Vorbemerkung 1: Ich kenne nur die ersten drei Folgen der aus zehn Folgen bestehenden ersten Staffel der TV-Serie „Those about to die“. D. h. alle Einschätzungen beziehen sich auf diese Folgen. Und selbstverständlich besteht die Möglichkeit, dass ich, sobald ich alle Folgen kenne, zu einer anderen Einschätzung komme.
Auch wenn ich das nicht glaube.
Vorbemerkung 2: Ich habe sie im Kino auf einer wirklich großen Leinwand gesehen. Das war toll, aber es war auch unübersehbar, dass die Serie für den kleinen Bildschirm inszeniert wurde. So sahen die Spezialeffekte auf der Kinoleinwand sehr schlecht aus. Auf einem kleineren Bildschirm fällt das möglicherweise nicht oder nicht so sehr auf.
Und jetzt kommen wir zur Kritik der ersten drei Stunden von „Those about to die“. Die von Roland Emmerich und Marco Kreuzpaintner in Italien in dem legendären Cinecittà Filmstudio inszenierte und von Robert Rodat („Saving Private Ryan“, „Der Patriot“, „Kursk“) erfundene und zur Hälfte geschriebene Serie (er schrieb die Drehbücher für die ersten drei und die letzten beiden Folgen) basiert auf Daniel P. Mannix‘ 1958 erschienenem Sachbuch „Those about to die“. Das Buch inspirierte auch Ridley Scotts „Gladiator“. In dem populärwissenschaftlichem Sachbuch schildert Mannix die Abläufe vor und hinter der Bühne eines Amphitheaters, wie dem Kolloseum, und dem Leben der Gladiatoren im alten Rom.
In der Serie ist das Leben im Amphitheater einer von vielen Handlungssträngen. 79 nach Christus und damit elf Jahre nach dem Tod von Nero, herrscht Kaiser Vespasian (Anthony Hopkins) über das Römische Reich. Seine Söhne kämpfen um die Thronnachfolge. Die anderen mächtigen Familien spekulieren ebenso auf den Thron. Entsprechend munter wird gegeneinander intrigiert.
Das Volk wird mit Brot und Spielen bei Laune gehalten.
Im Circus Maximus gib es Wagenrennen à la „Ben Hur“ und ebenso tödliche Gladiatorenkämpfe. Das Kolloseum ist noch im Bau. Die Massen sind begeistert und Tenax (Iwan Rheon), der Teilzeit-Erzähler der Geschichte, erklärt uns erst einmal, wie das Geschäft in einem Amphitheater funktioniert. Er selbst ist der große Strippenzieher in dem Theater. Er zählt die Wetteinnahmen, organisiert und manipuliert (wenn nötig) das nächste Rennen und er möchte einen Anteil an einem der vier Rennställe, die den Patriziern gehören, haben. Dann würde er noch mehr Geld verdienen. Dummerweise ist das einfacher gesagt als getan.
Aus Nordafrika kommen Cala (Sara Martins) und ihre drei Kinder nach Rom. Ihre beiden Töchter töteten in Notwehr einen römischen Soldaten. Danach wurden sie gefangen genommen. Sie sollen als Sklavinnen nach Rom gebracht werden. Ihr Sohn Kwame (Moe Hashim) wurde während der Jagd von römischen Soldaten gefangen genommen. Cala, eine Frau mit beachtlichen Talenten, will ihn befreien. Die beste Möglichkeit ist, dass er ein Gladiator wird.
In Rom zeigt er in einigen längeren Actionszenen ein beachtliches Talent als Gladiator. Währenddessen bewegt sie sich souverän zwischen den verschiedenen Schichten und Gruppen, die ihr bei der Befreiung ihrer Kinder helfen könnten.
Neben diesen Hauptgeschichten gibt es zahlreiche weitere Figuren und Subplots. Sie sind in den ersten drei Episoden noch nicht wirklich wichtig für die, zugegeben, kaum erkennbare Haupthandlung.
Insgesamt erzählen Haupt-Drehbuchautor Robert Rodat und die Regisseure Roland Emmerich (er inszenierte die ersten drei und die letzten beiden Folgen) und Marco Kreuzpaintner (ihm blieben die fünf Folgen dazwischen) gleichzeitig mindestens ein halbes Dutzend verschiedener Geschichten. Jede Figur bekommt dann in jeder Episode ihre fünf Minuten (oder weniger) Leinwandzeit. Durch die ständigen Wechsel zwischen den einzelnen Handlungssträngen vergeht die Zeit dann halbwegs schnell, auch wenn letztendlich wenig passiert. Es handelt sich dabei um die aus zahlreichen Soaps etablierte TV-Dramaturgie. Auch die Dialoge bewegen sich auf diesem Niveau; – wobei bei den im alten Rom spielenden Monumentalfilmen die Dialoge oft auch nicht besser waren und die Filmgeschichte sich ähnlich langsam und elliptisch bewegte. Das war bei den billigeren Sandalenfilmen dann anders. Sie sind kürzer und konzentrieren sich, mal mit, mal ohne mythische Wesen, mehr auf die Action und die spärlich bekleideten Frauen und halbnackten muskelbepackten Männer.
„Those about to die“ kann als Kreuzung zwischen Momumental- und Sandalenfilm betrachtet werden. Wobei Roland Emmerich das alles erstaunlich züchtig und blutfrei erzählt. Die wenigen Ausnahmen, in denen ein Gladiator einige Körperteile verliert, bestätigen den Eindruck, dass das alles vor sechzig Jahren nicht wesentlich anders inszeniert worden wäre. Die Bilder sind durchgehend zu dunkel. In den zahlreichen in Innenräumen spielenden Szenen, in denen Kerzen für die Beleuchtung sorgen, sind die Schauspieler noch erkennbar. Der Rest des Raumes versinkt im Dunkeln. Die Spezialeffekte sind, wie gesagt, lausig. Auf der großen Leinwand fällt das öfter unangenehm auf. Auf einem TV-Bildschirm mag das weniger stören. Und die Action – es gibt ungefähr eine große Actionszene pro Folge – ist für das Fernsehen inszeniert. So wird bei den Wagenrennen so lange zwischen Details hin- und hergeschnitten, bis der gesamte Verlauf des Rennens unklar ist.
Als anspruchsloser Zeitvertreib für Fans des alten Roms und bis zum Kinostart von „Gladiator II“ am 14. November 2024 mag der altmodische TV-Zehnteiler „Those about to die“ deren Zeit füllen. Mehr auch nicht.

Those about to die (Those about to die, USA/Deutschland 2024)
Regie: Roland Emmerich (1, 2, 3, 9, 10), Marco Kreuzpaintner (4, 5, 6, 7, 8)
Drehbuch: Robert Rodat (1, 2, 3, 9, 10), Charles Holland (4), Alex Carmedelle (5), Eva Gonzales Szigriszt (6), Jill Robi (7), Marissa Lestrade (8)
Erfinder: Robert Rodat
LV (Inspiration): Daniel P. Mannix: Those about to die, 1958 (Wiederveröffentlichung 2001 als „The Way of the Gladiator“)
mit Anthony Hopkins, Iwan Rheon, Sara Martins, Tom Hughes, Jojo Macari, Moe Hashim, Jóhannes Haukur Jóhannesson, Rupert Penry-Jones, Gabriella Pession, Dimitri Leonidas
Länge: 10 ungefähr einstündige Episoden
FSK: ab 16 Jahre
Verfügbarkeit/Wo ansehen: Amazon Prime Video
–
Hinweise
Amazon Prime Video über „Those about to die“
Moviepilot über „Those about to die“
Metacritic über „Those about to die“
Rotten Tomatoes über „Those about to die“
Wikipedia über „Those about to die“ (deutsch, englisch)
Meine Besprechung von Roland Emmerichs „White House Down“ (White House Down, USA 2013)
Meine Besprechung von Roland Emmerichs „Stonewall“ (Stonewall, USA 2015)
Meine Besprechung von Roland Emmerichs „Midway – Für die Freiheit“ (Midway, USA 2019)
Meine Besprechung von Roland Emmerichs „Moonfall, (Moonfall, USA/Kanada/China 2022)
Veröffentlicht von AxelB 

