Neu im Kino/Filmkritik: „Old“ – ein Tag am Strand

Juli 30, 2021

Ich fand M. Night Shyamalans neuen Film „Old“ gelungen. Bevor ich das genauer erkläre, sollte ich vielleicht verraten, was „Old“ nicht ist. Wer „Old“ mit den Erwartungen des traditionellen Hollywood-Erzählkinos und den Hollywood-Plotmodellen ansieht, wird wenig mit dem Horrorfilm anfangen können. Er hat keinen eindeutigen Protagonisten. Wer nach Unplausibilitäten sucht, wird viele finden. Die Erklärung ist, nun, logisch betrachtet ziemlich fantastisch oder, je nachdem, wie kritisch man darüber nachdenkt, einfach bescheuert. Aber immerhin liefert Shyamalan einen nachvollziehbaren Grund für die Leiden seiner Figuren. In der Vorlage, dem Comic „Sandburg“ von Pierre Oscar Lévy und Frederik Peeters, wird zugunsten eines Warten auf den Tod darauf verzichtet. Ansonsten hält Shyamalan sich in seiner Interpretation erstaunlich nah an den Plot der Vorlage.

Und wer in einen Shyamalan-Film nur wegen des Twists hineingeht, wird auch enttäuscht werden. Denn diesen Twist gibt es nicht. Es ist, soviel kann verraten werden, eher eine B-Picture-Auflösung oder die Enttarnung des Mörders am Ende eines Rätselkrimis. Es ist also keine Auflösung, die, wie in „The sixth Sense“, alles vorher gesehene in einem vollkommen anderen Licht erscheinen lässt. Und, im Gegensatz zu seinen vorherigen Filmen, gibt es dieses Mal auch keine Superhelden oder vermeintlichen Superhelden. In „Old“ gibt es nur ganz normale Menschen ohne irgendwelche fantastischen Eigenschaften.

In „Old“ geht es um ein Thema, das im Rahmen einer albtraumhaften Situation durchgespielt wird.

Während des Urlaubs in einem malerisch abgelegen gelegenem Luxusressort empfiehlt der Hotelmanager den Eheleuten Guy und Prisca Capa und ihren beiden Kindern, dem sechsjährigen Trent und der elfjährigen Maddox, den Besuch einer kleinen, versteckten Bucht.

Dorthin begleitet werden sie von einer anderen Familie, die aus einem Arzt (mit, wie wir später erfahren, psychischen Problemen), seiner Mutter, seiner deutlich jüngeren, auf ihr Aussehen bedachten Frau und ihrer sechsjährigen Tochter.

In der Bucht treffen sie auf MID SEIZED SEDAN. Der Rapper wartet auf seine Freundin. Sie ist in der Nacht hinausgeschwommen. Ihre Leiche wird im Lauf des Tages angespült.

Etwas später stößt ein weiteres Paar zu ihnen. Es sind ein patenter Krankenpfleger und seine Frau, eine Psychologin, die auch Epileptikerin ist.

Zugegeben, für eine versteckte Bucht sind das viele Menschen. Sie sind auch nicht zufällig in die Bucht gekommen. Fast alle haben Krankheiten. Und am Strand altern sie rasend schnell. Jede halbe Stunde altern sie um ein Jahr. In zehn Stunden altern sie also um zwanzig Jahre. In zwanzig Stunden um vierzig Jahre. Diese Veränderung fällt zuerst an den Kindern auf. Ihr Körper verändert sich. Ihre Badekleider passen nicht mehr.

Weil sie nicht sterben wollen, versuchen sie den Strand zu verlassen, bevor sie in wenigen Stunden sterben werden.

Allerdings schlagen ihre ersten Fluchtversuche fehl. So können sie durch die Felsschlucht, durch die sie zum Strand gelangten, nicht zurückgehen. Sie können die die Bucht umgebende imposante Felswand nicht hinaufklettern. Sie können nicht in das Meer hinausschwimmen.

Und sie finden keine Erklärung für ihr plötzliches Altern.

Old“ ist, im Rahmen einer absurden Situation, eine in einen Tag und eine Nacht gedrängte Meditation über das Altern und das Vergehen der Zeit. Weil das Ende, nämlich der Tod, unverrückbar feststeht, ist es keine Frage ob, sondern nur wann die verschiedenen Figuren sterben. Dieses Setting führt natürlich dazu, dass man sich mit keiner der Figuren und ihrer Probleme übermäßig identifizieren möchte. Schließlich könnte sie schon zwei Minuten später tot sein. Außedem sind sie alle erschreckend normal und ohne irgendwelche besonderen Eigenschaften und Fähigkeiten. Wir könnten jedem von ihnen im nächsten Café begegnen.

So werden allerdings das Thema und das kafkaeske der Situation, in der sie sich befinden, umso deutlicher.

Schon in den ersten Minuten, wenn wir zum ersten Mal der Famiie Capa begegnen, führt Shyamalan unauffällig das Thema ein und weist auf künftige Ereignisse hin. So sprechen sie auf ihrer Fahrt zum Hotel über die Dinge, die auf jeder Fahrt angesprochen werden (Wann sind wir da? – Genieß die Landschaft. Guck nicht auf das Telefon. – Ihr habt gesagt, dass wir in fünf Minuten da sind. Jetzt sind wir immer noch nicht da. – Warum vergeht die Zeit so langsam?). Diese alltäglichen Sätze sind gleichzeitig deutliche Hinweise auf die kommenden Ereignisse. Denn in der Bucht wünschen sie sich, dass die Zeit langsamer vergeht, dass sie mehr Zeit hätten und sie fragen sich, was der Sinn ihres Lebens sein könnte.

Shyamalan erzählt diese Horrorogeschichte aus der „Twilight Zone“ voller Suspense und immer wieder elliptisch. Er zeigt die Ereignisse vor einem Ereignisse und die Folgen. Manchmal durch einen Zeitsprung. Manchmal durch einen langsamen Kameraschwenk weg und wieder hin zu dem Ereignis. Manchmal bewegt sich die Kamera auch einfach weg, weil sie irgendwo am Strand etwas interessanteres gesehen hat. Manchmal vergeht mit dem Schwenk viel, manchmal keine Zeit.

Oft zeigt er auch zuerst die Reaktion und dann, auf was die Figuren gerade so erstaunt oder entsetzt reagieren. Ohne jetzt etwas von der Geschichte zu verraten ist so ein Moment, wenn der der Krankenpfleger Jarin und seine Frau Patricia das Alter von Maddox und Trent schätzen. Die beiden Kinder behaupten erheblich jünger zu sein, als sie geschätzt werden. Erst am Ende des längeren Gespräch wird gezeigt, dass Maddox und Trent innerhalb weniger Minuten um Jahre alterten. Oder wenn Prisca ihrer beiden Kinder sucht und entsetzt feststellen muss, dass Maddox und Trent nicht mehr Kinder, sondern Teenager oder junge Erwachsene sind.

Old“ ist eine Mediation über das Leben und die Vergeblichkeit, seinem Tod auszuweichen, der schneller als erwartet kommen kann. Shyamalan erzählt dies im Gewand eines Horror-B-Pictures, das die Horrorfilm-Konventionen mit seinen Geisterbahn-Effekten ignoriert. Ein großer Spaß.

Old (Old, USA 2021)

Regie: M. Night Shyamalan

Drehbuch: M. Night Shyamalan

LV: Pierre Oscar Lévy, Frederick Peeters: Chateau de sable, 2010 (Sandburg)

mit Gael García Bernal, Vicky Krieps, Rufus Sewell, Alex Wolff, Thomasin McKenzie, Abbey Lee, Nikki Amuka-Bird, Ken Leung, Eliza Scanlen, Aaron Pierre, Embeth Davidtz, Emun Elliott, Alexa Swinton, Gustaf Hammarsten, Kathleen Chalfant, Nolan River, Luca Faustino Rodriguez, Mikaya Fisher, Kailen Jude, M. Night Shyamalan

Länge: 109 Minuten

FSK: ab 16 Jahre

Die Vorlage

(ein gutes Geschenk für den Aufenthalt in den Alpen; – obwohl, wer sagt, dass es da nicht ein ähnliches Tal gibt?)

Pierre Oscar Lévy/Frederik Peeters: Sandburg

(aus dem Französischen von Marion Herbert)

Reprodukt, 2021

104 Seiten

18 Euro

Deutsche Erstausgabe

Reprodukt, 2013

Originalausgabe

Cháteau de sable

Atrabile, 2010

Hinweise

Deutsche Facebook-Seite zum Film

Englische Homepage zum Film

Moviepilot über „Old“

Metacritic über „Old“

Rotten Tomatoes über „Old“

Wikipedia über „Old“ (deutsch, englisch) (Achtung: hier wird selbstverständlich das Ende verraten!)

Meine Besprechung von M. Night Shyamalans „After Earth“ (After Earth, USA 2013)

Meine Besprechung von M. Night Shyamalans „Split“ (Split, USA 2017)

Meine Besprechung von M. Night Shyamalans „Glass“ (Glass, USA 2019)


Neu im Kino/Filmkritik: Renée Zellweger ist „Judy“ Garland

Januar 4, 2020

Judy“ ist der neueste Film in einer Reihe von Biopics, in denen Stars am Ende ihrer Karriere, meistens kurz vor ihrem Tod, gezeigt werden. Sie zehren noch von vergangenem Ruhm, treten in kleineren Hallen auf und manchmal entwickelt sich daraus auch ein Comeback. So gesehen in „Stan & Ollie“ (Großbritannien/Kanada/USA 2018) über Stan Laurel und Oliver Hardy und ihrer Tour durch England 1953. Manchmal gibt es auch kein Comeback, sondern nur ein ‚weiter so‘. So gesehen in „Nico, 1988“ (Italien/Belgien 2017) über die Sängerin Nico.

Für die immer etwas älteren Schauspieler, die die Stars spielen, kann das eine willkommene Änderung ihres Images und damit ihrer Karriere bedeuten. Darauf scheint Renée Zellweger in „Judy“ zu spekulieren. Sie ist immer noch vor allem Bridget Jones. In den letzten zehn Jahren pausierte sie mehrere Jahre und spielte noch einmal Bridget Jones. Die wenigen anderen Filme, in denen sie mitspielte, wurden kaum beachtet. Jetzt spielt sie Judy Garland und alle sind begeistert. Im Moment sammelt Zellweger Nominierungen für ihr eindrucksvolles Porträt einer Frau am Tiefpunkt und kurz vor dem Ende ihres Lebens.

Judy Garland starb am 22. Juni 1969 an einer Überdosis Schlafmittel. Sie wurde 47 Jahre alt.

Regisseur Rupert Goold konzentriert sich auf den Winter 1968. Damals gab die Schauspielerin und Sängerin Judy Garland ein fünfwöchiges Gastspiel in London im West-End-Theater „The Talk of the Town“. Der frühere Kinderstar („Der Zauberer von Oz“) ist inzwischen ein mittelloses, mehrfach geschiedenes Drogenwrack mit drei Kindern und ohne Wohnung. Auftritte hat sie kaum. Zu unberechenbar ist ihr Verhalten auf und hinter der Bühne. Ihre letzte Filmrolle war 1963. Aber eigentlich endete ihre Filmkarriere bereits 1950.

Privat streitet sie mit ihrem Ex-Mann Sidney Luft um das Sorgerecht für ihre beiden jüngsten, von ihr über alles geliebten Kinder.

Die einzige Möglichkeit, weiter das Sorgerecht für sie zu behalten, sei, so ihr Anwalt, eine Bezahlung ihrer sich auf erkleckliche vier Millionen Dollar belaufenden Steuerschulden.

Da kommt das Angebot des „The Talk of the Town“-Clubbetreibers Bernard Delfont für ein längeres Gastspiel gerade zur richtigen Zeit. Auch wenn sie dafür ihre Kinder und die USA verlassen muss.

Goold konzentriert sich in seinem Film „Judy“ auf dieses Gastspiel. Er porträtiert Judy Garland, die damals zwischen überzeugenden und desaströsen Auftritten changierte und sich immer noch wie eine Diva verhielt. Es gibt auch einige Rückblenden in ihre Zeit als Kinderstar und wie sie damals von Louis B. Mayer und seinem Filmstudios MGM als Eigentum behandelt wurde, bis sie zu alt und, wegen ihrer Drogenabhängigkeit, zu unzuverlässig wurde.

Getragen wird „Judy“ von Renée Zellweger. Es ist ihr Film und, nach der schon erwähnten Filmpause, ihre Rückkehr auf die große Leinwand. Sie zeigt Garland als komplexe Person und sie singt auch einige von Garlands bekanntesten Liedern live auf der Bühne.

Judy (Judy, USA/Großbritannien 2019)

Regie: Rupert Goold

Drehbuch: Tom Edge (basierend auf dem Theaterstück „End of the Rainbow“ von Peter Quilter)

mit Renée Zellweger, Jessie Buckley, Finn Wittrock, Rufus Sewell, Michael Gambon, Richard Cordery, Royce Pierreson, Darci Shaw

Länge: 118 Minuten

FSK: ab 0 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Moviepilot über „Judy“

Metacritic über „Judy“

Rotten Tomatoes über „Judy“

Wikipedia über „Judy“ (deutsch, englisch)

History vs. Hollywood fragt, wie viel Wahrheit „Judy“ verträgt

Meine Besprechung von Rupert Goolds „True Story – Spiel um Macht“ (True Story, USA 2015)


TV-Tipp für den 8. November: The Illusionist – Nichts ist wie es scheint

November 8, 2016

Disney Channel, 20.15

The Ilusionist – Nichts ist wie es scheint (USA/Tschechien 2006, Regie: Neil Burger)

Drehbuch: Neil Burger

LV: Steven Millhauser: Eisenheim the Illusionist (Kurzgeschichte, aus The Barnum Museum, 1990)

Nach Jahren des Reisen kehrt der Illusionist Eisenheim um die Jahrhundertwende nach Wien. Dort trifft er während einer Show seine Jugendliebe, die ihn immer noch liebt, aber demnächst den krankhaft eifersüchtigen, egomanischen und an Minderwertigkeitsgefühlen leidenden Kronprinz Leopold heiraten soll. Da sind Konflikte vorprogrammiert.

Eindrucksvoll gespielter und prächtig ausgestatteter Historien- und Kriminalfilm, dessen Zaubertricks authentisch dem Standard der damaligen Zeit entsprechen. Er braucht den Vergleich mit Christopher Nolans ähnlich gelagertem Film ‚The Prestige‘ nicht zu scheuen.“ (Lexikon des internationalen Films)

Yep. Aber im Gegensatz zu Nolans Film wurde Burgers Film bei uns gleich als DVD veröffentlicht. Und eigentlich kann man sich die Pointe denken. Bis dahin gibt es keine Erklärungen zu Eisenheims Tricks, aber gute, lustvoll aufspielende Schauspieler in historischer Kulisse.

Kameramann Dick Pope war für den Oscar nominiert.

Die Musik ist von Philip Glass.

mit Edward Norton, Paul Giamatti, Jessica Biel, Rufus Sewell, Eddie Marsan, Jake Wood, Tom Fisher, Aaron Johnson (jetzt „Kick Ass“ Aaron Taylor-Johnson)

Hinweise

Moviepilot über „The Illusionist“

Metacritic über „The Illusionist“

Rotten Tomatoes über „The Illusionist“

Wikipedia über „The Illusionist“ (deutsch, englisch)


Neu im Kino/Filmkritik: Der Söldner „Hercules“ tötet alle

September 4, 2014

Was haben wir als Kinder nicht die italienischen „Hercules“-Filme geliebt. Von diesen Sandalenfilmen erwarteten wir nur neunzig Minuten Spaß ohne höheren Anspruch, auch ohne Logik und gute Schauspieler. Herrje, Hercules (oder wie der muskelbepackte Held gerade hieß) wurde meistens von einem Bodybuilder gespielt, der während des Drehs vielleicht bekannt war, aber den zwanzig, dreißig Jahre später niemand mehr kannte und dessen Filmkarriere aus einigen dieser bunten Sandalenfilme bestand. Echte Schauspieler verirrten sich nie auf das Set und das Budget war auch nicht hoch. Aber es machte Spaß.

Bei „Hercules“ ist das Budget höher. Offiziell so um die 100 Millionen Dollar. Die Schauspieler sind bekannter. Dwayne ‚The Rock‘ Johnson, Ian McShane, Rufus Sewell, Joseph Fiennes (verschenkt in ungefähr drei Auftritte) und John Hurt sind dabei. Die Regie übernahm Brett Ratner, der die drei „Rush Hour“-Filme, „After the Sunset“, „X-Men – Der letzte Widerstand“ und „Aushilfsgangster“ drehte. Alles keine große Kunst, aber immer spaßige und oft auch kommerziell erfolgreiche Unterhaltung.

Allerdings macht sein „Hercules“ keinen Spaß. Es ist letztendlich eine düster-blutige, angenehm kurze Söldner-Geschichte die im alten Griechenland spielt. Hercules (Dwayne Johnson) ist der Anführer einer kleinen Söldner-Gruppe. Mit einem Geschichtenerzähler, der die Taten von Hercules hübsch ausschmückt zu göttlichen Heldentaten. Schon bei den alten Griechen gehörte Öffentlichkeitsarbeit zum guten Ton. Und eine sexy Amazone ist auch dabei. Jetzt sollen sie für König Cotys (John Hurt) eine feindliche Armee schlagen. Danach stellen sie fest, dass Cotys sie über die Ursachen des Konflikts belog, weshalb der skrupellose Hercules dann doch einige Gewissenkonflikte hat, und dass Cotys sie nicht bezahlen will, verschlechtert seine Laune weiter. Das führt dann zu einigen weiteren, ziemlich vorhersehbaren Konflikten und Kloppereien vor konsequent dunkler Kulisse, weil in heutigen Blockbustern die poppigen Farben der Sandalenfilme und von „Conan, der Barbar“ nicht mehr existieren.

Wegen der vorhersehbaren und uninteressanten Story, die dieses Mal auf einem Comic von dem am 16. März 2014 verstorbenem Steve Moore basiert, wird allerdings niemand in „Hercules“ gehen. Eher schon wegen der Action. Aber die wird von Brett Ratner, als hätte er nichts von seinen Jackie-Chan-Filmen gelernt, so zerschnippelt, dass die natürlich mit CGI aufgepimpten Kampfszenen vor allem ein großes Chaos sind, was sicher die chaotische Stimmung in einem Kampf angemessen wiederspiegelt, allerdings auch nichts über die Arbeit der Stuntmänner und wenig über die Abläufe der Schlacht verrät. Und natürlich ist ein so inszeniertes Schlachtgetümmel nicht sonderlich beeindruckend. Das vergisst man schon beim Ansehen.

Weil „Hercules“ in 3D präsentiert wird, muss auch etwas zum 3D-Bild gesagt werden: es ist mal wieder gruselig mit all den Nachteilen, die man von 3D kennt und die in einem IMAX noch potenziert werden. Jedenfalls ärgerte mich das 3D-Bild so sehr, dass ich gefühlt alle zwei Minuten aus dem Film gerissen wurde, weil irgendetwas nicht stimmte, wie ein Ghosting-Effekt im Vorder- oder Hintergrund des Bildes, während der Rest korrekt dargestellt wurde, oder schlichtweg falsche Größenverhältnisse bei Körpern, Räumen und Waffen. Viele scheint das nicht zu stören, aber mich störte es dieses Mal so sehr, dass es mir letztendlich den gesamten Film verdarb.

Hercules - Plakat

 

Hercules (Hercules, USA 2014)

Regie: Brett Ratner

Drehbuch: Ryan Condal, Evan Spiliotopoulos

LV: Steve Moore/Chris Bolsin: Hercules: The Thracian War, 2008

mit Dwayne Johnson, Ian McShane, Rufus Sewell, Aksel Hennie, Ingrid Bolsø Berdal, Reece Ritchie, Tobias Santelmann, Joseph Fiennes, Peter Mullan

Länge: 98 Minuten

FSK: ab 12 Jahre

Hinweise

Deutsche Homepage zum Film

Film-Zeit über „Hercules“

Moviepilot über „Hercules“

Metacritic über „Hercules“

Rotten Tomatoes über „Hercules“

Wikipedia über „Hercules“ (deutsch, englisch)

Meine Besprechung von Brett Ratners „Aushilfsgangster“ (Tower Heist, USA 2011)


TV-Tipp für den 1. Juli: Aurelio Zen: Vendetta

Juli 1, 2014

ZDFneo, 21.40
Aurelio Zen: Vendetta (Großbritannien 2010, Regie: John Alexander)
Drehbuch: Simon Burke
LV: Michael Dibdin: Vendetta, 1991 (Vendetta)
Aurelio Zen soll sich noch einmal die Beweise in einem abgeschlossenen Mordfall ansehen. Der Bauunternehmer Faso wurde in seiner Villa ermordet und es gibt auch einen Täter, der die Tat allerdings hartnäckig leugnet. Als Zen sich auf Sardinien den Tatort ansieht, entdeckt er eine neue Spur. Gleichzeitig will Tito Spadola sich an den Menschen rächen, die ihn aus seiner Sicht unschuldig in den Knast brachten. Einer von ihnen ist Aurelio Zen.
Erster von nur drei „Aurelio Zen“-Krimis, die alle als elegante südländische Kriminalfilme mit tiefen Verbeugungen in Richtung Noir und Neorealismus überzeugen.
Mit Rufus Sewell, Caterina Murino, Stanley Townsend, Ben Miles, Vincent Riotta, Catherine Spaak

Hinweise

BBC über „Aurelio Zen“

BBC Germany über “Aurelio Zen”

Wikipedia über „Aurelio Zen“

Krimi-Couch über Michael Dibdin

Kriminalakte über Michael Dibdin

Meine Besprechung von „Aurelio Zen“ (Aurelio Zen, Großbritannien 2010)


DVD-Krtik: Mit „Aurelio Zen“ zu den dunklen Seiten Italiens

Februar 27, 2013

Meine Erinnerung an die Aurelio-Zen-Kriminalromane von Michael Dibdin ist inzwischen etwas verblasst, aber mir gefielen die Romane vor einigen Jahren verdammt gut. Sein erster Zen-Roman „Entführung auf italienisch“ machte mich nach einigen Seiten zu einem Fan und ich wurde in den Neunzigern nicht müde, die Romane von Michael Dibdin zu empfehlen. Denn sie waren (und sind) viel bessere Romane von einem Nicht-Italiener über Italien als die erfolgreichen Commisario-Brunetti-Bücher von Donna Leon.

Dibdin schickte seinen Ermittler in elf Romanen quer durch Italien und er erzählte von den dunklen Geheimnissen Italiens – und inzwischen ist, wer die deutschen Ausgaben der Zen-Romane haben will, eine Suche quer durch die Antiquariate angesagt.

Jedenfalls freute ich mich auf die Verfilmungen, auch wenn mir klar war, dass die Macher einiges ändern würden. Immerhin erschienen die drei Romane, die die Grundlagen für die drei spielfilmlangen TV-Filme lieferten, vor über zwanzig Jahren. Aber ich hatte mit zwei Problemen zu kämpfen: Rufus Sewell als Aurelio Zen war für mich niemals der Aurelio Zen, den ich aus den Büchern im Gedächtnis hatte, und es wurde viel zu viel Zeit mit Zens Liebesgeschichte mit Tania Moretti (Caterina Murino), einer gerade noch verheirateten Sekretärin bei der Polizei, verbracht.

Im Film ist Aurelio Zen ein schüchterner, fast schon gehemmter Mann, der auf den ersten Blick das Gegenteil eines Latin Lovers ist; was ihn für das andere Geschlecht nur noch attraktiver macht. Er ist außerdem ein guter Polizist, der für seine Ehrlichkeit bekannt und gefürchtet ist. Deshalb bekommt er in „Aurelio Zen“ (so der Titel der TV-Serie) auch immer die harten, politischen Fälle auf den Schreibtisch. Fälle, in denen die eine Seite ihm explizit sagt, dass er den Fall vertuschen soll, und die andere Seite ihm sagt, dass er den wahren Täter finden soll. Dabei haben hochrangige Politiker, vermögende Unternehmer, die Kirche und auch die Mafia (wobei sie hier noch eine Nebenrolle spielt) ihre Finger im Spiel. Und der italienische Staat ist bis in den letzten Winkel korrupt.

Gerade vor diesem Hintergrund entfalten die drei sehr stilvoll inszenierten „Aurelio Zen“-Krimis ihren Reiz. In „Vendetta“ soll Aurelio Zen sich noch einmal die Beweise in einem abgeschlossenen Mordfall ansehen. Der Bauunternehmer Faso wurde in seiner Villa ermordet und es gibt auch einen Täter, der die Tat allerdings hartnäckig leugnet. Als Zen sich auf Sardinien den Tatort ansieht, entdeckt er eine neue Spur. Gleichzeitig will Tito Spadola sich an den Menschen rächen, die ihn aus seiner Sicht unschuldig in den Knast brachten. Einer von ihnen ist Aurelio Zen.

In „Himmelfahrt“ stürzt der Adlige Umberto Ruspanti sich nachts von einer Brücke. Zen soll den Fall schnell als Selbstmord abschließen. Aber er stellt Fragen, stößt auf Ungereimtheiten und hört von einem geheimnisvollen, mächtigen Bund, der sich Cabal nennt.

In „Entführung auf italienisch“ ist in Perugia ein reicher Industrieller entführt worden. Nachdem die erste Geldübergabe scheiterte, soll Aurelio Zen die Kohlen aus dem Feuer hohlen. Dabei ist sein geringstes Problem, dass die Entführer selbstverständlich keine Polizei wollen und dass der italienische Staat niemals ein Lösegeld bezahlen würde. Zen bekommt, wenig überraschend in einem Staat mit einer gut funktionierenden Doppelmoral, sogar das Lösegeld aus einem staatlichen Reptilienfonds.

Diese drei Geschichten werden von den Regisseuren John Alexander, Christopher Menaul und Jon Jones fast schon altmodisch ruhig erzählt. Auch die gewählten Drehorte in Italien (es wurde vor Ort mit vielen einheimischen Schauspielern gedreht) und die Kameraarbeit von Tony Miller (Vendetta, Entführung auf italienisch) und Julian Court (Cabal) tauchen die Geschichten in ein noirisches Licht, bei dem die Braun- und Schwarztöne überwiegen. Und so wirken die Filme oft wie ein aus der Zeit gefallener neorealistischer Film von Michelangelo Antonioni, irgendwo zwischen „Die mit der Liebe spielen“ (L’avventura, 1960), „Die Nacht“ (La notte, 1961) und „Liebe 1962“ (L’eclisse, 1962).

Aurelio Zen“ ist vielleicht nicht der Aurelio Zen aus Michael Dibdins Romanen, aber es sind drei ansehnliche, in Italien spielende Kriminalfilme.

Obwohl die Quoten gut waren, wurde die Serie von der BBC nach diesen Filmen eingestellt, weil der damals neue BBC-One-Controller Danny Cohen die Zahl der männlichen Ermittler reduzieren wollte. Und „Aurelio Zen“ ist doch eher, vor allem im Vergleich zu den sehr packenden BBC-Serien „Sherlock“ und „Luther“, gediegene Kriminunterhaltung mit einem hohen Soap-Anteil.

Als Bonusmaterial gibt es ein informatives halbstündiges „Making of“.

Zen - DVD-Cover 4

Aurelio Zen (Zen, GB 2010)

mit Rufus Sewell (Aurelio Zen), Caterina Murino (Tania Moretti), Stanley Townsend (Moscati), Ben Miles (Amedeo Colonna), Vincent Riotta (Giorgio de Angelis), Catherine Spaak (Mamma), Sargon Yelda (Romizi), Francesco Quinn (Gilberto Nieddu), Ed Stoppard (Vincenzo Fabri), Anthony Higgins (Guerchini), Garry Cooper (Angelo), Cosima Shaw (Nadia Pirlo)

DVD

Polyband

Bild: 16:9 (1,78:1)

Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Digital 5.1)

Untertitel: Englisch

Bonusmaterial: Making of (31 Minuten, deutsch untertitelt)

Länge: 270 Minuten (3 x 90 Minuten) (2 DVDs)

FSK: ab 12 Jahre

Die drei „Aurelio Zen“-Filme

Vendetta (Vendetta)

Regie: John Alexander

Drehbuch: Simon Burke

LV: Michael Dibdin: Vendetta, 1991 (Vendetta)

Erstausstrahlung: 2. Januar 2011 (BBC)

Deutsche Premiere: 4. Januar 2013 (ZDFneo)

Himmelfahrt (Cabal)

Regie: Christopher Menaul

Drehbuch: Simon Burke

LV: Michael Dibdin: Cabal, 1992 (Himmelfahrt)

Erstausstrahlung: 9. Januar 2011 (BBC)

Deutsche Premiere: 5. Januar 2013 (ZDFneo)

Entführung auf italienisch (Ratking)

Regie: Jon Jones

Drehbuch: Simon Burke, Peter Berry

LV: Michael Dibdin: Ratking, 1988 (Entführung auf italienisch; ausgezeichnet mit dem Gold Dagger)

Erstausstrahlung: 16. Januar 2011 (BBC)

Deutsche Premiere: 6. Januar 2013 (ZDFneo)

Hinweise

BBC über „Aurelio Zen“

BBC Germany über „Aurelio Zen“

Wikipedia über „Aurelio Zen“

Krimi-Couch über Michael Dibdin

Kriminalakte über Michael Dibdin