In wenigen Stunden verleiht das Syndikat, der Verein für deutschsprachige Kriminalliteratur, in Schwetzingen auf der Criminale die diesjährigen Friedrich-Glauser-Preise. Dieses Jahr habe ich die nominierten Romane vor der Preisverleihung gelesen und besprochen. Aber die Frage, welcher Krimi den Roman- und den Debütglauser erhalten sollte, habe ich noch nicht beantwortet. Bis jetzt.
In der Kategorie „Roman“ sind für den Glauser-Preis 2025 nominiert:




Nicole Eick: Wenn der Engel kommt (Edition Tingeltangel)
Henri Faber: Gestehe (dtv)
Thomas Knüwer: Das Haus, in dem Gudelia stirbt (Pendragon)
Jakob Nolte: Die Frau mit den vier Armen ((Suhrkamp Nova)
Till Raether: Danowski: Sturmkehre (Rowohlt Polaris)
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In der Kategorie „Debütroman“ sind für den Glauser-Preis 2025 nominiert:




Stefan Grebe: Die Übermacht ( Bastei Lübbe)
Roland Muller: Eisrausch (Aufbau Taschenbuch)
Turid Müller: Im Schatten der Insel (Piper)
Susanne Tägder: Das Schweigen des Wassers (Klett-Cotta)
Ana Wetherall-Grujić: Blutsschwestern (Kremayr & Scheriau)
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Beginnen wir mit einigen möglicherweise interessanten Beobachtungen:
zum Geschlechterverhältnis der nominierten Autoren:
Roman: Frauen 1, Männer: 4
Debüt: Frauen 3, Männer: 2
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zur Länge der nominierten Romane:
– bis 200 Seiten:
Ana Wetherall-Grujić: Blutsschwestern (Kremayr & Scheriau)
– 200 bis 300 Seiten:
Thomas Knüwer: Das Haus, in dem Gudelia stirbt (Pendragon)
Jakob Nolte: Die Frau mit den vier Armen ((Suhrkamp Nova)
– 300 bis 400 Seiten:
Nicole Eick: Wenn der Engel kommt (Edition Tingeltangel)
Till Raether: Danowski: Sturmkehre (Rowohlt Polaris)
Roland Muller: Eisrausch (Aufbau Taschenbuch)
Turid Müller: Im Schatten der Insel (Piper)
Susanne Tägder: Das Schweigen des Wassers (Klett-Cotta)
– über 400 Seiten:
Henri Faber: Gestehe (dtv)
Stefan Grebe: Die Übermacht ( Bastei Lübbe)
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zur Hauptperson der nominierten Romane:
bei Eick, Faber, Nolte, Raether, Muller, Tägder und Faber ermitteln Polizisten
bei Grebe ermittelt ein Ex-Geheimagent (also noch ein Staatsbeamter)
bei Müller ermittelt eine Privatperson
bei Wetherall-Grujić und Knüwer agieren die Täter, während die Polizei Kaffee trinkt
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zum Handlungsort der nominierten Romane:
Wenig überraschend spielen sie fast alle in Deutschland.
Die Ausnahmen bilden Roland Mullers in Grönland spielender „Eisrausch“, Ana Wetherall-Grujić‘ hauptsächlich in Serbien, teils in Wien spielende „Blutsschwestern“, Henri Fabers in Wien spielender Serienkillernthriller „Gestehe“ und Stefan Grebes teilweise in China, hauptsächlich in Berlin spielender Thriller „Die Übermacht“.
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Ebenfalls wenig überraschend ist, dass fast alle Romane, teils mit Ausflügen in die Vergangenheit, in der Gegenwart spielen.
Die Ausnahmen sind Thomas Knüwers ungefähr zu gleichen Teilen 1984, 1998 und 2024 spielender „Das Haus in dem Gudelia stirbt“ und Susanne Tägders atmosphärischer Nachwendekrimi „Das Schweigen des Wassers“.
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Einen richtigen Rätselkrimi in der Agatha-Christie-Tradition mit vielen Verdächtigen, falschen Spuren und einer überraschenden Auflösung am Ende gibt es nicht.
Oft wird sich rudimentär der Rätselkrimi-Struktur bedient indem es am Anfang einen Mord und am Ende eine Enttarnung des bis dahin mehr oder weniger unbekannten Täters gibt. Dazwischen gibt es allerdings keine relevanten Spuren und Verdächtigen.
Bei einem konventionellem Thriller, wie Roland Mullers „Eisrausch“, ist das kein Problem. Ebenso bei Till Raethers „Danowski: Sturmkehre“, weil es um die Suche nach einer vermissten Person geht und der Ermittler mit seinen persönlichen Problemen im Mittelpunkt steht.
In zwei Krimis ist die Täterin die Hauptperson. Und das waren nicht die schlechtesten Krimis.
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Ein richtig grandioser Roman, also ein Roman, der mich sprachlos vor Begeisterung zurücklässt und den ich anschließend jedem empfehle, war nicht dabei. Wobei ich in den vergangenen Tagen, bedingt durch die zeitliche Nähe von Lektüre und „Welchen guten Krimi hast du zuletzt gelesen?“-Gesprächen, öfters Roland Mullers „Eisrausch“ empfahl.
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Und jetzt kommen wir endlich zu meinen Gewinner-Tipps.


Den Glauser als bester Kriminalroman sollte
Thomas Knüwer: Das Haus in dem Gudelia stirbt
erhalten, weil er souverän auf drei Zeitebenen die Geschichte eines Verbrechens und seiner Nachwirkungen entwirft. Das ist, auch wenn der Klappentext und der Titel vieles verraten, spannend bis zur letzten Seite.
Den Glauser für den besten Debütroman sollte
Roland Muller: Eisrausch
erhalten, weil er eine spannende Thrillergeschichte erzählt, die Tradition achtet und kurzweilig Informationen über Grönland, die dort lebenden Menschen und die geopolitischen Interessen vermittelt. Es handelt sich also um die passende Lektüre zu den aktuellen Schlagzeilen.
Lobende Erwähnungen gibt es für
Susanne Tägder: Das Schweigen des Wassers
und
Ana Wetherall-Grujić: Blutsschwestern
Beide Debütromane gefielen mir, aber sie schwächelten im dritten Akt. In jedem Fall bin ich auf ihre nächsten Werke gespannt.
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