„Kick-Ass: Frauenpower“, „Hit-Girl in Kolumbien“, „Hit-Girl in Kanda“ – das ist verdammt viel Frauenpower aus dem Haus von Mark Millar

April 17, 2019

Ein bisschen sind die neuen Geschichten von Hit-Girl und Kick-Ass wie eine Rückkehr zu alten Erfolgen, aber Mark Millar wäre nicht Mark Millar, wenn er einfach nur die alten Erfolge wiederholen würde. So schickt er Hit-Girl auf Weltreise und lässt ihre Abenteuer von anderen Autoren erzählen. Und Kick-Ass ist jetzt nicht mehr der Hänfling Dave Lizewski, der von einer Karriere als Superheld träumt, sondern ein Label, unter dem aktuell eine Frau gegen Verbrecher kämpft.

Doch beginnen wir, für alle, die die vorherigen Comics von Autor Mark Millar und Zeichner John Romita, Jr. nicht mehr präsent haben, mit einem kurzen Rückblick: In „Kick-Ass“ wollte Dave Lizewski ein Superheld sein. Seine ersten Versuche waren desaströs. Anstatt Verbrecher zu verprügeln, verprügelten sie ihn. Er trifft Hit-Girl, die zwölfjährige Mindy McCready, die gefährlicher als alle aus Comic und Film bekannten Kampfamazonen ist und die Verbrecher schneller massakriert, als andere Mädchen Aknepickel ausdrücken.

Das Duo Infernale erlebt mehrere Abenteuer (über die ich hier und hier schrieb) und sie werden älter. Mindy muss einmal sogar die Schule besuchen und sich wie eine brave Schülerin benehmen. Das war nichts für sie.

Nach den erfolgreichen Comics entstanden zwei ziemlich brutale und absurd witzige Actionfilme. Einer von Matthew Vaughn, einer von Jeff Wadlow. Einen dritten wird es nicht geben, weil Hit-Girl-Schauspielerin Chloë Grace Moretz inzwischen einfach zu alt ist, um ein zwölfjähriges Mädchen zu spielen.

Dieses Problem haben Comics nichts. Und so schickt Mark Millar seine kultige Kämpferin auf Weltreise. Die Auftaktgeschichte „Hit-Girl in Kolumbien“ schrieb er selbst. Jeff Lemire schrieb mit „Hit-Girl in Kanada“ die zweite Geschichte. Die dritte Geschichte „Hit-Girl in Rom“, angekündigt für Ende April, ist von Rafael Albuquerque. Und in den USA erscheint gerade eine von Kevin Smith geschriebene „Hit-Girl“-Geschichte.

In „Hit-Girl in Kolumbien“, geschrieben von Mark Millar, gezeichnet von Ricardo Lopez Ortiz, macht Mindy McCready sich auf den Weg nach Kolumbien. Dort hofft sie einen neuen Kampfgefährten zu finden. Ihr Auge fällt auf Fabio ‚Mano‘ Mendoza, einen gefürchteten Auftragskiller des Kartells. Sie befreit ihn aus dem Gefängnis und erpresst ihn, einige der Männer umzubringen, die Manu eh umbringen will. Gemeinsam würden sie die kolumbianischen Drogenkartelle besiegen. Und Mindy hätte, so sagt sie zu Mano, endlich wieder einen Partner beim Kampf gegen das Verbrechen.

Wegen dieser überkomplizierten und auch durch Mindys Erklärung nicht glaubwürdiger werdenden Prämisse agiert Mindy während fast der gesamten Geschichte wie ein vor Liebe gehirnamputierter Teenager. Das ist nicht das Hit-Girl, das wir kennen und lieben.

Nach diesem nicht so gelungenem Auftakt liefern Autor Jeff Lemire und Zeichner Eduardo Risso mit „Hit-Girl in Kanada“ dann das, was man von einer Hit-Girl-Geschichte erwartet. Mindy ist in Kanada um den Drogenboss Billy Baker umzubringen. Er hat in New York miesen Stoff verkauft und, als er erfuhr, dass Hit-Girl ihn töten will, hat er sich in einer Jagdhütte bei Kashechewan, mitten im schneebedeckten Nirgendwo, versteckt.

Die schon auf den ersten Seiten sehr blutige, mit schwarzem Humor gesättigte Schlachtplatte hat alles, was man von einer Hit-Girl-Geschichte erwartet.

In „Kick-Ass: Frauenpower“ führen Mark Millar und sein Stammzeichner John Romita Jr., die auch die gemeinsamen Schöpfer von Kick-Ass sind, nicht die Geschichte von Dave Lizewski fort. Er war, so müssen wir nun sagen, der erste Kick-Ass. Er ging als anfangs glückloser Kämpfer für die Gerechtigkeit viral, wurde älter, hatte keine Lust mehr, verprügelt zu werden und hängte sein billiges Superheldenkostüm in den Schrank.

In „Kick-Ass: Frauenpower“ zieht deshalb die ehemalige US-Soldatin Patience die Kick-Ass-Maske über. In Afghanistan kämpfte sie gegen die Taliban. Zurück in ihrer Heimat Albuquerque, New Mexico, muss Patience sich mit den alltäglichen Problemen einer alleinerziehenden Mutter herumschlagen. Ihr Mann, den sie all die Jahre durchfütterte, ist mit einer anderen Frau durchgebrannt. Er geht nicht ans Telefon und selbstverständlich denkt er nicht daran, Alimente für ihre Kinder zu zahlen. Patience findet nur einen schlecht bezahlten Job als Kellnerin, während die Rechnungen sich stapeln und ihre Pläne für die Zukunft sich in Luft auflösen.

Als sie erfährt, dass sie außerdem für die Schulden ihres Mannes aufkommen muss, beschließt sie, das örtliche Drogenkartell zu bestehlen. Verkleidet als Superheld.

Das ist auf den ersten, zweiten und auch dritten Blick eine „Punisher“-Geschichte mit einer Frau als nahkampferprobte Kämpferin und Killerin.

Frauenpower“ ist die sehr gelungene, allerdings auch deutlich konventionellere Fortführung des „Kick-Ass“-Mythos mit einem neuen Charakter. Immerhin ist sie kampferprobter als Dave Lizewski und ihre Motive sind nicht so edel wie die des selbstlosen Schülers. Auch wenn Patience, wie Robin Hood, die Hälfte der Beute verschenken will.

Ein zweites Abenteuer mit Kick-Ass Patience ist für Ende Juni angekündigt. Erzählt von Von Steve Niles (30 Days of Night) und Marcelo Frusin (Helllblazer).

Mark Millar/Ricardo Lopez Ortiz: Hit-Girl in Kolumbien

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini, 2018

116 Seiten

14,99 Euro

Originalausgabe

Hit-Girl (2018) # 1 – 4

Image Comics, Februar – Mai 2018

Jeff Lemire/Eduardo Risso: Hit-Girl in Kanada

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini,2019

100 Seiten

14,99 Euro

Originalausgabe

Hit-Girl (2018) # 5 – 8

Image Comics, Juni – September 2018

Mark Millar/John Romita Jr.: Kick-Ass: Frauenpower

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini, 2018

164 Seiten

20 Euro

Originalausgabe

Kick-Ass (2018) # 1 – 6

Image Comics, Februar – Juli 2018

Hinweise

Homepage von Mark Millar

Meine Besprechung von Mark Millar/J. G. Jones‘ „Wanted (Mark Millar Collection 1)“ (Wanted # 1 – 6, Dezember 2003 – Februar 2005)

Meine Besprechung von Mark Millar/Steve McNivens „Nemesis“ (Nemesis, 2010/2011)

Meine Besprechung von Mark Millar/Grant Morrisons “Vampirella: Heiliger Krieg (Master Series 1)”

Meine Besprechung von Mark Millar/Steve McNivens „Wolverine: Old Man Logan“ (Old Man Logan, 2008/2009)

Meine Besprechung von Mark Millar/John Romita, Jr. „Kick-Ass 2 (Band 1)“ (Kick-Ass 2 – Issue 1 – 4, Dezember 2010 – November 2011)

Meine Besprechung von Mark Millar/John Romita, Jr. „Kick-Ass 2 (Band 2)“ (Kick-Ass 2 – Issue 5 – 7, Januar – Mai 2012)

Meine Besprechung von Mark Millar/John Romita, Jr. „Hit-Girl – Kick-Ass 2: Die Vorgeschichte“ (Hit-Girl, Issue 1 – 5, August 2012 – April 2013)

Meine Besprechung von Mark Millar/Leinil Yus „Superior – Band 2“ (Superior, Issue 5 – 7, Dezember 2011 – März 2012)

Meine Besprechung von Mark Millar/Dave Gibbons‘ „Secret Service“ (Secret Service # 1- 6, Juni 2012 – April 2013)

Meine Besprechung von Mark Millar/John Romita jr. „Kick-Ass 3 – Band 1“ (Kick-Ass 3, # 1 – 5, Juli 2013 – Januar 2014)

Meine Besprechung von Mark Millar/John Romita jr. „Kick-Ass 3 – Band 2“ (Kick-Ass 3 – # 6 – 7, April – August 2014)

Meine Besprechung von Mark Millar/Leinil Yu/Nacho Vigalondos (Co-Autor/Drehbuch) „Super Croocks – Band 1: Der Coup“ (Super Crooks # 1 – 4, 2012)

Meine Besprechung von Jeff Wadlows Mark-Millar-Verfilmung „Kick-Ass 2“ (Kick-Ass 2, USA 2013)

Meine Besprechung von Matthew Vaughns Mark-Millar-Verfilmung „Kingsman: The Secret Service“ (Kingsman: The Secret Service, USA/Großbritannien 2015)

Meine Besprechung von Mark Millar/Dave Johnson/Kilian Plunketts „Genosse Superman (Mark Millar Collection 4)“ (Superman: Red Son # 1 – 3, 2003)

Meine Besprechung von Mark Millar/Rafael Albuquerque/Dave McCaigs „Huck – Held wider Willen“ (Huck # 1 – 6, November 2015 – April 2016)

Meine Besprechung von Mark Millar/Stuart Immonens „Empress“ (Empress # 1 – 7, Juni 2016 – Januar 2017)

Meine Besprechung von Mark Millar/Greg Capullos „Reborn“ (Reborn # 1 – 6, Oktober 2016 – Juni 2017)

Meine Besprechung von Jeff Lemires „The Nobody“ (The Nobody, 2009)


TV-Tipp für den 29. Juni: Kick-Ass

Juni 29, 2017

Vox, 22.05

Kick-Ass (USA 2010, Regie: Matthew Vaughn)

Drehbuch: Jane Goldman, Matthew Vaughn

LV: Mark Millar/John S. Romita Jr.: Kick-Ass, 2008 – 2010 (Comic)

Dave, ein Junge ohne besondere Fähigkeiten, will zu einem Superhelden werden. Seine ersten Taten sorgen auf YouTube für grandiose Klickzahlen und noch mehr Gelächter. Da trifft er Hit Girl und Big Daddy – und er ist in einem veritablen Kampf zwischen Gut und Böse verwickelt.

Köstliche, ziemlich brutale und vollkommen respektlose Parodie auf das Superheldentum in Comics und Filmen.

Am kommenden Donnerstag, den 6. Juli, zeigt Vox um 22.30 Uhr (Wdh. um 02.30 Uhr) „Kick-Ass 2“.

mit Aaron Johnson, Chloe Moretz, Christopher Mintz-Plasse, Mark Strong, Nicholas Cage

Wiederholung: Freitag, 30. Juni, 00.40 Uhr (Taggenau!)

Bonushinweis

Es gibt neues Altes und Neues von Mark Millar.

Als zweiter Band der Mark Millar Collection ist „Wolverine: Staatsfeind“ erschienen. Die Erstausgabe erschien 2003 in den USA. In der Geschichte erhält Wolverine von einem mythischen Ninja-Clan eine Gehirnwäsche. Danach beginnt er gegen seine alten Freunde zu kämpfen.

In dem Weltraum-Abenteuer „Empress“, im Original zwischen Juni 2016 und Januar 2017 in sieben Heften erschienen, flieht die Königin Emporia mit ihren Kindern vor ihrem Ehemann König Morax. Der Tyrann verfolgt sie und wir lernen einige neue Welten kennen.

Mark Millar/Stuart Immonen: Empress

(übersetzt von Bernd Kronsbein)

Panini Comics, 2017

200 Seiten

19,99 Euro

Mark Millar/John Romita Jr.: Wolverine: Staatsfeind (Mark Millar Collection 2)

(übersetzt von Jürgen Petz)

Panini Comics, 2017

356 Seiten

29,99 Euro

Hinweise

Film-Zeit über „Kick-Ass“

Rotten Tomatoes über „Kick-Ass“

Wikipedia über „Kick-Ass“ (deutsch, englisch)

Homepage von Mark Millar

Meine Besprechung von Mark Millar/J. G. Jones‘ „Wanted (Mark Millar Collection 1)“ (Wanted # 1 – 6, Dezember 2003 – Februar 2005)

Meine Besprechung von Mark Millar/Steve McNivens „Nemesis“ (Nemesis, 2010/2011)

Meine Besprechung von Mark Millar/Grant Morrisons “Vampirella: Heiliger Krieg (Master Series 1)”

Meine Besprechung von Mark Millar/Steve McNivens „Wolverine: Old Man Logan“ (Old Man Logan, 2008/2009)

 

Meine Besprechung von Mark Millar/John Romita, Jr. „Kick-Ass 2 (Band 1)“ (Kick-Ass 2 – Issue 1 – 4, Dezember 2010 – November 2011)

Meine Besprechung von Mark Millar/John Romita, Jr. „Kick-Ass 2 (Band 2)“ (Kick-Ass 2 – Issue 5 – 7, Januar – Mai 2012)

Meine Besprechung von Mark Millar/John Romita, Jr. „Hit-Girl – Kick-Ass 2: Die Vorgeschichte“ (Hit-Girl, Issue 1 – 5, August 2012 – April 2013)

Meine Besprechung von Mark Millar/Leinil Yus „Superior – Band 2“ (Superior, Issue 5 – 7, Dezember 2011 – März 2012)

Meine Besprechung von Mark Millar/Dave Gibbons‘ „Secret Service“ (Secret Service # 1- 6, Juni 2012 – April 2013)

Meine Besprechung von Mark Millar/John Romita jr. „Kick-Ass 3 – Band 1“ (Kick-Ass 3, # 1 – 5, Juli 2013 – Januar 2014)

Meine Besprechung von Mark Millar/John Romita jr. „Kick-Ass 3 – Band 2“ (Kick-Ass 3 – # 6 – 7, April – August 2014)

Meine Besprechung von Mark Millar/Leinil Yu/Nacho Vigalondos (Co-Autor/Drehbuch) „Super Croocks – Band 1: Der Coup“ (Super Crooks # 1 – 4, 2012)

Meine Besprechung von Jeff Wadlows Mark-Millar-Verfilmung „Kick-Ass 2“ (Kick-Ass 2, USA 2013)

Meine Besprechung von Matthew Vaughns Mark-Millar-Verfilmung „Kingsman: The Secret Service“ (Kingsman: The Secret Service, USA/Großbritannien 2015)


Neu im Kino/Filmkritik: „Logan – The Wolverine“ ist alt geworden

März 2, 2017

Nachdem in den letzten „X-Men“-Filmen die Zeitlinien immer komplexer wurden und Normalsterbliche schon lange den Überblick verloren haben, trat James Mangold in seinem zweiten Wolverine-Film einen Schritt zurück. „Logan – The Wolverine“ sollte eine Einzelgeschichte erzählen. Es sollte auch der Abschluss einer Trilogie sein; nämlich der dritte Wolverine-Film mit Hugh Jackman in der Hauptrolle. Bis dahin hatte Jackman Logan neunmal gespielt und er sagte, „Logan“ solle sein letzter Auftritt als Logan sein.

Logan ist – für alle, die die letzten siebzehn Jahre irgendwo zwischen Südseeinsel und Arthaus-Kino verbrachten – ein Charakter aus dem Marvel-Universum, der, wenn er wütend ist, zu Wolverine wird und der mit seinen Stahlklingen, die aus seinen Händen herausfahren, Menschen zerfetzt. Das gab den Kämpfen immer eine große Nahkampf-Intimität und, weil keine Städte zerstört werden, auch Überschaubarkeit. Er ist, weil seine Wunden sofort heilen und er nicht altert, unbesiegbar. In „Wolverine – Weg des Kriegers“, ebenfalls inszeniert von James Mangold, wollte Logan sterben. Aber damals gelang es ihm nicht.

Jetzt, in seiner Abschiedsvorstellung (und es ist wirklich eine Abschiedsvorstellung der gelungenen Art), ist er in den ersten Filmminuten dem Tod näher als er jemals gedacht hat.

2029 kutschiert Logan als Chauffeur einer Luxuslimousine seine Passagiere durch Texas. Er humpelt. Er säuft. Zum Lesen benötigt er eine Brille. Seine Selbstheilkräfte funktionieren nicht mehr richtig. Und bei einer Schlägerei mit einigen Möchtegern-Autodieben fällt es ihm schwer, sie zu besiegen. Er ist ‚Old Man Logan‘ (wie auch eine Comicgeschichte von Mark Millar heißt, die als lose Inspiration für den Film genannt wird).

Auf der anderen Seite der Grenze, in Mexiko, pflegt Caliban (Stephen Merchant) in einer stillgelegten Schmelzhütte „Professor X“ Charles Xavier (Patrick Stewart). Der Kopf der nicht mehr existierenden X-Men ist inzwischen ebenfalls ein alter Mann. Seine Anfälle werden mit Medikamenten, die Logan auf dem Schwarzmarkt besorgt, behandelt. Die drei sind die letzten Mutanten und sie wollen unter keinen Umständen auffallen.

Da bittet die Krankenschwester Gabriella (Elizabeth Rodriguez) Logan, sie und das Mädchen Laura (Dafne Keen) zu einem besonderen Ort zu bringen. Eden soll in North Dakota liegen und ein Schutzraum für Mutanten sein. Logan lehnt ab. Aber als die Frau ermordet wird, der Söldner Donald Pierce (Boyd Holbrook) das Mädchen töten will und Laura bei einer Begegnung mit Pierces Männern in der Schmelzhütte diese im besten „Hit Girl“-Stil mit ihren Klingen massakriert, willigt Logan ein, sie nach Eden zu bringen. Das Mädchen, das Logans Tochter sein könnte, hat nämlich keinerlei Erfahrung im Umgang mit normalen Menschen.

Gemeinsam mit Charles Xavier machen sie sich, verfolgt von Pierce, auf den Weg.

Nachdem zuletzt die Superheldenfilme immer mehr miteinander verknüpft waren, sie damit für Neueinsteiger zunehmend unverständlich wurden (außer sie haben vorher ein halbes Dutzend Filme gesehen) und die pompösen Ankündigungen der PR-Abteilungen, in die jeden Film wie das nächste Weltwunder ankündigten, sich regelmäßig als mehr oder weniger heiße Luft entpuppten, ist „Logan“ eine willkommene Abwechslung. Denn die Ankündigungen stimmen. Es ist definitiv ein finaler Film. Von der ersten Minute an zeigt James Mangold, dass es hier um eine Abschiedsvorstellung geht, bei der man sich nie fragt, ob Logan die Welt retten kann, sondern nur fragt, ob er überhaupt den nächsten Tag (und damit den Film) überleben kann. Es ist auch ein Film, der für sich allein steht. Es ist ein Einzelfilm, der sich überhaupt nicht um die gesamte Mythologie kümmert. Er wirft auch die ganzen verschiedenen Zeitlinien und Paralleluniversen fröhlich über Bord wirft. Und die Superkräfte von Logan, Xavier, Laura und Caliban werden nur sparsam, fast schon unauffällig, eingesetzt.

Mangold erzählt in erster Linie eine klassische Reisegeschichte, wie wir sie aus zahlreichen Western (und Post-Western und in der Gegenwart oder Zukunft spielenden Western) kennen und in der ein Outsider widerwillig die Verantwortung für andere Menschen übernimmt. So wird Logan nicht müde zu betonen, dass er Laura nur quer durch die USA nach Eden in Sicherheit bringen will und dann sofort wieder sein altes Leben aufnehmen will.

Logan ist hier der Outlaw Josey Wales („Der Texaner“, Clint Eastwood), „Mein großer Freund Shane“ (Alan Ladd) (den Film sehen Xavier und Laura sich in einem Hotelzimmer an), Jack Reacher (Tom Cruise) oder auch, um einen Film von James Mangold zu nennen, Dan Evans (Russell Crowe) in „Todeszug nach Yuma“.

Die Geschichte selbst ist immer nah an den Charakteren und ihren Problemen spannend, facettenreich, stringent und schnörkellos erzählt. Dazu gibt es durchgehend realistisch wirkender Old-School-Action. Denn die Guten und die Bösen haben doch ein, zwei Fähigkeiten mehr als ein Normalsterblicher.

Logan“ ist nicht nur ein würdiger Abschluss der Wolverine-Trilogie und eine schöne, melancholische Abschiedsvorstellung, sondern der beste Wolverine-Film bis jetzt, der auch für Menschen gemacht ist, die keine Superheldenfilme mögen..

logan-plakat

Logan – The Wolverine (Logan, USA 2017)

Regie: James Mangold

Drehbuch: Scott Frank, James Mangold, Michael Green (nach einer Geschichte von James Mangold)

mit Hugh Jackman, Patrick Stewart, Dafne Keen, Richard E. Grant, Boyd Holbrook, Stephen Merchant, Elizabeth Rodriguez, Eriq La Salle

Länge: 138 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Die (sehr, sehr lose) Inspiration für den Film

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Mark Millar (Autor)/Steve McNiven (Zeichner): Wolverine – Old Man Logan

(übersetzt von Jürgen Petz)

Panini, 2017

220 Seiten

19,99 Euro

Originalausgabe

Old Man Logan

Wolverine ‚# 60 – # 72, Wolverine: Old Man Logan Giant Size 1

Marvel, 2008/2009

Noch mehr Wolverine-Bildergeschichten

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Jeff Lemire (Autor)/Andrea Sorrentino (Zeichner): Old Man Logan: Grenzstadt (Band 2)

(übersetzt von Jürgen Petz)

Panini, 2017

116 Seiten

12,99 Euro

Originalausgabe

Old Man Logan # 5 – # 8

Marvel, 2016

Mark Millar (Autor)/John Romita Jr. (Zeichner): Wolverine: Staatsfeind (Mark Millar Collection 2)

(übersetzt von Jürgen Petz und Thomas Witzler)

Panini, 2017

356 Seiten

29,99 Euro

enthält

Wolverine # 20 – # 32

Marvel, 2003

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Logan“

Metacritic über „Logan“

Rotten Tomatoes über „Logan“

Wikipedia über „Logan“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von James Mangolds “Wolverine – Weg des Kriegers” (The Wolverine, USA 2013)


Verfilmte Bücher: Aus „Secret Service“ wird „Kingsman: The Secret Service“ – und einige weitere Werke von Mark Millar

Januar 28, 2015

Millar - Secret Service - 2

Gary ist ein Taugenichts, der im Armenghetto Peckham in Südlondon als Kleinkrimineller lebt und regelmäßig von seinem Stiefvater verprügelt wird. Wenn er mal wieder tief in der Scheiße steckt, hilft ihm sein Onkel Jack London, der ihm jetzt eine allerletzte Chance gibt. Weil er Potential in ihm sieht, verschafft er Gary einen Ausbildungsplatz beim Geheimdienst. Also nicht irgendeinem Geheimdienst, sondern dem James-Bond-Geheimdienst, der im Geheimen arbeitet, Zugriff auf unglaublich viele technische Spielereien hat und der Schurken mit Weltbeherrschungsplänen bekämpft.
Während Gary seine Ausbildung absolviert, werden, anscheinend planlos, bekannte Persönlichkeiten entführt. Zu ihnen gehören die Schauspieler aus der kultigen BBC-Science-Fiction-Serie „Red Dwarf“ und „Luke Skywalker“ Mark Hamill, der auch in der Verfilmung „Kingsman: The Secret Service“ als Professor James Arnold auftritt. Hinter den Entführungen steckt ein typischer James-Bond-Bösewicht, der mit seinem Plan die Menschheit retten will. Naja, irgendwie.
Die Ursprungsidee für den Comic „Secret Service“ von Mark Millar („Kick-Ass“), Regisseur Matthew Vaughn (die Verfilmung von „Kick-Ass“) und Zeichner Dave Gibbons („Watchmen“) war die Anekdote zum ersten James-Bond-Film „James Bond 007 jagt Dr. No“/„Dr. No“, in der Regisseur Terence Young Sean Connery die richtige Kleidung und die richtigen Manieren für einen Geheimdienst ihrer Majestät beibrachte, und die Frage, warum die Macher des James-Bond-Films „Casino Royale“ nicht die Ausbildung von James Bond zeigten.
Das taten sie dann in „Secret Service“, weshalb der Comic natürlich nur eine kaum verhüllte James-Bond-Geschichte ist, die gerade deshalb so reizvoll ist. Jedenfalls für den James-Bond-Fan.

Für die am 26. Februar bei uns startende Verfilmung des Comics, die „Kingsman: The Secret Service“ heißt, wurde dann, wie schon der Trailer verrät (Sorry, ich glaube, es gibt eine Sperrfrist.), einiges geändert. Das „Kick-Ass“-erprobte Team Millar/Vaughn veränderte für die Verfilmung, die dem Comic natürlich in groben Zügen folgt, etliche Details. Dabei sind die Änderungen mal mehr, mal weniger sinnvoll.

Millar - Kick-Ass 3 - Band 1Millar - Kick-Ass 3 - Band 2

Inzwischen ist auch „Kick-Ass 3“ von Mark Millar und Zeichner John Romita, Jr., der Abschluss der Geschichte von Dave Lizewski und Mindy McCready erschienen.
Während „Kick-Ass 2“ und der dazu gehörende, aber unabhängig lesbare Comic „Hit-Girl“ während der Verfilmung geschrieben wurden (Comic und Film entstanden ziemlich parallel), wird es, obwohl die Story gut ist, wahrscheinlich keinen dritten „Kick-Ass“-Film geben, weil „Kick-Ass 2“ an der Kasse nicht so viel Geld einspielte und weil Hit-Girl-Darstellerin Chloe Grace Moretz (geboren 10. Februar 1997) inzwischen einfach zu alt für eine dreizehnjährige Killerin ist.
Das Thema des Erwachsen-werdens zieht sich durch den gesamten dritten „Kick-Ass“-Comic, der bei uns aufgesplittet in zwei Teilen erschien (ein Sammelband erscheint sicher irgendwann in naher Zukunft). Inzwischen sitzt Hit-Girl in einem Hochsicherheitstrakt in einem Hochsicherheitsgefängnis, was sie aber nicht allzu sehr zu stören scheint. Während sie einem Psychologen Geschichten aus ihrem Leben erzählt, sorgt sie im Gefängnis für Gerechtigkeit und plant ihren Ausbruch.
Kick-Ass Dave Lizewski und seine Kumpels wollen sie zwar befreien, aber schon während des ersten Versuchs geben sie auf. Lieber treffen sie sich im Hauptquartier und reden über die großen Taten, die sie tun wollen.
Zur gleichen Zeit kommt Rocco Genovese aus Sizilien. Er übernimmt die Familiengeschäfte des von Kick-Ass, Hit-Girl und ihren Freunde radikal dezimierten Genovese-Clans. Onkel Rocco hat große Pläne für das Organisierte Verbrechen an der Ostküste. Außerdem bietet er Chris Genovese, aka Red Mist und später Motherfucker, an, sich an Kick-Ass und Hit-Girl zu rächen.
Dass die Dinge dann doch nicht so laufen, wie Onkel Rocco es plant, können wir uns denken. Es gibt auch wieder einige Gags, aber der Spaß wird durch die moralisierenden Reden über das Erwachsen-werden und Daves erste wahre Liebe gebremst.
Immerhin tut Hit-Girl, was sie am besten kann.

Millar - Super Crooks

Etwas ganz anderes ist „Super Crooks“ von Mark Millar und Leinil Yu, mit dem er bereits „Superior“ zusammen schrieb. Obwohl es heißt „Band 1: Der Coup“ erzählt der Sammelband, der die vier „Super Crooks“-Hefte enthält, eine in sich abgeschlossene Geschichte, die keine Fortsetzung verlangt.
In der Welt der Super Crooks gibt es echte Superhelden und echte Superverbrecher, die alle übermenschliche Fähigkeiten haben und die Guten die Bösen regelmäßig bei ihren Untaten festsetzen und der Justiz zuführen, die sie umstandslos in das nächste Gefängnis schickt. Weil die Superverbrecher in den USA, der Heimat der Superhelden und Superverbrecher, keine Verbrechen mehr begehen können, entschließt sich Johnny Bolt, der gerade eine fünfjährige Haftstrafe verbüßte, mit einer kleinen Gruppe Superschurken, die gerade alle in einem Zwangsruhestand (aka „im bürgerlichen Leben“) sind, nach Teneriffa zu fliegen, um einen großen Coup durchzuziehen, der ihrem Mentor Carmine Heat helfen soll, seine astronomischen Spielschulden zu bezahlen.
Die zu Spanien gehörende Insel hat zwei Vorteile: es gibt keine Superhelden, die ihnen die Tour vermasseln können und es gibt einen superreichen Inselbewohner. Christopher Matts, der Bastard, der Super-Superschurke, die Legende, die dort seit fünfzehn Jahren ihren Ruhestand genießt und unermessliche Reichtümer in seinem Anwesen gebunkert hat.
Die Geschichte leidet unter der durch das Heftformat bedingten Vier-Akt-Struktur, die die Macher zwingt, am Ende von jedem Heft einen Cliffhanger zu haben und davor die Geschichte auf die nötigen Seiten zu strecken oder zu kürzen. So ist der Anfang etwas zu lang und das Ende zu kurz geraten und der Mittelteil, der Planung des Coups, leidet genau unter diesem Ungleichgewicht.
Die Idee selbst, dass nicht alle Superhelden edle Menschen sind, ist natürlich gut. Und dass auch einmal Superschurken, die einen Diebstahl durchführen wollen, im Mittelpunkt stehen, ist ebenfalls gut. Sie macht aus einem gewöhnlichen Heist-Krimi einen Superhelden-Heist-Krimi.
Und genau wie in „Secret Service“ und „Kick-Ass“ erzählt Millar mit seinem respektlosem Humor eine bekannte Geschichte mit einem neuen Twist.
Ach ja: selbstverständlich sind die Filmrechte schon verkauft. Mit dem spanischen Regisseur Nachos Vigalondo („Timecrimes“) arbeiteten Mark Millar und Leinil Yu an den ersten Storyboards, die schon vor dem Comic entstanden; – was ja bei Mark Millar nicht ungewöhnlich ist.

Mark Millar/Dave Gibbons: Secret Service
(übersetzt von Claudia Fliege)
Panini, 2013
172 Seiten
19,95 Euro

Originalausgabe
Secret Service # 1- 6
Millarworld, Juni 2012 – April 2013

Mark Millar/John Romita jr.: Kick-Ass 3 – Band 1
(übersetzt von Bernd Kronsbein)
Panini, 2014
120 Seiten
14,99 Euro

Originalausgabe
Kick-Ass 3, # 1 – 5
Millarworld, Juli 2013 – Januar 2014

Mark Millar/John Romita jr.: Kick-Ass 3 – Band 2
(übersetzt von Bernd Kronsbein)
Panini, 2014
124 Seiten
14,99 Euro

Originalausgabe
Kick-Ass 3 – # 6 – 7
Millarworld, April – August 2014

Mark Millar/Leinil Yu/Nacho Vigalondo (Co-Autor/Drehbuch): Super Croocks – Band 1: Der Coup
(übersetzt von Bernd Kronsbein)
Panini, 2013
124 Seiten
16,95 Euro

Originalausgabe
Super Crooks # 1 – 4
Millarworld, 2012

Hinweise

Homepage von Mark Millar

Meine Besprechung von Mark Millar/Steve McNivens „Nemesis“ (Nemesis, 2010/2011)

Meine Besprechung von Mark Millar/Grant Morrisons “Vampirella: Heiliger Krieg (Master Series 1)”

Meine Besprechung von Mark Millar/John Romita, Jr. „Kick-Ass 2 (Band 1)“ (Kick-Ass 2 – Issue 1 – 4, Dezember 2010 – November 2011)

Meine Besprechung von Mark Millar/John Romita, Jr. „Kick-Ass 2 (Band 2)“ (Kick-Ass 2 – Issue 5 – 7, Januar – Mai 2012)

Meine Besprechung von Mark Millar/John Romita, Jr. „Hit-Girl – Kick-Ass 2: Die Vorgeschichte“ (Hit-Girl, Issue 1 – 5, August 2012 – April 2013)

Meine Besprechung von Mark Millar/Leinil Yus „Superior – Band 2“ (Superior, Issue 5 – 7, Dezember 2011 – März 2012)

Meine Besprechung von Jeff Wadlows Mark-Millar-Verfilmung „Kick-Ass 2“ (Kick-Ass 2, USA 2013)

Wikipedia über Dave Gibbons (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Alan Moore/Dave Gibbons’ “Watchmen” (Watchmen, 1986/1987)

Meine Besprechung von Frank Miller/Dave Gibbons’ “Martha Washington – Ein amerikanischer Traum (Band 1)” (Give me liberty, 1990)