TV-Tipp für den 3. Oktober: Oppenheimer

Oktober 2, 2025

Pro7, 20.15 

Oppenheimer (Oppenheimer, USA 2023)

Regie: Christopher Nolan

Drehbuch: Christopher Nolan

LV: Kai Bird/Martin J. Sherwin: American Prometheus: The Triumph and Tragedy of J. Robert Oppenheimer, 2005 (J. Robert Oppenheimer – Die Biographie)

TV-Premiere. Christopher Nolans überzeugendes Biopic über den Physiker J. Robert Oppenheimer, den „Vater der Atombombe“. Keine leichte Kost.

Mehr in meiner ausführlichen Besprechung.

mit Cillian Murphy, Emily Blunt, Matt Damon, Robert Downey Jr., Florence Pugh, Josh Hartnett, Kenneth Branagh, Benny Safdie, Dylan Arnold, Gustaf Skarsgård, David Krumholtz, Matthew Modine, David Dastmalchian, Tom Conti, Casey Affleck, Rami Malek, Jason Clarke, Alden Ehrenreich, Dane DeHaan, Gary Oldman, James Remar, James D’Arcy, Matthias Schweighöfer

Wiederholung: Samstag, 4. Oktober, 01.55 Uhr (Taggenau!)

Hinweise

Moviepilot über „Oppenheimer“

Metacritic über „Oppenheimer“

Rotten Tomatoes über „Oppenheimer“

Wikipedia über „Oppenheimer“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Christopher Nolans „Interstellar“ (Interstellar, USA/Großbritannien 2014)

Meine Besprechung von Christopher Nolans „Dunkirk“ (Dunkirk, USA/Frankreich/Großbritannien 2017)

Meine Besprechung von Christopher Nolans „Tenet“ (Tenet, USA 2020)

Meine Besprechung von Christopher Nolans „Oppenheimer“ (Oppenheimer, USA 2023)


Neu im Kino/Filmkritik: Über Christopher Nolans „Oppenheimer“

Juli 20, 2023

Ein verfilmter Wikipedia-Artikel – ein gern benutzter Vorwurf gegen Biopics die das Leben der porträtierten Person chronologisch, detailversessen und langweilig abhandeln – ist Christopher Nolans „Oppenheimer“ nicht. Ein guter Film ist das dreistündige Werk auch nicht.

Er erzählt, weitgehend chronologisch und mit vielen Stars (dazu später mehr) einige wichtige Momente aus dem Leben von J. Robert Oppenheimer, dem „Vater der Atombombe“. Cillian Murphy spielt ihn als hageren Kettenraucher. Es geht um seine Jahre als Leiter des Manhattan-Projekts während des Zweiten Weltkriegs. In Los Alamos, New Mexico, leitete er die Forschungen und Entwicklung der Atombombe. Es geht um die Sicherheitsanhörung, in der 1954 über seine Sicherheitsfreigabe, die ihm die Arbeit an geheimen Rüstungsprojekten ermöglicht, verhandelt wurde. Auch seine Zeit als Student und aufstrebender Wissenschaftler werden kurz beleuchtet. Nolan springt dabei, ohne die Zuschauer zu überfordern, in der Chronologie, zwischen Farbe und Schwarz-Weiß und zwischen Oppenheimers Berufs- und Privatleben hin und her. Auf Jahreszahlen und Ortsangaben verzichtet er, aber Oppenheimers Frisur gibt jederzeit deutliche Hinweise auf die Zeit.

Bis auf wenige Momente, in denen Nolan in Oppenheimers Kopf eintaucht, ist das Biopic ein normales Biopic mit sprechenden Männern und noch mehr sprechenden Männern, die anscheinend auf ihren Stühlen festgewachsen sind, und einigen prächtigen Landschaftsaufnahmen von New Mexico mit reitenden Menschen und fotogenen Sonnenauf- und -untergängen. Irgendwann sind die Forscher im Manhattan-Projekt, die wir eigentlich nie bei der Arbeit sehen, soweit, dass sie den Trinity-Test durchführen können. Diese erste Explosion einer Atombombe wurde schon vorher eifrig beworben. Nolan verzichtete auf computergenerierte Bilder. Also musste es eine echte Explosion geben, die im Film, nun, ziemlich wie eine normale Explosion aussieht. Nur, insgesamt, auch durch die Inszenierung, etwas imposanter.

Um die Bilder und die Kameraarbeit wurde vorher ebenfalls ein großes Bohei gemacht. Nolan und sein Kameramann Hoyte van Hoytema (u. a. die Nolan-Filme „Interstellar“, „Dunkirk“ und „Tenet“) drehten mit Großformatkameras und immer mit einer IMAX-Auswertung im Blick. Für die Schwarz-Weiß-Szenen entwickelte Kodak spezielles Filmmaterial. Das sind technische Aspekte, die mit der Qualität des Films letztendlich nichts zu haben.

Bei den Figuren wollte Nolan keine Filmfiguren erfinden, die aus mehreren realen Personen zusammengefügt sind. Dieser Verzicht auf Composite Characters führt dazu, dass er viele, sehr viele Schauspieler für teils nur sehr kurze Auftritte von ein, zwei Szenen engagieren musste. Er besetzte diese teils immer noch sehr bekannten Menschen, wie Niels Bohr und Werner Heisenberg, mit bekannten Schauspielern, die auch in sehr kurzen Auftritten von oft nur ein, zwei Szenen einen bleibenden Eindruck hinterlassen können. Und niemand würde Matt Damon mit Robert Downey Jr. (schwer erkennbar als Lewis Strauss) mit Kenneth Branagh mit Casey Affleck oder mit Matthias Schweighöfer (der in der Originalfassung etwas deutsch reden darf) verwechseln. Das erleichtert etwas die Orientierung im Wust der Kurzauftritte und auch das spätere Gespräch darüber.

Ein großer Teil des Films, mindestens ein Drittel, wahrscheinlich sogar viel mehr Filmzeit, beschäftigt sich mit zwei Anhörungen, die in den Fünfzigern stattfanden. Die eine ist die Sicherheitsanhörung von J. Robert Oppenheimer. In ihr wird 1954 über die Bestätigung seiner Sicherheitsgarantie verhandelt. Es ist, in einem anonymen, winzigem Besprechungszimmer, ein Schauprozess der übelsten Sorte. Ohne Publikum und ohne die Möglichkeit, sich zu verteidigen. Die andere Anhörung ist 1959 die von Lewis Strauss vor dem US-Senat. Er soll als Handelsminister bestätigt werden. In diesem Teil des Films geht es dann tief in die Hinterzimmer von Washington und die US-amerikanische Paranoia vor dem Kommunismus, die damals zum McCarthyismus führte. In langen Befragungen wird sich auf Details aus Oppenheimers Vergangenheit konzentriert, die ihn als einen Kommunisten überführen sollen. Wann er mal für eine gute Sache Geld spendete oder mit wem er sich irgendwann vor Jahren mal traf.

Nolan inszeniert diesen Reigen sprechender Köpfe, über die wir oft nichts wissen, als eine endlose Abfolge starrer Kameraeinstellungen, die mehr an einen durchschnittlichen TV-Gerichtsfilm als an einen großen Kinofilm erinnert. Wobei sogar jede Gerichtsszene in „Law & Order“ dynamischer inszeniert ist.

Er verzichtet auch auf eine Voice-Over-Kommentar, der Informationen, Hintergründe und Zusammenhänge vermitteln und Lücken der Erzählung ausfüllen könnte. Das muss dann der Wikipedia-Artikel erledigen.

Ärgerlich ist bei einem Film wie „Oppenheimer“, bei dem die Dialoge wichtig sind, Nolans Marotte, die Dialoge bis zur Unverständlichkeit in den restlichen Sound zu mischen. Da wären, wie bei seinem vorherigen Film „Tenet“, Untertitel hilfreich gewesen.

Alles das könnte verziehen werden, wenn Nolan sein Material im Griff hätte. Aber er reiht nur Episoden und Details aus Oppenheimers Leben aneinander. Am Anfang assoziativ und immer wieder in Oppenheimers Kopf, später weitgehend chronologisch und objektiv. Nolan lässt beim Erzählen von Oppeneimer Leben große Lücken. Die größte ist die zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und den Jahren danach, in der Oppenheimer die Entwicklung der Wasserstoffbombe ablehnte. Er zerstritt sich darüber mit Lewis Strauss, dem damaligen Vorsitzenden der Atomenergiebehörde (Atomic Energy Commission, AEC). Strauss diffamierte ihn als möglichen sowjetischen Spion. Das führte zu der von Nolan in epischer Breite gezeigten Sicherheitsanhörung. Interessanter wäre es gewesen, wenn Nolan eben die Geschichte des Konflikts zwischen Oppenheimer und Strauss gezeigt hätte. Er zeigt nur einen kleinen, für sich genommen und ohne Hintergrundwissen kaum verständlichen Ausschnitt.

Die Frauen in Oppenheimers Leben bleiben schmückendes Beiwerk. Sein familiärer Hintergrund, Kindheit und Jugend werden ignoriert. Das wäre kein Problem, wenn Nolan aus Oppenheimers Leben einen wichtigen Abschnitt oder eine wichtige Entwicklung vollständig und nachvollziehbar erzählt hätte. So finden die wichtigsten Entwicklungen immer zwischen den Bildern statt.

Oppenheimer“ ist Christopher Nolans schwächster Film. Nolans Drei-Stunden-Epos wirkt wie eine lieblos auf Spielfilmlänge zusammengeschnittene durchschnittliche TV-Serie.

Oppenheimer (Oppenheimer, USA 2023)

Regie: Christopher Nolan

Drehbuch: Christopher Nolan

LV: Kai Bird/Martin J. Sherwin: American Prometheus: The Triumph and Tragedy of J. Robert Oppenheimer, 2005 (J. Robert Oppenheimer – Die Biographie)

mit Cillian Murphy, Emily Blunt, Matt Damon, Robert Downey Jr., Florence Pugh, Josh Hartnett, Kenneth Branagh, Benny Safdie, Dylan Arnold, Gustaf Skarsgård, David Krumholtz, Matthew Modine, David Dastmalchian, Tom Conti, Casey Affleck, Rami Malek, Jason Clarke, Alden Ehrenreich, Dane DeHaan, Gary Oldman, James Remar, James D’Arcy, Matthias Schweighöfer (da könnte man ein Trinkspiel machen)

Länge: 181 Minuten

FSK: ab 12 Jahre (in den USA gab’s wegen nackter Tatsachen ein R-Rating. Die sind halt arg prüde.)

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Oppenheimer“

Metacritic über „Oppenheimer“

Rotten Tomatoes über „Oppenheimer“

Wikipedia über „Oppenheimer“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Christopher Nolans „Interstellar“ (Interstellar, USA/Großbritannien 2014)

Meine Besprechung von Christopher Nolans „Dunkirk“ (Dunkirk, USA/Frankreich/Großbritannien 2017)

Meine Besprechung von Christopher Nolans „Tenet“ (Tenet, USA 2020)


Neu im Kino/Filmkritik: „Halloween Kills“, aber nicht Laurie Strode und Michael Myers

Oktober 21, 2021

Nein, das ist kein Spoiler: Michael Myers überlebt diesen Film und er darf nächstes Jahr zurückkehren in „Halloween Ends“, dem Abschluss einer Trilogie, die David Gordon Green 2018 mit „Halloween“ begann. Mit dem Horrorfilm knüpfte er an John Carpenters „Halloween“ von 1978 an und ignorierte alle weiteren „Halloween“-Filme, die es seitdem gab.

Inzwischen ist Carpenters Film ein Horrorfilmklassiker, ein stilbildender Film und der Beginn eines äußerst langlebigen Franchises. John Carpenter beteiligte sich daran nur noch höchst peripher; Scream-Queen Jamie Lee Curtis, die im ersten „Halloween“-Film erfolgreich gegen den maskierten Mörder kämpfte, war mal dabei, mal nicht. Jetzt ist sie wieder dabei und jetzt ist die von ihr gespielte Laurie Strode eine von der damaligen Mordnacht, in der der Mörder Michael Myers aus Smith’s Grove Sanitarium ausbrechen und in Haddonfield mehrere Menschen ermordete, zutiefst traumatisierte Frau, deren Trauma niemals auch nur im Ansatz behandelt wurde. Stattdessen bereitete sie sich auf die Rückkehr des maskierten Mörders vor und nervte die Nachbarschaft mit Warnungen vor seiner Rückkehr. Die war dann 2018. Kritiker und Fans waren begeistert. Auch mir gefiel der Horrorfilm.

Halloween Kills“ schließt nahtlos an „Halloween“ an und schlägt in Rückblenden einen Bogen zum ersten Film, der damit endete, dass die Strode-Familie Myers in ihr Haus lockt, ihm eine Falle stellt und in den Keller des brennenden Hauses einsperrt. Die im Kampf schwer verletzte Laurie Strode wird von ihrer Tochter und Enkeltochter zum städtischen Krankenhaus gefahren.

Zu Beginn von „Halloween Kills“ wird Laurie Strode schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Michael Myers ist immer noch im Keller von Strodes brennendem Haus gefangen. Eigentlich sollte er in den nächsten Minuten verbrennen. Aber die Feuerwehr rückt an. Während sie das Haus löscht, kann er aus seinem Kellergefängnis entkommen und alle anwesenden Feuerwehrleute umbringen. Das ist der Auftakt von einem neunzigminütigem Schlachtfest in dem wahrscheinlich mehr Menschen getötet werden als in allen bisherigen „Halloween“-Filmen zusammen.

Nach dem grandiosen „Halloween“ (2018) ist „Halloween Kills“ eine ziemliche Enttäuschung, die erkennbar als Mittelteil einer Trilogie konzipiert ist. Die Hauptfiguren dürfen nicht sterben. Also werden einige uninteressante Figuren, die teilweise bereits Myers‘ 1978er Mordnacht erlebten, eingeführt und schnell abgeschlachtet. Dazwischen gibt Jamie Lee Curtis als Laurie Strode den Jack Bauer. Kaum sind ihre Wunden versorgt und eigentlich sollte sie jetzt die nächsten Wochen, mit Tonnen Schmerzmittel, das Bett hüten, steht sie mit einem Ich-verstehe-keinen-Spaß-und-bin-sehr-verärgert-Gesichtsausdruck auf und zieht in ihre nächste Schlacht gegen Myers.

Dieser wird, davon ist sie überzeugt, zu ihr in Krankenhaus kommen.

In dem Krankenhaus hat sich inzwischen auch halb Haddonfield versammelt. Die einen, weil sie verletzt sind, Die anderen, weil sie Angehörige der Verletzten sind.

Die anderen Bewohner von Haddonfield beginnen mit einer von Panik getriebene Menschenjagd auf Myers. Denn diese Nacht soll der Bösewicht sterben.

Als dieser dann im Krankenhaus vermutet wird, liefert Green, wenn der Mob die Beute durch die Krankenhausgänge jagt, Bilder von panischen Menschenmassen, die an George A. Romeros „Zombie“ (Dawn of the Dead, 1978) erinnern.

Aber während bei Romero immer auch satirische und kapitalismuskritische Töne erkennbar sind, gibt es in „Halloween Kills“ nur eine platte Das-Monster-macht-uns zu Monstern-Botschaft. Im Wesentlichen wird sich in „Halloween Kills“ einfach die Zeit bis zum Abschluss der Trilogie mit sinnlosem Mord & Totschlag vertrieben. Denn Michael Myers bringt einfach jeden um, den er trifft (und er trifft viele Menschen). Dabei wird er zunehmend unbesiegbarer.

Halloween Kills“ ist eine ziemlich stupide und damit auch langweilige Angelegenheit.

Halloween Kills (Halloween Kills, USA 2021)

Regie: David Gordon Green

Drehbuch: Scott Teems, Danny McBride, David Gordon Green (basierend auf Figuren von John Carpenter und Debra Hill)

mit Jamie Lee Curtis, Judy Greer, Andi Matichak, Will Patton, Thomas Mann, Anthony Michael Hall, Robert Longstreet, Dylan Arnold, Nancy Stephens, Kyle Richards

Länge: 106 Minuten

FSK: ab 18 Jahre

Hinweise

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Halloween Kills“

Metacritic über „Halloween Kills“

Rotten Tomatoes über „Halloween Kills“

Wikipedia über „Halloween Kills“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von David Gordon Greens „Die Wahlkämpferin“ (Our Brand is Crisis, USA 2015)

Meine Besprechung von David Gordon Greens „Halloween“ (Halloween, USA 2018)