Für „Alien“, den zweiten Spielfilm von Ridley Scott, war der Werbespruch: „In space no one can hear you scream.“
Das war ein grandioser Satz, der neugierig auf den Film machte und auch sagte worum es geht: um einen Horrorfilm im Weltall.
Der Werbespruch für seinen neuesten Film, das „Alien“-Prequel „Prometheus“ ist: „They went looking for our beginning. What they found could be our end.“
Das ist kein wirklich schlechter, aber auch – wie der Film – ein arg austauschbarer, wenig bleibenden Eindruck hinterlassender Werbespruch, der mit einer ordentlichen Portion Hintergrundwissen verrät, dass „Prometheus“ sich in die Reihe der „Alien“-Filme einreiht, in denen es nur einige wiederkehrende Elemente (das Weltall, die Alien-Kreaturen von H. R. Giger und Sigourney Weaver als Ellen Ripley) gab, aber ansonsten die Regisseure Ridley Scott, James Cameron, David Fincher und Jean-Pierre Jeunet ihre eigene Vision im „Alien“-Kosmos erzählten.
Auch „Prometheus“ übernimmt die Kernelemente aus dem „Alien“-Kosmos, verzichtet auf Sigourney Weaver (immerhin spielt die Geschichte von „Prometheus“ ja vor dem ersten „Alien“-Film), hat mit Noomi Rapace aber einen vollwertigen Ersatz gefunden. Wobei, das sei angemerkt: Damals machte Ridley Scott aus einer unbekannten Schauspielerin einen Star. Heute engagiert er, nach den erfolgreichen Stieg-Larsson-Verfilmungen, eine bereits bekannte Schauspielerin und damit ist von Anfang an klar, dass sie, als Star des Films, nicht stirbt. Auch die Rest-Besatzung der „Prometheus“ besteht größtenteils aus bekannten Schauspielern. Eigentlich fehlt nur Mark Strong („Green Lantern“, „John Carter“). Immerhin hat man für die ersten Minuten einen Lookalike genommen.
Außerdem verrät der Werbespruch, dass Scott hier nicht einfach einen zweiten Horrorfilm im Weltall drehte. „Prometheus“ ist definitiv kein Horrorfilm. Denn dieses Mal wird die Geschichte einer Forschungsreise erzählt und, anstatt dass einige Europäer in eine Pyramide latschen, das seit Jahrhunderten versiegelte Grab das Pharaos öffnen und anschließend an einem Fluch sterben, ist es dieses Mal ein Raumschiff, das einige Jahre vor der nächsten Jahrhundertwende auf einem fremden, weit, weit entferntem Planeten landet und einige Forscher latschen in ein unterirdisches Gewirr von Gängen, wo sie einen verschlossenen Raum entdecken, den sie flugs, wie ein Kind seine Weihnachtsgeschenke, öffnen müssen.
Im Endeffekt wird einfach die „Alien“-DNA an einen altmodischen Entdeckerfilm gekoppelt.
Das ist durchaus unterhaltsam, aber spätestens beim Nachdenken über den saturierten Film, fällt auf, wie schrecklich unlogisch vieles ist, wie oft einzelne Charakter etwas nur tun, weil die Drehbuchautoren es so wollten, und wie viele Handlungsstränge im Nichts enden.
Das Personal der „Prometheus“ wirkt, auch wenn etliche Charaktere an Charaktere aus den vorherigen „Alien“-Filmen erinnern, wie der lieblose Griff in den Klischee-Figurenbaukasten aus dem Handbuch für effektives Storytelling.
Es gibt den taffen Kapitän („Luther“ Idris Elba, auch mal mit Akkordeon und einem doch etwas veraltetem Musikgeschmack [Herrje, gab es seit 1970 wirklich keine guten Bands mehr? Sind die nächsten gut achtzig Jahre Musikgeschichte wirklich für die Tonne?]), die böse Kapitalistin (Charlize Theron wiederholt einfach ihre Rolle der bösen Prinzessin aus „Snow White and the Huntsman“), den, auch aus den anderen „Alien“-Filmen bekannten Androiden, der dieses Mal wie Michael Fassbender aussieht, von ihm herrlich ausdruckslos-selbstironisch gespielt wird, ein großer „Lawrence von Arabien“-Fan ist (Tja, auch in der Filmgeschichte scheint die nächsten Jahrzehnte Ödnis zu herrschen.), auf den Namen „David“ hört und, kleiner Insider-Witz, damit das ABC der Androidennamen in den „Alien“-Filmen von Ash über Bishop und Call zu David fortsetzt und, als große Überraschung, den uralten, an der Schwelle des Todes stehenden Peter Weyland, der die Reise der „Prometheus“ nach dem Ursprung des Lebens aus nicht uneigennützigen Gründen finanzierte (Guy Pearce auf Greis geschminkt, weil auch Szenen mit einem jüngeren Weyland geplant waren), und einige nicht sonderlich intelligente, dafür ziemlich hasenfüßige Raumfahrer, die die Mission – Überraschung! – nur wegen des Geldes mitmachen. Kofferträger und Leichtmatrosen eben, die bei der erstbesten Gelegenheit zu Alienfutter werden.
Es gibt eine Alien-Schwangerschaft, die grotesk-rabiat beendet wird – und die Frage hinterlässt, warum eine vollautomatische OP-Station, die im Zimmer einer Frau steht, auf Operationen an Männern programmiert ist. Aber immerhin gibt das im Kino einen Lacher und wahrscheinlich den Preis für den schnellsten und effektivsten Schwangerschaftsabbruch.
Der gesamte Film fühlt sich letztendlich wie eine All-Inclusive-Reise an, bei der es keine großen Überraschungen und keine Verunsicherung gibt, und man am Ende, einfach weil von den Machern zu sehr auf Nummer Sicher gespielt wird, das Kino auch etwas unbefriedigend verlässt. Denn irgendwie hat man das alles schon einmal gesehen. Oft besser und nur weil Ridley Scott das „Alien“-Menü, jetzt mit Erich-von-Däniken-Schwurbel, schick anrichtet, wird „Prometheus“ definitiv kein Klassiker werden. Dafür ist er einfach zu seelenlos, hat zu wenige Ecken und Kanten, zu wenige Überraschungen und er ist zu konventionell.
Das wäre okay, wenn Ridley Scott und seine Autoren Jon Spaihts und Damon Lindelof („Lost“, „Cowboys & Aliens“) uns nicht ein Ende, das schamlos auf eine Fortsetzung spekuliert, präsentieren würden.
Denn während die vorherigen „Alien“-Filme in sich abgeschlossene Geschichten erzählten, offenbart sich „Prometheus“ in den letzten Minuten, nachdem der Planet atomisiert wurde, nur noch als epischer Prolog für den oder die nächsten (Trilogie, ich hör dich trapsen.) Filme, in denen uns dann alles erklärt werden soll, was im Prolog nur angedeutet wurde.
In dem Moment kam ich mir schon etwas verarscht vor.
Prometheus – Dunkle Zeichen (Prometheus, USA 2012)
Regie: Ridley Scott
Drehbuch: Don Spaihts, Damon Lindelof
mit Noomi Rapace, Michael Fassbender, Guy Pearce, Idris Elba, Logan Marshall-Green, Charlize Theron, Sean Harris, Rafe Spall, Benedict Wong, Patrick Wilson
Länge 124 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
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Hinweise
Rotten Tomatoes über „Prometheus“
Wikipedia über „Prometheus“ (deutsch, englisch)
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Ach, Weyland Industries hat auch eine Seite
[…] Meine Besprechung von Ridley Scotts “Prometheus” (Prometheus, USA 2012) Teilen Sie dies mit:TeilenE-MailDruckenDiggTwitterFacebookStumbleUponRedditGefällt mir:Gefällt mirSei der Erste dem dies gefällt. […]
[…] wenn man nach einigen enttäuschenden (ich sage nur „Prometheus“ und „Total Recall“) und grottenschlechten Science-Fiction-Filmen (ich sage nur […]