Beginnen wir mit einigen Fakten: „Kraven the Hunter“ ist der sechste Film in Sony’s Spider-Man Universe. Es ist wieder ein Einzelfilm ohne irgendeinen erkennbaren Zusammenhang mit den anderen Filmen des SSU und wieder ohne Spider-Man. Es ist auch ein Superheldenfilm ohne eine Szene im oder nach dem Abspann.
Regie führte J. C. Chandor, der mit „Der große Crash – Margin Call“ (2011), „All Is Lost“ (2013) und „A Most Violent Year“ (2014) hintereinander drei großartige Dramen inszenierte. Sein nächster Film war 2019 der Netflix-Actionthriller „Triple Frontier“. Das Drehbuch ist von Richard Wenk, Art Marcum und Matt Holloway. Bei den drei Namen ist unklar, wer letztendlich die Verantwortung für die Geschichte hat und, angesichts der langen Vorgeschichte, wer noch involviert war. Allgemein wird Richard Wenk, dem Autor der „The Equalizer“-Filme, der größte Anteil zugestanden.
Aaron Taylor-Johnson übernahm die Hauptrolle ‚Kraven‘ Sergei Kravinoff. Russel Crowe spielt seinen Filmvater. Ariane DeBose, Fred Hechinger, Alessandro Nivola und Christopher Nivola übernahmen weitere Rollen.
Ben Davis war Kameramann bei „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, „Guardians of the Galaxy“ „Eternals“ (kein guter, aber ein gut aussehender Film), „The King’s Man“, „Jojo Rabbit“ und „Cry Macho“.
Der Film dauert, mit Abspann, etwas über zwei Stunden und er hat eine FSK-16-Freigabe. Es gibt also einige die Freigabe rechtfertigende blutige Szenen.
Angesichts des vor und hinter der Kamera versammelten Talents und des für einen Superheldenfilm okayen Budgets von 130 Millionen US-Dollar ist das Ergebnis ernüchternd.
Kraven ist in den Marvel-Comics ein von Stan Lee und Steve Ditko 1964 erfundener Bösewicht, der Spider-Man töten will. Im Film ist er ein Jäger, der Bösewichter jagt und oft bestialisch tötet. Die Filmgeschichte dreht sich um seine Beziehung zu seinem Vater Nikolai Kravinoff (Russell Crowe), einem Oligarchen, Verbrecher und passioniertem Großwildjäger, und seinem schüchtern-ängstlichem Halbbruder Dmitri Smerdyakov (Fred Hechinger). Ungefähr in der Filmmitte entführt der Bösewicht ‚Rhino‘ Aleksei Sytsevich (Alessandro Nivola) Dmitri. Kraven will ihn befreien.
Während des gesamten Films tauchen noch weitere Superhelden und Superbösewichtern auf, die vielleicht eifrigen Comiclesern vertraut sind. Kinogänger kennen sie noch nicht. Genauer vorgestellt werden sie trotzdem nicht. Im Film stolpern diese Superschurken und -helden irgendwann durch das Bild und behindern sich meistens beim Entfalten ihrer oft rätselhaft bleibenden Superkräfte. Bei zwei wichtigern Figuren wird sogar erst im dritten Akt enthüllt, dass sie Superkräfte haben.
Die Geschichte wurde wahrscheinlich aus im Schneideraum herumliegenden geschnittenen Szenen zusammengefügt. Kaum eine Szene funktioniert. Mal ist das Spiel schlecht. Mal die Action. Die Dialoge sind hingeschluderte Erklärdialoge in der ersten Fassung. Ein ordentliches Set-Up findet nie statt. Das Ergebnis kann als schlampige Einführung in das Kraven-Universum (falls es denn weitere Filme geben sollte) und rudimentäre Entwicklungsgeschichte beschrieben werden, die uns die Szenen erspart, in denen der Superheld (und das ist Kraven in „Kraven the Hunter“) die Möglichkeiten und Grenzen seiner Kräfte kennen lernt. Ein guter Film ist „Kraven the Hunter“ nie. Noch nicht einmal ein annehmbarer Film. Denn sogar ein KI-Programm hätte eine schlüssigere Geschichte erfunden und besere Dialoge geschrieben.
„Kraven the Hunter“ ist ein deprimierender Film, der noch nicht einmal über Trash-Qualitäten verfügt.

Kraven the Hunter (Kraven the Hunter, USA 2024)
Regie: J. C. Chandor
Drehbuch: Richard Wenk, Art Marcum, Matt Holloway (nach einer Geschichte von Richard Wenk)
mit Aaron Taylor-Johnson, Russel Crowe, Ariane DeBose, Fred Hechinger, Alessandro Nivola, Christopher Nivola, Christopher Abbott
Länge: 127 Minuten
FSK: ab 16 Jahre
–
Hinweise
Moviepilot über „Kraven the Hunter“
Metacritic über „Kraven the Hunter“
Rotten Tomatoes über „Kraven the Hunter“
Wikipedia über „Kraven the Hunter“ (deutsch, englisch)
Meine Besprechung von J. C. Chandors „All is lost“ (All is lost, USA 2013)
Meine Besprechung von J. C. Chandors „A most violent Year“ (A most violent Year, USA 2014)
zu den SSU-Filmen
Meine Besprechung von Ruben Fleischers „Venom“ (Venom, USA 2018)
Meine Besprechung von Daniel Espinosas „Morbius“ (Morbius, USA 2022)
Meine Besprechung von S. J. Clarksons „Madame Web“ (Madame Web, USA 2024)
Meine Besprechung von Kelly Marcels „Venom: The Last Dance“ (Venom: The Last Dance, USA 2024)
Veröffentlicht von AxelB 

