In seinem neuesten Film erzählt „Training Day“-Regisseur Antoine Fuqua vom Leben einiger Polizisten in Brooklyn. Aber während Fuqua in „Training Day“ im Genregewand (ein alter Polizist soll einen Neuling einarbeiten) ganz klassisch die Geschichte eines Mannes und einer Verführung erzählte, ist „Gesetz der Straße“ mit seinen drei, parallel erzählten Geschichten wesentlich fragmentierter. Die Charaktere begegnen sich höchstens zufällig. Gleichzeitig verknüpft Fuqua die Geschichten durch Schnitte, szenenüberlappende Dialoge und die Musik so sehr, dass es kaum auffällt, wie wenige Szenen die hochkarätigen Schauspieler miteinander haben.
Außerdem wird in „Gesetz der Straße“ nicht die Geschichte einer Verführung erzählt. Denn die drei Hauptcharaktere sind bereits auf der dunklen Seite angekommen.
Eddie (Richard Gere) ist ein abgebrannter Streifenpolizist, der nur noch auf seine baldige Pensionierung wartet. Er hält sich aus allem heraus und ist daher auch überhaupt nicht begeistert, als er auf seine letzten Tage noch einen jungen Polizisten einarbeiten soll. Erst nach seiner Pensionierung (die in ihrer Glanzlosigkeit schockierend ist und, so Fuqua in seinem interessantem Audiokommentar, der Realität entspricht) sieht er ein verschwundenes Mädchen, das jetzt anscheinend von ihrem Zuhälter zur Prostitution gezwungen wird, und er verfolgt die beiden.
Tango (Don Cheadle) ist ein Undercover-Cop, der aussteigen will. Er wird von seinen Vorgesetzten (Will Patton, Ellen Barkin [grandios als kaltschnäuziges Luder]) gezwungen als letzten Auftrag Beweise gegen seinen Freund, den Drogenhändler Caz (Wesley Snipes), zu finden.
Sal (Ethan Hawke) gehört zu einem Spezialkommando. Er ist verheiratet, hat zwei Söhne und das dritte Kind ist unterwegs. Er möchte, dass sie aus ihrem zu kleinen und mit Chemikalien verseuchtem Haus in ein besseres Haus umziehen können. Weil dafür sein Lohn als Polizist nicht ausreicht, beschließt er, es sich von den Drogenhändlern, die er jagen soll, zu holen.
Eddie, Tango und Sal (dessen Katholizismus und die damit verbundenen Schuldgefühle in jeder Szene spürbar sind) haben alle Fehler begangen. Sie sind Sünder vor dem Herrn. Sie versuchen alle wieder zur guten Seite zurückzukehren. Und, selbst ohne ein katholische Schuld-Sühne-Verständnis, müssen sie für ihre Sünden bezahlen. Unklar ist nur der Preis. Immerhin kennen wir spätestens seit Martin Scorseses „Hexenkessel“ den Spruch „Du zahlst deine Sünden nicht in der Kirche…du zahlst auf der Straße“ (gerne auch in der knapperen Form „Für deine Sünden zahlst du auf der Straße.“).
Es gibt vieles, was bei „Gesetz der Straße“ beeindruckt: die Schauspieler, die Drehorte (es wurde vor Ort in Brooklyn mit Anwohnern gedreht), der Schnitt und damit die elegante Verknüpfung der drei arg vorhersehbaren Geschichten. Aber so richtig packend ist „Gesetz der Straße“ nie. Denn der getragene Erzählrhythmus, die wenigen Schnitte und langsamen Kamerafahrten verstärken die Distanz zum aus dem Klischeebaukasten des Copfilms zusammengesetzten Geschichten.
Und die Desillusionierung der Charaktere ist zu groß. Während früher die Polizisten die Verbrecher ohne Rücksicht auf Verluste jagten, den Aufstand versuchten und den Kampf gegen das System aufnahmen, auch wenn sie tief in ihrem Innersten ahnten, dass er vergeblich sein würde, haben in „Gesetz der Straße“ alle schon lange resigniert.
In „Gesetz der Straße“ ist nichts mehr zu spüren von der fiebrige Energie von „Training Day“. Und damit ist „Gesetz der Straße“ wahrscheinlich genauso wie „Training Day“ und, wenn wir in die Geschichte des Copfilms gehen, „Prince of the City“, „Serpico“ und „French Connection“ eine Bestandsaufnahme der Gesellschaft.
Die DVD
Das umfangreiche Bonusmaterial besteht aus einem informativem Making-of, vier ebenso informativen Featurettes und einem hörenswertem Audiokommentar von Antoine Fuqua, der sich vor allem darauf konzentriert, zu erklären, was er mit bestimmten Szenen erreichen wollte. Bei den „Geschnittenen Szenen“ handelt es sich vor allem um Szenenverlängerungen und andere Versionen des Filmendes. Insofern täuscht die große Laufzeit etwas.
Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest (Brooklyn’s Finest, USA 2009)
Regie: Antoine Fuqua
Drehbuch: Michael C. Martin
mit Richard Gere, Don Cheadle, Ethan Hawke, Wesley Snipes, Vincent D’Onofrio, Will Patton, Lili Taylor, Ellen Barkin, Brían F. O’Byrne, Michael K. Williams, Lili Taylor
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DVD
Kinowelt
Bild: 2,35:1 (anamorph)
Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Bonusmaterial: Making of, Geschnittene Szenen, Featurettes (Konflikt und Chaos: Das Leben eines New Yorker Cops, Ein Blick fürs Detail, Vom Bahn-Angestellten zum Hollywood-Autor, Die Jungs im realen Viertel), Fotogalerie, Trailer (deutsch, englisch), Audiokommentar von Antoine Fuqua, Presseheft (deutsch)
Länge: 127 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Am 17. März 2011 erscheint der Film bei Kinowelt in der „SteelBook Collection“ von „Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest“.
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Hinweise
Amerikanische Homepage zum Film
Film-Zeit über „Gesetz der Straße“
The Root: Interview mit Michael C. Martin über „Brooklyn’s Finest“
Go into the Story: Interview mit Michael C. Martin über „Brooklyn’s Finest“
[…] Meine ausführliche Besprechung des Films, mit weiterführenden Links Teilen Sie dies mit:TeilenE-MailDruckenDiggTwitterFacebookStumbleUponRedditLike this:LikeSei der Erste, dem dieser post gefällt. […]