Der Pakt der Wölfe(Le Pacte des loups, Frankreich 2001)
Regie: Christophe Gans
Drehbuch: Stéphane Cabel, Christophe Gans
1766: Im Auftrag des Königs soll Grégoire de Fronsac in der südfranzösischen Provinz eine Frauen und Kinder tötende Bestie zur Strecke bringen. Die abergläubischen Einheimischen glauben, dass es sich um einen Wolf handelt. De Fronsac glaubt das nicht.
In jeder Beziehung herrlich freidrehender Fantasythriller. Ein großartiger, abstrus-absurder Spaß.
Beetlejuice ist zurück. 1988 war das, nach einigen kürzeren Arbeiten und dem Talentprobe-Spielfilmdebüt „Pee-Wee’s irre Abenteuer“ sein erster echter Tim-Burton-Spielfilm und sein Durchbruch. Danach inszenierte er „Batman“. In „Beetlejuice“ geht es um das Ehepaar Maitland, das bei einem tödlichen Unfall stirbt und die nächsten 125 Jahre in ihrem Haus als Geister leben muss. Als die Familie Geetz, eine neureiche Clique, die das gesamte Haus umgestalten will, einzieht, versuchen die Maitlands die neuen Bewohner loszuwerden. Ohne Erfolg. Aus nackter Verzweiflung rufen sie den selbsternannten Bio-Exorzisten Beetlejuice (bzw. Betelgeuse). Der erledigt die Aufgabe.
Burton erzählt das als liebevoll-skurille Geisterkomödie mit zahlreichen Anspielungen auf die entsprechenden Filme und Geschichten. Es ist die Mischung, die er seitdem in seinen Filmen perfektionierte.
„Beetlejuice Beetlejuice“ spielt ungefähr fünfunddreißig Jahre nach dem ersten Film. Michael Keaton als Beetlejuice, Winona Ryder als Lydia Deetz und Catherine O’Hara als ihre Mutter Delia Deetz sind wieder dabei. Es gibt viele Neuzugänge, wie Jenny Ortega, Justin Theroux, Monica Bellucci, Arthur Conti, Willem Dafoe (erstaunlicherweise erstmals in einem Tim-Burton-Film) und Danny DeVito, in mehr oder weniger großen Rollen. Eine nennenswerte Story ist, im Gegensatz zu „Beetlejuice“, nicht mehr vorhanden. Es gibt mehrere Plots, die mehr oder weniger halbherzig erzählt werden, und einzelne mal mehr, mal weniger gelungene Gags, die die Hauptgeschichten nicht voranbringen.
Es geht um Delores (Monica Bellucci), die sich an ihrem Ehemann Beetlejuice rächen will. Es geht um die Familie Deetz, die nach dem Tod des Familienoberhaupts für die Beerdigung nach Winter River und in das Geisterhaus zurückkehrt und dort ‚Erlebnisse‘ hat. Es geht Lydias Tochter Astrid (Jenny Ortega), die als Teenager von dem ganzen Geisterbohei, ihrer Familie und dem Rest der Welt genervt ist. In Winter River trifft sie Jeremy Frazier (Arthur Conti) und verliebt sich in ihn. Zur gleichen Zeit wird ihrer Mutter Lydia, die als Gastgeberin der TV-Show „Ghost House with Lydia Deetz“ bekannt ist, von ihrem Freund und Produzenten Rory (Justin Theroux) während der Beerdigung ein Heiratsantrag gemacht. Notgedrungen akzeptiert sie und sofort wird die Hochzeit geplant.
Die einzelnen Szenen spielen in dieser und in der Geisterwelt, von der wir mehr als in „Beetlejuice“ sehen und das Verhältnis zwischen beiden Welten und wie vor allem die Geisterwelt funktioniert, ist wahnsinnig komplex. Oder einfach nur verwirrend.
Der Film ist eine Nummernrevue für die Fans des ersten Films. Nachdem Tim Burton in „Beetlejuice“ die Regeln des Geisterfilms parodierte und dekonstruierte, dekonstruiert er hier auch das Erzählen von Geschichten. Die einzelnen Szenen sind liebevoll inszeniert und für Freunde alter Horrorfilme und Gruselcomics ein Fest. Die Effekte gelungen. Die Musik von Danny Elfman gewohnt bombastisch. Die Schauspieler hatten beim Dreh ihren Spaß. Die von ihnen gespielten Figuren sind durchgehend eindimensionale Cartoons.
Da erscheint der Griff in den Tim-Burton-Zettelkasten trotz seiner kurzen Laufzeit von, ohne den langen Abspann, etwas über neunzig Minuten doch ziemlich lang.
Beetlejuice Beetlejuice(Beetlejuice Beetlejuice, USA 2024)
Regie: Tim Burton
Drehbuch: Alfred Gough, Miles Millar (nach einer Geschichte von Alfred Gough, Miles Millar und Seth Grahame-Smith, basierend auf von Michael McDowell und Larry Wilson)
mit Michael Keaton, Winona Ryder, Catherine O’Hara, Jenna Ortega, Justin Theroux, Willem Dafoe, Monica Bellucci, Arthur Conti, Nick Kellington, Santiago Cabrera, Danny DeVito
Es geht um eine Opernsängerin, die für tot gehalten wurde und jetzt von der Reaktion der Presse auf ihr Ableben enttäuscht ist.
Es geht um ihren Mann, einen Dirigenten, der sie bedigungslos liebt.
Es geht um ihre Haushälterin, ihre Familie und ihre kettenrauchende Mutter.
Es geht um einen Stuntman, der Schauspieler werden möchte und sich um seinen Sohn kümmern muss.
Es geht um seinen neuen Visagisten, der sich unsterblich in ihn verliebt. Obwohl der von ihm begehrte Stuntman heterosexuell ist.
Es geht um einen TV-Moderator für True-Crime-Sendungen, der kurz vor seiner letzten Sendung und dem wohlverdienten Ruhestand steht.
Es geht um einen ungefähr mittelalten Wirt, der immer noch seiner vor Jahren verstorbenen Frau hinterhertrauert.
Es geht um ein schweigsames Mädchen, das in Therapie ist und sich umbringen will. Gerade als sie von der Brücke springen will, wird sie entführt.
Es geht um ihren tänzerisch begabten Entführer, der von dem Mädchen, das plötzlich pausenlos redet, in den Wahnsinn getrieben wird.
Es geht um einen Polizisten, der das spurlos verschwundene Mädchen sucht.
Und wahrscheinlich habe ich ungefähr ein halbes Dutzend weiterer Figuren und Geschichten vergessen. Denn Marjane Satrapi („Persepolis“) entwirft in ihrem neuen Film ein überaus freundliches Multikulti-Paris-Wimmelbild. Einige Figuren begegnen sich. Andere nicht. Eine wirkliche thematische Klammer gibt es nicht. Denn Liebe, Leid und Tod sind so allgemein, dass darunter ungefähr alles erzählt werden kann.
Für mich war die absurde Entführung, über die besser nicht länger nachgedacht wird, die vergnüglichste Geschichte. Die anderen sind nett unterhaltsame Kurzgeschichten mit eher weniger überraschenden Schlusspointen und einigen wenigen schwarzhumorigen und absurden Szenen. Vieles wird angesprochen, vieles wird nicht weiterverfolgt. Insgesamt vergeht die Zeit, dank der vielen Geschichten, zwischen denen Satrapi ständig wechselt, ziemlich flott bis zum Finale im Konzerthaus mit einer abenteuerlichen Rettung und, nun gut, einer Liebeserklärung an das Leben.
Zusammen ergeben die Szenen und Geschichten ein kurzweiliges, aber nie tiefgründiges und eigentlich nie (es gibt ja die Entführungsgeschichte) überraschendes Porträt vom Leben in Paris. Das ist nett anzusehen und schnell vergessen.
Paris Paradies (Paradis Paris, Frankreich 2024)
Regie: Marjane Satrapi
Drehbuch: Marie Madinier, Marjane Satrapi
mit Monica Bellucci, Charline Balu-Emane, Rossy de Palma, Eduardo Noriega, André Dussollier, Alex Lutz, Ben Aldridge, Roméo Grialou, Gwendal Marimoutou, Roschdy Zem, Martina Garcia
Während Rapid Eye Movies sich für seine monatliche „Zeitlos“-Reihe durch die unbekannteren Gefilde des asiatischen Kinos wühlt, kann Studiocanal/Arthaus für seine ebenfalls monatliche „Best of Cinema“-Reihe in seinem reichhaltigen Fundus zwischen Mainstream, Arthaus und allem, was dazwischen liegt und uns in den vergangenen Jahrzehnten schöne Kinoabende bescherte, wühlen.
Für den Januar, genaugenommen am Dienstag, den 2. Januar 2024, gibt es Christophe Gans‘ „Pakt der Wölfe“ im Director’s Cut in der 4K-Restaurierung, die 2022 in Cannes uraufgeführt wurde. Danach erschien sie auf DVD/Blu-ray und wird jetzt erstmals in unseren Kinos gezeigt.
1767 tötet in der südfranzösischen Provinz ein unbekanntes Tier Menschen. Der König schickt Grégoire de Fronsac (Samuel Le Bihan) in die Provinz, in der der Adel und die Kirche eine geschlossne Trutzburg gegen die Moderne und die sich andeutende Französische Revolution sind.
De Fronsac soll das Monster gefangen nehmen und zum Hof des Königs bringen. Während die Einheimischen glauben, dass ein Wolf die Menschen tötet, glaubt de Fronsac nicht daran.
De Fronsac ist ein Abenteurer, Frauenheld und Wissenschaftler, der an die modernen Methoden der Wissenschaft glaubt. Er ist eine Mischung aus Alexander von Humboldt, Constable Ichabod Crane (Johnny Depp) aus „Sleepy Hollow“ und Sherlock Holmes. Begleitet wird er von Mani (Mark Dacascos), einem schweigsamen Indianer mit Kung-Fu-Kenntnissen, die er an renitenten Einheimischen ausprobiert. Danach liegen sie im Matsch. Außerdem ist de Fronsacs Blutsbruder ein begnadeter Fährtenleser und Fallensteller.
Christophe Gans und Stéphane Cabel haben eine vollkommen krude Geschichte erfunden, die sie mit dem heiligen Ernst und Pathos einer wahren historischen Chronik erzählen. Das beginnt damit, dass der Aristokrat Thomas d’Apcher, der de Fronsac und Mani bei der Jagd nach der Bestie half, zwanzig Jahre später seine Erinnerungen (vulgo die Filmgeschichte) aufschreibt, während vor seiner Haustür die Fackelträger der Französischen Revolution warten, und endet mit dem Wissen, dass die Filmgeschichte von wahren Ereignissen inspiriert ist – Von 1764 bis 1767 tötete die ‚Bestie von Gévaudan‘ in der südfranzösischen Provinz über hundert Menschen. Die Bestie wurde nie gefunden. – und etliche Filmfiguren, für Historiker mehr oder weniger einfach erkennbar, auf historisch verbürgten Persönlichkeiten beruhen.
Dazwischen gibt es ein Gebräu aus Sex (in ungefähr jeder denkbaren Konstellation), Gewalt (dito), einem Kung-Fu-Indianer und einem schrecklich aussehendem Monster, das es nur auf Frauen und Kinder abgesehen hat. Jedenfalls normalerweise. Das beansprucht nie die Glaubwürdigkeit eines auch nur halbwegs historisch verbürgten, auf wahren Ereignissen basierenden Spielfilms, sondern von Anfang an die Glaubwürdigkeit einer Fantasy-Geschichte, die bei Christophe Gans nicht in Richtung Horror, sondern in Richtung Action (und Sex und Gewalt) abbiegt und sich dabei wenig um so etwas wie stilistische Geschlossenheit kümmert.
Mit dem richtigen Mindset ist seine Schauermär ein großartiger, abstrus-absurder Spaß.
Das sahen auch damalige Kritiker so:
„satte 143 Minuten fulminanten Mummenschanz in einer im besten Sinne des Wortes fantastischen Mischung aus Historienfilm, Actionreißer, Verschwörungsdrama, Western und Gruselklamotte.“ (Zitty 17/2001)
„opulente Rätselmär (…) Ein surrealistischer Kostümfilm mit rasanten Martial-Arts-Einlagen, ein Monstermärchen mit Anleihen aus Western und Eastern.“ (tip 4/2002)
„unbekümmert-dreisten Mischung aus ‚Im Namen der Rose‘ und ‚Fantomas‘, Jean-Jacques Rosseau und James Bond, aus Esoterik und Erotik entzieht sich der Film allen Kategorien seriöser Bewertung. Die Plotkonstruktion ist (…) kompletter Unsinn.“ (Claus Löser, Berliner Zeitung 14. 2. 2002)
„vor allem in der optischen Gestaltung aufwändige, düstere und weitgehend spannende Mischung aus Fantasy-, Horror- und Kriminalfilm im Gewand eines Mantel- und Degenabenteuers.“ (Lexikon des internationalen Films – Filmjahr 2002)
–
„Pakt der Wölfe“ läuft am Dienstag, den 2. Januar 2024, im Rahmen der „Best of Cinema“-Reihe im Kino. Spätere Vorstellungen sind möglich, aber selten.
Pakt der Wölfe – Director’s Cut (Le Pacte des loups, Frankreich 2001)
Regie: Christophe Gans
Drehbuch: Stéphane Cabel, Christophe Gans
mit Samuel Le Bihan, Vincent Cassel, Émilie Dequenne, Monica Bellucci, Jérémie Renier, Mark Dacascos, Jean Yanne, Jacques Perrin, Bernard Fresson
Und damit endet, bis auf Daniel Craigs Abschiedsvorstellung, die irgendwann in naher oder ferner Zukunft im TV läuft, unser James-Bond-Rewatch
Sat.1, 20.15
James Bond: Spectre (Spectre, USA/Großbritannien 2015)
Regie: Sam Mendes
Drehbuch: John Logan, Neal Purvis, Robert Wade, Jez Butterworth
LV: Charakter von Ian Fleming
James Bond will die geheimnisvolle Verbrecherorganisation Spectre zerstören. Sein Gegner ist dabei Franz Oberhauser. Sie haben sich schon als Kinder gekannt.
Nach dem grandiosen „Skyfall“ enttäuschte „Spectre“, der sich mehr um einen überflüssigen Bohei um den Namen des Bösewichts als um ein schlüssiges Drehbuch kümmert. Am Ende ist „Spectre“ der halbherzige Versuch, einen klassischen James-Bond-Film zu inszenieren.
mit Daniel Craig, Christoph Waltz, Léa Seydoux, Ben Whishaw, Naomie Harris, Dave Bautista, Monica Bellucci, Ralph Fiennes, Andrew Scott, Rory Kinnear, Jesper Christensen, Stephanie Sigman
Das Warten auf den neuen James-Bond-Film hat noch lange kein Ende. Bis dahin
RTL, 20.15
James Bond: Spectre (Spectre, USA/Großbritannien 2015)
Regie: Sam Mendes
Drehbuch: John Logan, Neal Purvis, Robert Wade, Jez Butterworth
LV: Charakter von Ian Fleming
James Bond will die geheimnisvolle Verbrecherorganisation Spectre zerstören. Sein Gegner ist dabei Franz Oberhauser. Sie haben sich schon als Kinder gekannt.
Nach dem grandiosen „Skyfall“ enttäuschte „Spectre“, der sich mehr um einen überflüssigen Bohei um den Namen des Bösewichts als um ein schlüssiges Drehbuch kümmert. Am Ende ist „Spectre“ der halbherzige Versuch, einen klassischen James-Bond-Film zu inszenieren.
mit Daniel Craig, Christoph Waltz, Léa Seydoux, Ben Whishaw, Naomie Harris, Dave Bautista, Monica Bellucci, Ralph Fiennes, Andrew Scott, Rory Kinnear, Jesper Christensen, Stephanie Sigman
James Bond: Spectre (Spectre, USA/Großbritannien 2015)
Regie: Sam Mendes
Drehbuch: John Logan, Neal Purvis, Robert Wade, Jez Butterworth
LV: Charakter von Ian Fleming
James Bond will die geheimnisvolle Verbrecherorganisation Spectre zerstören. Sein Gegner ist dabei Franz Oberhauser. Sie haben sich schon als Kinder gekannt.
Nach dem grandiosen „Skyfall“ enttäuschte „Spectre“, der sich mehr um einen überflüssigen Bohei um den Namen des Bösewichts als um ein schlüssiges Drehbuch kümmert. Am Ende ist „Spectre“ der halbherzige Versuch, einen klassischen James-Bond-Film zu inszenieren.
Daniel Craigs nächster und letzter Einsatz als James Bond startet am 2. April 2020 im Kino um die Ecke. Der Titel des 25. Bond-Films ist „Keine Zeit zu sterben“. Der Inhalt ist unbekannt.
mit Daniel Craig, Christoph Waltz, Léa Seydoux, Ben Whishaw, Naomie Harris, Dave Bautista, Monica Bellucci, Ralph Fiennes, Andrew Scott, Rory Kinnear, Jesper Christensen, Stephanie Sigman
Auf dem Weg zu mir: der neue James-Bond-Roman von Anthony Horowitz.
In „Ewig und ein Tag“ (Forever and a Day, 2018) erzählt Horowitz James Bonds ersten Einsatz als 00-Agent. Weil Horowitz sich an den Romanen von Ian Fleming orientiert, spielt der Roman vor dem ersten Bond-Roman „Casino Royale“.
1950 soll James Bond an der Côte d’Azur den Mord an seinem Vorgänger aufklären. Er legt sich mit dem dortigen Organisierten Verbrechen an und einen amerikanischen Multimillionär, der anscheinend der Hintermann des Drogenhandels ist.
Das hört sich doch nach einem richtigen James-Bond-Roman an. Außerdem war Horowitz‘ erster James-Bond-Roman „Trigger Mortis – Der Finger Gottes“ sehr gelungen.
TV-Premiere eines Skandalfilms über eine Rache und eine Vergewaltigung, bei dem vor allem über eine neunminütige Vergewaltigungsszene gesprochen wurde. „Diese Wahrnehmung verkürzt den Film auf ungerechte Weise. Tatsächlich handelt es sich sowohl um einen zwar überaus drastischen, aber ernst zu nehmenden Kommentar über filmische Dramaturgie als auch um eine durchaus moralisch fundierte Äußerung zur Phänomenologie zwischenmenschlicher Gewalt.“ (Lexikon des internationalen Films)
Anders: „Jenseits de exzessiv beschriebenen Gewalt bleibt ein Gefühl der Leere zurück.“ (epd-Film)
Der Film ist „frei ab 18 Jahre“.
mit Monica Bellucci, Vincent Cassel, Albert Dupontel, Jo Prestia
Drehbuch: John Logan, Neal Purvis, Robert Wade, Jez Butterworth
LV: Charakter von Ian Fleming
James Bond will die geheimnisvolle Verbrecherorganisation Spectre zerstören. Sein Gegner ist dabei Franz Oberhauser. Sie haben sich schon als Kinder gekannt.
TV-Premiere!
Nach dem grandiosen „Skyfall“ enttäuschte „Spectre“, der sich mehr um einen überflüssigen Bohei um den Namen des Bösewichts als um ein schlüssiges Drehbuch kümmert. Am Ende ist „Spectre“ der halbherzige Versuch, einen klassischen James-Bond-Film zu inszenieren.
In meiner ausführlichen Besprechung gibt es die spoilerfreie Begründung dazu.
Daniel Craigs nächster und wahrscheinlich letzter Einsatz als James Bond startet 2019 im Kino um die Ecke. Der Arbeitstitel ist „Bond 25“.
mit Daniel Craig, Christoph Waltz, Léa Seydoux, Ben Whishaw, Naomie Harris, Dave Bautista, Monica Bellucci, Ralph Fiennes, Andrew Scott, Rory Kinnear, Jesper Christensen, Stephanie Sigman
Zehn Jahre nach seinem letzten Spielfilm „Versprich es mir!“ und ungefähr zwanzig Jahre nach „Underground“ (1995) und „Schwarze Katze, weißer Kater“ (1998) kehrt der Jugoslawe Emir Kusturica wieder in seine Heimat und die neunziger Jahre, als im damaligen Jugoslawien ein Bürgerkrieg tobte, zurück und er erzählt eine Geschichte, die auf „drei wahren Geschichten und jeder Menge Fantasie“ basieren soll. Im Zentrum steht die Liebesgeschichte von Milchmann Kosta (Emir Kusturica), der verträumt mit seinem Esel täglich die Frontlinien passiert, und einer namenlosen Italienerin mit geheimnisvoller Vergangenheit (Monica Bellucci). Sie soll allerdings einen anderen Mann, einen einäugigen Kriegshelden, heiraten. Also brennen die beiden, verfolgt von ihrem künftigen Mann und ihrem Ex-Geliebten, durch.
Diese Geschichte ist für Kusturica nur die läppische Entschuldigung für eine Abfolge burlesker Szenen, in denen im Bürgerkrieg das Leben fast ungestört weitergeht und exzessiv gefeiert wird. Wenn man nicht gerade mit einer Bahnhofsuhr kämpfen muss.
Das ist, auch wenn die Verfolgungsjagd in der zweiten Filmhälfte etwas lang gerät, witzig und mit viel Liebe zum Detail inszeniert.
Allerdings kehrt Kusturica mit „On the Milky Road“ einfach wieder in seine Vergangenheit zurück. Sein neuester Film würde als weitere Episode in „Underground“ nicht weiter auffallen. Es ist ein Film, der uns viel über den Irrsinn des Bürgerkriegs als eine burleske Abfolge von Anekdoten, Klamauk, Grotesken, Slapstick, Fantasien und überbordenden, alkohlgeschwängerten Gesängen in Dorfkneipen erzählt, der aber nichts über die aktuellen Probleme im ehemaligen Jugoslawien und wie der Krieg von der Bevölkerung verarbeitet wurde verrät. Das ist, wie gesagt, gut gemacht und unterhaltsam, aber für Kusturica-Fans, die sich noch an „Underground“ und „Schwarze Katze, weißer Kater“ erinnern, gibt es keinen Grund, sich „On the Milky Road“ anzusehen.
Für sie stellt sich schon während des Films die Frage, ob Kusturica nichts zu den aktuellen Entwicklungen in seiner Heimat zu sagen hat, ob er einfach in der Vergangenheit verharrt oder ob er nur dann Geld für einen Film bekommt, wenn er einfach noch einmal seine alten Erfolge nachinszeniert.
On the Milky Road (Na mliječnom putu/On the Milky Road, Serbien/Großbritannien/USA 2016)
Regie: Emir Kusturica
Drehbuch: Emir Kusturica
mit Emir Kusturica, Monica Bellucci, Sloboda Micalovic, Predrag Manojlovic
RTL II, 22.30 Bram Stoker’s Dracula (USA 1992, Regie: Francis Ford Coppola)
Drehbuch: James V. Hart
LV: Bram Stoker: Dracula, 1897 (Dracula)
Francis Ford Coppolas Interpretation der bekannten Geschichte von Graf Dracula. Nicht schlecht und allein schon wegen der Besetzung einen Blick wert.
mit Gary Oldman, Winona Ryder, Anthony Hopkins, Keanu Reeves, Richard E. Grant, Cary Elwes, Bill Campbell, Sadie Frost, Tom Waits, Monica Bellucci Hinweise Rotten Tomatos über „Bram Stoker’s Dracula“
Wikipedia über „Bram Stoker’s Dracula“ (deutsch, englisch)
Der neue James-Bond-Film „Spectre“ ist der halbherzige Versuch, einen klassischen James-Bond-Film zu inszenieren.
Das klingt jetzt vielleicht etwas negativ und natürlich ist die Zeit des Kalten-Kriegs-James-Bonds schon lange vorbei und die Serie muss sich, wie die Geheimdienste neuen technischen Entwicklungen (wozu vor allem die ständige Überwachung gehört) und geopolitischen Herausforderungen, anpassen. Wobei James Bond bei den geopolitischen Herausforderungen immer angenehm abgehoben war. Gut, früher gab es den russischen Geheimdienst SMERSCH und natürlich SPECTRE, eine Zusammenballung von bösen Terroristen, deren Agenda „Weltherrschaft“ war. Da waren dann der Nordirlandkonflikt, der Linksterrorismus der siebziger Jahre, die Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt (vulgo „den Kolonien“) und, seit den Achtzigern, der religiöse Terrorismus und die immer größere Rolle Chinas in der Weltpolitik vernachlässigbares Störfeuer. Immer waren die James-Bond-Filme in erster Linie Eskapismus und Kleine-Jungs-Fantasien. Ich meine, welcher Zwölfjährige will nicht gerne Frauen im Dutzend verführen, mit einem unbegrenzten Spesenkonto um die Welt jetten, Alkohol ohne Kopfschmerzen trinken (andere Drogen spielen im Bond-Universum keine Rolle), die neuesten Spielzeuge ausprobieren und, ohne dass die Eltern (vulgo M) meckern, zerdeppern. Zum Finale jedes ordentlichen Bond-Films gehört natürlich, dass die pompöse Zentrale des Bösewichts lustvoll zerstört wird.
Und dann kam Daniel Craig als James Bond. In seinem ersten Einsatz „Casino Royale (2006) wurden vieler dieser Bondismen über Bord geworfen. Kritik und Publikum waren begeistert. In „Skyfall“ (2012) erfuhren wir dann alles, was wir niemals über Bonds Herkunft wissen wollten. Der Film war an der Kinokasse wahnsinnig erfolgreich und „Spectre“ schließt an die vorherigen Craig-Bonds an, weshalb er jetzt anderen Ballast mit sich herumschleppt. Die vorherigen Filme sollen als Ouvertüre für „Spectre“ angesehen werden.
Es ist daher auch wieder ein persönlicher Fall. Denn Bond kennt Franz Oberhauser (Christoph Waltz), den Bösewicht des Films, aus Kindertagen. Er war für zwei Jahre in den Alpen sein Freund, während Franz‘ Vater den beiden Jungs all die Dinge beibrachte, die man in den Alpen zwischen Bergsteigen und Skifahren zum Überleben braucht. Das hat auf der einen Seite gerade anekdotischen Wert, weil es für die Handlung, abgesehen von einigen spitzen Bemerkungen Oberhausers unerheblich ist. Andererseits sollen wir glauben, dass Oberhauser das alles – die Anschläge, Spectre und den ganzen Rest – nur macht, um sich an James Bond zu rächen, weil dieser ihm irgendwie, vor allem gefühlt, seinen Vater nahm. Das ist, auch wenn diese Konstruktion in anderen Geschichten (wie den Blomkvist/Salander-Romanen oder etlichen Superheldencomics) benutzt wird, mal wieder, arg bescheuert.
Da waren die alten Bond-Gegner, wie Ernst Stavro Blofeld, der legendäre Kopf von Spectre, gegen dessen Gehilfen James Bond (damals gespielt von Sean Connery) in den ersten Bond-Filmen kämpfte, von einem ganz anderen Kaliber. Seinen ersten richtigen Auftritt hatte Blofeld in „Feuerball“, wo er seine weiße Katze streichelte und hochrangige Spectre-Mitglieder, die bei ihrer Arbeit versagten, töten ließ. In „Man lebt nur zweimal“, „Im Geheimdienst ihrer Majestät“ und „Diamantenfieber“ kämpfte Bond dann dreimal direkt gegen ihn und seine Schergen. Blofeld war, wie die anderen legendären Bond-Bösewichter, einfach nur Böse. Auf psychologische Feinheiten und seit Kindertagen gepflegte Konflikte mit dem Helden wurde verzichtet.
Damals arbeitete James Bond auch, abgesehen von „Lizenz zum Töten“, immer im Auftrag ihrer Majestät. In „Spectre“ zieht Bond wieder einmal auf eigene Faust los. Immerhin wird er von seinem Vorgesetzten M (Ralph Fiennes), dessen Sekretärin Miss Moneypenny (Naomie Harris) und dem Tüftler Q (Ben Whishaw) unterstützt, die ihm gegen Max Denbigh, genannt C und der neue Chef von MI5 (Andrew Scott, bekannt als Moriarty aus „Sherlock“), helfen. Denbigh will nämlich die 00-Abteilung schließen, weil sie anachronistisch ist und deren Einsätze zu hohe Kolleteralschäden haben; was Bond natürlich nicht daran hindert, nach der Aktion in Mexico City, verstreut über den halben Globus weitere Gebäude zu zerstören. Denbigh will ein riesiges Überwachungssystem installieren und Terroristen mit Drohnen bekämpfen. Die Zustimmung der meisten Regierungen dafür hat er schon.
Diese Prämisse erinnert natürlich an den letzten, äußerst kurzweiligen „Mission: Impossible“-Film „Rogue Nation“. Nicht nur von der Story, sondern auch von den Handlungsorten. Und beide Male ist der Höhepunkt des Thrillers in London.
Die Story von „Spectre“ ist letztendlich eine ausgedehnte Schnitzeljagd, garniert mit grandiosen Actionszenen. Wobei die Pre-Titel-Sequenz, die in Mexico City während des Tages der Toten spielt, ein feines Kabinettstück ist, das mit einer langen Plansequenz beginnt und auch danach extrem selten geschnitten wird.
Die weiteren ausgedehnten Actionszenen können dieses Niveau nicht mehr halten. Das gilt für die Autoverfolgungsjagd durch Rom, einer Auto-Flugzeug-Verfolgungsjagd in den Alpen, den Besuch in Oberhausers Zentrale in der marokkanischen Wüste (die etwas an Blofelds Zentrale in einem Vulkankrater in „Man lebt nur zweimal“ erinnert), die erschreckend schnell zerstört wird, und dem Höhepunkt in London, bei dem dann zu Land, zu Wasser und in der Luft gekämpft wird, bis die Innenstadt von London umfassend renoviert werden muss. Sie sind gut, aber nicht so gut wie der schwer zu überbietende Auftakt.
Bis dahin haben gestandene Bond-Fans viele Anspielungen auf ältere Bond-Filme entdeckt.
Allerdings sind die Bondinen durchweg enttäuschend. Stephanie Sigman wird in Mexiko City in einem Hotelzimmer zurückgelassen. Monica Bellucci hat letztendlich einen Auftritt und Léa Seydoux ist – vor allem wenn man an „Blau ist eine warme Farbe“ denkt – die wohl unerotischste Bondine, die es jemals gab. Sie begleitet den suspendierten Geheimagenten um die halbe Welt ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Natürlich hat „Spectre“ beträchtliche Schauwerte, die, wie immer bei Bond, auf der großen Leinwand ihren wahren Reiz entfalten, und die ausgedehnten, vor Ort inszenierten Actionszenen sind gewohnt gut. Hier sieht man, wofür die Macher das Geld ausgaben. Aber „Spectre“ leidet an seinem episodischen Drehbuch (weshalb man auch ohne Probleme eine halbe Stunde herausschneiden könnte; man müsste nur ein, zwei Sätze ändern), einem schwachen Bösewicht (Oberhauser hat zu wenige Szenen und Max Denbigh wurde leider nicht als der große Bösewicht des Films eingeführt) und einer blassen Bondine.
Arte, 21.00 Bram Stoker’s Dracula (USA 1992, Regie: Francis Ford Coppola)
Drehbuch: James V. Hart
LV: Bram Stoker: Dracula, 1897 (Dracula)
Francis Ford Coppolas Interpretation der bekannten Geschichte von Graf Dracula. Nicht schlecht und allein schon wegen der Besetzung einen Blick wert.
mit Gary Oldman, Winona Ryder, Anthony Hopkins, Keanu Reeves, Richard E. Grant, Cary Elwes, Bill Campbell, Sadie Frost, Tom Waits, Monica Bellucci Wiederholung: Donnerstag, 3. April, 23.10 Uhr Hinweise Rotten Tomatos über „Bram Stoker’s Dracula“
Wikipedia über „Bram Stoker’s Dracula“ (deutsch, englisch)