Neu im Kino/Filmkritik: Kreative Filmtitel, Teil ?: „Guardians of the Galaxy Vol. 2“

April 27, 2017

Vor drei Jahren waren die Guardians of the Galaxy eine willkommene Abwechslung im Einerlei von Dystopien und Superheldenfilmen, die von Einzelfilmen immer mehr zu zeitintensiven Universen werden. Jedenfalls wenn man alle Spielfilme (okay, kein Problem), etwaige verlängerte Schnittfassungen und alle mehr oder weniger dazu gehörende TV-Serien und Comics genießen will. Da brachte „Guardians of the Galaxy“ mit ihrer kindlichen Neugierde auf fremde Welten, den ungewöhnlichen Figuren und dem spielerischen Umgang mit ihnen wieder den Zauber und die Naivität alter Science-Fiction-Filme ins Kino. Das war ein Mix, der auch in einem „Krieg der Sterne“-Film gut aufgehoben wäre. Wenn die selbsternannten Guardians of the Galaxy nicht eine Rasselbande latent unzurechnungsfähiger Outsider mit Hang zum Verbrechertum wären; – ach, eigentlich war „Guardians of the Galaxy“ der Han-Solo-Film, den wir nie sehen werden.

Das gefiel. Vor allem wie diese Gruppe höchst unterschiedlicher Charaktere in einem mehrere Welten ziemlich demolierendem Abenteuer zusammenfand und zu einer Patchwork-Familie wurde.

Der Film war auch an der Kinokasse enorm erfolgreich. Denn die Guardians of the Galaxy sind eine eher obskure Gruppe im Marvel-Universum, die bis dahin nur die Hardcore-Fans kannten.

Jetzt sind Star-Lord Peter Quill (Chris Pratt), Gamora (Zoe Saldana), Drax (Dave Bautista), Waschbär Rocket (im Original Bradley Cooper) und, als Ersatz für Groot, Baby Groot (im Original Vin Diesel) zurück. Weil Rocket bei der endgültigen Vertragsabwicklung bei ihren Auftraggebern einige Batterien klaut, sind sie quer durch den Weltraum auf der Flucht. Nach einer Bruchlandung auf einem Planeten treffen sie Peter Quills biologischen Vater, der sie zu seinem Planeten mitnimmt.

Er nennt sich Ego (was schon misstrauisch machen sollte), benimmt sich wie ein von seiner eigenen Lehre erleuchteter Guru und er sieht zwar aus wie Kurt Russell, aber in Wirklichkeit ist er ein Planet. Quill und seine Freunde stehen gerade auf ihm. Wenn ihr jetzt schon verwirrt seid, werdet ihr am Schlusskampf verzweifeln, der, ähem, gegen Ego, auf und in dem Planeten Ego stattfindet und der, nun, eine Kombination aus frei flottierendem Luft- und Raumkampf und Wirtshausschlägerei in einer sich ständig verändernden Wirtschaft ist. Das ergibt, wenn man die Kampfchoreographie wirklich nachverfolgen will, wahrscheinlich absolut keinen Sinn, ist aber schön bunt mit all seinen CGI-Explosionen und Katastrophen.

Davor plätschert die Geschichte, nach dem furiosen ersten Akt, auf Egos Planeten vor sich hin. In diesen Minuten ist „Guardians of the Galaxy Vol. 2“, um noch einmal auf „Krieg der Sterne“ zurückzukommen, der Han-Solo-Film, vor dem wir uns fürchten. Quill verschwindet fast aus der Geschichte. Der von der Erde verschleppte Erdenjunge und Weltraumpirat wird zu einem seinen verloren geglaubten Vater abgöttisch bewundernden Sohn. Außerdem ist er, immerhin ist er der Anführer der Guardians, während des gesamten Films erstaunlich passiv. Dafür dürfen wir Drax bei seinen Liebeständeleien mit Mantis (Pom Klementieff), Egos telepathisch begabter Dienerin und Assistentin, beobachten. Gleichzeitig behandelt Gamora die Beziehungsprobleme mit ihrer Schwester Nebula (Karen Gillan), die sie umbringen will.

Und, immerhin geht es in dem Film um echte und falsche Familien, Quills Adoptivvater Yondu (Michael Rooker) hat auch eine wichtige Rolle in dem ganzen Beziehungsgeflecht, das sich doch eher auf dem Niveau einer Teenie-Soap bewegt. Auch wenn die Geschichte auf fremden Planeten spielt.

Am Ende ist „Guardians of the Galaxy Vol. 2“ ein buntes, zu lang geratenes, leicht zerfasertes Science-Fiction-Abenteuer, das sich zu sehr auf vernachlässigbare Beziehungsgeschichten konzentriert. Es gibt wieder eine ordentliche Portion Humor. Auch wenn Baby Groot noch lange nicht die Statur von Groot hat und Rocket etwas sanfter erscheint. Es gibt epische Raumschlachten und Kämpfe. Es gibt neue Planeten und Rassen; wenn auch nicht so viele, wie in „Guardians of the Galaxy“.

Immer noch sind die Guardians-Filme – und das ist gut so – nicht verknüpft mit dem Marvel-Kosmos. D. h. es gibt keine Gastauftritte von irgendwelchen Avengers und es wird auch keine Avengers-Handlung weitererzählt. Dafür hat Stan Lee zwei Auftritte.

Und, erstmals im Marvel Cinematic Universe, gibt es mit Ego eine Bösewicht, der länger als der Abspann im Gedächtnis bleibt. Das liegt allerdings weniger an ihm als Charakter (seine Motivation ist doch eher rätselhaft), sondern an Kurt Russell. Er verleiht ihm als größenwahnsinniger Vater – ich meine, welcher Vater nennt sich schon Ego? – eine imposante Statur und er genießt sichtbar seine Rolle als abgespacter Guru und Planetenerschaffer, der sich jetzt endlich um seinen Sohn kümmern will. Außerdem wird der Bösewicht dieses Mal nicht von einem CGI-Effekt, sondern von einem Menschen, der immer mühelos als Mensch erkennbar bleibt, gespielt.

Schon vor dem Kinostart wurde bekannt, dass James Gunn auch den dritten „Guardians of the Galaxy“-Film schreiben und inszenieren wird. Natürlich wieder mit vielen gut abgehangenen Rock- und Popsongs, die, so der Plan, ab 2020 die Kinos beschallen werden.

Guardians of the Galaxy Vol. 2 (Guardians of the Galaxy Vol. 2, USA 2017)

Regie: James Gunn

Drehbuch: James Gunn

mit Chris Pratt, Zoe Saldana, Dave Bautista, Vin Diesel (Stimme, im Original), Bradley Cooper (Stimme, im Original), Kurt Russell, Michael Rooker, Karen Gillan, Pom Klementieff, Elizabeth Debicki, Chis Sullivan, Sean Gunn, Tommy Flanagan, Laura Haddock, Sylvester Stallone (mehr Cameo als Rolle), Rob Zombie, Gregg Henry, Stan Lee

Länge: 136 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Facebook-Seite von Marvel Deutschland

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Guardians of the Galaxy Vol. 2“

Metacritic über „Guardians of the Galaxy Vol. 2“

Rotten Tomatoes über „Guardians of the Galaxy Vol. 2“

Wikipedia über „Guardians of the Galaxy Vol. 2“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von James Gunns „Guardians of the Galaxy“ (Guardians of the Galaxy, USA 2014) und der DVD

Meine Besprechung von mehreren „Guardians of the Galaxy“-Comics

Bonushinweis

Wer sich auf intellektuellem Niveau dem ganzen Marvel Cinematic Universe nähern will, sollte einen Blick in dieses (von mir noch nicht gelesene und daher blind empfohlene) Buch werfen, in dem Peter Vignold die expandierenden Serienuniversen mit dem Konzept der multilinearen Hyperserie analytisch fassen will.

Peter Vignold: Das Marvel Cinematic Universe – Anatomie einer Hyperserie

(Marburger Schriften zur Medienforschung)

Schüren, 2017

176 Seiten

19,90 Euro


Vorbereitende Lektüre mit den „Guardians of the Galaxy“

August 26, 2014

Bendis - Guardians of the Galaxy - CollectionBendis - Guardians of the Galaxy - 3

Am Donnerstag startet James Gunns kurzweiliger Science-Fiction-Abenteurfilm „Guardians of the Galaxy“, der in den USA seit einem Monat sehr erfolgreich im Kino läuft, endlich auch in Deutschland. Das ist wenig, aber noch genug Zeit, um einen Blick in die gezeichnete Vorlage zu werfen.

Gunns Film basiert auf der von Dan Abnett und Andy Lanning erfundenen Inkarnation der „Guardians of the Galaxy“. In „Guardians of the Galaxy – Collection“ und „Guardians of the Galaxy – Kampf um die Erde“ erzält Brian Michael Bendis, der die Serie 2013 übernahm, eine Geschichte mit den Rettern der Galaxis, die sich in zwei Punkten vom Film unterscheidet: sie ist ernster und Peter Quill, der Anführer der Guardians, nennt sich nicht wegen irgendwelcher größenwahnsinniger Anwandlungen Star-Lord, sondern der Erdling (mütterlicherseits) ist der Sohn des Herrschers von Spartax und in dem Comic „Guardians of the Galaxy – Collection“ (enthält „Guardians of the Galaxy – Vol. 1 – 7“) und „Guardians of the Galaxy – Kampf um die Erde (Band 3)“ (enthält „Guardians of the Galaxy – Vol. 8 – 10“) sind die Guardians, also ‚Star-Lord‘ Peter Quill, Kriegerin Gamora (sie ist auch die Adoptivtochter von Thanos), Waschbär Rocket Raccoon, Baumwesen Groot und Kämpfer Drax schon länger zusammen. Im Film finden sie sich erst.

In dem Comic müssen sie die Erde beschützen. Denn der Tyrann Thanos will die Erde vernichten, weil dieser Planet nur Probleme verursacht und so die verschiedenen Herrscherfamilien des Weltalls munter, wie wir es schon von den griechischen Göttern kennen, gegeneinander intrigieren können.

Die Guardians und Iron-Man Tony Stark (uh, ja, der spielt im Film nicht mit; – außer er hat in der Abspann-Sequenz, die ich nicht kenne, einen Auftritt) versuchen die Erde zu retten.

Später, in „Kampf um die Erde“, hilft ihnen auch noch Angela. Die Kriegerin gelangte durch einen Riss im Raum-Zeit-Gefüge in die Welt von Star-Lord und sie hilft den Guardians bei ihrem Kampf gegen Thanos.

Das liest sich flott und vergnüglich weg, wird aber zunehmend auf eine episodische Endlosigkeit angelegt, was sich besonders deutlich daran zeigt, dass der „Kampf um die Erde“ mal schnell in den erdnahen Orbit und auf andere Welten verlagert wird und nicht endet, weil erst der für den vierten „Guardians of the Galaxy“-Sammelband angekündigte „Prozess gegen Jean Grey“ durchgeführt werden muss. Das wäre dann schon das nächste Crossover, dieses Mal mit den X-Men, und es setzt die beliebte Marvel-Strategie fort, verschiedene Serien miteinander zu verknüpfen. Denn dieses „Guardians of the Galaxy“-Abenteuer von Bendis ist auch mit dem großen „Infinity“-Crossover verknüpft. Das Verknüpfen verschiedener Serien erfreut natürlich das Herz des Fanboys und des Alles-Sammlers, aber wer neu einsteigt oder nur eine Serie verfolgen will, fühlt sich doch, wieder einmal, etwas außen vor gelassen.

Und dann gibt es noch Probleme mit dem Raum-Zeit-Kontinuum, was leider auch zu einer Anything-can-happen-Einstellung führt.

Abnett-Lanning - Guardians of the Galaxy - Vorgeschichte

 

Ergänzend zum Film gibt es „Guardians of the Galaxy – Die offizielle Vorgeschichte zum Film“, die von Dan Abnett und Andy Lanning, den Erfindern der aktuellen „Guardians of the Galaxy“-Inkarnation, geschrieben wurde. In dem Heft werden zwei kurze Geschichten erzählt. In der ersten kämpfen die beiden Killerinnen und Töchter von Thanos, Gamora und Nebula, mit- und gegeneinander bei verschiedenen Killer-Trainings. Auf Praxius kämpfen sie gegeneinander um den Orb.

Witziger und deutlich gelungener ist die zweite Geschichte, in der es Söldner-Action mit Rocket Racoon und Groot auf der Raumstation Hub gibt. Weil sie mal wieder Pleite sind, übernehmen sie für den Verbrecherboss Zade Scraggot den Auftrag, aus der gut gesicherten Zollstation eine Kiste zu klauen. Als sie erfahren, was in der Kiste ist, verändert sich alles.

Aber eine Vorgeschichte zum Film, die wichtige Informationen zur Filmhandlung liefert, konnte ich nicht erkennen.

Brian M. Bendis/Steve McNiven/Sara Pichelli: Guardians of the Galaxy – Collection (Marvel Now)

(übersetzt von Alexander Rösch)

Panini, 2014

188 Seiten

16,99 Euro

enthält

Guardians of the Galaxy 0, 1 – 7

Marvel, 2013

Brian M. Bendis/Francesco Francavilla/Kevin Maguire: Guardians of the Galaxy – Kampf um die Erde (Band 3) (Marvel Now)

(übersetzt von Alexander Rösch)

Panini, 2014

100 Seiten

12,99 Euro

enthält

Guardians of the Galaxy 8 – 10

Guardians of the Galaxy: Tomorrow’s Avengers (2013) 1

Marvel 2013/2014

Dan Abnett/Andy Lanning/Wellinton Alves: Guardians of the Galaxy – Die offizielle Vorgeschichte zum Film

(übersetzt von Alexander Rösch)

Panini, 2014

52 Seiten

4,99 Euro

enthält

Guardians of the Galaxy – Prelude

Marvel, 2014

Die Verfilmung

Guardians of the Galaxy (Guardians of the Galaxy, USA 2014)

Regie: James Gunn

Drehbuch: James Gunn, Nicole Perlman

LV: Comic/Charaktere von Dan Abnett und Andy Lanning

mit Chris Pratt, Zoe Saldana, David Bautista, Vin Diesel (nur Stimme), Bradley Cooper (nur Stimme), Lee Pace, Michael Rooker, Karen Gillan, Djimon Hounsou, John C. Reilly, Glenn Close, Benicio Del Toro, Gregg Henry, Stan Lee, Nathan Fillion (nur Stimme), James Gunn

Länge: 121 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Guardians of the Galaxy“

Moviepilot über „Guardians of the Galaxy“

Metacritic über „Guardians of the Galaxy“

Rotten Tomatoes über „Guardians of the Galaxy“

Wikipedia über „Guardians of the Galaxy“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Brian Michael Bendis (Autor)/Michael Avon Oemings (Zeichner) „Powers: Wer ermordete Retro Girl? (Band 1)“ (Powers: Who killed Retro Girl?, 2000/2012)

Meine Besprechung von Brian Michael Bendis (Autor)/Alex Maleevs (Zeichner) „Scarlet: Kinder der Revolution (Band 1)“ (Scarlet 1 – 5, Juli 2010 – März 2011)

Meine Besprechung von Brian Michael Bendis (Autor)/Kelly Sue Deconnick (Autor)/Lan Medinas (Zeichner) „Richard Castles Deadly Storm – Tödlicher Sturm: Ein Fall für Derrick Storm“ (Castle: Richard Castle’s Deadly Storm, 2011)


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