Neu im Kino/Filmkritik: Herr Anderson schickt Frau Jovovich „In the Lost Lands“

März 6, 2025

In einer postapokalyptischen „Mad Max“-Welt (für Jüngere: „Borderlands“), in der die Zivilisation, wie wir sie kennen, zusammengebrochen ist, es wieder Hexen, Zauberei und alles was dazu gehört, gibt und Herrschaft wieder über irgendwelche monarchistischen Thronfolgen und Intrigen geregelt wird, erfüllt die Hexe Gray Alys (Milla Jovovich) Wünsche. Allerdings werde das Ergebnis, warnt sie die Bittsteller immer, nicht unbedingt so sein, wie der Wünschende es sich wünscht. In den gefährlichen Lost Lands kann sie Dinge und Wesen finden, die sonst niemand finden kann.

Jetzt soll die Hexe Gray Alys für eine liebestrunkene Königin einen Werwolf. Er soll sich in den Lost Lands am Skull River aufhalten soll. Bei der Suche hilft ihr der immer einen Cowboyhut tragende Jäger Boyce (Dave Bautist). Er ist auch so etwas wie der Erzähler des Films.

Zu zweit machen sie sich auf den Weg – und schnell fliegen Pixelwolken, die Blut symbolisieren sollen, über die Leinwand.

Geschrieben und inszeniert wurde „In the Lost Lands“ von Paul. W. S. Anderson. Basieren tut der Fantasyfilm auf drei von George R. R. Martin in den siebziger und frühen achtziger Jahren geschriebenen Kurzgeschichten. Ab 1996 veröffentlichte Martin die Fantasy-Saga „Das Lied von Eis und Feuer“ (A Song of Ice and Fire), die als „Game of Thrones“ verfilmt wurde. Aber das ist eine andere Geschichte.

Bei den beteiligten Personen, u. a. Paul W. S. Anderson und Milla Jovovich (um nur die bekanntesten Namen zu nennen), erwartet niemand ein zum Nachdenken anregendes Arthauswerk. Man erwartet ein trashiges B-Movie-Spektakel im Stil von „Resident Evil“. In der an der Kinokasse erfolgreichen SF-Actionreihe inszenierte Anderson seine Frau Milla Jovovich als schlagkräftige Actionheldin. Das tut er hier wieder. Die Welt ist eine dieser Ramschladen-“Mad Max“-Welten, in der überall Schrott herumliegt, exzessiv mit Farbfiltern gearbeitet wird und die raren Actionszenen in einem Chaos von Schnitte enden. Zum Western wird „In the Lost Lands“ wegen des Sandes, den Pferden und einigen Waffen, die es schon im Wilden Westen gab. Oder die aussehen, als hätte es sie damals gegeben. Die Story bemüht am Ende mit einigen Twist dem vorher gezeigten eine neue Bedeutung zu geben. Aber wen interssiert das in dem Moment noch?

Sogar mit der reduzierten Erwartung, eine „Resident Evil“-Variante mit Western-Touch zu erleben, langweilt „In the Lost Lands“ auf ganzer Linie.

In the Lost Lands (In the Lost Lands, Deutschland/Kanada/USA 2025)

Regie: Paul W. S. Anderson

Drehbuch: Constantin Werner (nach einer Geschichte von Paul W. S. Anderson und Constantin Werner)

LV: George R. R. Martin: The Lonely Songs of Laren Dorr (1976), Bitterblooms (in Cosmos Science Fiction and Fantasy Magazine, November 1977), In the Lost Lands (in Amazons II, DAW Collectors #485, 1982)

mit Milla Jovovich, Dave Bautista, Arly Jover, Amara Okereke, Fraser James

Länge: 102 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „In the Lost Lands“

Moviepilot über „In the Lost Lands“

Metacritic über „In the Lost Lands“

Rotten Tomatoes über „In the Lost Lands“

Wikipedia über „In the Lost Lands“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Paul W. S. Andersons „Resident Evil: The Final Chapter“ (Resident Evil: The Final Chapter, USA 2016)

Meine Besprechung von Paul W. S. Andersons „Monster Hunter“ (Monster Hunter, Deutschland/Kanada/China/Japan 2020)


DVD-Kritik: Über Idris Elbas Victor-Headley-Verfilmung „Yardie“

Juni 24, 2019

Als Victor Headleys Debütroman „YaRDiE“ 1992 in England in dem Kleinstverlag X Press erschien, war es ein Überraschungserfolg, der nicht über die normalen Wege, also Buchhandlungen, verkauft wurde. Headley erzählt auf den ersten Blick die schon tausendmal erzählte Geschichte des Aufstiegs eines skrupellosen Verbrechers. Auf den zweiten Blick, und das machte seinen Debütroman so ungewöhnlich, erzählt er die Geschichte eines jungen Jamaikaners, der aus Jamaika nach London kommt, sich dort seinen Platz erobert, mit viel Lokalkolorit, vielen Informationen über die Drogenkriminalität in London und die jamaikanische Kultur, vor allem natürlich die Reggae-Musik. Damit porträtiert „YaRDiE“ auch und vor allem einen Teil der in London lebenden jamaikanischen Community, die sich in dem Roman auch selbst erkennt. Sie machte das Buch in England zu einem Bestseller. Und, was sicher zum Erfolg beitrug, Headley erzählt D.s Geschichte nicht im normalen Schriftenglisch, sondern im Jamaican English.

Für einen Übersetzer ist das Übersetzen eines lautmalerischen Dialekts eine Horrorvorstellung, die Jürgen Bürger für die deutschen Ausgaben gut löste. Victor Headleys Trilogie „YaRDiE“, „Exce$$ – The Sequel to YaRDiE“ und „Yush! – The final Score“ erschien bei Rowohlt in der inzwischen eingestellten rororo-thriller-Reihe.

Trotzdem liest man die Romane besser im Original und lässt sich einfach von der lautmalerischen Sprache, dem Patois, mitreißen.

Nach der Trilogie veröffentlichte Headley fünf weitere Romane, von denen „The Best Man“ (1999) manchmal zu den YaRDiE-Büchern gezählt wird. 2002 legte er eine jahrelange Veröffentlichungspause einlegte, die er erst letztes Jahr mit „Domino“ beendete.

Eine Verfilmung von „YaRDiE“ war jahrelang, eigentlich jahrzehntelang, im Gespräch. Idris Elba, ein 1972 in Hackney, London, geborenes Einwandererkind (sein Vater kommt aus Sierra Leone, seine Mutter aus Ghana), verdiente in den späten achtziger und frühen neunziger Jahren auch als DJ Geld. Später konzentrierte er sich auf seine Schauspielerkarriere.

Mit seinem biographischen Hintergrund, der ihm damals einen Einblick in die Szene verschaffte, in der die „YaRDiE“-Bücher spielen, und dem Willen, diese Zeit in seinem Regiedebüt wieder aufleben zu lassen, war er auf den ersten Blick eine gute Wahl für die Regie. Und „Yardie“ überzeugt als Gangsterfilm, der – jedenfalls nach meiner Erinnerung an das Buch – den Protagonisten in einem milderen Licht erscheinen lässt.

In Headleys Roman kommt D. als Drogenkurier aus Jamaika nach London. Er soll ein Kilo erstklassiges Kokain abliefern. Aber er will es als Grundstein für sein Gangsterimperium benutzen.

Die Verfilmung beginnt 1973 auf Jamaika. In Kingston bekämpfen die Verbrecherbanden sich blutig. Als bei einem Schusswechsel ein Kind stirbt, will D.s älterer Bruder mit einem Versöhnungskonzert Frieden stiften. Während des als Versöhnung geplanten Höhepunkt des Abends wird er auf offener Bühne von einem Jungen erschossen.

Zehn Jahre später will D. immer noch den Tod seines Bruders rächen. Seinen Lebensunterhalt verdient er als Drogenverkäufer für King Fox. Eines Tages schickt King Fox ihn nach London. Er soll Rico Drogen bringen.

In London hält D. Rico auf den ersten Blick für unzuverlässig. Gleichzeitig trifft er Yvonne wieder, die eine vierjährige Tochter von ihm hat, und er trifft auf einige Jugendliche, die D.s Drogenpäckchen wollen. D. beschließt, mit ihnen nach einem Abnehmer für den Stoff zu suchen und er hilft ihnen mit ihrem Sound System. Denn letztendlich ist D. in seinem Herzen kein böser Gangster, sondern ein DJ

Und er trifft wieder auf den Mörder seines Bruders.

Für die Verfilmung mixen die Drehbuchautoren Brock Norman Brock („Bronson“) und Martin Stellman („Quadrophenia“) und Regisseur Idris Elba eine traditionelle Gangstergeschichte mit einem Musikfilm, einer Familiengeschichte und einem Rachedrama.

Das Ergebnis ist ein angenehm quer zu den Genreerwartungen liegender Gangsterfilm, dem es so auch gelingt, das Leben und die Zerrissenheit von D. zu reflektieren.

Mit deutlich über fünfzig Minuten fällt das Bonusmaterial quantitativ erfreulich umfangreich aus. Qualitativ handelt es sich vor allem um Werbeinterviews. Selbstverständlich gibt es in ihnen auch einige Informationen zur Vorlage, dem realen Hintergrund und den Dreharbeiten. Aber insgesamt sind es Werbefloskeln bar jeglicher Distanz und mit überschaubarem Informationswert.

Yardie (Yardie, Großbritannien 2018)

Regie: Idris Elba

Drehbuch: Brock Norman Brock, Martin Stellman

LV: Victor Headley: YaRDiE, 1992 (Yardie)

mit Aml Ameen, Shantol Jackson, Sheldon Shepherd, Stephen Graham, Fraser James, Everaldo Creary, Akin Gazi, Mark Rhino Smith, Naomi Ackie, Antwayne Eccleston

 

DVD

Studiocanal

Bild: 2,40:1 (anamorph)

Ton: Deutsch (5.1 DD), Englisch (Stereo DD, 5.1 DD)

Untertitel: Deutsch

Bonusmaterial: Idris Elbas Regiedebüt (Featurette), Rites of Passage – D’s Reise (Featurette), Idris Elba im Gespräch mit Blaker, Idris Elba im Gespräch mit Aml Ameen, Interview mit Idris Elba, Interview mit Aml Ameen, Interview mit Shantol Jackson, Geschnittene Szenen, Trailer

Länge: 98 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Blu-ray identisch

Hinweise

Moviepilot über „Yardie“

Metacritic über „Yardie“

Rotten Tomatoes über „Yardie“

Wikipedia über „Yardie“ (deutsch, englisch)

Berlinale über „Yardie“

Homepage von Victor Headley


Neu im Kino/Filmkritik: „Resident Evil: The Final Chapter“ – ehrlich?

Januar 27, 2017

Alice (Milla Jovovich) kehrt zurück und in den ersten Minuten des neuen „Resident Evil“-Films gibt es, wie gewohnt, eine kurze Zusammenfassung der vorherigen Filme. Wobei dieses Mal einige Dinge anders erzählt werden, als wir es in der Erinnerung haben. Dr. Isaacs (Iain Glen) ist jetzt nicht mehr nur ein Gegenspieler von Alice, sondern der Chef der Umbrella Corporation und, als Firmenchef, der Verantwortliche für die Freisetzung des gefährlichen T-Virus, der die Menschheit seit dem ersten „Resident Evil“-Film vor fünfzehn Jahren ziemlich global vernichtete. Die meisten Menschen starben oder wurden zu Zombies. Die Erde wurde zu einer „Mad Max“-Endzeitwüste. Mit dem aus diesen Filmen vertrautem Kleidungsstil.

Jetzt, also in genau 48 Stunden, plant Dr. Isaacs seinen letzten Schlag mit dem er die Restmenschheit auslöschen will. Nur einige Auserwählte sollen die Katastrophe im Hive, dem unterirdischen Versteck und Riesenforschungslabor der Umbrella Corporation in Raccoon City, überleben.

Alice erfährt davon und hat zwei Tage, um nach Raccoon City zu kommen und die Katastrophe zu verhindern. Dummerweise ist das Land immer noch die „Mad Max“-Einöde der vorherigen Filme, die mit Zombies und meist höchst böswilligen Menschen bevölkert ist. Und in Raccoon City, dem Ort, an dem alles begann, wird sie bereits erwartet.

Der sechste „Resident Evil“-Film heißt „The Final Chapter“ und es soll auch wirklich das letzte Kapitel, der letzte Film sein. Obwohl von einen siebten Teil und einer TV-Serie gemunkelt wird und der Film sich, wie die vorherigen Filme, die Möglichkeit für einen weiteren Film offen hält. Dafür sprächen auch die nackten Zahlen – bis jetzt haben die „Resident Evil“-Filme weltweit eine knappe Milliarde Dollar eingespielt – und dass Milla Jovovichs Filmkarriere „Resident Evil“ ist. Warum sollte sie sie beenden?

Natürlich werden in „Resident Evil: The Final Chapter“ Fragen aus den vorherigen Filmen, die wir nicht hatten, beantwortet. Natürlich werden lose Fäden aus vorherigen Filmen zusammengeführt. Allerdings eher solala. Und Natürlich gibt es ein Ende, eine Erklärung für die bisherigen Ereignisse, für Alices bunte Biographie und ihre fehlende Erinnerung an die Zeit vor dem ersten „Resident Evil“-Film. Aber dieses Ende ist dann eher wie das Ende von „Star Wars Episode III: Die Rache der Sith“ (das ist der Film, in dem Anakin Skywalker zu Darth Vader wird): ein Ende, das ein Anfang ist.

Deshalb wirkt „The Final Chapter“ nie wie ein Abschluss, sondern von der ersten bis zur letzten Minute nur wie ein weiteres Kapitel im unendlichen Kampf von Alice gegen die Umbrella Corporation. Mit, wie immer, vielen bekannten Gesichtern aus den früheren Filmen, und einer Story, die nicht mehr als die Fassade für die Action sein will.

Das knüpft dann vor allem an Serials wie „Flash Gordon“ an und kann als Trash-Variante des Autorenkinos gesehen werden. Denn Paul W. S. Anderson ist als Regisseur, Drehbuchautor und einer der Produzenten für alles verantwortlich und es ist schon beachtlich, wie sehr er die Filme ineinander übergehen lässt (indem der nächste Film immer unmittelbar an den vorherigen anknüpft), Schauspieler immer wieder engagiert und Rückblenden zu den früheren Filmen einfügt. Da entsteht dann eine bei Spielfilmen selten gesehene Kontinuität. Vor allem wenn diese Filme über einen Zeitraum von fünfzehn Jahren und unabhängig voneinander gedreht, zweimal sogar von anderen Regisseuren, werden. Mit seiner Frau Milla Jovovich setzt Anderson seine Vision kompromisslos um.

Genau wie die „Underworld“-Filme (das andere langlebige Franchise, das einer Schauspielerin viel Geld bringt) sind die „Resident Evil“-Filme dann am besten, wenn sie sich, umstellt von plakativ präsentierten filmischen Anspielungen, auf die Action konzentrieren. Diese Action ist, wie in den vorherigen „Resident Evil“-Filmen eher ein Schnipselgewitter als wirklich nachvollziehbar. Aber sie hat ihre Momente und Bilder. Und es hat schon etwas, wenn Alice in wenigen Sekunden eine halbe Armee schwerbewaffneter Männer tötet.

Damit bietet „Resident Evil: The Final Chapter“ das, was die Fans wollen: Milla Jovovich und viel Action. Der Rest ist Dekoration, bei der vor allem Iain Glen als Bösewicht gefällt. Natürlich in 3D und, wenn ihre eine vollkommen bescheuerte Entschuldigung für den nächsten Berlin-Besuch braucht, im IMAX.

Alle anderen, die schon dankend auf die vorherigen „Resident Evil“-Filme, verzichteten, können auch das letzte Kapitel ignorieren. Es unterscheidet sich höchstens graduell von den vorherigen Filmen, die als gehirnbefreites, logikfreies Popcorn-Kino ohne erkennbare Ansprüche durchaus ihre unterhaltsamen Momente hatten.

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Resident Evil: The Final Chapter (Resident Evil: The Final Chapter, USA 2016)

Regie: Paul W. S. Anderson

Drehbuch: Paul W. S. Anderson

mit Milla Jovovich, Iain Glen, Ali Larter, Shawn Roberts, Ruby Rose, Eoin Macken, William Levy, Fraser James, Lee Joon-ki

Länge: 106 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Deutsche Facebook-Seite zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Resident Evil: The Final Chapter“

Metacritic über „Resident Evil: The Final Chapter“

Rotten Tomatoes über „Resident Evil: The Final Chapter“

Wikipedia über „Resident Evil: The Final Chapter“ (deutsch, englisch)