Über Georges Simenons „Der Passagier der Polarlys“ und die Comicversion von José-Louis Bocquet und Christian Cailleaux

Februar 3, 2025

Die Polarlys ist ein Dampfer der von Hamburg nach Hammerfest fährt und dabei primär Waren an Orte in Norwegen befördert, die über Land nur schwer oder, mangels Straßen, nicht erreichbar sind. Das Schiff nimmt bei jeder Fahrt auch immer einige Passagiere mit. Dieses Mal sind es fünf Menschen. Einer von ihnen, Polizeirat von Sternberg, wird kurz nach der Abfahrt in seiner Kabine ermordet. Er verfolgte die Polarlys von Hamburg nach Cuxhaven, um noch an Bord zu gelangen. An Bord versteckt er sich in seiner Kabine.

Als Kapitän Petersen die Leiche sieht, weiß er, dass der Täter noch an Bord ist.

Der Passagier der Polarlys“ ist einer der frühesten Romane von Georges Simenon (1903 – 1988). Er schrieb ihn 1930. Veröffentlicht wurde er 1932. Die deutsche Erstausgabe war 1935 unter dem Titel „Flucht nach dem Nordkap“. Im Werk von Simenon bedeutet dieser Roman, zusammen mit den zeitgleich geschriebenen Romanen, wozu auch mehrere Maigrets gehören, den Wandel vom unter 27 Pseudonymen in atemberaubendem Tempo schreibendem Groschenromanautor zum ernsthaften Autor, der eine ähnliche Schreibgeschwindigkeit vorlegte.

Insgesamt veröffentlichte Simenon ab 1931, als sein erster Roman unter seinem Namen erschien, 75 Romane mit Kommissar Maigret, 117 Non-Maigrets und zahlreiche weitere Erzählungen und Reportagen. Im deutschsprachigen Raum werden sie regelmäßig, teils in neuen Übersetzungen, veröffentlicht. Aktuell erscheinen sie, als Kooperation der Verlage ‚Hoffmann und Campe‘ und ‚Kampa‘, im Rahmen der ersten deutschsprachigen Gesamtausgabe von Simenons erzählerischem Werk; – wozu dann auch eigentlich die fast bis vollständig unbekannten Kurzgeschichten gehören.

Szenarist José-Louis Bocquet und Zeichner Christian Cailleaux nahmen sich jetzt diesen frühen Roman von Simenon für ihre überzeugende, werkgetreue Comic-Adaption vor. Sie veränderten vor allem den Ort, an dem dem Leser ein großer Teil des Motivs enthüllt wird. Im Roman geschieht dies in einer Rückblende. Kapitän Petersen entdeckt bei dem ermordeten von Sternberg eine Pariser Tageszeitung. Er vermutet, dass der Zeitungsbericht über den Tod einer jungen Frau, die in einem Künstleratelier in Montparnasse an einer Überdosis Drogen starb, der Grund für von Sternbergs Tod ist und dass der Mörder der Frau an Bord ist. Der Comic beginnt mit der Schilderung des Todes der jungen Frau.

Im 192-seitigem Roman und im 80-seitigem Comic entwickelt der Plot sich flott vom Beladen des Schiffes in Hamburg, über die Entdeckung der Leiche und die verschiedenen anderen Ereignisse an Bord, die hier nicht verraten werden sollen, bis hin zur Auflösung. Formal folgt er rudimentär den Rätselkrimi-Konventionen mit falschen Fährten und Verdächtigen. Er verlässt sich allerdings nicht auf einen Ermittler und dessen detektivischen Spürsinn. Der ab Stavanger als Beobachter an Bord anwesende Inspektor Jennings ist bestenfalls eine Nebenfigur. Kapitän Petersen ist zwar aktiver, aber mehr ein Beobachter als ein tatkräftig Spuren verfolgender und Befragungen durchführender Ermittler. Simenon verlässt sich in der Geschichte auf Zufälle, überraschende Wendungen und grundlose Geständnisse.

Die Stärke der Geschichte liegt nicht im Rätselplot und der Auflösung, sondern in der intensiven Schilderung des Lebens an Bord und den farbig gezeichneten Passagieren.

Der Comic hat ein sehr informatives Nachwort von José-Louis Bocquet über den Roman, seine Entstehung und seine Stellung im Werk von Georges Simenon.

Georges Simenon: Der Passagier der Polarlys

(übersetzt von Stefanie Weiss, mit einem Nachwort von Hansjörg Schertenleib)

Hoffmann und Campe, 2019

192 Seiten

21,90 Euro

Taschenbuchausgabe

Atlantik, 2024

13 Euro

Neuauflage der Diogenes-Übersetzung von 1986

Frühere deutsche Auflagen, teilweise in anderen Übersetzungen, unter

Flucht nach dem Nordkap

Der Passagier der Polarlys

Originalausgabe

Le passager du Polarlys

Fayard, Paris 1932

José-Louis Bocquet/Christian Cailleaux: Simenon – Der Passagier der Polarlys

(übersetzt von Christoph Haas)

Carlsen, 2025

80 Seiten

22 Euro

Originalausgabe

Simenon – Le Passager du Polarlys

Hors Collection Dargaud, 2023

Hinweise

Carlsen über „Der Passagier der Polarlys“

Hoffman und Campe über Georges Simenon

Homepage von Christian Cailleaux

Wikipedia über Georges Simenon (deutsch, englisch, französisch), den Roman, José-Louis Bocquet und Christian Cailleaux

Deutsche Georges-Simenon-Fanseite

Meine Besprechung von Bertrand Taverniers Georges-Simenon-Verfilmung „Der Uhrmacher von St. Paul“ (L’horloger de Saint-Paul, Frankreich 1974)

Meine Besprechung von Mathieu Amalrics Georges-Simenon-Verfilmung „Das blaue Zimmer“ (La chambre bleue, Frankreich 2014)

Meine Besprechung von Patrice Lecontes Georges-Simenon-Verfilmung „Maigret“ (Maigret, Frankreich/Belgien 2022)

Meine Besprechung von José-Louis Bocquets „Papas Musik“ (La musique de papa, 2007)


TV-Tipp für den 18. November: Kommissar Maigret stellt eine Falle

November 17, 2024

Arte, 20.15

Kommissar Maigret stellt eine Falle (Maigret tend un piège, Frankreich/Italien 1958)

Regie: Jean Delannoy

Drehbuch: Rodolphe-Marie Arlaud, Michel Audiard, Jean Delannoy

LV: Georges Simenon: Maigret tend un piège, 1955 (Maigret stellt eine Falle)

Maigret sucht einen fünffachen Frauenmörder.

Erster von drei Maigret-Filmen, in denen Jean Gabin den Kommissar spielte. Netter psychologischer Rätselkrimi, der auch eine gelungene kleine Sozialstudie ist.

Delannoy inszenierte diese klassische Kriminalkonstruktion sehr spannend und mit viel Einfühlungsgabe für atmosphärische Details, filmisch beinahe ebenso sorgfältig wie Maigret bei der Arbeit.” (Wolfgang Schweiger: Der Polizeifilm)

Intelligenter, gut gespielter, atmosphärisch dichter Kriminalfilm.” (Katholischer Film-Dienst)

Der Film gewann den Edgar-Allan-Poe-Preis in der Kategorie “bester ausländischer Film”.

mit Jean Gabin, Annie Girardot, Jean Desailly, Lino Ventura

Hinweise

AlloCiné über „Kommissar Maigret stellt eine Falle“

Rotten Tomatoes über „Kommissar Maigret stellt eine Falle“

Wikipedia über „Kommissar Maigret stellt eine Falle“ (deutsch, englisch, französisch)

Meine Besprechung von Patrice Lecontes „Maigret“ (Maigret, Frankreich/Belgien 2022)

 


TV-Tipp für den 29. April: Der Sträfling und die Witwe

April 28, 2024

Arte, 20.15

Der Sträfling und die Witwe (La Veuve Couderc, Frankreich/Italien 1971)

Regie: Pierre Granier-Deferre

Drehbuch: Pierre Granier-Deferre, Pascal Jardin

LV: Georges Simenon: La Veuve Couderc, 1940 (Die Witwe Couderc)

1934 auf einem abgelegenen Hof spielende Liebesgeschichte zwischen einem entflohenen Sträfling (Alain Delon) und einer deutlich älteren Witwe (Simone Signoret).

Krimidrama mit zwei Ikonen des französischen Kinos in den Hauptrollen.

„Trotz der guten Darsteller eine langweilige Romanverfilmung mit aufgesetzt werkenden politischen Bezügen.“ (Lexikon des internationalen Films)

Anschließend einfach dranbleiben: um 21.40 Uhr zeigt Arte die Doku „Brainwashed – Sexismus in Kino“ (USA 2022) und um 23.25 Uhr, als TV-Premiere, den Stummfilmkrimi „Filibus“ (Italien 1915).

mit Alain Delon, Simone Signoret, Ottavia Piccolo, Jean Tissier, Monique Chaumette

Hinweise

AlloCiné über „Der Sträfling und die Witwe“

Rotten Tomatoes über „Der Sträfling und die Witwe“

Wikipedia über „Der Sträfling und die Witwe“ (englisch, französisch)


Neu im Kino/Filmkritik: „Maigret“ und der Mord an der jungen Unbekannten

März 30, 2023

In den Fünfzigern wird in Paris in einer verregneten Nacht eine junge Frau erstochen. Niemand scheint sie zu kennen oder zu vermissen. Kurz vor ihrem Tod wurde sie auf der Hochzeitsfeier eines wohlhabenden Paares gesehen.

Kommissar Maigret taucht in den Fall ein, aber noch mehr taucht Regisseur Patrice Leconte in Maigret ein.

Dummerweise, wie bei allen klassischen Ermittlern, ist das der uninteressanteste Teil bei ihren Fällen. Sherlock Holmes, Hercule Poirot, Miss Marple, Mike Hammer, James Bond undsoweiter sind spärlich gezeichnete Figuren. Eine Familie haben sie meistens nicht. Über ihre Kindheit und Jugend ist nichts bekannt. Auch bei Maigret erschöpfen sich seine Vergangenheit und sein Privatleben darin, dass er verheiratet ist und seine Frau ihm das Essen kocht. Der Fall steht an erster Stelle und der Ermittler ist primär ein von dem Fall nicht betroffener Führer durch den Fall. Ihre Fälle können daher in jeder beliebigen Reihenfolge gelesen werden und sie altern nicht. Auch Maigret ist in den späteren Geschichten nicht wesentlich älter als in den ersten Geschichten. Sein Erfinder Georges Simenon veränderte nach Belieben Maigrets Biographie und ließ tote Figuren wieder auferstehen. Einfach weil er, wie er sagte, vergessen hatte, dass sie gestorben waren. Niemand hat das ernsthaft gestört.

Zwischen 1931 und 1972 schrieb Simenon 75 Romane und 28 Erzählungen mit dem Ermittler. Etliche Maigret Romane wurden für das Kino und das Fernsehen, in mehreren, teils langlebigen Serien, verfilmt. Pierre Renoir, Jean Gabin, Jean Richard, Bruno Cremer, Charles Laughton, Rupert Davies, Michael Gambon, Rowan Atkinson und Heinz Rühmann spielten Maigret. Und jetzt Gérard Depardieu, der ihm eine imposante Körperlichkeit verleiht. Es ist eine Körperlichkeit der Bewegungslosigkeit. Depardieus Maigret bewegt sich kaum und wenn, dann nur sehr langsam. Der passionierte Esser und Raucher ist schon von der kleinsten Bewegung erschöpft.

Der insgesamt dreimal für das Fernsehen verfilmte Roman „Maigret und die junge Tote“ zählt zu den besseren unter den vielen gelungenen Maigret-Romanen. Für die Fans gibt es eh nur Meisterwerke, die alle gelesen werden sollten. Daher ist die Antwort auf die Frage, mit welchem Maigret-Roman man seine Maigret-Lektüre beginnen soll: „Egal.“ In „Maigret und die junge Tote“ zeigt Simenon schön Maigrets Ermittlungsmethode. Er hört den Freunden und Bekannten der Toten zu. Er fühlt sich in deren Leben ein und findet so den Täter. Die Ermordete wird im Buch so lebendig, dass Ulrike Leonhardt in „Mord ist ihr Beruf – Die Geschichte des Kriminalromans“ (1990) schreibt, dass man sie nicht vergesse, auch wenn man den Mörder schon vergessen habe.

Eben das kann von der Verfilmung nicht gesagt werden. Hier hat man den Täter, das Opfer und das Motiv schnell vergessen. Nur ein alles erdrückender Maigret bleibt im Gedächtnis.

Maigret“ ist bleiern, monoton, monothematisch, fast farblos und fühlt sich länger als die knapp neunzig Minuten an, die der Kriminalfilm dauert. Es ist ein Kriminalfilm, der sich wenig für das Aufklären des durchaus durchschaubaren Verbrechens, als für das Zeigen eines Stillstands interessiert.

Maigret (Maigret, Frankreich/Belgien 2022)

Regie: Patrice Leconte

Drehbuch: Jérôme Tonnerre, Patrice Leconte

LV: Georges Simenon: Maigret et la jeune morte, 1954 (Maigret und die Unbekannte; Maigret und die junge Tote)

mit Gérard Depardieu, Jade Labeste, Mélanie Bernier, Aurore Clément, André Wilms, Hervé Pierre, Clara Antoons, Pierre Moure, Bertrand Poncet, Anne Loiret, Elizabeth Bourgine

Länge: 88 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Moviepilot über „Maigret“

AlloCiné über „Maigret“

Rotten Tomatoes über „Maigret“

Wikipedia über „Maigret“ (englisch, französisch)


Cover der Woche

Oktober 25, 2022


TV-Tipp für den 7. Februar: Panik

Februar 6, 2022

Arte, 00.50

Panik (Panique, Frankreich 1946)

Regie: Julien Duvivier

Drehbuch: Charles Spaak, Julien Duvivier

LV: Georges Simenon: Les Fiançailles de M. Hire, 1933 (Die Verlobung des Monsieur Hire)

Monsieur Hire, ein einsamer, schweigsamer, von seinen Mitmenschen gemiedener Mann, verliebt sich in eine Nachbarin. Dummerweise hat ihr Freund eine Frau ermordet und beide lenken den Verdacht auf Monsieur Hire.

TV-Premiere zu mitternächtlicher Stunde – und damit eine Entdeckung für den Noir-Fan. „Ein perfekt inszenierter, in der Hauptrolle vorzüglich gespielter Film über eine Massenpsychose – schwarz in schwarz inszeniert und in seiner Atmosphäre furchterregend morbide.“ (Lexikon des internationalen Films)

1988 verfilmte Patrice Leconte unter dem Titel „Die Verlobung des Monsieur Hire“ Simenons Roman erneut. Diese Version ist heute bekannter.

Davor, ab 23.20 Uhr, zeigt Arte Julien Duviviers Noir-Gangsterfilmklassiker „Pépé le Moko – Im Dunkel von Algier“.

mit Michel Simon, Viviane Romance, Paul Bernard, Charles Dorat, Lucas Gridoux

Hinweise

AlloCiné über „Panik“

Rotten Tomatoes über „Panik“

Wikipedia über „Panik“ (englisch, französisch)


TV-Tipp für den 31. Oktober: Le Train – Nur ein Hauch von Glück

Oktober 30, 2021

Arte, 20.15

Le Train – Nur ein Hauch von Glück (Le train, Frankreich/Italien 1973)

Regie: Pierre Granier-Deferre

Drehbuch: Pierre Granier-Deferre, Pascal Jardin

LV: Georges Simenon: Le train, 1961 (Der Zug)

1940 in Frankreich verbringen Julien und Anna auf der Flucht vor den Nazis in einem Zug einige gemeinsame Stunden. Zwei Jahre später hat diese Begegnung ein Nachspiel.

Hervorragend gespieltes, menschlich anrührendes Liebesdrama mit Jean-Louis Trintignant und Romy Schneider

Danach, um 21.50 Uhr, zeigt Arte die brandneue, gut einstündige Doku „Trintignant über Trintignant“ (Frankreich 2020).

Wiederholung: Mittwoch, 3. November, 14.15 Uhr

Hinweise

AlloCiné über „Le Train – Nur ein Hauch von Glück“

Rotten Tomatoes über „Le Train – Nur ein Hauch von Glück“

Wikipedia über „Le Train – Nur ein Hauch von Glück“ (deutsch, englisch, französisch)


TV-Tipp für den 5. April: Der Sträfling und die Witwe

April 4, 2020

Arte, 20.15

Der Sträfling und die Witwe (La Veuve Couderc, Frankreich/Italien 1971)

Regie: Pierre Granier-Deferre

Drehbuch: Pierre Granier-Deferre, Pascal Jardin

LV: Georges Simenon: La Veuve Couderc, 1940 (Die Witwe Couderc)

1934 auf einem abgelegenen Hof spielende Liebesgeschichte zwischen einem entflohenen Sträfling (Alain Delon) und einer deutlich älteren Witwe (Simone Signoret).

Krimidramamit zwei Ikonen des französischen Kinos in den Hauptrollen.

Trotz der guten Darsteller eine langweilige Romanverfilmung mit aufgesetzt werkenden politischen Bezügen.“ (Lexikon des internationalen Films)

Anschließend, um 21.40 Uhr, zeigt Arte die einstündige Doku „Filmstar mit Charakter – Simone Signoret“ (Frankreich 2019).

mit Alain Delon, Simone Signoret, Ottavia Piccolo, Jean Tissier, Monique Chaumette

Hinweise

AlloCiné über „Der Sträfling und die Witwe“

Rotten Tomatoes über „Der Sträfling und die Witwe“

Wikipedia über „Der Sträfling und die Witwe“ (englisch, französisch)


TV-Tipp für den 15. April: Die Wahrheit über unsere Ehe

April 15, 2019

Arte, 21.55

Die Wahrheit über unsere Ehe (La vérité sur Bébé Donge, Frankreich 1951)

Regie: Henri Decoin

Drehbuch: Maurice Aubergé

LV: Georges Simenon: Le vérité sur Bébé Donge, 1942 (Die Ehe der Bébé Donge, Die Wahrheit über Bébé Donge)

Als der Großindustrielle Francois Donge im Krankenhaus mit dem Tod ringt, fragt er sich, warum seine jüngere Frau Bébé ihn vergiftete.

Lief diese Simenon-Verfilmung überhaupt schon einmal im TV?

Angesichts der aktuellen Bekanntheit des Films gibt es heute also eine Entdeckung.

Decoins Verfilmung des sehr spannenden und psychologisch ausgefeilten Romans von Georges Simenon erschüttert in ihrer konsequenten Mitleidlosigkeit und besticht durch den visuellen Ideenreichtum und die beiden hervorragenden Hauptdarsteller.“ (Lexikon des internationalen Films)

Im November 1952 war „Die Wahrheit über unsere Ehe“ der Film des Monats der Evangelischen Filmjury: „Der künstlerisch weit über dem Durchschnitt stehende Film verdient darum besondere Beachtung, weil er dieses Thema ehrlich und hart darstellt und deshalb erschüttert und zur Selbsterkenntnis aufruft.“

mit Jean Gabin, Danielle Darrieux, Claude Génia, Daniel Lecourtois

Hinweise

French Films über „Die Wahrheit über unsere Ehe“

Wikipedia über „Die Wahrheit über unsere Ehe“ (englisch, französisch)

Maigret.de über den Roman


TV-Tipp für den 27. Februar: Betty

Februar 27, 2017

Arte, 21.55

Betty (Frankreich 1991, Regie: Claude Chabrol)

Drehbuch: Claude Chabrol

LV: Georges Simenon: Betty, 1960 (Betty)

Die vermögende Witwe Laure nimmt die Alkoholikerin Betty bei sich auf. Ein böser Fehler.

Chabrol übernimmt für seine Zustandsbeschreibung die Romanstruktur mit wenigen Ereignissen in der Gegenwart und vielen Rückblenden. Das ist oft schematisch, oft nahe an der Idee eines Filmes ohne Geschichte, und grandios gespielt.

Davor, um 20.15 Uhr, zeigt Arte „Die Hölle“ (Frankreich 1994), ebenfalls von Claude Chabrol. Ebenfalls sehenswert.

Mit Marie Trintignant, Stéphane Audran

Wiederholung: Samstag, 11. März, 00.55 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Wikipedia über „Betty“ (deutsch, englisch, französisch) und Claude Chabrol (deutsch, englisch, französisch)

Mein Nachruf auf Claude Chabrol

Claude Chabrol in der Kriminalakte


Neu im Kino/Filmkritik: „Das blaue Zimmer“, Ehebruch und Mord

April 2, 2015

Eigentlich ist die Geschichte von „Das blaue Zimmer“ einfach, aber Mathieu Amalric, der am Drehbuch mitschrieb, die Regie führte und die Hauptrolle übernahm, erzählt sie mit zahlreichen Rückblenden so verschachtelt, dass man bis kurz vor dem Ende am Rätseln ist, worum es geht und was Julien Gahyde (Mathieu Amalric) vorgeworfen wird.
Gahyde lebt, glücklich verheiratet, in der französischen Provinz. Als armes Einwandererkind bewunderte er die aus vermögendem Haus kommende Schönheit Esther (Amalrics Partnerin Stéphanie Cléau) nur aus der Ferne. Nach der Schule war er beruflich einige Jahre weg. Jetzt ist er wieder zurückgekommen. Zufällig treffen sie sich auf einer eisamen Landstraße und sie gestehen sich, beginnend mit einem leidenschaftlichem Kuss, dass sie sich schon auf der Schule liebten. In den kommenden Monaten treffen sie sich öfters heimlich im titelgebenden blauen Zimmer des Dorfhotels. Esther ist mit dem älteren, kränklichen Dorfapotheker verheiratet. Als er stirbt, verdächtigt die Polizei das Liebespaar des Mordes.
Bis wir das erfahren, ist der Film allerdings schon fast vorbei und es gibt eine Gerichtsverhandlung, die noch einmal eine große Crux des kühl inszenierten Films demonstriert. Georges Simenon, von dem die ebenfalls in Rückblenden erzählte Vorlage stammt, schrieb den Roman bereits 1963. Damals herrschte eine vollkommen andere Sexualmoral und Scheidungen waren extrem selten. Damals verfügten die Kriminaltechniker noch nicht über die heutigen Möglichkeiten.
Heute hätte Esther sich problemlos scheiden lassen können. Oder Regisseur Amalric hätte einen besseren Grund als Liebe für ihr Mordkomplott liefern müssen. Zum Beispiel ein Ehevertrag. Sowieso erscheinen die gesellschaftlichen Zwänge und Vorurteile mit denen Julien und Esther konfrontiert werden, heute hoffnungslos veraltet. Außerdem wäre die gesamte Anklage an den forensischen Beweisen gescheitert.
Und so hat man am Ende von „Das blaue Zimmer“ nicht eine heiße Liebesgeschichte oder einen mitreisenden Kriminalfilm gesehen, sondern eine formale Übung, die einen vor allem über die einfachsten Dinge rätseln lässt und mit den expliziten Nacktszenen erstaunlich offensiv auf eine Ab-18-Freigabe spekuliert.
In den USA gab es dafür ein R-Rating. Die FSK gab, wahrscheinlich um die Macher zu ärgern und weil „Das blaue Zimmer“ ein Arthaus-Film ist und damit Teenager sich den Film nicht ansehen, den Film ab 12 Jahre frei.

Das blaue Zimmer - Plakat

Das blaue Zimmer (La chambre bleue, Frankreich 2014)
Regie: Mathieu Amalric
Drehbuch: Stéphanie Cléau, Mathieu Amalric
LV: Georges Simenon: La chambre bleue, 1964 (Das blaue Zimmer)
mit Léa Drucker, Mathieu Amalric, Stéphanie Cléau, Laurent Poitrenaux, Serge Bozon, Blutch
Länge: 76 Minuten
FSK: ab 12 Jahre

Hinweise
Deutsche Facebook-Seite zum Film
Film-Zeit über „Das blaue Zimmer“
Moviepilot über „Das blaue Zimmer“
AlloCiné über „Das blaue Zimmer“
Rotten Tomatoes über „Das blaue Zimmer“
Wikipedia über „Das blaue Zimmer“ (englisch, französisch)


TV-Tipp für den 23. Februar: Der Uhrmacher von St. Paul

Februar 23, 2014

Arte, 20.15

Der Uhrmacher von St. Paul (F 1974, R.: Betrand Tavernier)

Drehbuch: Jean Aurenche, Pierre Bost, Georges Simenon, Bertrand Tavernier

LV: Georges Simenon: L’Horloger d’Everton, 1954 (Der Uhrmacher von Everton)

Ist sein Sohn ein Mörder? Uhrmacher Michel Descombes will seinen Sohn verstehen.

Hochgelobtes, selten gezeigtes Debüt von Tavernier – psychologisch dicht und packend. Dafür erhielt Tavernier den Silbernen Bären.

Im Anschluß, um 21.55 Uhr, gibt es die einstündige Doku „Das Jahrhundert des Georges Simenon“ (Frankreich 2013).

Mit Philippe Noiret, Jean Rochefort, Jacques Denis, Sylvain Rougerie, Christine Pascal

Wiederholung: Montag, 24. Februar, 14.00 Uhr

Hinweise

Wikipedia über „Der Uhrmacher von St. Paul“ (deutsch, englisch, französisch)

Deutsche Georges-Simenon-Fanseite

Senses of Cinema: Carloss James Chamberlin über Bertrand Tavernier (August 2003)

Meine Besprechung der von Bertrand Tavernier inszenierten James-Lee-Burke-Verfilmung „In the electric mist“ (In the electric mist, USA 2009)

Meine Besprechung von Bertrant Taverniers „Die Prinzessin von Montpensier“ (La Princesse de Montpensier, Frankreich 2010)

Meine ausführliche Besprechung von „Der Uhrmacher von St. Paul“


Cover der Woche

Dezember 24, 2013

Simenon - Weihnachten mit Maigret


TV-Tipp für den 14. Oktober: Die Katze

Oktober 14, 2013

 

Arte, 20.15

Die Katze (F/I 1971, R.: Pierre Granier-Deferre)

Drehbuch: Pierre Granier-Deferre, Pascal Jardin

LV: Georges Simenon: Le chat, 1966 (Der Kater; Die Katze)

Clémence Bouin will ihren gleichgültigen Mann Julien an sich binden. Der Versuch endet in einer Tragödie.

Schonungslose, Mitleid erweckende Eheträgodie; ausgezeichnet mit dem Silbernen Bären.

Im Anschluss läuft „Erinnerungen an Simone“ (Frankreich 1986) von Chris Marker.

Mit Jean Gabin, Simone Signoret

Wiederholungen

Montag, 21. Oktober, 13.55 Uhr

Dienstag, 5. November, 00.15 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Arte über „Die Katze“

Wikipedia über „Die Katze“ (deutsch, englisch, französisch)

Deutsche Georges-Simenon-Fanseite

Meine Besprechung von Bertrand Taverniers Georges-Simenon-Verfilmung „Der Uhrmacher von St. Paul“ (L’horloger de Saint-Paul, Frankreich 1974)