hannah Onslow, Crystal Clarke

Länge: 116 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Moviepilot über „Empire of Light“

Metacritic über „Empire of Light“

Rotten Tomatoes über „Empire of Light“

Wikipedia über „Empire of Light“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Sam Mendes’ James-Bond-Films „Skyfall“ (Skyfall, GB/USA 2012)

Meine Besprechung von Sam Mendes’ James-Bond-Film “Spectre” (Spectre, USA/GB 2015)

Meine Besprechung von Sam Mendes‘ „1917“ (1917, USA 2019)

In „Roter Himmel“ erzählt Christian Petzold von vier jungen Menschen, die einige Tage in einem abgelegen gelegenem Ferienhaus an der Ostsee verbringen und sich kennen und lieben lernen. Es sind ein Schriftsteller, der an seinem zweiten Roman schreibt, aber lieber prokrastiniert, sein Freund, ein Kunststudent, der eigentlich für seine Bewerbung bei der Universität der Künste etwas machen sollte, aber vor lauter anderen ‚Projekten‘ nicht zum prokrastinieren kommt, eine junge Frau, die im Sommer als Eisverkäuferin arbeitet und ihr Freund, ein Rettungsschwimmer, der total wahre Geschichten aus seinem Leben erzählt und nicht länger als bis zum Ende des Sommers ihr Freund ist.

Das ist, wie immer bei Petzold, gut inszeniert, gut gespielt und voller Anspielungen. Aber ich konnte mit „Roter Himmel“ nichts anfangen. Dafür blieben mir die Figuren durchgehend zu fremd. So fand ich die Freundschaft zwischen dem Schriftsteller und seinem fotografierenden Schulfreund unglaubwürdig. Dass die vier jungen Menschen am Filmanfang, eine Nacht und einen Tag in dem kleinen Ferienhaus verbringen, ohne sich zu begegnen oder sich zu begrüßen, fand ich genauso unglaubwürdig. Als würde nicht die Anwesenheit von zwei neuen Mitbewohnern neugierig machen, wird sich stattdessen in getrennten Betten vergnügt. In der zweiten Hälfte gibt es dann eine Enthüllung über die Eisverkäuferin, die nur deshalb überrascht, weil der Schriftsteller, obwohl er in sie verliebt ist, sich bis dahin nicht für ihr Leben abseits der Tage in dem Ferienhaus interessierte. Dass er ein ziemlich Stinkstiefel ist, der seine schlechte Laune kultiviert und trotzig, vollständig angekleidet, in die Ostsee starrt, anstatt ins Wasser zu springen, gefällt dann schon wieder in Petzolds Sommerkomödie.

Auf der Berlinale gab es dafür Kritkerlob und den Silbernen Bären.

Roter Himmel (Deutschland 2023)

Regie: Christian Petzold

Drehbuch: Christian Petzold

mit Thomas Schubert, Paula Beer, Langston Uibel, Enno Trebs, Matthias Brandt

Länge: 102 Minuten

FSK:ab 12 Jahre

Hinweise

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Filmportal über „Roter Himmel“

Moviepilot über „Roter Himmel“

Rotten Tomatoes über „Roter Himmel“

Wikipedia über „Roter Himmel“ (deutsch, englisch)

Berlinale über „Roter Himmel“

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Phoenix“ (Deutschland 2014)

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Transit“ (Deutschland/Frankreich 2018)

Meine Besprechung von Christian Petzolds „Undine“ (Deutschland/Frankreich 2020) und der DVD

Christian Petzold in der Kriminalakte

Vollkommen ratlos lässt einen Brandon Cronenbergs neuer Horrorfilm „Infinity Pool“ zurück. Protagonist ist James Foster. Der Schriftsteller schiebt seit Ewigkeiten die Arbeit an seinen zweiten Roman vor sich her. Jetzt verbringt er mit seiner Frau einige Tage in einem noblen Ferienresort, in dem, unter tropischer Hitze vor sich hin dösend, die Tage zwischen Hotelbar, Hotelpool und Hotelstrand verbracht werden. Der Kontakt zu den Einheimischen beschränkt sich auf folkloristische Darbietungen im Hotelrestaurant zum Abendessen.

Als James und seine Frau mit einem Paar, das sie im Hotel kennen lernten, die hoch gesicherte Ferienanlage für einen Ausflug zu einer verschwiegenenen Bucht verlassen, nimmt ihr Leben eine dramatische Wende. Denn auf der Rückfahrt überfährt James betrunken einen Einheimischen. Ihr Plan, die Leiche verschwinden zu lassen geht schief und sie werden verhaftet. Der ermittelnde Polizist erklärt James, dass hier das Prinzip der Blutrache gelte. Aber es gäbe einen Ausweg.

In diesem Moment nimmt „Infinity Pool“ eine Wende ins fantastische und ein vollkommen wirrer Trip beginnt.

Brandon Cronenberg (Ja, der Sohn von David Cronenberg und wie sein Vater macht er Body Horror) spricht alles an, was einem zu „westliche Urlauber in Dritte-Welt-Ländern“ einfällt, garniert es mit Sex und Gewalt, und führt keinen Gedanken konsequent zu Ende. Dafür darf sich dann jeder sein persönliches Interpretationsgoldstück herausholen. So ist der Film eine Anklage gegen den Tourismus. Es geht um unser Verhältnis zu den Einheimischen, die vor den Touristen folkloristisch tanzen dürfen als müssten sie einen Film aus den Fünfzigern über den archaischen wilden Mann wieder auferstehen lassen. Es geht um Klon-Experimente, geheime Gesellschaften, das Verhältnis von Erster zu Dritter Welt, oder, weil es mehr der Attitüde der im Ferienresort urlaubenden Gästen entspricht, von Herrenmenschen zu dem Aberglauben zugeneigten Ureinwohnern.

Das hat durchaus seine Momente. Insgesamt ist der sich stilistisch am 70er-Jahrer-Horrrorfilm orientierende „Infinity Pool“ nach seinem vorherigen Film „„Posessor“ nur eine riesengroße, langweilige, konfuse, bestenfalls pseudo-provokante Enttäuschung mit einem unbefriedigendem Ende.

Hm, das war jetzt doch nicht so kurz.

Infinity Pool (Infinity Pool, USA 2023)

Regie: Brandon Cronenberg

Drehbuch: Brandon Cronenberg

mit Alexander Skarsgård, Mia Goth, Cleopatra Coleman, Jalil Lespert, Thomas Kretschmann, Jeffrey Ricketts, John Ralston, Amanda Brugel, Caroline Boulton, Zijad Gracic, Ádám Boncz

Länge: 119 Minuten

FSK: ab 18 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „Infinity Pool“

Metacritic über „Infinity Pool“

Rotten Tomatoes über „Infinity Pool“

Wikipedia über „Infinity Pool“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Brandon Cronenbergs „Posessor“ (Possessor, Kanada/Großbritannien 2020)


Neu im Kino/Filmkritik: „Wir sind dann wohl die Angehörigen“ von dem Entführten

November 4, 2022

Den Titel „Wir sind dann wohl die Angehörigen“ musste Hans-Christian Schmid von der Vorlage übernehmen. Das macht die Sache nicht besser. Denn er ist vollkommen unpassend und ungefähr jeder andere Titel wäre besser gewesen. In dem autobiographischem Roman und dem Film geht es um die Entführung von Jan Philipp Reemtsma. Er wurde am 25. März 1996 entführt. Nach der Zahlung des Lösegeldes wurde er nach 33 Tagen freigelassen. 1997 veröffentlichte er das Buch „ Im Keller“ über seine Entführung.

2018 veröffentlichte sein Sohn Johann Scheerer „Wir sind dann wohl die Angehörigen“. In dem Buch beschreibt er, wie er als damals Dreizehnjähriger die Entführung und das bange Warten auf das Ende erlebte.

Die Verfilmung konzentriert sich ebenfalls auf Johann Scheerer, der der Quasi-Erzähler ist. Aber Regisseur Hans-Christian Schmid und sein Drehbuchautor Michael Gutman, die schon bei Schmids Filmen „23“, „Crazy“ und „Lichter“ zusammengearbeitet haben, erweitern den Blick. Der Grund dafür ist ziemlich banal.

In einem autobiographischem Text erzählt der Erzähler von sich aus seiner Perspektive. Wir sehen also alles mit seinen Augen. Wenn er über seine Vergangenheit schreibt, reflektiert er außerdem mit seinem heutigen Wissen, Gefühlen und Ansichten über die damaligen Ereignisse. Er sagt uns, warum dieser Teil seiner Vergangenheit heute für ihn immer noch wichtig ist. Er kann auch mühelos zwischen den Zeitebenen wechseln. Teilweise innerhalb eines Satzes.

Diese Reflektionsebene fehlt in Schmids Film. Er verzichtet auf eine in der Gegenwart beginnende Rahmenerzählung (so etwas in der Art: der Protagonist sieht eine Zeitungsüberschrift und erinnert sich) und auf Rückblenden. Er bleibt immer nah bei seinen Figuren und erzählt alles, als wäre er direkt dabei. Das ist spannend, aber es bleibt auch unklar, welche Bedeutung die Entführung seines Vaters für Johanns weiteres Leben hat. Im Film ist er – ganz normal für einen Dreizehnjährigen – eine passive Figur. Wie ein Reporter nimmt er alles wahr, während die wichtigen Entscheidungen von anderen Menschen gefällt werden. Für einen Unterhaltungsfilm ist das keine tragfähige Konstruktion.

Deshalb erweiterten Schmid und Gutman den Blick. Sie erzählen auch von Johanns Mutter Ann Kathrin Scheerer, dem Anwalt der Familie und der Arbeit der Polizei. Manchmal erfährt Johann später davon. Manchmal nicht.

So wird „Wir sind dann wohl die Angehörigen“ zu einem Bild einer Familie in einer Extremsituation und einer kleinen Notgemeinschaft. Während der Entführung waren ausgewählte Vertraute, wie Johann Schwenn, der Anwalt der Familie, und Christian Schneider, ein Freund der Familie, und Polizisten in der Reemtsma-Villa. Teilweise glich sie einem Ferienlager. Vor allem die beiden Angehörigenbetreuer der Polizei, die das Scharnier zwischen der Polizei und Ann Kathrin Scheerer waren, bauten eine intime Beziehung zur Familie auf.

Das schildert Schmid, ohne einen klaren Protagonisten, immer nah an den Personen und spannend. Die unterschiedlichen Interessen und Motive der Angehörigen und der Polizisten werden klar herausgearbeitet. Und weil dieses Mal eindeutig die Angehörigen, in diesem Fall die Frau und der Sohn des Entführten, im Mittelpunkt des Films stehen, ist „Wir sind dann wohl die Angehörigen“ aus einer ungewohnten Perspektive erzählt.

Wir sind dann wohl die Angehörigen (Deutschland 2022)

Regie: Hans-Christian Schmid

Drehbuch: Michael Gutmann, Hans-Christian Schmid

LV: Johann Scheerer: Wir sind dann wohl die Angehörigen – Die Geschichte einer Entführung, 2018

mit Claude Heinrich, Adina Vetter, Justus von Dohnányi, Hans Löw, Yorck Dippe, Enno Trebs, Fabian Hinrichs, Philipp Hauß

Länge: 118 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Wir sind dann wohl die Angehörigen“

Moviepilot über „Wir sind dann wohl die Angehörigen“

Wikipedia über die Reemtsma-Entführung

Meine Besprechung von Hans-Christian Schmids „Sturm“ (Deutschland/Dänemark/Niederlande 2009)


Neu im Kino/Filmkritik: „Niemand ist bei den Kälbern“ und Christin ist angeödet

Januar 24, 2022

Hochsommer irgendwo in der Mecklenburgischen Provinz, wo sich noch nicht einmal Fuchs und Hase gute Nacht sagen, es aber schon einige Windkrafträder gibt, lebt die 24-jährige Christin. Sie ist mit dem ein Jahr älteren Rick verheiratet. Sie kennen sich schon seit Ewigkeiten. Sie leben auf dem Hof von Ricks Eltern. Die tägliche Arbeit auf dem Hof geht routiniert und fast wortlos vonstatten. Diese Wiederkehr des Immergleichen ist wenig aufregend und bietet auch keine Perspektive auf ein anderes Leben.

Christin, gespielt von Saskia Rosendahl, ist von diesem Leben genervt. Knapp bekleidet stampft sie mit dem immergleichen genervten Geischtsausdruck über die Felder. Lustlos erledigt sie die notwenidgen Arbeiten auf dem Hof. Und sie spielt, auf ihrem Bett liegend, gelangweilt mit ihrem Telefon. Sie ist von ihrem Mann genervt. Sie ist von seinen Eltern genervt. Sie ist von den Dorfjugendlichen genervt. Sie ist von dem Mini-Dorffest genervt. Sie ist von ihrem Vater genervt. Der ist ein Trinker, der die DDR zurücksehnt. Eigentlich ist sie auch von Klaus genervt. Mit dem fast doppelt so alten Techniker für die Windkrafträder beginnt sie eine lustlose Affäre.

Niemand ist bei den Kälbern“ ist, nach „Prélude“, Sabrina Sarabi zweiter Spielfilm. Es handelt sich um eine gut zweistündige Beschreibung einer statischen Situation. Es ist ein allumfassender Stillstand, in dem sich nichts bewegt.

Sarabi konzentriert sich in ihrem Provinzdrama auf Christin, ihren Gefühlshaushalt und ihre Weltsicht. Das könnte, siehe Pablo Larraíns „Spencer“, durchaus spannend sein. Aber Christin ist eine furchtbar uninteressante Person, die auch an jedem anderen Ort gelangweilt und genervt von der Welt wäre.

Und damit liegt ihr Problem dann nicht an dem Ort, in dem sie seit ihrer Geburt lebt (vermutlich, definitiv erfahren wir es nicht in dem Film) oder ihrem Mann oder seiner Familie.

Das ist schon nach den ersten Minuten klar. Trotzdem wird diese Erkenntnis in den folgenden gut zwei Stunden, ohne eine nennenswerte Variation, immer wieder wiederholt. Entsprechend überschaubar ist der Erkenntnisgewinn dieser sich danach wie Kaugummi ziehenden Abrechnung mit dem Provinzleben.

Niemand ist bei den Kälbern (Deutschland 2021)

Regie: Sabrina Sarabi

Drehbuch: Sabrina Sarabi

LV: Alina Herbing: Niemand ist bei den Kälbern, 2017

mit Saskia Rosendahl, Rick Okon, Godehard Giese, Enno Trebs, Peter Moltzen, Anne Weinknecht, Elisa Schlott

Länge: 116 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Filmportal über „Niemand ist bei den Kälbern“

Moviepilot über „Niemand ist bei den Kälbern“

Wikipedia über „Niemand ist bei den Kälbern“

Meine Beprechung von Sabrina Sarabis „Prélude“ (Deutschland 2019)