Mein fabelhaftes Verbrechen (Mon Crime, Frankreich 2023)
Regie: François Ozon
Drehbuch: François Ozon, (in Zusammenarbeit mit) Philippe Piazzo
LV: Georges Berr, Louis Verneuil: Mon Crime, 1934 (Theaterstück)
TV-Premiere. Paris, 30er Jahre: zwei junge, in einer Absteige zusammen lebende Frauen – eine Schauspielerin und eine Anwältin – wollen den Tod eines einflussreichen Theaterproduzenten als Karrierebooster benutzen. Die Schauspielerin gesteht den Mord, die Anwältin verteidigt sie und alles läuft nach Plan, bis die echte Mörderin auftaucht und ihren Anteil will.
Drehbuch: François Ozon (freie Adaption des Stücks „Der Junge aus der letzten Reihe“ von Juan Mayorga)
Kleinstadt-Lehrer Germain ist begeistert von den gut geschriebenen Aufsätzen seines sechzehnjährigen Schülers Claude. Der schleicht sich in die Familie eines Mitschülers ein. Germain fordert Claude auf, weiterzuschreiben. Und wir fragen uns, wie nah Claude bei der Wahrheit bleibt.
Ein auf mehreren Ebenen, mit einer ordentlichen Portion Claude Chabrol,.gekonnt und gewitzt erzählter Krimi ohne Mord und Totschlag.
Wieder einmal wollen Aliens die Erde besetzen, vernichten oder irgendetwas mit ihr machen, was der Menschheit nicht gefällt. Aber dieses Mal ist es anders. Denn die Aliens sind bereits unter uns. Sie haben Körper von Menschen übernommen und sie benehmen sich fast normal menschlich. Und sie haben in Nordfrankreich ein kleines verschlafenes Küstendorf an der Côte d’Opale als zentralen Schauplatz für ihren Kampf um das künftige Schicksal des Universums gewählt.
Hier, in der Provinz, wo jeder jeden kennt, wurde Margat geboren. Das unschuldig aussehende Kind wird alle anderen Rassen vernichten und der künftige böse Herrscher des Universums sein. Beschützt wird er von den dunklen Streitkräfte des finsteren Beelzebub, den Nullen. Die Einsen sind die Streitkräfte der guten Königin. Sie kämpfen gegen die zukünftige Herrschaft des Antichristen. Sie wollen eine positive Zukunft für die Menschen, die Erde und das Universum.
Die Story klingt nach einer fast schon beliebigen Weltraumoper. Aber genau das ist Bruno Dumonts neuer Film „Das Imperium“ nicht. Er ist das Gegenteil von Luc Bessons „Das fünfte Element“; – also ein SF-Film ohne Ausstattungsorgien (obwohl die Raumschiffe der Guten und Bösen prächtig aussehen), Weltraumschlachten (obwohl es am Ende eine epische Schlacht mit vielen Raumschiffen gibt), Humor (obwohl das Verhalten der Außerirdischen schon komisch ist), kreischbunten Auftritten, Spezialeffekte und schnelle Szenenwechsel. Bei Dumont wird dann mal minutenlang nicht geschnitten und viel geschwiegen. Oft passiert nichts oder es passiert etwas vollkommenen rätselhaftes.
„Das Imperium“ kann auch als von Quentin Dupieux („Rubber“, „Wrong“, „Die Wache“) inszenierter Science-Fiction-Film beschrieben werden. Nur dass Dumont zwei Stunden braucht, während Dupieux in seinen Filmen seine absurden Geschichten in deutlich unter neunzig Minuten erzählt. Diese Länge macht „Das Imperium“ in jedem Fall zu einem zu lang geratenem Scherz.
Ob man jetzt „Das Imperium“ für einen äußerst langweiligen Langweiler und Anwärter für die nächste SchleFaZ-Runde oder für einen skurrill-absurden, zu lang geratenen Spaß hält, hängt von der Stimmung des Zuschauers und seinem Humor ab. Denn wer mit abseitigem Humor nichts anfangen kann, wird verzweifelt nach wenigen Minuten den Saal verlassen.
Mit absurd schlecht spielenden Schauspielern und hölzernen Sätzen, die einem Provinztheaterensemble kollektiv die Schamesröte ins Gesicht treiben würden, inszeniert Dumont seine Version vom „Krieg der Sterne“, die gleichzeitig alle Konventionen einer Space Opera erfüllt, unterläuft und persifliert. Das Ergebnis ist eine sehr französische und sehr surreale Version vom „Krieg der Sterne“ zwischen Trainings-Schwerkämpfen im Garten, Sex auf der Wiese, pathetischen Reden, überkandidelten Auftritten der Herrscher in den Raumschiffen und eingestreuten Weisheiten, die das Pathos von „Dune“ und ähnlichen Werken einem gnadenlosen Realitätstest unterziehen.
Das Imperium(L’Empire, Frankreich/Italien/Deutschland/Belgien/Portugal 2024)
Regie: Bruno Dumont
Drehbuch: Bruno Dumont
mit Brandon Vlieghe, Anamaria Vartolomei, Lyna Khoudri, Camille Cottin, Fabrice Luchini, Julien Manier, Bernard Pruvost, Philippe Jore
Drehbuch: François Ozon (freie Adaption des Stücks „Der Junge aus der letzten Reihe“ von Juan Mayorga)
Kleinstadt-Lehrer Germain ist begeistert von den gut geschriebenen Aufsätzen seines sechzehnjährigen Schülers Claude. Der schleicht sich in die Familie eines Mitschülers ein. Germain fordert Claude auf, weiterzuschreiben. Und wir fragen uns, wie nah Claude bei der Wahrheit bleibt.
Ein auf mehreren Ebenen, mit einer ordentlichen Portion Claude Chabrol,.gekonnt und gewitzt erzählter Krimi ohne Mord und Totschlag.
Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.
mit Fabrice Luchini, Ernst Umhauer, Kristin Scott Thomas, Emmanuelle Seigner, Denis Ménochet, Bastien Ughetto, Jean-François Balmer, Yolande Moreau, Catherine Davenier
Madeleine Verdier und Pauline Mauléon leben zusammen in einer Ein-Zimmer-Absteige, die nur in Spielfilmen eine gewissen Wohnlichkeit verkörpert. Madeleine ist eine unbekannte Schauspielerin auf der Suche nach irgendeiner, auch noch so kleinen Rolle. Pauline ist eine Anwältin auf der Suche nach ihrem ersten Mandanten. Beide sind jung, wollen im Paris der dreißiger Jahre das Leben genießen und sie brauchen jeden Pfennig. Zum Beispiel um die seit Monaten überfällige Miete bei ihrem Vermieter zu zahlen. Denn so langsam können sie ihn mit ihrem Aussehen und Charme nicht mehr zu einer weiteren Stundung überreden.
Deshalb kommt ihnen der Tod des einflussreichen Theaterproduzenten zupass. Madeleine war für einen Vorsprechtermin in der Villa des Produzenten, der jedes Klischee des fetten, schleimigen und sexgierigen Kapitalisten verkörpert. Das Vorsprechen lief schnell aus dem Ruder – und jetzt hält die Polizei sie für die Mörderin des Theatermannes.
Nach polizeilichen Verhören und einem Gespräch mit ihrer Mitbewohnerin gesteht Madeleine die Tat. Sie hat ihn zwar nicht getötet, aber gemeinsam wollen sie den Mord als Booster für ihre Karriere als Schauspielerin und Anwältin benutzen. Sie machen die Gerichtsverhandlung zum Medienzirkus. Sie stellen die Tat als Notwehr gegen einen übergriffigen Mann da. Und nach dem Freispruch könnte es für sie nicht besser aussehen. Die eine steigt als Schauspielerin, die andere als Anwältin auf. Die gut betuchten, heiratswilligen Männer stehen Schlange.
Dummerweise taucht in dem Moment Odette Chaumette (Isabelle Huppert, gewohnt grandios) auf. Der Stummfilmstar beherrscht immer noch den großen Auftritt. Nur die Filmrollen dafür gibt es nicht mehr. Jetzt fordert sie von Madeleine und Pauline ihren Anteil. Denn sie ist die Mörderin. Und sie könnte die Tat gestehen.
Immer noch liegt François Ozons Arbeitstempo irgendwo zwischen Claude Chabrol und Rainer Werner Fassbinder. Ein Film pro Jahr ist normal. Dabei ist er witziger als Fassbinder und er betrachtet seine Figuren liebevoller als Chabrol. Und er verfilmt öfter Theaterstücke, die er so bearbeitet, dass sie am Ende nicht wie Theaterstücke wirken. Auch sein neuester Film basiert auf einem Theaterstück, das er frei interpretiert und zu einer gleichzeitig zeitgenössischen und traditionsbewussten Screwball-Comedy macht.
Nach mehreren ernsten Filmen, – auch sein vorheriger Film, die gelungene Rainer-Werner-Fassbinder-Hommage „Peter von Kant“, war letztendlich ziemlich ernst -, hat François Ozon jetzt wieder eine waschechte Komödie gedreht, die, so Ozon, als Abschluss einer Trilogie über den Status der Frau mithilfe von Humor und Glamour gesehen werden könne. Die beiden vorherigen Filme dieser sehr losen Trilogie waren „8 Frauen“ (ebenfalls mit Isabelle Huppert) und „Das Schmuckstück“.
„Mein fabelhaftes Verbrechen“ ist eine in den Dreißigern spielende Screwball-Comedy, in der Tempo alles ist. Die Pointen folgen atemberaubend schnell aufeinander. Die Dialoge sind scharfzüngig und voller Anspielungen. Die Geschichte hat zahlreiche temberaubende und überraschende Wendungen. Sie sind wenig vorhersehbarer, aber letztendlich schlüssig. Schließlich verhalten sich alle Figuren in dem Stück, wenn sie von dem Mord profitieren wollen, überaus eigennützig. Vor allem die Männer sind nicht besonders intelligent, dafür aber eitel. Wobei Madame Chaumette als vollendete Diva mit ausladenden Kleidern und Gehabe auch ziemlich eitel ist.
Als Inspiration benutzte Ozon das 1934 entstandene, zweimal von Hollywood verfilmte Theaterstück „Mon Crime“ von Georges Berr und Louis Verneuil. Ozon modernisierte es so gelungen, dass „Mein fabelhaftes Verbrechen“ trotz Modernisierungen in jeder Sekunde wie ein zu Unrecht vergessenes altes Stück wirkt. Schließlich waren in den klassischen Screwball-Comedies die Frauen für die damalige Zeit sehr emanzipiert. In diesem Kosmos fallen zwei, später drei selbstbewusste Frauen, die sich von den Männern nichts vorschreiben lassen, nicht weiter auf.
Ein fabelhafter Spaß.
Mein fabelhaftes Verbrechen (Mon Crime, Frankreich 2023)
Regie: François Ozon
Drehbuch: François Ozon, (in Zusammenarbeit mit) Philippe Piazzo
LV: Georges Berr, Louis Verneuil: Mon Crime, 1934 (Theaterstück)
mit Nadia Tereszkiewicz, Rebecca Marder, Isabelle Huppert, Dany Boon, Fabrice Luchini, André Dussollier, Édouard Sulpice, Régis Laspalès, Olivier Broche
Drehbuch: François Ozon (nach dem Bühnenstück von Pierre Barillet und Jean-Pierre Grédy)
In den Siebzigern übernimmt die Frau eines cholerischen Fabrikanten, der aufgrund eines Herzinfarkts seine Firma unpässlich ist, die Firmenleitung. Sie, die bislang nur das Schmuckstück war, findet Gefallen an ihrer neuen Rolle.
„lustvoll mit Überspitzungen arbeitende Emanzipationskomödie, gestaltet als liebenswürdige Hommage an ‚klassische‘ amerikanische und französische Film-Musicals“ (Lexikon des internationalen Films)
Am Samstag, den 3. Juni, zeigt One um 22.00 Uhr Ozons letzten Film „Peter von Kant“.
Sein neuer Film „Mein fabelhaftes Verbrechen“ startet am 6. Juli im Kino. Wieder eine Komödie, wieder mörderisch gut,
mit Catherine Deneuve, Gérard Depardieu, Fabrice Luchini, Karin Viard, Judith Godrèche, Sergi Lopez
Der Baum, der Bürgermeister und die Mediathek (L’arbre, le maire et la mediatheque, Frankreich 1992)
Regie: Eric Rohmer
Drehbuch: Eric Rohmer
Der Bürgermeister will eine Mediathek (das war damals noch ein großes Gebäude; in diesem Fall sogar mit Discothek und Schwimmbad) errichten. Dummerweise steht ein Baum, eine hundertjährige Eiche, im Weg. Und das Dorf beginnt über den Bau zu diskutieren.
Eric Rohmer, der sich in seinen Filmen normalerweise mit Liebesdingen beschäftigt, zeigt hier, wie Politik in der Provinz funktioniert. Ein schöner Film, den der Fischer Film Almanach gleich zutreffend „ein kleines Meisterwerk“ nannte.
mit Fabrice Luchini, Arielle Dombasle, Pascal Greggory, Clémentine Amouroux, François-Marie Banier, Michel Jaouën, Jean Parvulesco, Galaxie Barbouth