Neu im Kino/Filmkritik: „Der Pfau“ ist tot

März 18, 2023

Eine Investmentbankerin verbringt mit ihrem Team ein Teambuilding-Wochenende auf dem einsam in den schottischen Highlands liegendem Landsitz eines Lords, der Zimmer vermietet. Alle Banker glauben, dass das Wochenende ein Vorspiel für ihre Entlassung ist. Und dann stirbt auch noch, kurz nach ihrem Eintreffen, der Lieblingspfau des Lords. Schnell versteckt einer der Banker, auf Befehl der Chefin, das Tier, das fortan in den ungünstigsten Momenten immer wieder auftaucht und wieder versteckt wird.

Der Pfau“ ist eine unlustige Boulevardkomödie, bei der auch nach Filmende nicht geklärt ist, um was es eigentlich ging und wie dieser von Jürgen Vogel tiefenentspannt gespielte Schluffi-Sozialkundelehrer zum Mitarbeiter der Bank wurde. Viel mehr muss über diesen Langweiler, der eine fotogene Location, gute Schauspieler und mindestens zwei gute Ideen, nämlich die Jagd nach dem Pfauenmörder und die Satire über grundsätzlich unsympathische Banker, atemberaubend schnell zugunsten eines vor sich hin plätschernden Nichts verschenkt.

Das ist Zeitverschwendung auf dem Niveau der „Inspektor Jury“-Filme.

Der Pfau (Deutschland/Belgien 2023)

Regie: Lutz Heineking jr.

Drehbuch: Christoph Mathieu, Sönke Andresen, Lutz Heineking jr.

LV: Isabel Bogdan: Der Pfau, 2016

mit Lavina Wilson, Serkan Kaya, Tom Schilling, David Kross, Jürgen Vogel, Svenja Jung, Annette Frier, Philip Jackson, Victoria Carling, Domitila Barros, Linda Reitinger, Peter Trabner

Länge: 105 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Homepage zum Film

Filmportal über „Der Pfau“

Moviepilot über „Der Pfau“

Wikipedia über „Der Pfau“


Neu im Kino/Filmkritik: Über eine im Lehrerzimmer „Eingeschlossene Gesellschaft“

April 14, 2022

Freitagnachmittag, kurz vor Feierabend, in einem Gymnasium irgendwo in Deutschland: die Schüler haben die Schule bereits verlassen. Im Lehrerzimmer warten einige Lehrer gelangweilt auf das Wochenende. Da klopft jemand an die Tür. Es ist Manfred Prohaska (Thorsten Merten). Der Vater hat ein dringendes Anliegen. Die Abi-Zulassung seines Sohnes Fabian ist gefährdet. Ein Punkt fehlt ihm. Dieser entscheidende Punkt wurde ihm bei einer Latein-Hausarbeit verwehrt. Und damit könnte der Lateinlehrer ihm den Punkt geben. Wenn er nicht so ein verknöcherter, seine Macht auskostende Regelfanatiker wäre, der unter keinen Umständen seine Bewertungen mit anderen diskutieren möchte.

Also verlangt Prohaska von den zufällig anwesenden Lehrern, dass sie jetzt sofort über Fabians Abi-Zulassung sprechen – und Fabian am Ende ihrer Besprechung den nötigen Punkt geben.

Das ist die knallige Prämisse von Sönke Wortmanns neuestem Film „Eingeschlossene Gesellschaft“. Zuletzt verfilmte er fürs Kino französische Erfolgskomödien und erfolgreiche Theaterstücke („Contra“, „Der Vorname“, „Frau Müller muss weg!“). Dieses Mal ist es ein Hörspiel von Jan Weiler („Maria, ihm schmeckt’s nicht“, „Das Pubertier“). Und wieder sitzen die Pointen, wenn der ultrakonservative „Ich habe alles in meinem Buch notiert“-Lateinlehrer Klaus Engelhardt (Justus von Dohnányi), die Schüler ebenfalls abgrundtief verachtende ältliche Jungfer Heidi Lohmann (Anke Engelke), der zu seinen Schülern äußerst joviale Womanizer-Sportlehrer Peter Mertens (Florian David Fitz), der sich überall anbiedernde Schüleranwalt Holger Arndt (Thomas Loible), der nerdige Chemielehrer Bernd Vogel (Torben Kessler) und die genderbewusste Referendarin Sara Schuster (Nilam Farooq) sich im Lehrerzimmer angiften, übereinander herfallen, dabei kleine und große Geheimnisse und Peinlichkeiten enthüllen, um sich selbst kreisen und sich dabei selbstverständlich nicht für das von Prohaska aufgeworfene Problem interessieren. Bis kurz vor dem Ablauf von Prohaskas Ultimatum reden sie nicht über Fabians Note.

Das gesamte Kollegium besteht halt aus Trotteln, die, zu unserem Vergnügen, nichts auf die Reihe bekommen und alle ihre kleinen Geheimnisse haben, von enttäuschter Liebe über Pornokonsum und Denunziation bis hin zur Unterschlagung. Diese sechs Lehrer sind Klischeefiguren. Die Schauspieler übertreiben und füllen diese Klischees lustvoll aus. Das sorgt, im Stil einer Boulevard-Komödie, für Situationskomik, verbale Gemeinheiten und etliche Lacher.

Aber der ganze leichtgewichtige und kurzweilige Spaß kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Prohaska ein Erpresser und Geiselnehmer ist, der sein Ziel so nicht erreichen kann.

Eingeschlossene Gesellschaft (Deutschland 2022)

Regie: Sönke Wortmann

Drehbuch: Jan Weiler (nach seinem Hörspiel)

mit Florian David Fitz, Anke Engelke, Justus von Dohnányi, Nilam Farooq, Thomas Loibl, Torben Kessler, Thorsten Merten, Nick Julius Schuck, Carl Benzschawel, Claudia Hübbecher, Jürgen Sarkiss, Serkan Kaya, Ronald Kukulies

Länge: 101 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Filmportal über „Eingeschlossene Gesellschaft“

Moviepilot über „Eingeschlossene Gesellschaft“

Meine Besprechung von Sönke Wortmanns „Frau Müller muss weg“ (Deutschland 2014)

Meine Besprechung von Sönke Wortmanns „Der Vorname“ (Deutschland 2018)


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