Neu im Kino/Filmkritik: „Spider-Man: A new Universe“ – schon wieder?

Dezember 13, 2018

Wer in den vergangenen Jahren zwischen all den filmischen Inkarnationen von Spider-Man, mal als Neustart, mal als Reboot oder Remake oder Weitererzählung oder irgendetwas dazwischen, den Überblick verloren hat und sich gerade fragt, wer den aktuellen Spider-Man spielt (Tom Holland), wird an dem neuen Spider-Man-Film „Spider-Man: A new Universe“ verzweifeln. Denn dieses Mal gehen die Macher nach dem Prinzip ‚im Dutzend billiger‘ vor.

Nach dem Tod von Spider-Man Peter Parker übernimmt der junge Afroamerikaner/Puertoricaner Miles Morales die Rolle von Spider-Man. Zunächst reichlich unbedarft, weil der in Brooklyn lebende Teenager von einer radioaktiven Spinne gebissen werden muss und er danach seine Spider-Man-Fähigkeiten noch nicht mühelos einsetzen kann. Dank der vielen Spider-Man-Comics, in denen Peter Parker alles wichtige über sich, seine Fähigkeiten und seine Gefühle erzählt, kann er das fehlende Wissen schnell nachholen. Trainieren muss er dann schon selbst. Und das passende Kostüm verkauft ihm, mit klugen Ratschlägen, Merchandising-Verkäufer Stan Lee.

Ermordet wurde Peter Parker von dem Kingpin. Der Verbrecher will mit einem Teilchenbeschleuniger mehrere Dimensionen miteinander verbinden. Der erste Test des Teilchenbeschleunigers endet mit der Ankunft mehrerer Spider-Men aus verschiedenen Universen in New York. Es sind ein älterer, selbstmitleidiger, leicht übergewichtiger Peter Parker, Spider-Gwen, eine weibliche Kick-Ass-Ausgabe von Spider-Man, Spider-Man Noir (selbstverständlich im Vierziger-Jahre-Film-Noir-SW), Peni Parker, eine Anime-Spidey aus der Zukunft, die in dem Roboter SP//dr: lebt und Spider-Ham, der als Schwein aus einem Vierziger-Jahre-Cartoon stammen könnte. Gemeinsam nehmen sie den Kampf gegen den Kingpin auf, der seine weltenzerstörende Waffe noch einmal ausprobieren will.

Dabei kämpfen sie auch um ihr eigenes Überleben. Denn wenn sie in der falschen Welt sind, lösen sich ihre Körper auf.

Allein schon die vielen Spider-Men, die in „Spider-Man: A new Universe“ verleihen dem Film eine besondere Note. Gleichzeitig ist er auch der erste Kino-Animationsfilm mit Spider-Man.

Der von Bob Persichetti, Peter Ramsey und Rodney Rothman nach einem Drehbuch von Rodney Rothman und Phil Lord (auch Produzent, „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“, „The Lego Movie“) ist ein sehr unterhaltsamer Film, der von seiner Tonalität an die aktuelle Spider-Man-Inkarnation im Marvel-Universum als freundlicher Superheld von nebenan anknüpft.

Optisch knüpft der Film an die Comics an. So weit wie es in einem Film möglich ist, wird der Stil und auch die Optik der Comichefte übernommen. Dann teilt sich die Leinwand in mehrere Panels, Buchstaben springen durch das Bild, Farben sind keine Flächen, sondern Punkte und, weil früher der Druck nicht so perfekt wie heute war, sind einige Striche doppelt gezeichnet oder Farben überschreiten die geplanten Flächen. Im schlechtesten Fall sieht das wie ein 3D-Film aus, den man ohne 3D-Brille sieht, im besten Fall wie ein altes Comicheft.

Die Hauptgeschichte des Films erzählt letztendlich die Origin-Story von Miles Morales. Also wie aus Miles Spider-Man wird und wie er seinen ersten großen Gegner besiegt. Diese Geschichte eröffnet auch die Möglichkeit, viele bekannte Elemente aus der Welt von Peter Parker und den älteren Spider-Man-Geschichten neu und aus einem anderen Blickwinkel zu beleuchten. Und mit den Spider-Men aus den verschiedenen Universen gibt es schnell eine große Gruppe neuer und doch bekannter Charaktere. Jeder von ihnen ist Spider-Man. Aber jeder von ihnen ist ein gänzlich anderer Spider-Man.

Das gleiche gilt für den Film, der unverhohlen für die Spider-Man-Comics wirbt. „Spider-Man: A new Universe“ ist ein waschechter Spider-Man-Film, der alles hat, was man von einem Spider-Man-Film erwartet. Trotzdem ist der für sich allein stehende Superheldenfilm ein gänzlich anderer Spider-Man-Film.

Spider-Man: A new Universe (Spider-Man: Into the Spider-Verse, USA 2018

Regie: Bob Persichetti, Peter Ramsey, Rodney Rothman

Drehbuch: Phil Lord, Rodney Rothman (nach einer Geschichte von Phil Lord)

mit (im Orignal den Stimmen von) Shameik Moore, Jake Johnson, Hailee Steinfeld, Mahershala Ali, Brian Tyree Henry, Luna Lauren Velez, Lily Tomlin, Nicolas Cage, Kimiko Glenn, John Mulaney, Liev Schreiber

Länge: 117 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Deutsche Facebook-Seite zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Spider-Man: A new Universe“

Metacritic über „Spider-Man: A new Universe“

Rotten Tomatoes über „Spider-Man: A new Universe“ (aktuell mit 98 % Frische doch etwas überbewertet)

Wikipedia über „Spider-Man: A new Universe“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: Ein Haus weitergezogen zur „22 Jump Street“

Juli 31, 2014

In „21 Jump Street“ wurden vor zwei Jahren einige Meta-Witze über das ideenlose Recycling von Ideen aus den Achtzigern gemacht und damit war nicht nur gemeint, dass in der Polizei ein Programm aus den Achtzigern wieder aufgelegt wird, sondern auch dass eine alte TV-Serie fit fürs Kino gemacht wird. Aber während die vorherigen Wiederbelebungen von mehr oder weniger kultigen und legendären TV-Serien für das Kino (wie „Starsky & Hutch“, „The A-Team“ und „Miami Vice“ [obwohl da sogar Serienerfinder Michael Mann federführend dabei war]) nicht erfolgreich genug für weitere Filme waren, war „21 Jump Street“ ein Überraschungserfolg, der jetzt zur Fortsetzung „22 Jump Street“ führte, die mit einigen Meta-Witzen über ideenlose Fortsetzungen gepflastert ist.

So wurde einfach der Auftrag aus dem ersten Film wieder genommen, aber dieses Mal suchen der unsportliche, aber schlaue Schmidt (Jonah Hill) und der sportliche, aber dumme Jenko (Channing Tatum) den geheimnisumwitterten Drogendealer nicht mehr an der Schule, sondern an der Universität. Natürlich ein anderer Dealer. Aber sie arbeiten wieder Undercover. Jetzt als Studenten. Es gab auch ein höheres Budget, was natürlich ausgegeben wurde für ein größeres Büro des immer noch sehr schlecht gelaunten Chefs (Ice Cube) und größere Waffen und größere Autos. Und ein Finale in Mexiko in der Küstenstadt Puerto, wo die vergnügungsssüchtigen Studentenmassen ihre Mega-Drogenparty, den Spring Break, feiern und die ordentliche Polizeiarbeit von Schmidt und Jenko effektiv behindern.

Bei soviel Selbstironie kann man dem Buddy-Movie natürlich unmöglich als Ideenlosigkeit vorwerfen, was die Macher gerade vollmundig behaupten: nämlich dass sie das gleich noch einmal machen. Nur größer. – Und wenn ich „21 Jump Street“ besprochen hätte, könnte ich einfach meine Kritik wiederveröffentlichen. Sie würde stimmen. Denn wieder ist die Story, über die man nicht länger als zwei Sekunden nachdenken sollte (die Macher haben es auch nicht getan), nur der Aufhänger für die zahlreichen mehr oder weniger treffenden Witze, in denen sich die Macher teilweise etwas zu sehr auf die Schulter klopfen für ihre Smartness, und die oft, wie bei vielen aktuellen Komödien, zu breit ausgewaltzt werden und immer wieder in Blödeleien ausarten.

So ist „22 Jump Street“, wie „21 Jump Street“, eine durchaus witzige, etwas zu lang geratene und zu selbstgenügsame Buddy-Komödie, die auch zeigt, wie Schmidt und Jenko als eingespieltes Team zusammenarbeiten und sie einige Beziehungsprobleme bearbeiten müssen, weil sie an der Universität aus persönlichen Gründen verschiedene Verdächtige haben.

Im Abspann werden schon die nächsten Fortsetzungen angekündigt – und einige haben wirklich Potential.

22 Jump Street - Plakat

22 Jump Street (22 Jump Street, USA 2014)

Regie: Phil Lord, Christopher Miller

Drehbuch: Michael Bacall, Oren Uziel, Rodney Rothman (nach einer Geschichte von Michael Bacall und Jonah Hill, sehr lose basierend auf der TV-Serie „21 Jump Street“)

mit Jonah Hill, Channing Tatum, Peter Stormare, Ice Cube, Wyatt Russell, Amber Stevens, Jillian Bell, The Lucas Brothers, Nick Offerman, Jimmy Tatro, Rob Riggle, Dave Franco

Länge: 112 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „22 Jump Street“

Moviepilot über „22 Jump Street“

Metacritic über „22 Jump Street“

Rotten Tomatoes über „22 Jump Street“

Wikipedia über „22 Jump Street“ 


Neu im Kino/Filmkritik: „Zwei vom alten Schlag“ kloppen sich

Januar 9, 2014

 

Verkauft wurde „Zwei vom alten Schlag“ wahrscheinlich als „Rocky“ trifft „Wie ein wilder Stier“ Jake La Motta mit Sylvester Stallone und Robert De Niro in den Hauptrollen. Nach diesem Besetzungscoup ist die Sache dann ein Selbstläufer: andere bekannte Schauspieler machen gerne mit und bei der geballten Starpower winkt dann auch ein gutes Einspielergebnis. Diese Rechnung ging in den USA an der Kinokasse nicht auf; – was durchaus verständlich ist. Denn außer dem Besetzungscoup, der sich wie ein Gag in einer TV-Show liest, hat das Starvehikel nichts zu bieten.

Die banale Filmgeschichte wird überraschungsfrei und ziemlich nachlässig bis zum abschließenden Boxkampf erzählt: Henry ‚Razor‘ Sharp (Sylvester Stallone) und Billy ‚The Kid‘ McDonnen (Robert De Niro) sind zwei Boxer aus Pittsburgh. In den frühen Achtzigern kämpften sie zweimal gegeneinander. Weil jeder einen Kampf gewann, sollte ein dritter Kampf endgültig zeigen, wer der bessere Boxer ist. Aber noch vor dem Kampf zog sich Razor zurück und wurde zu einem Stahlschweißer in einer Fabrik. Kid ging es finanziell besser, aber wirklich glücklich ist er als Unternehmer und Kneipier mit seiner unwitzigen Stand-Up-Comedy-Show auch nicht.

Dreißig Jahre später soll jetzt dieser Kampf ausgetragen werden. Vor dem Kampf muss dann noch etwas Ballast aus dem Weg geräumt werden: einerseits Gewichtsballast, weil beide nicht mehr sonderlich fit sind, andererseits emotionaler Ballast, weil natürlich eine Frau der Grund für Razors Rückzug war. Sally (Kim Basinger, anscheinend seit „9 1/2 Wochen“ nicht gealtert) war Razors Freundin, sprang aber auch einmal mit Kid ins Bett und aus diesem One-Night-Stand entstand ein Sohn (Jon Bernthal, gewohnt zuverlässig), der sich jetzt bei Kid meldet und dann sein Trainer wird.

Und beide Boxer sind spinnefeind, was dazu führt, dass jede ihrer Begegnungen schnell von einem Wortgefecht zu einer Schlägerei führt.

Alle drei Geschichten plätschern, garniert mit einigen halbgaren Witzen, meist zwischen Kalauer und Zote, lustlos die Plot-Points abhakend, bis zu ihrem absehbaren Ende vor sich hin. Dass, zum Beispiel, der verantwortungslose Single Kid, wenn er auf seinen Enkelsohn aufpassen soll, dann nicht mit ihm ins Kino geht, sondern sich in seiner Kneipe hoffnungslos betrinkt und mit der erstbesten Schönheit ins Bett springt (auch wenn das Bett die Rückbank von seinem Auto ist), dürfte nur die überraschen, die noch nie eine Familienkomödie gesehen haben. Dass Razor und Sally wieder zusammenkommen, dass Kid und sein Sohn, den er noch nie gesehen hat, zusammenkommen, ist ebenso vorhersehbar.

Eigentlich gibt es nur eine Überraschung in dem Film: während des finalen Boxkampfes zwischen Razor und Kid, die beide für ihr Alter in überraschend guter Form sind, kommt es dann zu einer überraschenden Wendung, die vielleicht Harmoniegefühle befriedigt, aber vollkommen out of character ist.

Sowieso vermeidet der Film konsequent jeden Konflikt und jeden Anschein von Realismus. So ist die romantisierte Blue-Collar-Arbeiterwelt mit dampfenden „Flashdance“-Stahlwerken, die in Bruce-Springsteen-Songs besungen wird, inzwischen hemmungslos anachronistisch. Nach der Stahlkrise der siebziger Jahre und dem auch in Pittsburgh seitdem stattgefundenem Strukturwandel wird dort in anderen Branchen Geld verdient. Aber ein echter Razor hält die Zeit einfach bei 1983 an.

Zwei vom alten Schlag“ überzeugt weder als Drama, noch als Komödie. Es ist das filmische Äquivalent zum Junk TV, das als anspruchsloser Zeitvertreib spätestens mit dem Verlassen des Kinosaals vergessen ist.

Zwei vom alten Schlag - Plakat

Zwei vom alten Schlag (Grudge Match, USA 2013)

Regie: Peter Segal

Drehbuch: Tim Kelleher, Rodney Rothman (nach einer Geschichte von Tim Kelleher)

mit Sylvester Stallone, Robert De Niro, Kevin Hart, Allan Arkin, Jon Bernthal, Kim Basinger, Camden Gray, LL Cool J, Barry Primus

Länge: 113 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Amerikanische Homepage zum Film

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Zwei vom alten Schlag“

Moviepilot über „Zwei vom alten Schlag“

Metacritic über „Zwei vom alten Schlag“

Rotten Tomatoes über „Zwei vom alten Schlag“

Wikipedia über „Zwei vom alten Schlag“ (deutsch, englisch)

 

 


%d Bloggern gefällt das: