Neu im Kino/Filmkritik: Tom Hardy präsentiert als „Venom: The Last Dance“

Oktober 24, 2024

Beginnen wir mit einer der wichtigsten Informationen für das Superheldenfilmfanpublikum: es gibt im und nach dem Abspann jeweils eine kurze Szene. Die eine kann als Vorausschau auf kommende Filme im Sony’s Spider-Man Universe (SSU) verstanden werden. Die andere ist eher ein Gag. Hoffentlich. Und der Abspann ist sehr lang. Ohne den Abspann könnte „Venom: The Last Dance“ sogar unter hundert Minuten sein. Damit ist er, wie die vorherigen beiden „Venom“-Filme, für einen Superheldenfilm erfreulich kurz. Und er ist wieder ‚frei ab 12 Jahre‘. Angesichts der gezeigten Gewalt ist das eine nachvollziehbare Entscheidung.

Venom ist ein außerirdischer Symbiont, der echte und vermeintliche Gegner gerne tötet.

Sein aktueller Wirt ist der Journalist Eddie Brock, der sich langsam an den in ihm lebenden Venom gewöhnt hat. Trotzdem zanken sie ständig wie ein altes Ehepaar. Vor allem weil Eddie nicht töten will. Er wird wunderschön zerknautscht-genervt von Tom Hardy gespielt, der wie der Quartalssäufer aus der Kneipe wirkt, der schon zwei Drinks über seinen Durst getrunken hat und sich mit der Stimme in seinem Kopf streitet.

Betrunken treffen wir ihn am Anfang von „Venom: The Last Dance“ in einer Strandbar in Mexico. Dort erfährt er, dass er in den USA als Mörder gesucht wird und dass der in einer anderen Welt lebende Superbösewicht Knull seine, uh, Jäger zur Erde geschickt hat, um Venom zu jagen. Um seine Unschuld zu beweisen und um das andere Problem zu lösen, macht er sich auf den Weg nach New York. Mit einem Abstecher nach Las Vegas und zur nahe gelegenen Area 51. Das für seine vermeintlichen Forschungen an Außerirdischen unter Verschwörungstheoretikern und Alien-Fans bekannte Militärgelände soll in wenigen Tagen stillgelegt werden. Jetzt wird, einige Meter unter der Erde, allerdings noch emsig an Symbionten geforscht. Venom wäre, aus Sicht der Forscher und des Militärs, eine grandiose Ergänzung ihrer Forschungsobjekte.

In einer Nebengeschichte ist eine vierköpfige Hippie-Familie auf dem Weg zur Area 51. Denn das Familienoberhaupt glaubt an Außerirdische.

Mit „Venom: The Last Dance“ hat Tom Hardy jetzt seinen Vertrag erfüllt und weil es ein Vertrag über drei Filme war, wird der dritte und bislang letzte „Venom“-Film mit ihm als „das epische Finale“ und Abschluss einer Trilogie beworben. Kann man machen und wird heute einfach immer so gemacht. Weil meistens voneinander unabhängige Werke, die in sich abgeschlossenne Geschichten erzählen, als Trilogie gelabelt werden, ergibt das fast immer wenig bis keinen Sinn. Auch der dritte „Venom“-Film erzählt eine vollkommen eigenständige Geschichte mit neuen Gegnern und Konflikten, die innerhalb des Films gelöst werden. Nur Eddie Brock, Venom und zwei aus den vorherigen Filmen bekannte Figuren sind, in kleineren und für die Filmgeschichte unwichtigen Rollen, wieder dabei.

Der Film selbst ist der beste „Venom“-Film. Kelly Marcel, die Autoren der ersten beiden „Venom“-Film, erzählt in ihrem Regiedebüt eine einfache Fluchtgeschichte. Letztendlich geht es nur um die Frage, wie der Held von A nach B kommt und ob er seinen Verfolgern entkommen kann. Die Hippie-Familie ist eine nette Nebengeschichte, die man auch aus dem Film hätte herausschneiden können. Es gibt eine ordentliche Portion Humor, die sich auch daraus ergibt, dass Venom und Eddie ein seltsames Paar mit verschiedenen Moralvorstellungen sind.

Kelly Marcels Inszenierung ist dabei zweckdienlich unauffällig. Der Film selbst, auch wenn es der beste „Venom“-Spielfilm ist, ist ein wenig bemerkenswerter Superheldenfilm, der einfach nur bekannte Plot-Points, Action und einige bestenfalls durchwachsene Witze aneinanderreiht. Das gelingt ihm, wie gesagt, besser als in den Vorläuferfilmen „Venom“ und „Venom: Let there be Carnage“. Gut ist es immer noch nicht.

Venom: The Last Dance“ ist das vorläufige Ende einer nie wirklich überzeugenden Superheldenfilmserie, die an der Kinokasse überraschend erfolgreich war.

Die Zukunft dieser Marvel-Figur ist noch unklar. Also ob das Finale wirklich ein Finale ist. Hauptdarsteller Tom Hardy schließt nichts aus. Venom kann sich jederzeit einen neuen Wirt suchen. Und mit diesem Film hat, so Marcel, die Geschichte von Knull begonnen, der in künftigen SSU-Filmen eine größere Rolle spielen soll.

Schauen wir mal.

Venom: The Last Dance (Venom: The Last Dance, USA 2024)

Regie: Kelly Marcel

Drehbuch: Kelly Marcel (nach einer Geschichte von Kelly Marcel und Tom Hardy) (basierend auf der von Todd McFarlane und David Michelinie erfundenen Marvel-Figur Venom)

mit Tom Hardy, Chiwetel Ejiofor, Juno Temple, Stephen Graham, Peggy Lu, Rhys Ifans, Alanna Ubach, Clark Backo, Andy Serkis

Länge: 110 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Venom: The Last Dance“

Metacritic über „Venom: The Last Dance“

Rotten Tomatoes über „Venom: The Last Dance“

Wikipedia über „Venom: The Last Dance“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ruben Fleischers „Venom“ (Venom, USA 2018)

Meine Besprechung von Andy Serkis‘ „Venom: Let there be Carnage“ (Venom: Let there be Carnage, USA 2021)


Neu im Kino/Filmkritik: „Venom: Let there be Carnage“, Mord, Totschlag und demolierte Wohnungen

Oktober 21, 2021

Nach dem ersten „Venom“-Film, in dem Eddie Brock (Tom Hardy) und Venom, der außerirdische Symbiont, sich aneinander gewöhnten, leben sie inzwischen zusammen. Oder genauer gesagt: Venom lebt in seinem Wirtskörper Eddie Brock und bereitet ihm Kopfschmerzen und schlaflose Nächte. Manchmal streckt er seinen Kopf und seine Arme aus Brock raus. Aber die meiste Zeit ist er nicht zu sehen. Denn der Anblick könnte einige Menschen verunsichern.

Die aus ihrer Wohnung kommenden Geräusche ebenso. Das beginnt mit der geräuschvollen Zubereitung des Frühstücks, das zu einem guten Teil auf dem Boden landet. Und wenn die beiden sich streiten, endet das schon eimmal in einer „Fight Club 2.0“-Schlägerei, bei der sich Brock eine blutige Nase holt, die Einrichtung, Decken und Wände zerstört werden und der neue Fernseher (Brocks ganzer Stolz) aus dem Fenster fliegt. Danach dürfte jeder von den Annehmlichkeiten des Single-Lebens überzeugt sein.

Die Essensgewohnheiten von Venom sind dagegen, jedenfalls für uns Zuschauer, schon etwas vergnügllicher. Denn Venom möchte am liebsten ständig Gehirne, bevorzugt Menschengehirne, essen. Brock versucht ihn davon abzuhalten.

Damit dürfte die Rollenverteilung zwischen Brock und Venom klar sein. Venom ist der böse Geist, der zerstörungswütige Anarchist, das triebgesteuerte Kleinkind, während Brock die Ratio verkörpert – und ständig aussieht, als hätte er eine Woche lang nicht geschlafen. Wobei er wahrscheinlich viel länger nicht mehr richtig geschlafen hat.

Venom ist eine Marvel-Figur, die 2018 erstmals von Tom Hardy gespielt wurde. Der von „Zombieland“-Regisseur Ruben Fleischer inszenierte Film war kein guter Film, aber er war an der Kinokasse überaus sehr erfolgreich. Für die Fortsetzung konzentrierten die Macher sich dann auf die Stärke der Figur Venom, die ein sarkastisches, moralbefreites Monster ist. Damit sind seine Kommentare über die Menschen und seine Lösungsvorschläge immer gut für einen Lacher.

Für den zweiten Film, der mit neunzig Minuten (ohne Abspann) erfrischend kurz ist, erfanden die Macher eine Geschichte, die einfach nur eine weitere, für sich selbst stehende und damit eigenständige „Venom“-Geschichte ist und außerhalb der anderen Marvel-Filme steht; jedenfalls noch. Denn die Abspannsequenz deutet ein Crossover an.

Es geht um Cletus Kasady (Woody Harrelson). Der zum Tod verurteilte Serienkiller sitzt im San Quentin State Prison und ist bereit, mit dem Journalisten Eddie Brock über seine Taten zu reden. Brock ist als Reporter immer hungrig nach einer Schlagzeile und selbstverständlich einverstanden.

Bei einem seiner Besuche wird er von Kasady in den Finger gebissen. Diese Blutübertragung führt dazu, dass sich in Kasadys Körper ein Wesen entwickelt, das Venom sehr ähnelt und Carnage heißt. Zusammen mit Carnage kann Kasady ausbrechen und eine von ihm genussvoll zelebrierte blutige Spur der Verwüstung hinterlassen. Er will zu seiner großen Liebe aus Kindertagen. Frances Barrison (Naomie Harris), die mit ihrer Stimme töten kann, sitzt noch im Hochsicherheitstrakt des Ravencroft Institute.

Brock und Venom, die sich auch gerade massiv zerstritten haben, wollen das Schlimmste verhindern. Dafür müssen sie Kasady und Carnage töten.

Mehr Plot braucht Andy Serkis im zweiten „Venom“-Film nicht. Es ist eine einfache Geschichte, die auf Nebengeschichten verzichtet und unabhängig von dem ersten „Venom“-Film genossen werden kann. Die Figuren sind reichlich eindimensional, aber die Schauspieler haben ihren Spaß mit ihnen und erfüllen sie so mit Comic-Leben. Ihre Ziele sind klar herausgearbeitet. Der daraus entstehende Konflikt zwischen Brock/Venom und Kasady/Carnage ebenso.

Und so ist „Venom: Let there be Carnage“ einfach ein schönes kleines Schlachtfest.

Venom: Let there be Carnage (Venom: Let there be Carnage, USA 2021)

Regie: Andy Serkis

Drehbuch: Kelly Marcel (nach einer Geschichte von Tom Hardy und Kelly Marcel) (basierend auf der von Todd McFarlane und David Michelinie erfundenen Marvel-Figur Venom)

mit Tom Hardy, Woody Harrelson, Michelle Williams, Naomie Harris, Reid Scott, Stephen Graham, Peggy Lu, Sian Webber

Länge: 98 Minuten

FSK: ab 12 Jahre (eine erstaunliche Entscheidung. Ich hätte zu FSK-16 tendiert.)

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Venom: Let there be Carnage“

Metacritic über „Venom: Let there be Carnage“

Rotten Tomatoes über „Venom: Let there be Carnage“

Wikipedia über „Venom: Let there be Carnage“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Ruben Fleischers „Venom“ (Venom, USA 2018)