Neu im Kino/Filmkritik: „Spider-Man: Across the Spider-Verse“ in den nächsten Film

Juni 3, 2023

Fünf Jahre nach seinem ersten Auftritt in „Spider-Man: A new Universe“ (Spider-Man: Into the Spider-Verse) ist Miles Morales zurück. Der in Brooklyn lebende Sohn afroamerikanischer und puertorikanischer Eltern wurde damals, nach dem Tod von ‚Spider-Man‘ Peter Parker, zu Spider-Man. Der Film war bei den Kritikern, den Fans und dem Publikum ein Riesenerfolg. Es war auch der erste Kino-Animationsfilm mit dem Superhelden und er etablierte im Kino gelungen die Idee des Multiverse. In den Comics war die Idee, dass es verschiedene parallele Welten gibt, in denen die Superhelden ähnliche Erlebnisse haben, aber auch ganz andere Erlebnisse haben können und sie bei einigen Gemeinsamkeiten doch verschiedene Personen sind, schon lange etabliert. Aber halt noch nicht im Kino.

Ausgehend von dieser Idee des Mulitverse gibt es viele Spider-Men, die alle über die bekannten Spinnenfähigkeiten verfügen und in der Nachbarschaft gegen Bösewichter kämpfen. Sie haben verschiedene Geschlechter und Hautfarben. Sie verhalten sich teils verschieden und sie können verschieden alt sein. Es kann auch sein, dass ein Spider-Man in einer Welt gestorben, aber in einer anderen Welt noch lebendig ist. Und es gibt bestimmte Ereignisse, wie der Tod einer bestimmten Person, die immer eintreten. Diese Idee des Mulitverse, die inzwischen auch im Marvel Cinematic Universe (MCU) (also den Marvel-Realfilmen) etabliert ist, führt im MCU zu einem ermüdenden Anything Goes. Im Spider-Verse führt sie dagegen, jedenfalls in „Beyond the Spider-Verse“, zu der Frage, welche Ereignisse unvermeidbar sind, welche nicht und ob unvermeidbare Ereignisse nicht doch verhindert werden können. Oder, anders gesagt: Kann das vorherbestimmte Schicksal geändert werden? Beantwortet wird, soviel kann verraten werden, diese Frage in diesem Film noch nicht.

Bevor Miles Morals sich mit der Frage der Vorherbestimmung beschäftigt, kämpft er in „Across the Spider-Verse“ erst einmal gegen Dr. Jonathan Ohnn. Als Bösewicht The Spot kann er mühelos zwischen Orten und Welten wechseln. Die erste Begegnung von Miles und The Spot ist purer Slapstick. Und er trifft Gwen Stacy wieder. Sie ist, in einer anderen Welt, Spider-Woman und sie versucht sich als Schlagzeugerin in einer Rockband. Gemeinsam besuchen Gwen und Miles andere Welten, lernen andere Spider-Men kennen, kämpfen gegen andere Spider-Men und miteinander gegen Bösewichter.

Die drei Regisseure Joaquim Dos Santos, Kemp Powers und Justin K. Thompson erzählen das visuell überwältigend und auch zum mehrmaligen Sehen einladend, Ihr Film wirkt, wie das atemlose Durchblättern eines von verschiedenen Zeichnern gezeichneten Comicbuchs. Im Film wechselt der Stil alle paar Sekunden. Das hat eine angenehme Alles-ist-möglich-Attitüde, zeigt aber auch, dass es in „Across the Spider-Verse“ nicht um irgendeine Form stilistischer Geschlossenheit geht.

Die reichlich vorhandene Action springt aus der Leinwand. Sie wirkt wie animierte Comcipanels, die sich nicht darum scheren, wie es physikalisch funktioniert, sondern wie es gut aussieht. Dazu kommen in jedem Bild zahlreiche Anspielungen und Insider-Witze. Das ist zu viel, um es beim einnmaligen Sehen vollkommen zu erfassen.

So gelungen der visuelle Aspekt des Superheldenfilms ist, so enttäuschend ist die Geschichte. Auch wenn ich wollte, könnte ich sie nicht erzählen. Und das Ende verstärkt das Gefühl noch. Denn der Film bricht mitten in einem großen Kampf ab. Mit dem Hinweis, dass sie im nächsten Film weiter erzählt werde.

In dem Moment ist, trotz seiner epischen Laufzeit von gut zweieinhalb Stunden mehr unklar als klar. Und das betrifft ungefähr alle wichtigen Punkte. Es ist, als ob ich einen Agatha-Christie-Rätselkrimi besprechen müsste, von dem ich nur das erste Drittel kenne, der Mord noch nicht geschehen ist und es sogar unklar ist, wer der Ermittler ist.

Deshalb genießt man die im Film präsentierte Geschichte am besten wie eine Zusammenstellung von fünf Kurzfilmen. Oder wie fünf Comcihefte, bei denen unklar ist, nach wie vielen Heften der Erzählbogen endet und auch, welcher Spider-Man (oder Spider-Woman) letztendlich der Hauptprotagonist ist und wer sein Hauptgegner ist. Und wie ein Comic hat hier jeder Kurzfilm mindestens eine große Actionszene und viele Erklärdialoge, die teils in die Action integriert sind. Öfter nicht.

Am Ende bleibt, wie bei „Dune“ oder, zuletzt, „Fast & Furious 10“, das Gefühl, keinen eigenständigen Film, sondern nur einen Anfang von einer größeren Erzählung gesehen zu haben. Wie bei „Fast & Furious 10“ haben die Macher in „Across the Spider-Verse“ viele Möglichkeiten ausgebreitet. Welche sie weiterverfolgen, welche nicht, welche sie in ein Spin-off ausgelagern werden, hängt weniger von erzählerischen Notwendigkeiten, sondern vor allem von den Reaktionen der Fans und damit zusammenhängenden kommerziellen Erwägungen ab.

Wie sie ausfallen, erfahren wir dann im dritten Teil, der möglicherweise den Abschluss einer Trilogie bildet. In jedem Fall heißt der dritte Spider-Man-Film mit Miles Morales „Beyond the Spider-Verse“ und er soll im März 2024 anlaufen.

Spider-Man: Across the Spider-Verse (Spider-Man: Across the Spider-Verse, USA 2023)

Regie: Joaquim Dos Santos, Kemp Powers, Justin K. Thompson

Drehbuch: Phil Lord, Christopher Miller, Dave Callaham (basierend auf den von Stan Lee erfundenen Figuren)

mit (im Original den Stimmen von) Shameik Moore, Hailee Steinfeld, Oscar Isaac, Jake Johnson, Issa Rae, Brian Tyree Henry, Karan Soni, Daniel Kaluuya, Luna Lauren Velez, Shea Whigham, Mahershala Ali, Ziggy Marley, J.K. Simmons

Länge: 141 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Spider-Man: Across the Spider-Verse“

Metacritic über „Spider-Man: Across the Spider-Verse“

Rotten Tomatoes über „Spider-Man: Across the Spider-Verse“

Wikipedia über „Spider-Man: Across the Spider-Verse“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Bob Persichetti, Peter Ramsey, Rodney Rothmans „Spider-Man: A new Universe“ (Spider-Man: Into the Spider-Verse, USA 2018)


Neu im Kino/Filmkritik: „Spider-Man: A new Universe“ – schon wieder?

Dezember 13, 2018

Wer in den vergangenen Jahren zwischen all den filmischen Inkarnationen von Spider-Man, mal als Neustart, mal als Reboot oder Remake oder Weitererzählung oder irgendetwas dazwischen, den Überblick verloren hat und sich gerade fragt, wer den aktuellen Spider-Man spielt (Tom Holland), wird an dem neuen Spider-Man-Film „Spider-Man: A new Universe“ verzweifeln. Denn dieses Mal gehen die Macher nach dem Prinzip ‚im Dutzend billiger‘ vor.

Nach dem Tod von Spider-Man Peter Parker übernimmt der junge Afroamerikaner/Puertoricaner Miles Morales die Rolle von Spider-Man. Zunächst reichlich unbedarft, weil der in Brooklyn lebende Teenager von einer radioaktiven Spinne gebissen werden muss und er danach seine Spider-Man-Fähigkeiten noch nicht mühelos einsetzen kann. Dank der vielen Spider-Man-Comics, in denen Peter Parker alles wichtige über sich, seine Fähigkeiten und seine Gefühle erzählt, kann er das fehlende Wissen schnell nachholen. Trainieren muss er dann schon selbst. Und das passende Kostüm verkauft ihm, mit klugen Ratschlägen, Merchandising-Verkäufer Stan Lee.

Ermordet wurde Peter Parker von dem Kingpin. Der Verbrecher will mit einem Teilchenbeschleuniger mehrere Dimensionen miteinander verbinden. Der erste Test des Teilchenbeschleunigers endet mit der Ankunft mehrerer Spider-Men aus verschiedenen Universen in New York. Es sind ein älterer, selbstmitleidiger, leicht übergewichtiger Peter Parker, Spider-Gwen, eine weibliche Kick-Ass-Ausgabe von Spider-Man, Spider-Man Noir (selbstverständlich im Vierziger-Jahre-Film-Noir-SW), Peni Parker, eine Anime-Spidey aus der Zukunft, die in dem Roboter SP//dr: lebt und Spider-Ham, der als Schwein aus einem Vierziger-Jahre-Cartoon stammen könnte. Gemeinsam nehmen sie den Kampf gegen den Kingpin auf, der seine weltenzerstörende Waffe noch einmal ausprobieren will.

Dabei kämpfen sie auch um ihr eigenes Überleben. Denn wenn sie in der falschen Welt sind, lösen sich ihre Körper auf.

Allein schon die vielen Spider-Men, die in „Spider-Man: A new Universe“ verleihen dem Film eine besondere Note. Gleichzeitig ist er auch der erste Kino-Animationsfilm mit Spider-Man.

Der von Bob Persichetti, Peter Ramsey und Rodney Rothman nach einem Drehbuch von Rodney Rothman und Phil Lord (auch Produzent, „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“, „The Lego Movie“) ist ein sehr unterhaltsamer Film, der von seiner Tonalität an die aktuelle Spider-Man-Inkarnation im Marvel-Universum als freundlicher Superheld von nebenan anknüpft.

Optisch knüpft der Film an die Comics an. So weit wie es in einem Film möglich ist, wird der Stil und auch die Optik der Comichefte übernommen. Dann teilt sich die Leinwand in mehrere Panels, Buchstaben springen durch das Bild, Farben sind keine Flächen, sondern Punkte und, weil früher der Druck nicht so perfekt wie heute war, sind einige Striche doppelt gezeichnet oder Farben überschreiten die geplanten Flächen. Im schlechtesten Fall sieht das wie ein 3D-Film aus, den man ohne 3D-Brille sieht, im besten Fall wie ein altes Comicheft.

Die Hauptgeschichte des Films erzählt letztendlich die Origin-Story von Miles Morales. Also wie aus Miles Spider-Man wird und wie er seinen ersten großen Gegner besiegt. Diese Geschichte eröffnet auch die Möglichkeit, viele bekannte Elemente aus der Welt von Peter Parker und den älteren Spider-Man-Geschichten neu und aus einem anderen Blickwinkel zu beleuchten. Und mit den Spider-Men aus den verschiedenen Universen gibt es schnell eine große Gruppe neuer und doch bekannter Charaktere. Jeder von ihnen ist Spider-Man. Aber jeder von ihnen ist ein gänzlich anderer Spider-Man.

Das gleiche gilt für den Film, der unverhohlen für die Spider-Man-Comics wirbt. „Spider-Man: A new Universe“ ist ein waschechter Spider-Man-Film, der alles hat, was man von einem Spider-Man-Film erwartet. Trotzdem ist der für sich allein stehende Superheldenfilm ein gänzlich anderer Spider-Man-Film.

Spider-Man: A new Universe (Spider-Man: Into the Spider-Verse, USA 2018

Regie: Bob Persichetti, Peter Ramsey, Rodney Rothman

Drehbuch: Phil Lord, Rodney Rothman (nach einer Geschichte von Phil Lord)

mit (im Orignal den Stimmen von) Shameik Moore, Jake Johnson, Hailee Steinfeld, Mahershala Ali, Brian Tyree Henry, Luna Lauren Velez, Lily Tomlin, Nicolas Cage, Kimiko Glenn, John Mulaney, Liev Schreiber

Länge: 117 Minuten

FSK: ab 6 Jahre

Hinweise

Deutsche Facebook-Seite zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Spider-Man: A new Universe“

Metacritic über „Spider-Man: A new Universe“

Rotten Tomatoes über „Spider-Man: A new Universe“ (aktuell mit 98 % Frische doch etwas überbewertet)

Wikipedia über „Spider-Man: A new Universe“ (deutsch, englisch)