LV: Benjamin Black (Pseudonym von John Banville): The Black-Eyed Blonde, 2014 (Die Blonde mit den schwarzen Augen – Ein Philip-Marlowe-Roman)
Los Angeles, 1939: Privatdetektiv Philip Marlowe (Liam Neeson) wird von einer Frau beauftragt, ihren verschwundenen Liebhaber zu suchen. Bei seiner Suche sticht Marlowe in ein Wespennest.
TV-Premiere. Neil Jordans „Marlowe“ ist eine erstaunlich leblos-museale Angelegenheit, die einfach noch einmal, ohne einen eigenen Gedanken, Chandler bebildert. Von dem Team hätte ich mehr erwartet.
mit Liam Neeson, Diane Kruger, Jessica Lange, Adewale Akinnuoye-Agbaje, Ian Hart, Colm Meaney, Daniela Melchior, Danny Huston, Alan Cumming
Lief laut meiner nicht hundertprozentig zuverlässigen Buchführung zuletzt 2015:
Arte, 20.15
Tote schlafen fest (The Big Sleep, USA 1946)
Regie: Howard Hawks
Drehbuch: William Faulkner, Leigh Brackett, Jules Furthman
LV: Raymond Chandler: The big sleep, 1939 (Der große Schlaf)
Privatdetektiv Philip Marlowe soll einen Erpresser finden. Zuerst findet er zwei schöne Töchter und viele Leichen.
Unbestritten – neben „Der Malteser Falke“ (der nach meiner Buchführung zuletzt 2010 im TV lief) – der Klassiker unter den Privatdetektiv-Krimis und eines der Meisterwerke des Film Noir.
Im Anschluss, um 22.05 Uhr, läuft „Lauren Bacall – Die diskrete Verführerin“ (Frankreich 2017).
Mit Humphrey Bogart, Lauren Bacall, Elisha Cook Jr., John Ridgely, Martha Vickers, Dorothy Malone, Charles Waldron, Regis Toomey
Weil am Sonntag der Todestag von Raymond Chandler (23. Juli 1888 in Chicago, Illinois – 26. März 1959 in La Jolla, Kalifornien) ist.
Weil Diogenes seine Bücher in einer vorzüglichen Neuediton in neuen Übersetzung wieder herausbringt. Der bislang letzte Band dieser Neuausgabe ist „Das hohe Fenster“ (The High Window, 1942). In dem Privatdetektivkrimi beauftragt Mrs. Murdock Philip Marlowe mit der Suche nach ihrer Schwiegertochter, einer früheren Nachtclub-Sängerin, und einer wertvollen Goldmünze.
Weil diese Übersetzung von Ulrich Blumenbach ist.
Weil es einen neuen Marlowe-Spielfilm gibt. Der Film „Marlowe“ basiert basiert auf Benjamin Blacks Roman „Die Blonde mit den schwarzen Augen – Ein Philip-Marlowe-Roman“ (The Black-Eyed Blonde, 2014), William Monahan schrieb das Drehbuch, Co-Autor Neil Jordan inszenierte, Liam Neeson spielt den Detektiv, der Trailer ist ernüchternd und die bisherigen Kritiken sind verheerend. Ein deutscher Starttermin ist noch nicht bekannt.
Weil ich so die TV-Sender auffordern kann, endlich mal wieder einige Chandler-Verfilmungen zu zeigen. So lief „Tote schlafen fest“ mit Humphrey Bogart als Marlowe schon seit Jahren nicht mehr im Fernsehen. Das muss sich ändern! Gerne im Rahmen einer Best-of-Noir-Reihe. Arte, übernehmen Sie!
(Ach, die wahnwitzigen Fieberträume des kleinen Noir-Fans.)
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Raymond Chandler: Das hohe Fenster
(übersetzt von Ulrich Blumenbach, mit einem Nachwort von Margaret Atwood)
Aus mir unbekannten Gründen habe ich Hellmuth Karaseks alte Diogenes-Übersetzung jetzt nicht zur Hand. Dabei habe ich Raymond Chandlers vierten Philip-Marlowe-Krimi „The Lady in the Lake“ vor Ewigkeiten in seiner Übersetzung gelesen. Aber ohne das Buch in Griffnähe zu haben, kann ich die Übersetzungen nicht miteinander vergleichen.
Das gesagt, liest sich Robin Detjes neue Übersetzung sehr gut. Und zwar so gut, dass aus den wenigen Seiten, die ich Lesen wollte, um die Qualität der Übersetzung zu prüfen, eine erneute Lektüre des gesamten Romans wurde; – nun, es gibt schlechtere Methoden, um seine Zeit zu verbringen.
In „Die Lady im See“ soll Philip Marlowe im Auftrag von dem Unternehmer Derace Kingsley dessen seit einem Monat spurlos verschwundene Frau suchen. Zuletzt wurde Crystal Kingsley in dem kleinen Haus, das die Kingleys in den Bergen am Little Fawn Lake haben, gesehen.
Marlowe fährt dorthin und trifft Bill Chess, der dort als Hausmeister seine Invalidenrente aufbessert. Chess erzählt Marlowe, dass er Streit mit seiner Frau hatte. Das war vor einem Monat. Danach verschwanden die beiden Frauen gleichzeitig.
Als die beiden Männer zum See gehen, entdecken sie im See die titelgebende Frau im See. Chess hält die Wasserleiche für seine Frau.
Marlowe beginnt nun auch den Mörder der Wasserleiche zu suchen. Dabei stochert er in der Vergangenheit der beiden Frauen herum und stolpert über die Leiche von Crystal Kingsleys Liebhaber. Er wurde erschossen.
Bei der wiederholten Lektüre fällt auf, wie zeitlos und schnörkellos elegant Raymond Chandlers Sprache ist. Die Story selbst bewegt sich zügig voran und sie wirkt ebenfalls nicht veraltet. Sicher, heute müsste Marlowe keine Münzfernsprecher mit Geld füttern. Er würde mit einem Handy telefonieren. Aber immer noch müsste er mit vielen Verdächtigen, Zeugen und potentiellen Zeugen reden. Immer noch hätte er Ärger mit der Polizei. Er würde zusammengeschlagen werden und er würde auf gutaussehende Frauen treffen, die ihn mit einer Waffe in der Hand begrüßen.
Angenehm ist auch, dass sich der gesamte Roman auf Marlowes Auftrag und seine Jagd nach dem Mörder konzentriert. Über Marlowe selbst und sein Privatleben erfahren wir nichts. Und das ist gut so.
Schlecht ist allerdings die Lösung des Falles. Die zaubert Chandler ziemlich aus dem Hut in einer Mischung aus nicht mit dem Leser geteiltem Wissen und wilden Vermutungen. Echte Beweise hat Marlowe erst durch das anschließende Geständnis des Täters.
„The Lady in the Lake“ ist Raymond Chandlers vierter Philip-Marlowe-Roman. Davor schrieb er „The big Sleep“ (1939, Der tiefe Schlaf/Der große Schlaf), „Farewell, my Lovely“ (1940, Betrogen und gesühnt/Lebwohl, mein Liebling) und „The high Window“ (1942, Das hohe Fenster). Danach „The little Sister“ (1949, Die kleine Schwester), „The long Good-Bye“ (1953, Der lange Abschied) und „Playback“ (1958, Spiel im Dunkel/Playback). Bis auf „Playback“ sind alle seine Marlowe-Romane Klassiker.
„The Lady in the Lake“ wurde mehrmals ins Deutsche übersetzt und als „Einer weiß mehr“, „Die Tote im See“ und jetzt „Die Lady im See“ veröffentlicht.
Neben Dashiell Hammett definierte Raymond Chander das Privatdetektiv-Genre.
Ohne Chandler gäbe es Spenser nicht. 1989 durfte Spenser-Erfinder Robert B. Parker mit „Poodle Springs“ ein von Chandler geschriebenes Fragment fertig schreiben.
Chandlers Roman wurde 1947 von Robert Montgomery als „Die Dame im See“ (Lady in the Lake) verfilmt. Mit etlichen Freiheiten. So wurde die Handlung in die Vorweihnachtszeit verlegt und es gibt eine Rahmengeschichte, in der Marlowe Autor von Pulp-Romanen werden will. Gedreht wurde hauptsächlich in Innenräumen. Es wurde auch weitgehend auf Action verzichtet. Das lag nicht an der Unlust, vor Ort zu drehen, sondern an den technischen Herausforderungen des Films. Denn Montgomery erzählte die Geschichte als Ich-Erzählung. In einem Roman, vor allem in einem Privatdetektiv-Roman, der normalerweise immer in der ersten Person Singular geschrieben ist, funktioniert das problemlos. In einem Film nicht. So erfahren wir nicht, wie der Erzähler auf etwas reagiert. Immer wenn Marlowe sich bewegte, musste die damals noch sehr unhandliche Kamera bewegt werden. Es musste auch geguckt werden, wie man Marlowes Arme richtig im Bild positioniert. Und es gibt, neben den üblichen Gefahren, denen das Gesicht eines Privatdetektivs (hier die Kamera) bei seinen Abenteuern ausgesetzt ist, wie Schläge und Küsse, eine ziemlich spektakulär gefilmte Autoverfolgungsjagd. Denn als Marlowe auf einer einsamen Landstraße von einem anderen Auto verfolgt wird, muss er sich immer wieder umdrehen, damit wir genug mitbekommen, um die Verfolgungsjagd gespannt mitverfolgen zu können.
Insofern ist die Bewältigung der technischen Herausforderungen in „Die Dame im See“ beeindruckend. Ein guter Film ist so allerdings nicht entstanden.
Chandlers Hardboiled-Roman „Die Lady im See“ ist dagegen ein Klassiker, der jetzt in einer neuen Übersetzung wieder entdeckt werden kann.
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Raymond Chandler: Die Lady im See
(mit einem Nachwort von Rainer Moritz)
(übersetzt von Robin Detje)
Diogenes, 2021
336 Seiten
22 Euro
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Originalausgabe
The Lady in the Lake
A. A. Knopf, 1943
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Frühere deutsche Übersetzungen
Einer weiß mehr
(übersetzt von Mary Brand)
Nest 1949
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Die Tote im See
(übersetzt von Hellmuth Karasek)
Diogenes, 1976
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Die Verfilmung
Die Dame im See(Lady in the Lake, USA 1947)
Regie: Robert Montgomery
Drehbuch: Steve Fisher
mit Robert Montgomery, Lloyd Nolan, Audrey Totter, Tom Tully, Leon Ames, Jayne Meadows
Fahr zur Hölle, Liebling (Farewell, My Lovely, USA 1975)
Regie: Dick Richards
Drehbuch: David Zelag Goodman
LV: Raymond Chandler: Farewell, my lovely, 1940 (Lebewohl, mein Liebling/Betrogen und gesühnt/Lebwohl, mein Liebling)
Los Angeles, 1941: Der gerade freigelassene Bankräuber Moose Malloy engagiert Philip Marlowe. Der Privatdetektiv soll Malloys Freundin Velma finden. Ein nur scheinbar einfacher Fall.
Dritte, sehr originalgetreue und sehr gelungene Verfilmung des Chandler-Buches. Heute endlich mal wieder im TV.
Mit Robert Mitchum, Charlotte Rampling, John Ireland, Harry Dean Stanton, Anthony Zerbe, Sylvester Stallone (in einer erträglich kurzen Rolle), Jim Thompson (! – der Noir-Autor in einer ganz kleinen, aber wichtigen Rolle)